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Presseschau... 07.06.2016

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+++ Arnstadt: Brandstiftung in Wohnhaus mit vietnamesischen Bewohnern +++ Rassistische Attacke in Klotzsche – Mann geschlagen und beleidigt +++ Halle: 24-jähriger von Neonazi niedergestochen und schwer verletzt +++ Homophober Angriff in Berlin-Neukölln +++ Dortmund: Neonazis greifen Polizisten nach „Tag der deutschen Zukunft“ an +++ Synagogen-Denkmal in Gotha vermutlich von Neonazis besprüht und angezündet

 

Arnstadt: Brandstiftung in Wohnhaus mit vietnamesischen Bewohnern

Bei einer Brandstiftung in einem Wohnhaus im thüringischen Arnstadt schließt die Polizei ein rassistisches Motiv nicht aus. In dem Haus lebten sieben Menschen, deren Familien aus Vietnam stammten, teilte die Polizei am Montag mit. Sie seien von der Feuerwehr unverletzt aus dem Haus gebracht worden. Unbekannte hätten am Sonntag Gemüsekisten aus Holz angezündet, die vor der Haustür standen. Das Feuer habe sich in die Tür gebrannt und ein Oberlicht zerstört. Durch das schnelle Eingreifen von Helfern sei das Feuer eingedämmt worden. Die Feuerwehr schätzte den Sachschaden auf 15 000 Euro. Ein möglicher rechtsextremer Hintergrund der Brandstiftung werde geprüft, teilte die Polizei mit.

 

Rassistische Attacke in Klotzsche – Mann geschlagen und beleidigt

In der Nacht zum Sonntag ist in Klotzsche (Sachsen) ein 39-jähriger Türke von einem Unbekannten beleidigt und geschlagen worden. Nach Angaben der Polizei befand sich der Mann an einer Tankstelle in Klotzsche, als der Unbekannte auf ihn zukam und mit rassistischen Sprüchen beleidigte. Zudem zeigte der Täter den Hitlergruß. Als der 39-Jährige den Mann zur Rede stellen wollte, schlug der Unbekannte zu und flüchtete anschließend.

 

Halle: 24-jähriger von Neonazi niedergestochen und schwer verletzt

 In der Nacht zu Sonnabend wurde in Halle ein 24-Jähriger niedergestochen und dabei schwer verletzt. Nach dem Täter wird noch gesucht – bisher fehlt jede Spur. Die Tat hatte offenbar einen politischen Hintergrund. So gehörte der Angreifer zu einer gesuchten Gruppe von fünf oder sechs Männern, von denen einer ein Oberteil der unter Neonazis beliebten Modemarke „Thor Steinar“ trug. Nachdem die Gruppe auf ihr späteres Opfer und dessen Bekannte getroffen war, soll es Medienberichten zufolge zum Streit um die Bekleidung des Mannes gekommen sein. Schließlich eskalierte der Streit, der 24-Jährige erlitt mehrerer Stiche im Oberkörper und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Er ist aber außer Lebensgefahr.
Die hallesche Antifa und die Gruppe „No Halgida“ meldeten für den Sonntagabend spontan eine Kundgebung auf dem Marktplatz mit anschließender Demonstration an. Dort sprach „No Halgida“ von „versuchten Mord“. Rassisten haben ihren festen Platz im Halleschen Stadtbild: So gibt es in Halle eine seit Jahren andauernde Diskussion um einen „Thor-Steinar-Laden“ mitten im Stadtzentrum – laut eigener Webpräsenz eines von bundesweit zehn Geschäften, die ausschließlich in der Nordhälfte und vor allem in den neuen Bundesländern anzutreffen sind. Allein in Sachsen gibt es drei „Thor-Steinar“-Läden: in Plauen, Chemnitz und Dresden.

 

Homophober Angriff in Berlin-Neukölln

Bereits am Freitagabend ist es im Stadtteil Neukölln in Berlin einer Meldung der Polizei zufolge zu einer Beleidigung mit homophobem und rassistischem Hintergrund sowie einer Körperverletzung gekommen.
Nach den Schilderungen eines 27-Jährigen telefonierte dieser am Freitag gegen 22.40 Uhr auf dem Vorplatz des S-Bahnhofs Herrmannstraße. Nachdem er das Telefonat beendet hatte, soll er unvermittelt von einem Passanten homophob und rassistisch beleidigt worden sein. Der Beschimpfte ging daraufhin weg und soll dabei von dem Verdächtigen, der weiterhin beleidigende Worte von sich gab, verfolgt worden sein.
Der 27-Jährige machte mit seinem Handy ein Video des Mannes und teilte ihm dies auch mit. Im Anschluss soll der Beleidigte von dem Täter angegriffen, gegen eine Wand gedrückt und gewürgt worden sein. Passanten bemerkten das Geschehen und gingen dazwischen, woraufhin der mutmaßliche Angreifer von dem 27-Jährigen abließ. Die zwischenzeitlich alarmierte Polizei konnte den 44-jährigen Tatverdächtigen festnehmen.

 

Dortmund: Neonazis greifen Polizisten nach „Tag der deutschen Zukunft“ an

Rund 900 Neonazis kamen am Samstag zum „Tag der deutschen Zukunft“ nach Dortmund. Ein Teil der örtlichen Szene, dem Demonstrationen allein zu wenig actionhaltig sind, lieferte sich am Abend Auseinandersetzungen mit der Polizei.
In einer Straße, in der zahlreiche Szenemitglieder wohnen, griffen sie die Beamten an.
Zunächst hatten sie dort mit Pyrotechnik gezündelt. Als die Beamten die Personalien der Beteiligten feststellen wollten, erhielt die zunächst aus 15 Personen bestehende Gruppe Unterstützung von ungefähr 60 weiteren Neonazis. Die Rechtsextremisten hätten die Beamten mit Pfefferspray und einem Feuerlöscher angegriffen, berichtete die Polizei. Ein Beamter wurde verletzt. Die eingesetzten Beamten setzten alle Beteiligten fest, um sie zu durchsuchen und die Personalien festzustellen.

 

Synagogen-Denkmal in Gotha vermutlich von Neonazis besprüht und angezündet

Unbekannte haben das Denkmal für eine zerstörte Synagoge in Gotha mit Nazi-Schmierereien geschändet. Eine Gedenktafel für das jüdische Gotteshaus sei mit Farbe und Schriftzügen mit nationalsozialistischem Hintergrund überzogen worden, teilte die Polizei am Montag mit.
Die Feuerwehr habe die Schmiererei am vergangenen Wochenende abgedeckt. Einen Tag später sei das Deckmaterial in Brand gesetzt worden. Dadurch sei das Denkmal noch stärker beschädigt worden. Es erinnert an die einstige Synagoge in Gotha, die 1938 von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt worden war.

 

21 Angriffe auf Berliner Flüchtlingsunterkünfte seit Jahresbeginn

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres hat es 21 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Berlin gegeben. Das sind zwar weniger als in den letzten fünf Monaten des vergangenen Jahres, doch die Zahl der Attacken ist zuletzt deutlich gestiegen.
Verzeichnete die Polizei im März einen Anschlag, waren es im April bereits sechs und im Mai neun. Beim jüngsten Fall, am 26. Mai, wurde der Eingang einer Flüchtlingsunterkunft in Pankow mit Fäkalien beschmiert.
Die meisten Übergriffe registrierte die Polizei in den vergangenen zehn Monaten in Marzahn-Hellersdorf (16) und Pankow (13). Mitte ist demnach der einzige Bezirk, in dem in dieser Zeit kein Anschlag verübt wurde.
Der Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Bernd Palenda, erklärte dazu: "Sie wagen sich immer häufiger mit fremdenfeindlichen Parolen aus der Deckung, weil sie merken, dass sie damit in bestimmten Kreisen auf Zustimmung stoßen". Dieser neue Rassismus sei in Teilen der Bevölkerung mittlerweile akzeptiert und alltäglich geworden, so Palenda weiter. Als Folge gebe es auch mehr Gewaltvorfälle. "Die Bereitschaft, vor einer Flüchtlingsunterkunft nicht nur zu protestieren, sondern auch etwas über den Zaun der Einrichtung zu werfen, hat zugenommen", sagte Palenda.

 

Mutmaßliche Brandtstifter von Flüchtlingsunterkunft Münster festgenommen

Nach der Brandstiftung auf die geplante Geflüchtetenunterkunft in Münster Hiltrup in der Nacht von Freitag auf Samstag hat die Polizei inzwischen zwei Tatverdächtige ermittelt und in Haft genommen.
Anwohner bemerkten in der Nacht zu Samstag gegen halb zwei das Feuer und alarmierten die Rettungskräfte. Diesmal brach es im Technikraum der geplanten Flüchtlingsunterkunft aus. "Der Brandsachverständige schließt einen technischen Defekt aus. Wir gehen von vorsätzlicher Brandstiftung aus".
Ein 23-jährige Hiltruperwurde bereits Sonntag Abend in seiner Wohnung festgenommen. Die Polizei erklärte: "In der polizeilichen Vernehmung hat der 23-Jährige beide Taten eingeräumt. Nach seinen Angaben wollte er verhindern, dass Flüchtlinge in die Unterkunft einziehen".
Gestern wurde dann ein weiterer Mann festgenommen, 25 Jahre alt und ebenfalls aus Hiltrup. Nach Angaben der Polizei wurde Beweismaterial in seiner Wohnung sichergestellt.

 

Legida wieder in Leipzig aktiv

Am Montagabend ist nach längerer Pause das islam- und fremdenfeindliche Bündnis LEGIDA erneut durch die Leipziger Innenstadt gelaufen. Die Demonstration hatte etwa 450 Teilnehmer. Die Rednerinnen warfen Angela Merkel und ihrer Regierung „Hochverrat“ vor. Zur Demonstration erschien auch PEGIDA-Frontfrau Tatjana Festerling, die eindeutig ihre Position darlegte. Rechts sei der neue Megatrend und die Zukunft Europas, so Festerling.
Etwa gleich viele Gegendemonstranten postierten sich in Hör- und Sichtweite zur flüchtlingsfeindlichen Kundgebung. Außerdem versammelten sich zahlreiche Muslime in Leipzig zum Start des Fastenmonat Ramadan auf dem Richard-Wagner-Platz.

 

Temme räumt vor Untersuchungsausschuss Kontakte zu „Hells Angels“ ein

Der ehemalige Verfassunsgschützer Andreas Temme gilt als Schlüsselfigur bei der Aufklärtung des NSU-Komplexes, weil er in zeitlicher Nähe zum Mord am Kasseler Internetcafébetreiber Halit Yozgat im April 2006 am Tatort war und mit Benjamin Gärtner einen V-Mann aus der Nazi-Szene betreute. Zwischenzeitlich war Temme unter Mordverdacht geraten, heute wird die Tat dem NSU zugerechnet.
Im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zur Mordserie forderten die Abgeordneten aller Fraktionen, Temme solle endlich sagen, „wie es gewesen ist“. Überwiegend hat er seine bisherigen Aussagen bestätigt und wiederholt.
Auf Nachfragen mehrerer Ausschuss-Obleute räumte Temme jedoch ein, lose Kontakte zur Kasseler Sektion des berüchtigten Rockerclubs „Hells Angels“ unterhalten zu haben. So sei er um 1990 zu einer Party der Rocker in der Nähe von Berlin gefahren und sei auch nach 2000 mehrfach im Kasseler Clubhaus der Angels gewesen, „um Bier zu trinken“. Er habe nie darüber nachgedacht, ob es Konflikte mit seiner dienstlichen Tätigkeit geben könne.

 

NSU-Angeklagter Ralf Wohlleben hat "einzigartige Haftbedingungen"

Neonazi Ralf Wohlleben hat sich über seine Haftbedingungen beschwert. Die Gefängnisleitung hingegen kontert, er habe eine Spielekonsole und einen Flachbild-TV in der Zelle – zum Teil auf Staatskosten.
Ralf Wohlleben geht es anscheinend nicht gut in der Untersuchungshaft. Der Rechtsextremist ist im NSU-Prozess mit angeklagt, er soll an der Waffenbeschaffung für das Terrortrio beteiligt gewesen sein. Vor Kurzem stellte er den Antrag, dass seine U-Haft auf die zu erwartende Strafhaft im doppelten Maße angerechnet werden solle – wegen der "besonderen Widrigkeiten".
Wohlleben sitzt seit November 2011 im Gefängnis – für einen Untersuchungshäftling ist das eine ungewöhnlich lange Zeit. Es ist ungewiss, ob er nicht noch eine mehrjährige Haftstrafe antreten muss. Er selbst bestreitet die zentralen Vorwürfe der Anklage.
Weil Wohlleben sich nun so deutlich beschwerte, forderte die Bundesanwaltschaft einen Bericht von der Gefängnisleitung an, die Wohllebens tatsächliche Lage beschreiben soll. Der Bericht aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim ging auch den Prozessbeteiligten zu. Danach darf Wohlleben private Wäsche tragen, ihm wird ein Laptop zur Verfügung gestellt sowie unentgeltlich ein Flachbildfernseher – andere Gefangene müssen dafür monatlich 19,77€ zahlen.

 

Neonazi Dieter Riefling offenbar aus Haft entlassen

Nach eigenen Angaben sei der niedersächsische Neonazi Dieter Riefling gestern aus dem Gefängnis entlassen worden. Der frühere Funktionär der verbotenen FAP schrieb auf Twitter: „Nach 16 Monaten Gesinnungshaft melde ich mich wieder zum Dienst“. Die auch mit dem Hashtag #widerstand versehene Botschaft lässt darauf schließen, dass sich der langjährige Kader nicht aus der Szene zurückziehen wird.
Im Januar des vergangenen Jahres war ein Urteil gegen Riefling wegen Volksverhetzung rechtskräftig geworden. Riefling hatte 2012 bei der NPD-Veranstaltung „Rock für Deutschland“ gegen die Moderatorin Mo Asumang gewettert, die mit vor Ort war, um Aufnahmen für ihren Dokumentarstreifen „Die Arier“ anzufertigen.

 

So wichtig ist braune Musik für die rechte Szene

Simone Rafael, die Chefredakteurin von Netz-gegen-Nazis.de, über den Einfluss der rechten Musikszene im Interview.

Warum werden hetzerische Bands nicht einfach verboten?

Es gibt nach wie vor sehr explizite rechtsextreme Musik, die juristisch angreifbar ist, aber ihre Urheber halten sich eher versteckt. Aktuell werden die Inhalte in der Musik verklausulierter verpackt. Die Szene ist vorsichtiger geworden und versucht, Rechtsstreits zu vermeiden, weil sie ein Kostenfaktor sind.

Sind alle Nazi-Musiker Überzeugungstäter oder gibt es auch welche, die das nur als Job machen?

Reich wird man damit nicht. Es können Musiker darunter sein, die im großen Musikbereich nicht wirklich Fuß fassen konnten. Und die sich der rechten Szene zuwenden, weil sie hier eine relative Berühmtheit erlangen und von der Musik ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Und andersrum? Gibt es rechte Musiker, die beim Sprung in den Mainstream ihre Gesinnung ablegen? Frei.Wild? Böhse Onkelz?

Bands wie diese behaupten zumindest einen Lernprozess. Der ist allerdings nicht so glaubwürdig, wenn ihre Texte weiterhin Ausgrenzung, Politikfeindlichkeit und Wir-gegen-Die-Denken verbreiten.

 

NSU-Terror: V-Mann „Corelli“ könnte auch vergiftet worden sein

Vor gut zwei Jahren ist der in einem Schutzprogramm betreute V-Mann „Corelli“ tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Nachdem die Behörden bislang von einer natürlichen Todesursache in Folge einer nicht entdeckten Diabetes-Erkrankung ausgingen, steht dies jetzt wieder infrage. Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag hat der damals verantwortliche Rechtsmediziner gesagt, dem früheren V-Mann könne damals sehr wohl auch ein Gift beigebracht worden sein, dass den tödlichen Zuckerschock erst ausgelöst habe.

 

Rechte Demos in Rostock: Sorgen vor zweitem Lichtenhagen

Eine Facebook-Gruppe „Infoflut Rostock“, gespickt mit unverhohlenen Links zur NPD und anderen rechtsextremen Kreisen, versucht aus einer Betreuungs-Einrichtung für Jugendliche, die unter anderem auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut, ein zweites „Lichtenhagen“ zu machen, fürchtet auch die Polizei. Die Initiatoren stoßen auf Resonanz von Anwohnern. Etwa von Müttern, die sich um den unbehelligten Schulweg ihrer Kinder „sorgen“.
Erst Anfang März wurde die zuvor leerstehende Einrichtung in Groß Klein bezogen. Gecshäftsführerin Annette Kob sagte zu den militanten Neonzi-Protesten, die treffen nicht nur die Flüchtlinge, sondern vielmehr die Angebote für deutsche Bewohner des Stadtteils. Die Militanz des inszenierten Protestes, gibt Kob zu, habe sie überrascht. Weil es dafür keine Anlass gegeben habe. Vorsorglich hätten sie und ihre Mitarbeiter aber sofort reagiert und seien mit den Jugendlichen weggefahren.
Unterdessen zeigen die Reaktionen im Netz, wes’ Geistes Kind die „Infoflut“-Initiatoren sind: Protest gegen „diese ekelhafte Überfremdungspolitik“, Aggressivität gegen linke „Antideutsche“. Kommentatoren wie „Jack Dalton“ meinten, „die müsste man mal übers Knie legen“, ein Michael Graf riet gar: „Gewaltig mal old school Faust auf die Fresse“.

 

Nazi-Festival in Finowfurt soll untersagt werden

Für das übernächste Wochenende waren auf dem polizeibekannten Grundstück von Klaus Mann, seines Zeichens Landesverbandsvorsitzender der Partei Die Rechte, Konzerte mit mehreren Bands und einigen Hundert erwarteten Gästen geplant. Der ehemalige DVU-Funktionär Mann stellt dafür das Grundstück zur Verfügung. Veranstalter des Nazi-Festivals ist Medienberichten zufolge wieder der NPD-Politiker Robert Wolinski, der die rechtsextreme Partei im Stadtrat von Velten (Oberhavel) vertritt.
Die mehrtägige rechte Konzertveranstaltung auf dem Grundstück in den Sandstücken soll untersagt werden. Ein entsprechender Bescheid ist an den Anwalt des Veranstalters herausgegangen. Weil es sich bei dem Konzert um eine Großveranstaltung handelt, kann die Gemeinde auch Verbote gegenüber Veranstaltungen auf privatem Gelände aussprechen. In der Vergangenheit konnten größere Zusammenkünfte auch verboten werden, da es im Umfeld der dort aufgetretenen Bands zu Straftaten gekommen war. Dieses Mal haben sich Medienberichten zufolge Szenegrößen wie die US-Hardcore-Band H8-Machine angekündigt, die sich offen zum Nationalsozialismus bekennt.

 

Französischer Neonazi plante angeblich 15 Anschläge während der EM

An der ukrainische-polnischen Grenze soll ein Franzose festgenommen worden sein, der konkrete Anschlagspläne für die Fußball-EM in Frankreich hatte. Die Nachrichtenagentur AFP beruft sich bei ihrem Bericht auf Informationen aus dem ukrainischen Geheimdienst. Der Mann sei gefasst worden, als er Sprengstoff und Waffen aus der Ukraine nach Polen schmuggeln wollte, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Im Auto des 25-Jährigen seien Raketenwerfer und Kalaschnikows gefunden worden.
Der Mann soll außerdem 125 Kilogramm des Sprengstoffs TNT bei sich gehabt haben. Insgesamt soll er 15 Anschläge vor und während der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich geplant haben. Sein Ziel sollen unter anderem Moscheen und Synagogen gewesen sein. Zur Begründung sagte der Mann, dass er die französische Regierungspolitik eines "massiven Zuzugs von Ausländern nach Frankreich, die Verbreitung des Islam und die Globalisierung" ablehne. Der Festgenommene trug laut Angaben von französischen Medien ein T-Shirt mit dem Aufdruck einer rechtsradikalen Vereinigung.

 

Debatte um Birlikte in Köln: „Wir hätten es ausgehalten“

Dass sich die Blockierer der Hymne der AG Arsch huh bedienten, darf wohl als kalkulierter Hieb betrachtet werden. „Wenn mir dä Arsch nit huh krieje, ess et eines Daachs zu spät“, ließ die Antifa wissen, bevor sie am Sonntag die Bühne im Schauspielhaus blockierte. Auf der hätte der AfD-Mitbegründer und frühere Sprecher der Partei, Konrad Adam, mit der Integrationsforscherin Naika Foroutan sprechen sollen.
Weit über hundert Aktivisten stürmten schließlich die Bühne und ließen Meral Sahin von der IG Keupstraße, die die Veranstaltung ausdrücklich gewollt hatte, nicht zu Wort kommen. Polizeischutz für die Veranstaltung hatten die Organisatoren bewusst abgelehnt. Im Vorfeld hatten unter anderem die Grünen die Veranstaltung in scharfer Form kritisiert. Die Formulierung, die AfD-Einladung komme „einer Verhöhnung“ der NSU-Opfer gleich, hatten die „Birlikte“-Macher verärgert zurückgewiesen. Via Twitter kommentierte der Grünen-Landesvorsitzende Sven Lehmann am Sonntag: „Sowas kommt von sowas. Birlikte heißt ,Zusammenstehen’. AfD hingegen ,Hass und Ausgrenzung’.“ Schauspiel-Chef Stefan Bachmann hingegen erklärte, das Theater sei ein Raum der Meinungsfreiheit. Dort eine Debatte zu unterbinden, Sprache zu verbieten, sei ein „No-go“.

 

"Gefährliche Enthemmung" in Sachen Rassismus

Durch die Äußerungen von AfD-Politikern wird über Rassismus debattiert. Dabei stellt sich die Frage, ob Diskriminierung wieder salonfähig ist. Rassismusforscherin Bilgin Ayata gibt im DW-Interview Antworten.

Derzeit wird aber wieder über Rassismus gesprochen – auch und vor allem wegen der AfD. Welchen Einfluss haben etwa die Aussagen von Alexander Gauland oder Björn Höcke?

Es findet eine gefährliche Enthemmung in der öffentlichen Diskussion statt. Die Grenze dessen, was gesagt werden darf und was nicht, wird bewusst verschoben. Dinge werden geäußert, die sehr offen rassistisch sind. Indem dann aber noch extremere Aussagen gemacht werden, wirken die vorherigen auf einmal normal.
Ich warne aber davor, das Problem des Rassismus allein auf die AfD zu reduzieren. Politik und Gesellschaft tragen die Verantwortung, denn sie hat das Problem über Jahre geleugnet. Auch die Medien tragen eine Verantwortung, wenn sie unkritisch rassistische Formulierungen übernehmen oder sogar selber schaffen wie etwa die 'Dönermorde'. In der Politik sind bereits seit Jahrzehnten Einwanderung und Flüchtlinge ein beliebtes Wahlkampfthema, in der die Migranten instrumentalisiert und stigmatisiert werden. Da darf man sich nicht wundern, wenn heute in plumpen Formen Dinge gesagt werden, für die der Nährboden schon früher geschaffen wurde.

 

Jetzt offiziell: Die AfD ist rechter als die NPD

Als ich diese Woche die Aussagen von Alexander Gauland gelesen habe, musste ich an die Weltmeisterschaft 2010 denken und daran, wie sehr sich die Stimmung in Deutschland seitdem gewandelt hat. 2010 trat Deutschland erstmals mit elf Spielern bei der WM an, die ausländische Wurzeln hatten. Fast überall wurde das als positiv gewertet. Außer von den Nazis natürlich. Die träumten schon damals von einer Art "Alexander-Gauland-Nationalelf" nur mit "echten" Deutschen - also weniger Özil und Boateng dafür mehr Müller und Beckenbauer.
Der Unterschied zu heute: Damals, vor sechs Jahren, haben sich nicht mal die von der NPD getraut, gegen Spieler öffentlich zu hetzen. Ich habe damals Klaus Beier, Bundespressesprecher von der NPD, "interviewt". 2009 hatte er Özil noch als "Plaste-Deutschen sprich - Ausweis-Deutschen" diffamiert. Im letzten Gruppenspiel gegen Ghana hatte dann ausgerechnet Mesut Özil den Siegtreffer erzielt und Deutschland ins Achtelfinale geschossen. Danach traute sich nicht mal mehr NPD-Beier während der WM öffentlich etwas gegen Özil zu sagen. Er wich der Frage aus, begründete dies mit der "fehlenden Meinungsfreiheit" in Deutschland.

http://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Jetzt-offiziell-Die-AfD-ist-rechter-als-die-NPD,afdoezil100.html

 

Facebook: Sperr-Attacken von rechts

Immer wieder geraten Facebook-Seiten, die sich kritisch mit rechtem Gedankengut auseinandersetzen, gemeinsam mit ihren Administratoren ins Visier des Facebook-Löschteams. Die Inhalte, die angeblich die Gemeinschaftsstandards von Facebook verletzen, sind in der Regel Satire oder sogar Screenshots, die rechte Hetzbeiträge dokumentieren sollen. Was die Administratoren dabei besonders verärgert ist, dass die Originalbeiträge von Facebook oftmals geduldet werden. Hetze bleibt online, die Dokumentation der Hetzbeiträge und die kritische Auseinandersetzung damit werden verhindert.
Aber warum geht Facebook überhaupt gegen diese Beiträge vor? Administratoren betroffener Seiten vermuten, dass sich Rechte auf Facebook verabreden, um Beiträge und ganze Seiten zu melden, die ihnen nicht passen. Gingen innerhalb kurzer Zeit genug Beitragsmeldungen ein, scheine Facebook weitestgehend ohne Überprüfung des Inhalts zu sperren, vermuten die Seitenbetreiber. Die Rechten scheinen das ähnlich zu sehen. "Die Masse machts.... wir sind das Volk!!" kommentiert einer die Sperrung einer linken Facebook-Seite.
Dass sich Facebook des Problems bewusst ist, zeigte sich vor einer Woche in Berlin: das Unternehmen hatte betroffene Netzaktivisten zu einem zweitägigen Workshop nach Berlin eingeladen. Diskutiert wurde, wie in dem sozialen Netzwerk auf Hassbotschaften reagiert werden kann - und warum die Netzaktivisten immer wieder damit rechnen müssen, auf Facebook gesperrt zu werden.

 

Der Klammer-Trick: Amerikanische Neonazis hetzen mit antisemitischer Browser-Erweiterung

Amerikanische Neonazis schreiben den Namen von Jonathan Weisman in drei Klammern. (((Jonathan Weisman))) also. Weisman arbeitet als Journalist für die New York Times und ist stellvertretender Leiter des Hauptstadtbüros in Washington.
So wollen die Rechtsextremen Weisman 'identifizieren'. Ihrer kruden Logik zufolge symbolisieren diese drei Klammern eine vorangeschrittene Weltverschwörung des "internationalen Judentums". Wer mit den Klammern gebrandmarkt ist, dem unterstellen die Neonazis, aufgrund gebürtiger oder religiöser Zugehörigkeit interessengetriebene Politik zu betreiben. Im Sinne Israels zu handeln, als vermeintlich jüdische Einheit.
Die Klammern werden „Echos“ genannt. Die antisemitische Erweiterung „Coincidence Detector“ (Zufallsdetektor) im Google Chrome-Browser markierte auf Webseiten jüdische Nachnahmen und brachte die Personen mit Verschwörungstheorien in Verbindung. Die App arbeitete mit einer Datenbank an beliebten jüdischen Nachnamen und mit prominenten jüdischen Personen. Die Erweiterung erkennt die Namen im Fließtext und setzt sie in (((Klammern))). Zahlreiche Twitter-Nutzer schreiben ihre Namen inzwischen selbst in Klammer – aus Solidarität

Google hat inzwischen reagiert und die umstrittene Extension aus seinem Angebot entfernt.

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Presseschau .. 08.06.2016

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+++ Backnang: Geflüchtete mit Reizgas angegriffen und ausgeraubt +++ Chemnitz: Mehr als 100 Hakenkreuze am Sportplatz hinterlassen +++ Nazi-Parolen in Undorf ans Schulhaus gesprüht +++ München: Schausteller wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

 

Backnang: Geflüchtete mit Reizgas angegriffen und ausgeraubt

Zwei 22 und 26 Jahre alte Geflüchtete wurden am Samstagabend in Backnang (Baden-Württemberg) überfallen. Die beiden Männer befanden sich gegen 23.30 Uhr im Bereich eines Fußweges, der vom Parkplatz Büttenenfeld zum Asylbewerberheim in der Hohenheimer Straße führt und wurden dabei aus einer Gruppe von fünf bis sechs Personen heraus angesprochen. Als die beiden stehen blieben, sprühte einer der Täter den Geschädigten Reizgas ins Gesicht und machte sie dadurch kurzzeitig wehrlos. Die Täter entrissen einem der Geschädigten einen grauen Rucksack der Marke Adidas, dem anderen entwendeten sie die Geldbörse. Danach flüchteten sie in Richtung Karl-Euerle-Sporthalle.

 

Chemnitz: Mehr als 100 Hakenkreuze am Sportplatz hinterlassen

Unbekannte haben bei einem Sportverein in Chemnitz über 100 Hakenkreuz-Schmierereien hinterlassen. Auf den Bänken, an den Kabinen, am Vereinsheim, an der Imbisshütte. "Es sind weit über 100", sagte Rico Auerbach, der Vorsitzender des Vereins Sportfreunde Chemnitz-Süd ist, gestern. Er schätze, dass die Schmierereien mit einer Art Wachsmalstift angebracht wurden. Gesprüht seien sie jedenfalls nicht.
Doch wer hinter der Aktion stecken könnte, wisse er nicht. Feinde habe der Verein jedenfalls keine. Auch in der Arbeit mit Flüchtlingen habe sich der Verein nicht außergewöhnlich beteiligt. Die Polizei ermittelt wegen Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie wegen Verdachts des Diebstahls im besonders schweren Fall. Sie sucht nun im Zuge der Ermittlungen Zeugen. "Hakenkreuze deuten im allgemeinen auf einen politischen Hintergrund hin. Es wird auch in diese Richtung ermittelt", sagte eine Polizeisprecherin.

 

Nazi-Parolen in Undorf ans Schulhaus gesprüht

„Mehl, Salz, Ei – Arbeit macht frei – Sieg Heil“, „Schule gegen Islam“, „Fuck Islam“ oder „Heil Hitler“ – solche Parolen samt zahlreichen Hakenkreuzen sind an der Mittelschule in Undorf (Regensburger Land, Bayern) entdeckt worden. Am Bahnhof, dort verstärkt in der Fußgängerunterführung, wurden in den vergangenen beiden Nächten rechtsradikale Parolen und Symbole sowie Obszönitäten mit verschiedenen Farben angebracht. Auch islam- und judenfeindliche sowie flüchtlingsfeindliche Ausdrücke waren an verschiedenen Orten festzustellen.

 

München: Schausteller wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

Gegen Flüchtlinge habe er nichts, sagt der Angeklagte. Er helfe ihnen und besorge ihnen Kleider. Für die Kinder einer Asylbewerberunterkunft in Puchheim habe er sogar einen Schaukelautomaten aufgestellt. Der 41-Jährige ist von Beruf Schausteller und angeklagt wegen Volksverhetzung.
Mitte August vorigen Jahres postete Luis F. menschenverachtende Kommentare auf der Facebook-Seite einer Zeitung aus Sachsen-Anhalt. Unter anderem schwadronierte er von der "arischen Rasse" und meinte, Selbstschussanlagen wären für den Einsatz gegen Flüchtlinge an den Grenzen viel zu teuer. Stattdessen sollte man die Container, in denen sie lebten "zuschweißen und versenken".
"Das ist passiert", nicht weil er Flüchtlinge etwa nicht möge, versichert der Schausteller, sondern vielmehr aus Verärgerung. Das Gericht aber verurteilte Luis F. dennoch zu 100 Tagessätzen zu je 20 Euro wegen Volksverhetzung. Für die Unterbringung von Flüchtlingen müssten viele zurückstecken, sagte die Vorsitzende Richterin. Mit seinen Kommentaren habe er die Menschenwürde anderer massiv herabgesetzt.

 

Die Mordwaffe des NSU – bezahlt mit Steuergeldern? V-Mann Brandt will es nicht ausschließen

Wurde die NSU-Mordwaffe "Ceska" etwa mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt? Er habe "sehr viel Geld" des Staates an die rechtsextreme Szene weitergegeben, sagte der ehemalige Neonazi-Anführer und V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Brandt im Münchner NSU-Prozess. Wofür es verwendet wurde, wisse er allerdings nicht mehr. Eine bewusste Geldbeschaffung zum Kauf einer Waffe stritt Brandt jedoch ab.
Brandt sagte am Dienstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München, er könne "nicht ausschließen", dass er dem Mitangeklagten Carsten S. Geld des Thüringer Verfassungsschutzes gegeben habe.
Brandt sagte, es sei "sehr viel Geld" des Verfassungsschutzes an die Szene geflossen. Meist habe er "Kameraden" für Aktionen oder die Organisation von "Jugendarbeit" Geld zugesteckt. Seine Kontaktleute beim Verfassungsschutz hätten ihm Bargeld zur Verfügung gestellt, das er auch bar weitergereicht habe. Per Banküberweisung habe er grundsätzlich nie Geld transferiert, weil dies bei einer Rasterfahndung problematisch gewesen wäre.

In der rechten Szene Thüringens war Brandt in den neunziger Jahren das Scharnier, über das jede Demonstration, jede öffentlichkeitswirksame Kundgebung lief. Zum unumstrittenen Anführer stieg er dank der Honorare auf, die ihm der Verfassungsschutz zahlte, geschätzt 200.000 Mark von 1994 bis zu seiner Enttarnung 2001.

 

Clausnitz: Verfahren gegen Polizisten eingestellt, Strafbefehl für vier Demonstranten

Die Staatsanwaltschaft in Chemnitz hat die Verfahren gegen zwei Polizisten eingestellt, die am umstrittenen Einsatz im Februar in Clausnitz beteiligt waren. Das teilte die Ermittlungsbehörde dem Linken-Bundestagsabgeordneten Niema Movassat mit, der als einer unter Dutzenden wegen Körperverletzung im Amt Anzeige gegen die Beamten Wolfgang S. und Mirko M. erstattet hatte. "Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist eine Mitteilung der Einstellungsgründe nicht möglich", heißt es in dem Bescheid, der vergangene Woche erging.
Das Amtsgericht Freiberg hat Strafbefehle gegen vier Beteiligte erlassen. Laut Staatsanwaltschaft Chemnitz sind in drei Fällen die Halter von Fahrzeugen betroffen, die den Zugang zu der Unterkunft versperrten. Gegen sie wurde wegen Nötigung ermittelt. Eine Person soll sich wegen Beleidigung eines Polizisten verantworten.

Kommentar: Clausnitz: Erzgebirgischer „Reisegenuss“ und die Sächsischen Verhältnisse. Will und kann Sachsen überhaupt Flüchtlinge vor dem rassistischen Pöbel schützen?

 

Freital: Sprengstoffanschlag auf Auto aufgeklärt, Täter hatten Kontakt zu mutmaßlichen Terroristen

In der Nacht zum 27. Juli 2015 haben Unbekannte den grünen VW Golf des Freitaler Linken-Stadtrats Michael Richter gesprengt. Die Detonation demolierte das Auto vollständig. Nach monatelangen Ermittlungen haben Ermittler des Operativen Abwehrzentrums den Fall offenbar aufgeklärt. Die Täter sollen enge Beziehungen zu der unter Terrorismusverdacht stehenden „Gruppe Freital“ unterhalten haben. Die für die Ermittlungen zuständige Dresdner Generalstaatsanwaltschaft bestätigt lediglich, es gebe „namentlich bekannte Verdächtige“. Keine weiteren Angaben zu Anzahl, Alter und Herkunft.

 

Mann erhält Bewährungsstrafe für Attacke auf Syrer in Glauchau

Unter Tränen quetscht der Angeklagte dreimal Entschuldigungen hervor. An den Abend könne er sich nicht mehr erinnern, schwört er. Und er sei keinesfalls ausländerfeindlich. Trotzdem ging der 41-jährige Chemnitzer am Abend des 14. November gegen 21.15 Uhr vor dem Netto-Markt in Glauchau auf fünf junge Syrer los, die auf dem Weg zu ihrer Unterkunft waren. Erst fiel er grundlos verbal mit "scheiß Ausländer, scheiß Kanaken"über sie her, wuchtete dann einen eisernen Fahrradständer hoch und warf ihn durch die Luft. Das Teil verfehlte die Gruppe nur knapp. Eine 24-jährige Frau stellte sich vor den Angreifer, um die Situation zu deeskalieren. Plötzlich hatte sie der arbeitslose Maurer im Würgegriff, die Frau erlitt Luftnot und Schmerzen. Ein Zeuge, der den Vorfall beobachtet hatte, eilte herbei und brachte den Angetrunkenen zu Boden. Zusammen mit dem Freund der gewürgten Frau fixierte er dort den Angreifer, bis die Polizei eintraf.
Er habe den ganzen Tag über am Netto-Markt Bier getrunken, etwa 1,4 Promille hatte er zum Tatzeitpunkt intus. Nicht genug, um als steuerungsunfähig zu gelten. Staatsanwalt und Richter rechneten ihm aber seine Reue an. Trotzdem kassierte er eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. 180 Stunden gemeinnützige Arbeit muss er leisten.

 

Polizeischule Eutin: Neues Verfahren?

Der Fall hatte Schlagzeilen gemacht: Frauenfeindliche und rassistische Vorfälle an der zentralen Ausbildungseinrichtung Polizei in Schleswig-Holstein? Von körperlichen Übergriffen auf Polizeischülerinnen war die Rede, von rassistischen Kommentaren im elektronischen Mitteilungsdienst WhatsApp. Möglicherweise wird das Verfahren neu aufgerollt: Schleswig-Holsteins Innenministerium bestätigte jetzt Informationen von NDR Info, wonach in der vorletzten Woche ein anonymes Schreiben im Innenministerium eingegangen ist: Nach einer ersten Sichtung bestehe das "Papierkonvolut" aus  mehr als einhundert Seiten Vernehmungsprotokollen sowie Ausdrucken elektronischer Kommunikation.
Der Umschlag war danach am 25. Mai in den Briefkasten des Ministeriums gelangt. Adressiert war es an den Innenminister - und zwar "persönlich". Der Inhalt könnte eine zentrale Rolle für die weitere Entwicklung spielen.

 

Holocaustleugnung: Wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

Ein Facebook-Eintrag vom 2. Februar dieses Jahres kommt einen 34-jährigen Mann aus Ennigerloh teuer zu stehen. Wegen Volksverhetzung wurde er am Montag vor dem Warendorfer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 25 Euro, also 1250 Euro verurteilt.
Einen Europol-Bericht über verschwundene Flüchtlingskinder hatte der 34-Jährige mit einer Leugnung des Holocausts kommentiert. Er frage sich schon seit Jahren, wie sechs Millionen Juden einfach so verschwinden könnten, hatte er geschrieben und hinzugesetzt: „Alles Lügen, jahrzehntelange Lügen.“
Den fraglichen Kommentar habe er gepostet, als er betrunken gewesen sei: „Ich habe Scheiße gebaut, weiß aber nichts mehr davon.“ Als er am nächsten Tag von Kollegen auf den Eintrag angesprochen worden sei, habe er ihn umgehend gelöscht. „Ich bin nicht rechtsradikal und in keiner dieser Parteien oder so. Ich habe nichts gegen Ausländer, habe sogar muslimische Freunde“, versicherte er dem Gericht.

 

Riesaer Appell gegen Rassismus – Bürgermeister verweigert die Unterstützung

Der neue Riesaer Appell, der sich gegen Rassismus ausspricht, wurde unter freiem Himmel unterzeichnet. Den offiziellen Akt in der städtischen Schlossremise zu vollziehen, war den Initiatoren nicht gestattet. „Der Ursprungsaufruf bedurfte dringend einer Aktualisierung in Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen Debatten, insbesondere auf die Diskussionen in Zusammenhang mit dem Umgang von Flüchtlingen in unserem Land. Außerdem wollten wir den Übergang von einem reinem Aufrufcharakter hin zu einem Aktionsbündnis, welches sich in die aktuellen Debatten aktiv einmischt und klar Position bezieht.“ so Anja Müller Mitglied der SprecherInnengruppe der neuen Initiative. Die Gruppe will so für ein weltoffenes und menschenfreundliches Riesa kämpfen und ein deutliches Zeichen gegen rassistische Brandstifter setzen. Warum verwehrt die Stadtverwaltung den InitiatorInnen die Unterstützung? Der Oberbürgermeister von Riesa, Marco Müller, dazu im Interview.

Werden Sie den neuen Riesaer Appell unterschreiben?

Ich fordere seit Langem, dass sich Verantwortungsträger – also auch die Stadträte – zu Problemen wie der Flüchtlingskrise klar positionieren. Dass ich einer unbegrenzten Zuwanderung und unreflektierten Willkommenskultur nicht das Wort rede, habe ich offen ausgesprochen. Wenn also meine bürgerliche, wertkonservative Einstellung Eingang findet, kann ich mir eine Unterschrift durchaus vorstellen.

Über den Riesaer Appell:

 

Sächsisches Netzwerk zur Flüchtlingsforschung und „Fremdenfeindlichkeit“ gegründet

Die Debatte um den Zuzug von Asylbewerbern und den erstarkenden Rechtspopulismus erfasst auch die Wissenschaft. Forscher sächsischer Hochschulen haben ein Netzwerk gegründet, das Integration, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus erforschen will. An dem Verbund mit dem Kürzel Ifris beteiligen sich die Unis in Dresden, Leipzig und Chemnitz sowie das Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung.
Die Forscher, zu denen die Leipziger Oliver Decker und Gert Pickel gehören, wollen zu einer Versachlichung beitragen. Dazu gehört Grundlagenarbeit zur Situation von Flüchtlingen, die, wie es heißt, zu „Möglichkeiten der Eindämmung von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Sachsen beitragen soll“.
In einem ersten Schritt soll die Lage von Asylbewerbern analysiert werden. „Wir wissen sehr wenig über die Flüchtlinge“, sagt Kailitz. Bei geplanten Befragungen geht es dem Team zufolge nicht nur um deren Herkunft. Auch Sozialisation, Wertvorstellungen, Einstellungen zum westlichen politischen System und das Empfinden der Situation in Deutschland sollen eine Rolle spielen. „Was bringen die Leute mit?

 

Medien und die AfD: Zeit für eine Pause? Die Aktion #AFDfrei

AfD-Prominenz in fast jeder Talkshow, erregte Debatten über jede neue Provokation der Partei - unter Politikern und Journalisten wird diskutiert, ob das so richtig ist. In dieser Woche hat die Diskussion an Fahrt gewonnen, nach Dauerstreit unter anderem über AfD-Vize Alexander Gauland. Unter dem Hashtag #AfDfrei gibt es im Netz viele - überwiegend positive - Reaktionen.
Frank Überall, der Vorsitzende, des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), sagte dem Tagesspiegel: "Journalisten haben einen Informationsauftrag, der selbstverständlich die AfD mit einschließt. Journalisten haben aber auch die Aufgabe, Nachrichten auf ihren Informationswert hin abzuklopfen." Im Fall der AfD heiße das konkret: "Längst nicht jede Äußerung eines AfD-Politikers hat den Gehalt einer Seite-eins-Meldung. Weniger ist manchmal mehr."

Die Berliner Boulevardzeitung "B.Z." hatte nach Gaulands von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitierten Äußerung, Angela Merkel (CDU) sei eine "Kanzler-Diktatorin", nur eine kleine Notiz auf Seite eins im Blatt: "Sorry, Herr Gauland! Wir haben heute leider keinen Bericht für Sie.

 

Ungestörte Wolfsrudel

Türkische Ultranationalisten sind in Deutschland gut organisiert, die Politik schaut weg. Die Liste ihrer Feinde ist lang: Juden, Armenier, Griechen, Kommunisten und allen voran die Kurden. Die Grauen Wölfe, die sich selbst auch als »Idealisten« (Ülkücüs) bezeichnen, träumen von einem Großtürkischen Reich, ethnisch homogen, vom Balkan bis nach China. Auch in Deutschland haben die türkischen Ultranationalisten längst ein weitreichendes Netz von Vereinen etabliert. Intern schwören sie auf einen »Kampf bis zum letzten Tropfen Blut« für das zu schaffende Reich »Turan«. Für Außenstehende sind die Wölfe jedoch oft nicht leicht zu erkennen. Ihre Strategie hierzulande: Tarnung und Unterwanderung von Parteien, Jugendorganisationen und Ausländerbeiräten.

 

Identitäre und Reichsbürger: Varianten der Staatsverdrossenheit

Verfassungsfeind? Nein, er jedenfalls nicht, sagt Joachim Widera. Wie auch. Als sogenannter Reichsbürger erkennt er die Bundesrepublik Deutschland mitsamt Verfassung ohnehin nicht an. Er lehnt zwar nach eigenen Worten jede Form von Gewalt ab, aber nicht alle Reichsbürger denken so. Sie und neuerdings vor allem die rechte "Identitäre Bewegung" beschäftigen Verfassungsschützer zunehmend.
Die Reichsbürger, Reichsdeutschen oder auch Germaniten fühlen sich als Bürger des Deutschen Reichs und halten die Bundesrepublik für einen Unrechtsstaat. In ihren Reihen finden sich auch Personen, die sich gewaltbereit zeigen oder schlicht rechtsextrem agieren. Bis zu 1000 Menschen aus der Reichbürgerszene hätten ein "geschlossenes rechtsextremes Weltbild", sagt der Rechtsextremismus-Experte Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung. "Die Szene wächst."
Sehr viel homogener tritt die deutlich jüngere, sogenannte "Identitäre Bewegung" auf. Verfassungsschützer nehmen sie inzwischen sehr ernst. Die seit 2012 in Deutschland aktive rechte Gruppierung mit französischen Wurzeln wendet sich gegen "Multikulti-Wahn", "unkontrollierte Massenzuwanderung" und den "Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung". Die "Identitären" sind ideologisch gefährlicher, als die Reichsbürger", sagt Johannes Baldauf von der Amadeu Antonio Stiftung. "Sie haben eine frische popkulturelle Art, sie sind die jungen Wilden des Rechtsextremismus."

 

Warum sich Neonazis wieder in Fußballstadien breit machen

Wie viel Gauland steckt im deutschen Fußball? Mehr als uns allen lieb sein dürfte. Rassismus ist noch immer ein großes Problem in den Stadien. Gern wird aus Deutschland mit dem Zeigefinger auf die Italiener gezeigt. Insbesondere die Fans von Lazio Rom sorgen regelmäßig für Aufsehen mit ihren rassistischen Eskapaden. Zuletzt mit Affenlauten gegen einige Profis von Bayer Leverkusen in der Champions League.
Aber auch der deutsche Fußball hat trotz all der Verbesserungen seit den 90er Jahren immer noch ein Problem mit Rassismus, Sexismus und Homophobie. Nicht nur im Osten, oder den unterklassigen Ligen, sondern gerade auch in Nordrhein-Westfalen.
Die Vereine reagieren darauf sehr unterschiedlich. Borussia Dortmund hat nach einigem Zögern nun sehr entschlossen den Kampf gegen Rechts aufgenommen. Die Stadt hat hier ein riesiges Problem. Aber viele Vereine ignorieren die Entwicklungen nach wie vor.

 

Reichsbürger wollen als Richter und Anwalt verkleidet ins Gericht

Skurrile Szenen spielten sich vor dem Amtsgericht im bayrischen Nördlingen ab. Ein 62-Jähriger "Reichsbürger" saß auf der Anklagebank - und seine Gesinnungsfreunde wollten ihn unterstützen. In dem Prozess ging es um einen versuchten Betrug im sechsstelligen Bereich. Er gehört zu der Gruppierung „Reichsbürger“, die behauptet, dass die Bundesrepublik nicht existiere.
Das Gericht wusste das, hatte deshalb zahlreiche Beamte postiert, auch in Zivil unter den Zuschauern. „Die Anwesenheit unserer Wachtmeister und der Polizeibeamten hat dazu beigetragen, dass die Verhandlung gut über die Bühne gegangen ist.“ Wie Beck mitteilt, waren mindestens sieben Sympathisanten in Nördlingen unterwegs, ihnen wurde der Einlass wegen fehlender Ausweise beziehungsweise wegen Fantasieausweisen nicht gestattet. Zwei Männer wurden vorläufig festgenommen – wegen Amtsanmaßung. Ein 69-jähriger Rentner war mit einer Robe als Richter verkleidet, ein 52-jähriger Mann gab sich als Staatsanwalt aus. Was sie im Gerichtsgebäude vorhatten, war nicht bekannt.

 

Stellungskrieg im Kommentarfeld

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Party-Patriotismus und einem Anstieg rassistischer Gewalt, liebe Deutschlandfahnenbegeisterte. Die Empörung über das regelmäßig von der Antifa (not sure if Antifa e. V. or Antifa GmbH) ausgerufene „Capture the Flag“-Spiel, bei dem es vordergründig darum geht, die während der Turniere inflationär auftauchenden Deutschlandfahnen zu stehlen, war mal wieder riesig. Almost same procedure as every year.
Der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sprach nach der WM 2006 davon, dass es „nur mit viel Glück keine Toten durch Rassismus bei der Weltmeisterschaft gegeben habe“. Auch das ist dem „Schland“-Gröler offenbar egal.
Für all die beklauten Fußballpatrioten etwas vereinfacht wiedergegeben: Weil ihr sonst nichts habt, ist euch dieses Fähnchen so heilig. „Es geht um die Mannschaft, nicht um Deutschland“, hört man dann immer wieder. Erstens: Es geht angeblich auch um „berechtigte Ängste“ und nicht um glasklaren Rassismus. Und zweitens: Dann kauft eine DFB-Fahne, die gibt’s für 9,95 € im Onlineshop.

 

Hass auf Youtube: Verbotene Nazi-Lieder werden ungehindert verbreitet

Auf Youtube gibt es massenhafte Neonazi-Lieder, auch und vor allem deutsschprachige. Sie rufen zu Gewalt und sogar zum Mord auf. Das sogenannte Afrika-Lied der Neonazi-Band Landser , verurteilt als kriminelle Vereinigung, steht seit 18 Monaten auf YouTube und wurde über 250.000 mal geklickt. Im Text heißt es: "Afrika für Affen, Europa für Weiße. Steckt die Affen in ein Klo und spült sie weg wie Scheiße."
Dieses Lied hat beim Mord an Alberto Adriano 2000 in Dessau eine wichtige Rolle gespielt. So steht es in den Gerichtsakten. Es gibt noch eine Menge weiterer Lieder, die zu Gewalt gegen Juden und Flüchtlinge auffordern. YouTube erklärt, dass sie solche Videos entfernen würden. Tatsächlich aber stehen viele dieser Lieder schon seit Jahren auf der Plattform. Und selbst nachdem REPORT MAINZ diese Hass-Lieder hat melden lassen, sind sie weiterhin online. Fachleute sehen einen direkten Zusammenhang zwischen diesen Liedern und Straftaten gegen Flüchtlinge oder deren Unterkünfte.
Der Jüdische Weltkongress (JWC) bezeichnet YouTube und Google als mitverantwortlich, wenn es unter dem Einfluss dieser Musik zu Straftaten käme. Im Interview sagte der Justitiar des JWC, Prof. Menachem Rosensaft: "Man muss offen sagen, dass wenn ein Mord, ein Überfall auf einen Juden oder einen Muslimen oder einen Immigranten das Resultat ist, dass ein Neonazi-Bursche diese Musik gehört hat und das ist die Inspiration, dann ist Google Deutschland und YouTube mitverantwortlich." Auch Politikwissenschaftler kommen zu einer ähnlichen Einschätzung.

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Presseschau ... 09.06.2016

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+++ Attacke gegen Flüchtlingsheim mit Schweinekopf +++ NPD-Politiker im Geschichtsunterricht: Eklat an Rostocker Gymnasium +++ Ein Drittel mehr rechtsextreme Straftaten im Saarland +++ Milde Strafen für Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Hoyerswerda

 

Attacke gegen Flüchtlingsheim mit Schweinekopf

Abstoßende Attacke gegen eine Flüchtlingsunterkunft in der Gemeinde Wolfschlugen (Kreis Esslingen, Baden-Württemberg): Unbekannte haben dort in der Nacht auf Mittwoch einen abgetrennten Wildschweinkopf auf dem First einer Zelthalle abgelegt, in dem schon bald bis zu 100 Asylbewerber wohnen sollen.
Der Einzug ist laut dem Esslinger Landratsamt für Mitte, Ende Juni geplant.  Über die Giebelwand ließen die Täter, die der Polizei zufolge gegen 4.45 Uhr hoch zum Fürst gestiegen sein müssen, zudem eine rote Substanz laufen. Eine Sprecherin der Reutlinger Polizei sagte, es könnte sich um Schweineblut handeln. Das werde noch untersucht.
Vor dem Hintergrund, dass die Unterkunft bald belegt werden soll, gehe man von einer politisch motivierten Tat aus, sagte die Sprecherin. Am Einzugstermin soll sich indes nichts ändern.

 

NPD-Politiker im Geschichtsunterricht: Eklat an Rostocker Gymnasium

Neuntklässler eines Rostocker Gymnasiums haben sich für ein Geschichtsprojekt umstrittene Gesprächspartner eingeladen – und damit für einen Eklat gesorgt: Die Schüler des Innerstädtischen Gymnasiums interviewten zum Thema Rechtsextremismus ausgerechnet den NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit und den Rostocker AfD-Landtagskandidaten Holger Arppe. Beide sind in der Vergangenheit wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das Kultusministerium untersucht die Vorfälle, Vertreter der demokratischen Parteien sind entsetzt.
Die Neuntklässler nehmen an der so genannten „Geschichtswerkstatt“ der Schule teil. „Eine Gruppe befasst sich dabei mit Rechtsextremismus in Vergangenheit und Gegenwart“, sagt Lehrer Steffen Kliewe. Die Schüler hätten sich dabei die Frage gestellt, „ob die AfD beispielsweise allein von der Flüchtlingskrise profitiere oder was die Partei noch für Standpunkte vertritt.“

 

Ein Drittel mehr rechtsextreme Straftaten im Saarland

Deutlich mehr rechte Straftaten im Saarland: Das ist das Ergebnis des aktuellen Verfassungsschutzberichtes. Die Flüchtlingskrise - auf die rechtsextremistische Szene wirkt sie offenbar wie ein Katalysator. Hier verzeichnen die Behörden bundesweit einen Anstieg der Delikte. Im Saarland wurden im vergangenen Jahr 226 Straftaten registriert, ein Drittel mehr als 2014, teilte der Direktor des Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Albert, am Mittwoch in Saarbrücken mit.
Besorgniserregend sei auch der Anstieg der rechten Gewalttaten von zwei auf 13. Dabei handelte es sich laut Albert um zwölf Körperverletzungen und eine Brandstiftung. Der hohen Zahlen hingen vor allem mit der Flüchtlingswelle zusammen, aus der die Extremisten mit Parolen und Aktionen versuchten, Profit zu ziehen.

 

Milde Strafen für Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Hoyerswerda

Überraschend milde Urteile fielen am Dienstag am Amtsgericht Hoyerswerda. Dort fand ein Prozess gegen vier Neonazis statt, die ein Jahr zuvor versucht hatten, eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft mit einem Molotowcocktail anzuzünden. Sie wurden für die Vorwürfe der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und Verstoß gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen.
Kai P. und Enrico N. erhielten Freiheitsstrafen von neun Monaten sowie einem Jahr und vier Monaten. Trotz zahlreicher Vorstrafen, unter anderem aus rechtsmotivierten Straftaten, für welche beide bereits in Haft saßen, wurden die Freiheitsstrafen für einen Zeitraum von drei bzw. fünf Jahren auf Bewährung ausgesetzt. Die beiden Brüder, Julian K. und Jonas K. kamen mit Verwarnungen davon, Ersterer muss 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, Letzterer eine Strafe von 100 Euro bezahlen.
Enrico N., Kai P. sowie die Brüder Julian K. und Jonas K. waren am 3. Juni 2015 mit drei Molotowcocktails vor eine Turnhalle in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße in Hoyerswerda gezogen, die als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wurde. 27 Menschen, die dort untergebracht waren, kamen damals mit dem Schrecken davon. Für die milden Urteile das Alter der Täter eine Rolle, die zur Tat zwischen 19 und 25 Jahre alt waren. Außerdem hätten die Männer unter Gruppenzwang und Alkoholeinfluss gestanden, so der verantwortliche Richter Michael Goebel. Er rechnete den Angeklagten ihre umfangreichen Geständnisse an, die darüber hinaus trotz ihrer zum Teil umfangreichen Liste an rechtsmotivierten Straftaten aussagten, der Angriff vom Juni 2015 tue ihnen leid.
Die Zuschauerreihen des Amtsgerichtes Hoyerswerda waren neben vereinzelten Beobachtern und Journalisten mit Neonazis gefüllt, rund ein Dutzend von ihnen besuchte den Prozess. In Pausen scherzten die mit den Angeklaten.

 

Gemeinsamer Wahlkampf gegen rechts: Berliner Dissens

Vor fünf Jahren konnten sich die im Parlament vertretenen Parteien auf eine gemeinsame Linie einigen, wie sie mit rechten Gruppen im Wahlkampf umgehen wollten. Ausgerechnet in einer Zeit, in der sich mit der AfD eine Partei am rechten Rand sogar zu etablieren scheint, wackelt dieser sogenannte Berliner Konsens. Die CDU hat Bauchschmerzen – und nun eine letzte Frist: Bis Ende der Woche muss sie entscheiden, ob sie eine Neuauflage des Konsenses mitträgt.
Es war ein deutliches Signal, als Ende Juni 2011 die Spitzen von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken ihren „Konsens gegen rechts“ verkündeten. „Wir wenden uns dagegen, rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien ein Podium zu geben“, hieß es darin unter anderem. Mit diesen dürfe es „keine Diskussion auf Augenhöhe“ geben. Und: Versuche von Rechtspopulisten, sich als demokratische Parteien zu inszenieren, sollten mit allen Mitteln verhindert werden. Vor allem die NPD galt damals als Gegner.

 

NPD gegen Bodo Ramelow vor Gericht: Chancengleichheit für Nazis

Die rechtsextreme NPD hat sich mit einer Klage gegen Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) durchgesetzt. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied in einem am Mittwoch verkündeten Urteil, dass der Regierungschef die Rechte des thüringischen Landesverbands der NPD auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt habe.
Ramelow hatte vor einem Jahr in einem MDR-Interview „an alle demokratischen Parteien und ihre Vertreter“ appelliert, „dass es wirklich keine Gemeinsamkeiten auf der Basis von NPD-Anträgen geben darf“. Damit würden „die Nazis“ aufgewertet.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof urteilte, dass sich die NPD als nicht verbotene Partei auf das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien berufen könne. Dieses folge aus Artikel 21 des Grundgesetzes. Aus diesem Recht folge ein an die Adresse des Staats gerichtetes Neutralitätsgebot für den allgemeinen politischen Wettbewerb.

 

Landtag Nordrhein-Westfalen streitet über Konzept gegen Rechte

Die Landesregierung hat gestern in Düsseldorf ihr Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus vorgestellt. Jährlich sollen in NRW zusätzlich 2,3 Millionen Euro in Projekte gegen rechte Gewalt und Rassismus fließen. Davon profitieren unter anderem Opferberatungsstellen und Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit in den Kommunen. NRW-Familienministerin Christina Kampmann (SPD) nannte das Konzept einen „wichtigen Baustein“ im Kampf gegen rechts. Die Opposition kritisierte die Vorlage. FDP-Vizefraktionschef Joachim Stamp sprach von einer „Laberbroschüre“. Er nannte das Konzept von Rot-Grün gegen rechts enttäuschend: „Es ist ein Sammelsurium an Allgemeinplätzen, Wiederholungen und Selbstverständlichkeiten“, sagte er.
Das neue Handlungskonzept umfasst 166 Punkte. So werden zum Beispiel die fünf mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus in den Regierungsbezirken Arnsberg, Köln, Düsseldorf, Detmold und Münster künftig mit 450 000 statt 200 000 Euro jährlich unterstützt.

 

Weitere Hochschule entlässt islamfeindlichen Berliner Dozenten

Nach der HWR und der HTW Berlin hat sich auch die SRH Hochschule Berlin von einem Dozenten getrennt, dem islamfeindliche Äußerungen vorgeworfen werden. Hintergrund sind islamfeindliche Äußerungen des Statistikdozenten Wolfgang Hebold auf verschiedenen Webseiten, aber auch in seinem Lehrmaterial für die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR). Demnach mussten Studierende in einem Kurs des Lehrbeauftragten etwa den angeblichen statistischen Zusammenhang zwischen der Zahl von Terroranschlägen und dem Anteil von Muslimen in der Bevölkerung berechnen.

 

„Illegale Helfer“ – AfD mit Anfeindungen gegen Theaterstück vor der Premiere

Die deutsche Erstaufführung des dokumentarischen Stücks „Illegale Helfer“ am Hans-Otto-Theater (HOT) in Potsdam wurde schon vor der Premiere am Donnerstag mit Anfeindungen bedacht. Die AfD-Fraktion im Potsdamer Rathaus rief in einer Pressemitteilung unter der Überschrift „Hans-Otto-Theater feiert Gesetzesbrecher“ das Ensemble auf, „sein Programm noch einmal zu überdenken“. Regisseurin Yvonne Gronebaum (41) sagt, „dass ich und wir alle im ersten Moment sehr erschrocken waren, mit so einer politischen Einflussnahme auf die Kunst überhaupt konfrontiert zu werden“.
In dem mehrfach ausgezeichneten Recherchestück der aus Südtirol stammenden Autorin Maxi Obexer (45) berichten zehn Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie und warum sie zu illegalen Helfern für Flüchtlinge wurden.
Schauspieler werden im Namen der Helfer sprechen, die im bürgerlichen Leben Bergbauer, Verwaltungsrichter, Anwalt oder auch Studienrat sind. „Es gibt nicht für jeden Helfer eine logische Erklärung“, sagt die Regisseurin. Das einende Motiv aber sei die Menschlichkeit, schließlich sei keiner von ihnen ein Schlepper, der sich an den Flüchtlingen bereichert: „Die Humanität steht für diese Menschen über dem Gesetz.“

 

Mit Hitler in die Zukunft – Neonaziaufmarsch in Dortmund

Der “Tag der deutschen Zukunft” ist ein bundesweites Neonazi-Event, das am 04.06.2016 in Dortmund zum achten Mal stattfand. Rund 900 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet fanden den Weg nach Dortmund. Als offizieller Anmelder trat der Dortmunder Neonazi-Kader Michael Brück, Ratsmitglied im Dortmunder Rathaus für “Die Rechte”, auf.
Bereits während der Anreise der Neonazis gab es viele interessante, teilweise verbotene Symboliken und Parolen zu entdecken. Von einem Hitler-Transparent, das an einer der berühmten Dortmunder Nazi-Wohngemeinschaften hing, über offene Bekenntnissen zum Nationalsozialismus auf T-Shirt bis hin zu Bekenntnissen zur Waffen-SS in Form von “Ruhm und Ehre” Parolen.
Als Redner traten diverse bekannte Rechte auf. Sven Skoda und Thorsten Heise hielten dabei vermutlich die heftigsten Reden. Als weitere Redner traten der ehemalige Dortmunder Feuerwehrchef Klaus Schäfer und Neonazis aus Bulgarien vom „Bulgarischen Nationalbund“ auf. Abschließend sprach Christian Worch, Parteivorsitzinder der Partei “Die Rechte”.

Im „Tag der deutschen Zukunft“ steckte auch rechter Terror: Über zwei Demonstranten aus Dortmund angeschaut, die besonders für rechten Terror stehen: Marko Gottschalk und Robin Schmiemann, zwei Neonazis aus dem Stadtteil Brechten. Unter dem Schutz von mehreren tausend Polizisten konnte in Dortmund nämlich das erweiterte Umfeld des NSU-Netzwerks aufmarschieren. Der „Tag der deutschen Zukunft“ bot den rechten Terrorfreunden eine gute Gelegenheit, alte Kontakte zu pflegen und neue aufzubauen.

 

Was die Querfront begehrt: Proteste gegen Bilderbergtreffen der „geheimen Weltregierung“

Gegen die dieses Jahr in Dresden stattfindende Konferenz der Bilderberg-Gruppe protestieren nicht nur Hippies. Bei der Dresdner Versammlungsbehörde waren bis Redaktionsschluss mindestens 20 unterschiedliche Veranstaltungen angemeldet, die sich ab dem heutigen Donnerstag bis Sonntag mit den „Bilderbergern“ beschäftigen.
Nicht fehlen darf im Protestzirkus die NPD. Bereits am Donnerstag hat diese eine Kundgebung auf dem Dresdner Postplatz angemeldet. Das Motto der Neonazis an diesem Tag lautet: »Volksherrschaft durchsetzen – ›Bilderberger‹-Macht brechen – Heimlichtuerei beenden!« Abgelöst wird die NPD auf ihrem Kundgebungsort von der AfD. Der Stadtverband der AfD ruft am Samstag unter dem Motto »Volksentscheide statt Elitenherrschaft« zum Protest auf und rechnet mit bis zu 1 000 Teilnehmenden.
Weniger als 100 Meter entfernt vom Aufmarschort der Neonazis und Rechtspopulisten trommelt die Rote Fahne zum Appell. Die Sozialisten treffen sich auf dem Theaterplatz vor der Semperoper unter der Parole: „Deutschland sagt NEIN zu Imperialismus und Krieg!“
In allen Aufrufen, ob nun von der AfD oder der Roten Fahne, werden die immer gleichen Stereotype von »denen da oben« bedient, von einer angeblichen Verschwörung der Mächtigen gegen das Volk oder wahlweise auch gegen die Arbeiterklasse. Und so ist es keine Überraschung, wenn es im verschwörungstheoretischen Magazin Compact heißt: „Hoffen wir, dass diese Gruppierungen ihre Energie nicht im Kampf gegeneinander verschwenden, sondern miteinander gegen den Hauptfeind marschieren. Links und rechts war gestern. Heute gilt: Für globalen Imperialismus oder dagegen.“

 

Sie kitzeln ein Monster, von dem man hoffte, es sei tot

Stehen wir vor einer neuen Welle des Faschismus? Viele Menschen scheinen dies zu glauben. Donald Trump wurde als Faschist bezeichnet, ebenso wie Wladimir Putin und eine Vielzahl europäischer Demagogen und rechter Maulhelden. Die momentane Flut an autoritärem Getöse reicht bis in die Philippinen, deren gewählter Präsident Rodrigo ("der Bestrafer") Duterte geschworen hat, Tatverdächtige in die Bucht von Manila zu werfen.
Durch die locker sitzende Rhetorik wurde nicht nur die politische Debatte vergröbert, sondern auch das historische Gedächtnis abgestumpft. Vergleicht ein republikanischer Politiker die US-Immobiliensteuern mit dem Holocaust, wie es 2014 ein US-Senatskandidat tat, wird der Massenmord an den Juden so sehr trivialisiert, dass er jegliche Bedeutung verliert.
Sie mögen abstoßend sein, aber sie organisieren keine uniformierten Sturmtruppen, bauen keine Konzentrationslager und rufen keinen autoritären Staat aus. Putin kommt dem noch am nächsten, aber auch er ist kein Hitler. Natürlich kommen Vergesslichkeit und Unwissenheit über die Vergangenheit aus verschiedenen Richtungen.

 

Drei Klammern gegen Antisemitismus – Solidarität auf Twitter

Auf Twitter sind seit einigen Tagen manche Benutzernamen links und rechts von je drei Klammern eingerahmt. Dahinter steckt kein modischer Trend, sondern eine Solidaritätskampagne. Die Geschichte hat ihren Ursprung in den USA. Dort schreiben Neonazis die Namen von (tatsächlichen oder vermeintlichen) Juden in Klammern, um sie zu brandmarken oder gar um zu Gewalt gegen sie aufzurufen. Darüber berichtete groß als erster der Journalist Jonathan Weisman von der "New York Times", der selbst im Netz als "(((Weisman)))" bezeichnet worden war.
Auch in Deutschland ist die Drei-Klammern-Solidarität auf Twitter angekommen. (((Jan Böhmermann))) war einer der ersten. Doch mittlerweile heißt er auf Twitter wieder einfach nur Jan Böhmermann. In der Berliner Landespolitik folgt vor allem die Linke dem Trend. Der Landesvorsitzende Klaus Lederer etwa nutzt heißt auf Twitter derzeit (((Klaus Lederer))). "Es ist nicht nur Aufgabe von Behörden und Internetkonzernen, gegen "hate speech' zu mobilisieren", sagte er dazu. Auch andere Landespolitiker machen mit.

 

Schland flaggt ab

Pegida-Märsche und AfD-Gestänker verderben vielen die Lust am Party-Patriotismus zur EM. Die Rechten haben sich die Deutungshoheit über das Nationalgefühl zurückerobert.
Vor zwei Jahren um diese Zeit konnte man sich vor Schwarz-Rot-Gold kaum retten. Von Flutschfinger bis Fliegenklatsche trug alles die deutschen Farben. Sie nisteten als Schminkset im Deckel des Nutellaglases, umschmiegten eine Traumkombination von Putzmitteln im praktischen Wischeimer und lagen als Wimpel jeder zweiten Zeitschrift bei. Denn die WM in Brasilien stand an, und seit dem „Sommermärchen“ von 2006 galt es als deutscher Brauch, zu den internationalen Fußballturnieren massenhaft Flagge zu zeigen.
Schon 2014 nahm das Fieber einen seltsamen Verlauf. So allgegenwärtig die deutschen Farben kurz vor der WM waren, so schnell verschwanden sie wieder. Und heute? Mit den Pegida-Aufmärschen ist das alte, das bedrohliche Bild vom Flagge tragenden Deutschen zurückgekehrt.

 

Claudia Pechstein: Flüchtlingsfeindlicher Kommentar nach juristischer Niederlage

Nach der Ablehnung ihrer Schadenersatzklage vom BGH beklagt sich Claudia Pechstein mit deutlichen Worten: Jeder Flüchtling würde in Deutschland mehr Rechtsschutz genießen als ein Sportler.
Eine solche Niederlage hat Claudia Pechstein – Eisschnellläuferin, fünf olympische Goldmedaillen, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen, Deutschlands erfolgreichste Sportlerin bei Olympischen Winterspielen – noch nicht erlitten. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat ihr Begehren auf Schadenersatz für die zu Unrecht verhängte zweijährige Sperre wegen Dopings für unzulässig erklärt. Pechstein ist krachend gescheitert.
„Jeder Flüchtling, der in Deutschland einreist und registriert wird, genießt Rechtsschutz“, sagte Pechstein am Dienstag. „Aber wir Sportler nicht.“ Pechstein bleibt sich treu. Mit Niederlagen konnte sie noch nie gut umgehen. Pechstein sieht sich als Verfolgte des olympischen Systems, als Mensch zweiter Klasse. Ihr fester Glaube in die deutsche Justiz habe einen Dämpfer erhalten, klagte sie vor Fernsehkameras.

Mein Vater, der bekannte Verschwörungstheoretiker

Unter dem Pseudonym „Freeman“ stieg ein Schweizer mit seinem Blog „Alles Schall und Rauch“ schnell zu einer Instanz unter deutschsprachigen Truthern auf. Seine Tochter hat hinter die Kulissen der Szene geblickt.

Melde-Attacken von rechten Facebook-Nutzern

Auf Facebook rufen rechte User dazu auf, die Meldefunktion zu nutzen, um Seiten ihrer Gegner stillzulegen - offenbar erfolgreich.

Wie es sich anfühlt, wenn Rechtsextreme dich als Kinderschänder diffamieren

Als Martin Schöler am 11. März 2015 seinen Facebook-Account öffnete, blickte er auf einen Fahndungsaufruf mit seinem Gesicht. "Gesucht wegen sexueller Belästigung von Kindern in Leipzig", stand über seinem Bild, darunter: "Hinweise bitte an das Polizeipräsidium Leipzig oder jede andere Polizeidienststelle". Auf einer Seite stand unter dem Post: "Wir bitten um Mithilfe bei der Selbstjustiz". "Für mich war das sehr, sehr erschreckend", erinnert sich der Leipziger Journalist heute. Auf Facebook wurde das Bild eifrig geteilt. Vor allem Leipziger Fußballfans verbreiteten es weiter. Da er mit einigen Fußballfans befreundet ist und einzelne ihn auf dem Foto erkannten, dauerte es nicht lange, bis die ersten Drohungen in seinem Posteingang landeten. "Die haben mir Nachrichten geschrieben, na ja, wie der deutsche Lynchmob halt tobt", erzählt Schöler. Immerhin wusste Schöler, was zu tun war: Er machte sich auf die Suche nach den Facebook-Profilen, die das Bild ursprünglich hochgeladen und gepostet hatten. Es waren alte Bekannte: Zwei Rechtsextreme aus dem Leipziger Raum—und Benjamin Brinsa, ein Leipziger MMA-Kämpfer, dem seit Jahren vorgewurfen wird, eng mit der rechten Szene verbunden zu sein.

MDR macht AfD-Politiker Björn Höcke zum Muslim

Der MDR hat die Namen von zwei Studiogästen verwechselt – und in diesem Fall ist das Missgeschick nicht ohne Ironie: Der Sender machte ausgerechnet aus dem Islam-Kritiker und AfD-Politiker Björn Höcke einen gläubigen Muslim. Angeblich war es keine Absicht.
Seit Wochen kämpft Höcke nun gegen den Bau einer Moschee in Erfurt und schimpft über das "fremde und extrovertierte" Bauwerk. Deswegen war der Rechtspopulist am Montagabend in der Talkshow "Fakt ist" des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Mit den anderen Studiogästen diskutierte der Rechtspopulist über "Moscheen in Mitteldeutschland". Es dürfte ein Thema sein, das ihm am Herzen liegt.
Wie jeder andere Studiogast auch wurde Höcke den Zuschauern vorgestellt, auch während der Sendung  mit Hilfe von Einblendungen, sogenannten Bauchbinden. Allerdings unterlief der Redaktion der MDR-Sendung "Fakt ist" ein Missgeschick: Als Höcke im Bild war, blendete sie den Namen eines anderen Studiogastes ein: Abdullah Uwe Wagishauser, Vorsitzender der Ahmadiyya Muslim-Gesellschaft.

http://www.haz.de/Nachrichten/Medien/Fernsehen/MDR-entschuldigt-sich-fuer-Verwechslung-von-AfD-Politiker-Bjoern-Hoecke

 

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Presseschau ...10.06.2016

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+++ Dresden: Nazis bedrohen Flüchtlinge vor Unterkunft +++ Sächsische Linken-Politikerin erhält Drohbrief +++ „Identitäre“ stürmten Vorlesung an der Universität Klagenfurt +++ Amnesty International über Deutschland: Brandstiftungen, Sprengstoffanschläge, Staatsversagen

 

Dresden: Nazis bedrohen Flüchtlinge vor Unterkunft

Im Dresdner Stadtteil Laubegast geben Rechtsradikale in den Auseinandersetzungen um eine Flüchtlingsunterkunft keine Ruhe. Am Mittwochabend demonstrierten unter dem Motto »Nein zum Heim« erneut rund 80 Menschen gegen den Einzug von 48 Flüchtlingen in das ehemalige Hotel Prinz Eugen, der bereits am 1. Juni stattfand. Organisiert wurde die Demonstration von der rechten Bürgerinitiative „Laubegaster Wellenlänge“, auf deren Blog Slogans wie „Eure Flut baden wir nicht aus“ zu finden sind. Mehrere Augenzeugen berichteten, dass mindestens 20 bis 30 Neonazis mitdemonstrierten und durch die Nachbarschaft streiften.
Die neuen Anwohner in der Unterkunft und auch der Sprecher der Initiative „Laubegast ist bunt“, Claus Dethleff, bekamen am Abend die Bedrohlichkeit der rassistischen Demonstrationen zu spüren. Auf dem Weg zu einem Sprachkurs seien sie vor der Unterkunft auf mehrere vermummte Neonazis gestoßen, die die Gruppe beschimpften, berichtet Dethleff auf Facebook: „Auf dem Hinweg wurden wir bepöbelt, man nannte mich ‚Verräter‘ und spuckte vor uns aus.“ Die Männer wirkten demnach gewaltbereit. Die Flüchtlinge warteten auf ihren Abzug, bevor sie wieder in die Unterkunft zurückkehren konnten.
Die Polizei sei dabei wenig hilfreich gewesen, sagt Dethleff: Sie sei damit beschäftigt gewesen, eine Soldaritätsdemonstration von rund 50 Antirassisten zu kesseln. „Die Stimmung rund um die Unterkunft ist merklich angespannt. Einige Nazis wohnen direkt gegenüber“. Seit Mittwoch kursieren in Dresden zudem Flyer, die dem Aufruf zu einer Bürgerwehr ähneln. Unter dem Titel „Dresden wird sicherste Stadt Deutschlands“ wird moniert, das Sicherheitsgefühl habe abgenommen, Ladendiebstahl sowie Drogenhandel zugenommen – und aufgerufen: „Zeigen wir den Kriminellen, dass wir deren Aktivitäten nicht hinnehmen werden“.

 

Sächsische Linken-Politikerin erhält Drohbrief

Die stellvertretende Kreisvorsitzende der Linken in Mittelsachsen, Marika Tändler-Walenta, hat in der vergangenen Woche ein Schreiben mit einer ihrer Ansicht nach klaren Morddrohung erhalten. Darin heißt es: „Kann man für solches Viehzeug wie Sie nicht nochmal die Öfen in Buchenwald aktivieren? Linkes Drecks-pack“. Der Brief hat keinen Absender. Die Politikerin vermutet aber, dass er aus dem Raum Mittelsachsen verschickt wurde, da er mit einer Briefmarke vom 250. Jubiläum der Bergakademie Freiberg versehen ist.
Dass sie Nachrichten mit Beleidigungen und wüsten Beschimpfungen erhalte, sei für sie nicht neu. Marika Tändler-Walenta: „Aber dieser Brief hat eine weitergehende Qualität“. Sie habe Strafanzeige gestellt. Marika Tändler-Walenta ist nicht die einzige Politikerin aus Mittelsachsen, die sich relativ regelmäßig mit Beleidigungen, Beschimpfungen und Bedrohungen konfrontiert sieht. Auch der SPD-Kreisvorsitzende und Döbelner Landtagsabgeordnete Henning Homann muss sich damit auseinandersetzen. Entsprechende Schreiben kämen per Post, E-Mail und via Facebook in seinem Landtagsbüro an. „Ein regelrechter Schwall kommt an, wenn ich meine klare Meinung – zum Beispiel gegen Rassismus – geäußert habe“, erzählte Homann.

 

„Identitäre“ stürmten Vorlesung an der Universität Klagenfurt

Eine Gruppe von „Identitären“ hat am Donnerstagnachmittag eine Vorlesung an der Universität Klagenfurt gestürmt. Wie Rektor Oliver Vitouch am Abend erklärte, war eine Gruppe von zehn teils verkleideten Männern mit Kamera und Megafon in den Hörsaal gekommen. Der Rektor forderte die Männer zum Gehen auf, sie verließen den Saal aber erst, nachdem er die Polizei gerufen hatte.
Vitouch wollte einen der Männer festhalten, wurde daraufhin bedroht und erhielt einen "leicht verschmerzbaren Schlag in die Magengrube", wie er erklärte. Auf ihrer Facebook-Seite prahlte die rechtsextreme Gruppierung, dass man während Ringvorlesung zum Thema Flucht und Asyl den Hörsaal betreten hat und dabei ein großes Transparent mit der Aufschrift "Integration ist eine Lüge" empor hielt. Die Störer waren auf unterschiedliche Weise verkleidet. Einer hatte sich laut Rektor Vitouch ein mittelalterliches Holzjoch umgeschnallt, ein anderer trug eine Burka. Nach Angaben der Polizei inszenierte die Gruppe in dem Hörsaal mit Steinen aus Styropor eine Steinigung.
Es war nicht die erste Aktion der „Identitären Bewegung“ an einer österreichischen Universität. Vor zwei Monaten haben 30 bis 40 „Identitäre“ eine Aufführung des Elfriede-Jelinek-Stücks "Die Schutzbefohlenen" im Audimax der Wiener Universität gestört. Sie stürmten die Bühne, entrollten Transparente und Fahnen. Außerdem wurden Flugblätter mit dem Text "Multikulti tötet" in das etwa 700 Personen umfassende Publikum geschmissen und Kunstblut verspritzt.

 

Amnesty International über Deutschland: Brandstiftungen, Sprengstoffanschläge, Staatsversagen

Deutschland kommt laut Amnesty International seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht nach. Der Staat lasse die Opfer rassistischer Gewalt im Stich und dabei sei die Zahl solcher Angriffe so hoch wie nie zuvor, sagte Generalsekretärin Selmin Çalışkan bei der Vorlage eines Berichts zu rassistischer Gewalt in Deutschland. "Der Staat ist nicht in der Lage, Menschen vernünftig vor rassistischen Angriffen zu schützen."
Vor allem seien deutsche Flüchtlingsheime nur unzureichend gegen fremdenfeindliche Attacken geschützt. Es gebe keine einheitlichen Schutzkonzepte, kritisierte die Menschenrechtsorganisation. Außerdem gebe es deutliche Anzeichen für institutionellen Rassismus in Behörden, beklagte Çalışkan. Die Behörden hätten aus dem Versagen im Fall der rechten Terrorzelle NSU wenig gelernt.
Amnesty-Forscher und Hauptautor, Marco Perolini, berichtete über eine stark gestiegene Zahl an Hasskriminalität in Deutschland. Der Anstieg sei besorgniserregend. Die deutschen Behörden schafften es nicht, diese Straftaten aufzuklären, angemessen zu verfolgen und scheiterten auch bei der Präventionsarbeit.
Die Organisation forderte die Bundesregierung auf, von unabhängigen Stellen untersuchen zu lassen, inwieweit institutioneller Rassismus bei den Strafverfolgungsbehörden, vor allem der Polizei, verbreitet sei. Von der Innenministerkonferenz verlangte Amnesty, sich auf ein bundesweites Konzept zum Schutz von Asylunterkünften zu verständigen. Außerdem müsse das polizeiliche Erfassungssystem für rechte und rassistische Taten überarbeitet werden.

 

Holocaustäußerungen von AfD-Mann Gedeon: Meuthen droht mit Rücktritt

AfD-Chef Meuthen will den Fraktionsvorsitz niederlegen, wenn ihm seine Fraktion im Ausschlussverfahren Gedeon nicht folgt. Seine und die Glaubwürdigkeit der AfD stünden auf dem Spiel.
Jörg Meuthen will den Singener Abgeordneten aus der Fraktion ausschließen, weil er Äußerungen von ihm für antisemitisch hält. Offenbar befürchtet er aber, dass viele in der AfD-Fraktion diese Einschätzung nicht teilen und somit die erforderliche Zweidrittelmehrheit für einen Ausschluss nicht zustande kommt. Gegenüber dem SWR und dem ZDF sagte Meuthen am Donnerstag, seine und die Glaubwürdigkeit der AfD stünden auf dem Spiel. Wenn die Fraktion ihm nicht folge, könne er ihr als Chef nicht mehr vorstehen. Er wolle mit dieser Ankündigung Schaden von der Partei abwenden. In der AfD habe Antisemitismus keinen Platz.

 

Überfall auf indische Studenten in Jena: Vier Jahre Psychiatrie für Haupttäter

Im Prozess um eine brutale Attacke auf drei indische Studenten in Jena verhängte das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Jena am Donnerstagnachmittag Haftstrafen gegen die drei Angeklagten, die in zwei Fällen zur Bewährung ausgesetzt werden.
Der 19-jährige Hauptangeklagte erhielt eine Jugendstrafe von vier Jahren und wird in einem psychiatrischen Fachkrankenhaus untergebracht. In diese Strafe flossen noch weitere Anklagen wegen gewalttätiger Übergriffe ein.
Die beiden 20- und 21-jährigen Mitangeklagten, die ebenso wie der 19-jährige nur eine rudimentäre Schulbildung haben, werden wegen gefährlicher Körperverletzung zu je einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung. Zu erzieherischen Zwecken müssen beide Angeklagten je vier Wochen in den Jugendarrest.
In der Urteilsbegründung stufte der Richter die Tat als „fremdenfeindlich“ ein. Die Attacke auf die drei indischen Studenten hatte sich am 16. Juni 2015 um 0.30 Uhr. Die Täter hatten die Inder zunächst beleidigt und anschließend einem der Inder die Flasche aus der Hand geschlagen. Die wunderten sich über den Angriff. Es folgten Tritte und Schläge der deutschen Angreifer. Ein Inder brach sich dabei den Kiefer und musste operiert werden. Zwei Polizisten vor Ort hatten den Vorfall zunächst nicht als fremdenfeindlich deklariert. Es war auch kein Dolmetscher hinzugezogen worden.

 

Brandanschlag auf Flüchtlingsheim Flensburg: Polizei ermittelt zwei Verdächtige

Selten musste die Flensburger Kripo unter höherem Druck in einer Brandsache ermitteln. Unbekannte hatten in der Nacht des 16. Oktober 2015 einen Molotow-Cocktail auf die noch leer stehende Flüchtlingsunterkunft in einem leerstehenden Hochhaus geworfen.
Zentrale Bedeutung für die Ermittlungen der Polizei hatten die über 600 Haushaltsbefragungen, die im Nahbereich des Tatortes durchgeführt wurden.  Es gab sieben Durchsuchungen, Beweismittel wurden sichergestellt. Zwei Männer – 22 und 25 Jahre alt – hält die Kripo für die Urheber des Brandanschlags. Beide gehören nicht zur rechten Szene, beide gehören eher zum bürgerlichen Spektrum, so Jurga weiter. Den Tatvorwurf bestreiten die Beschuldigten, die im Übrigen die Aussage verweigerten.

 

Kampf gegen rechte Gewalt in Sachsen: Geschichtsunterricht als Pflichtfach

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat angekündigt, im Zuge des Kampfes gegen die rechte Gewalt im Freistaat Geschichte in der zehnten Klasse wieder zum Pflichtfach zu machen. Zur Vorbeugung gegen rechte Gewalt sollten die Schüler umfassend über die Geschichte des 20. Jahrhunderts unterrichtet werden. Dabei sollten sie den "Unterschied zwischen Freiheit und Demokratie einerseits und Totalitarismus und Diktatur andererseits" verstehen lernen. Bislang können sich sächsische Schüler in der zehnten Klasse zwischen Geschichte und Geografie entscheiden.
Als weitere Schritte im Kampf gegen Rechtsextremismus nannte Tillich einen verstärkten Einsatz von mobilen Fahndungsgruppen. Sie sollen an regionalen Schwerpunkten Präsenz zeigen und Informationen sammeln, Personenkontrollen und Festnahmen durchführen. "Wir verunsichern die Szene", sagte Tillich. Es werde deutlich gemacht, "dass es in Sachsen keine rechtsfreien Räume gibt".

 

Bayerns Verfassungsschützer in Sorge: Internet-Gruppen können sich radikalisieren

Die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und dem bürgerlichen Lager verschwimmen. Das ist die Beobachtung von Burkhard Körner, dem Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Besonders Internet und soziale Netzwerke bereiten den Verfassungsschützern Sorgen.
Körner berichtete zunächst von einem signifikanten Anstieg von Straftaten gegen Flüchtlinge und Asylbewerberheime. Auch in Bayern. Allein das sei schon bedenklich. „Aber noch bedrohlicher“, so Körner, sei es, dass zwei Drittel dieser Straftaten von Menschen begangen würden, die bisher nicht durch rechtsextremistisches Verhalten aufgefallen seien. Und noch eine Beobachtung: Die früher scharfe Abgrenzung zwischen rechtsextremistischen Gruppen und Menschen, die dem bürgerlichen Lager zugerechnet werden, würden immer mehr verwischen. Besondere Sorge bereite ihm rechtsextreme Hetze im Internet: Es gebe immer mehr Menschen, „die im normalen Leben bürgerlich“ seien, „im Internet aber die Sau rauslassen“.

 

„Die Rechte“ ruft ihre Anhänger zum Auschwitz-Prozess in Detmold

Der „Die Rechte“-Kreisverband Ostwestfalen-Lippe versucht, seine Anhänger für die letzten Verhandlungstage im Auschwitz-Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann Reinhold Hanning zu mobilisieren.
Vermeintlicher Anlass für den Aufruf der „Rechten" ist eine Anfrage des Ehepaares Gottschalk an die NRW-Landesregierung mit dem Ziel, die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck von den letzten Auschwitz-Prozesstagen auszuschließen. „Nach dem dreisten Gebaren der Gottschalks wäre es ganz besonders erfreulich, wenn an diesen letzten Verhandlungstagen möglichst viel kritische Öffentlichkeit im Saal zugegen ist", heißt es auf der Homepage wörtlich.
Bernadette Gottschalks Großeltern und andere Verwandte sind in Auschwitz ermordet worden. Der Cousin ihres Vaters, Imre Lebovits, ist einer der Nebenkläger in dem Verfahren gegen den 94-jährigen Angeklagten, der sich wegen der Beihilfe des Mordes an mindestens 170.000 Menschen im Konzentrationslager Auschwitz verantworten muss.

 

Ist die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr?

Der Politologe Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung hatte publiziert, die NPD plane, rassistisch motivierte Staatsverbrechen und wolle acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben. Gegen diese Aussage hatte die Partei geklagt. Es gab eine einstweilige Verfügung. Der Politologe darf seine Analyse nicht öffentlich wiederholen. Steffen Kailitz hat dagegen Widerspruch eingelegt. Heute beginnt die Verhandlung am Landgericht Dresden.

 

Nazis, Rocker, Hammerskins

Zuletzt wurden Konzerte im Neonazitreffpunkt „Thinghaus“ in Grevesmühlen (Mecklenburg-Vorpommern) noch untersagt. Jetzt scheinen die Behörden Rechtsrock-Veranstaltungen wieder zu genehmigen. Am Samstag den 04.06.2016 fand dort ein Konzert mit mehreren Nazibands statt. Unter dem Motto „Thingtanz“ spielten die Gruppen „Hausmannskost“ und „Exzess“ aus Brandeburg, sowie „Timebomb“ aus Schleswig-Holstein vor rund 100 Rechtsextremen.
Der mehrfach vorbestrafte Neonazi Sven Krüger organisierte die Veranstaltung und gab sich Mühe alles nach Vorschrift durchzuführen. Gegen 15 Uhr kontrollierte die Polizei gemeinsam mit dem Organisator das Gebäude um sicherzustellen, dass alle notwendigen Auflagen erfüllt sind.

 

Geschichtsunterricht in Rostock: Schülernachhilfe von rechts

NPD- und AfD-Politiker, die in der Schule über Rechtsextremismus sprechen: Klingt nach einem gewagten Experiment? Doch genau so haben es sich nach Angaben der betroffenen Schule Schüler eines Rostocker Gymnasiums gewünscht. Im Rahmen eines Geschichtsprojekts luden Neuntklässler des Innerstädtischen Gymnasiums die umstrittenen Gesprächspartner in die Schule ein und sorgten damit für viel Wirbel.
Neben dem Landtagskandidaten Holger Arppe von der Alternative für Deutschland (AfD) haben die Jugendlichen auch den NPD-Abgeordneten David Petereit interviewt. Beide Politiker sind bereits wegen menschenfeindlicher Äußerungen aufgefallen. Der Ex-AfD-Landeschef Arppe wurde im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung verurteilt, ebenso wie Petereit.
„Diese Einladungen waren verantwortungslos“, sagt die Bildungsexpertin der Linken, Simone Oldenburg, gestern in Schwerin. Als Schulleiter sei er natürlich informiert gewesen, dass die vier Schüler der beiden Gruppen NPD- und AfD-Politiker einladen wollten. Dass es sich um Arppe und Petereit handelte, habe er nicht gewusst. Über Rechtsextremismus in der Schule direkt mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Politikern zu sprechen, ist nach Ansicht des Landesschülerrats keine gute Idee. „Dafür sind Lehrer zuständig, die neutral und sachlich über das Thema aufklären“, sagt der Vorsitzende Benjamin Braun.

 

Warum die AfD eigentlich „Rasse“ meint, wenn sie von Kultur spricht

Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass Gauland im Grunde Rasse meine, wenn er Kultur sage. Denn wenn er von einem hier geborenen Christen wie Jérôme Boateng eine Integrationsleistung erwarte, die Teile der AfD-Wählerschaft in Ostdeutschland nie erbracht hätten, dann sei Deutschsein offenbar keine Frage der Sprache, des Geburtsorts und des Verhaltens, sondern durch eine mystische Blutsgemeinschaft definiert.
Kultur war auf der deutschen Rechten eben nie etwas, das freundlich zur Teilhabe einlud, sondern ein Abgrenzungsbegriff. Früher distanzierte man sich damit allerdings nicht vom Islam, sondern von Frankreich, dem man unterstellte, quasi genetisch immer dazu verurteilt zu sein, bloße Zivilisation zu bleiben.
Zugespitzt wurde die polemische Antithese Kultur gegen Zivilisation, dann nach der Reichsgründung, als der Nachbar jenseits der Rheines für Deutsche zum Inbegriff all dessen wurde, was ihnen an der Moderne verdächtig vorkam. Der Erbfeind verkörperte die als negativ empfundenen großen "-ungs": Vermassung, Intellektualisierung, Internationalisierung, Mechanisierung, Ökonomisierung, Nivellierung.

 

AfD wirbt auf Facebook mit rumänischen Models

"Mach mit! Verändere die Politik!" Mit diesem Spruch warb die AfD Baden-Württemberg auf Facebook im April für ihre Partei. Zu sehen sind ein Mann und eine Frau, die begeistert den Daumen nach oben strecken. Die Werbung hat die AfD mittlerweile entfernt - denn wie mehrere Medien berichten, handelt es sich bei den Models um Rumänen. Und das, wo die Partei doch immer wieder mit ausländerfeindlichen Parolen um sich wirft.
Berichten zufolge handelt es sich um Carla Caucean, einstige Miss Rumänien, und das ebenfalls rumänische Model Adi Ene. Das Foto von Caucean stammt von der Fotoplattform "istockphoto". Wer über eine Lizenz verfügt, kann das Bild herunterladen und verwenden - allerdings nur unter Nennung der Quelle. Das hat die AfD nicht getan.
Der Landesverband hatte dafür zunächst keine Erklärung parat, außer: Die Bilder kämen von einem anderen Landesverband, man werde die Sache prüfen, hieß es. Prüfung hieß in diesem Fall erst einmal: Offline nehmen.

Nazis wegwürfeln

Wie ein glänzender Sisyphos sieht Artúr van Balen aus, als er den ersten aufgeblasenen Spiegelwürfel schultert. Den Gang leicht nach vorn gelehnt, trägt er den anderthalb Meter großen Folienballon Richtung Dortmunder Nordstadt. Die frühen Sonnenstrahlen brechen sich in dem Würfel und werfen helle Fresken auf die Gesichter der mitlaufenden Gruppe. Griechische Mythologie meets Bee Gees. Heute, am vierten Juni, findet hier der bisher größte Naziaufmarsch des Jahres statt: Der „Tag der deutschen Zukunft“. Fast 1.000 Rechtsradikale werden am Ende durch die Stadtteile Dorstfeld und Huckarde laufen.
Wer Profi ist, hat sich aus Folie einen Werkzeuggürtel gebastelt, mit Taschen für Cutter und Panzertape. Katherine ist eine von ihnen. Zusammen mit Artúr hat sie schon die erste Würfelaktion koordiniert. Das war zur Weltklimakonferenz in Frankreich. Dem Mutterland der Barrikade. Mit den Würfeln wollen die Künstler den Pariser Protesten nun ein Update verpassen. Sie sind angepasst an die globalisierte Welt: aufblasbar, leicht durch die Straßen zu tragen und per Post zu verschicken. Ein mobiler Protest. In Portland, New York und London war die Spiegelmauer schon. Die „Barrikade des 21. Jahrhunderts“ nennt Artúr von Balen das.

 

Wie Neonazis das Run-DMC-Logo für ihre Zwecke missbrauchen

Ein schwarzes Shirt mit dem fetten weißen Schriftzug "HKN KRZ". Ein Wortspiel mit einer verfassungswidrigen Botschaft – so gesehen bei einem Neonaziaufmarsch in Dortmund am vergangenen Wochenende. Setzt man die Vokale ein, entsteht das Wort "Hakenkreuz". Mehrere Demonstranten wurden mit dem besagten T-Shirt gesehen. Es gab auch eine Fahne mit den Buchstaben "HTLR" oder Shirts mit dem Aufdruck "NTNL SZLST". In einschlägigen Onlineshops werden solche T-Shirts als "anwaltlich geprüft und discotauglich" beschrieben.
Dass Neonazis verbotene Inhalte abändern und für ihre Botschaft nutzen, sei nicht neu, sagt eine Sprecherin der Amadeu Antonio Stiftung, die sich für eine demokratische Kultur engagiert. "Von allem was sich in der Jugendkultur durchsetzt, gibt es in der Regel ein Pendant in der rechten Szene." Zwei rote Balken und ein fetter weißer Schriftzug – auch dieses Logo kommt aus der Jugendkultur. Die Vorlage stammt von der amerikanischen Hip-Hop-Band Run DMC. Die HipHop-Pioniere hatten die Typographie erstmals 1986 auf dem Cover ihrer Single "My Adidas" genutzt. Das Motiv ist beliebt, in dem Stil werden Bandnamen, Stadtnamen oder eben politische Botschaften auf Stoffe gedruckt.

 

Bilderberg-Konferenz: Verschwörungen im Taschenbergpalais?

Wenn die Bilderberger sich treffen, kommen die Mächtigsten der Welt zusammen. Über die Gespräche auf den Konferenzen dringt nur selten etwas nach außen., Verschwörungstheorien haben deshalb Hochkonjunktur. Welche das sind, was dahinter steckt - und was auf dem Treffen wirklich passiert, erklärt der Bilderberg-Kenner Thomas Gijswijt im Interview.

Rund um die Bilderberg-Konferenz ranken sich viele Verschwörungstheorien. Welche sind das?

Eine schöne Theorie ist die Königskur- oder Königswahl-Theorie. Danach werden wichtige politische Amtsträger nicht von den Wählern bestimmt, sondern von den Bilderbergern. Zum Beispiel Bill Clinton, der 1991 als noch relativ unbekannter Gouverneur an dem Treffen teilnahm und ein Jahr später zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde. Keiner hatte gedacht, dass er gute Chancen hat, Präsident zu werden -  also gibt es da einen logischen Zusammenhang, lautet die Annahme.
Es sind immer Versuche, sehr komplexe historische Entwicklungen mit sehr einfachen Mitteln zu erklären. Außerdem gibt es noch die Kapitalisten-Theorien der Linken und der Globalisierungsgegner: Die Bilderberger, also das eine Prozent der Reichsten der Welt, die haben den bösen Euro beschlossen, die werden auch TTIP beschließen.

 

Neofolk und Darkwave auf rechtslastiger Spur

Zum wiederholten Mal ist Leipzig am 25. Juni Schauplatz für ein Konzertereignis aus der Neofolk- und Dark Wave-Szene. Die lockt bekanntlich auch immer wieder  ein rechts-esoterisch eingestelltes Publikum an. Unter dem Titel „Fire & Sun“ wird auf das Gelände vom Schloss Knauthain geladen – ohne Abendkasse und nur mit Internetvorbestellung. Im dortigen Schlosspark gab es bereits am 20. Juni des Vorjahres ein entsprechendes Happening.

 

Rassistische Gewalt in Russland

Durch Attacken russischer Skinheads und Neonazis wurden in diesem Jahr mindestens 18 Menschen verletzt und einer getötet – 2015 gab es elf Tote und 82 Verletzte. Sechs Personen erhielten ernst zu nehmende Todesdrohungen.
Schwerpunkte der rassistischen Gewalt waren im vergangenen Jahr Moskau (drei Tote und 31 Verletzte) und St. Petersburg (drei Tote und 14 Verletzte). 2014 töteten Skinheads und Neonazis 36 Menschen und verletzten 133. Die meisten ihrer Opfer stammen aus Zentralasien, wo der Binnenstaat Kirgisistan mit rund 5,5 Millionen Einwohnern liegt. Innerhalb der letzten drei Jahre wurden mehr als 500 000 Migranten aus Russland abgeschoben, wie die Moskauer Flüchtlingshilfeorganisation Civic Assistance Committee mitteilt.

 

Wie die Auschwitz-Täter feierten

Auschwitz gehört zu den meistfotografierten Konzentrationslagern überhaupt. Vor etwa zehn Jahren tauchten plötzlich neue Bilder auf - solche, die die Täter zeigen. Sie stammen aus der Fotosammlung des SS-Obersturmführers Karl Höcker und wurden nun in einer umfassenden Publikation herausgebracht.
116 Fotografien von Mai 1944 bis Januar 1945 sind im "Höcker-Album" versammelt. Das Besondere: Sie zeigen SS-Personal, Wachleute und hochrangige Besucher des Vernichtungslagers bei Freizeitaktivitäten - auf der 30 Kilometer entfernten Solahütte beim Sonnen, Musizieren, bei der Jagd, beim Feiern oder auf dem Schießstand. Abgebildet sind unter vielen anderen die Lagerkommandanten Richard Baer und Rudolf Höß oder der KZ-Arzt Josef Mengele, von dem es zuvor kein einziges bekanntes Bild aus Auschwitz gab.
Freizeitaktivitäten und Ausflüge waren für das Personal des Vernichtungslagers Stiftungsmomente eines Referenzrahmens und eines damit verknüpften Gruppenzusammenhalts, der das hundertausendfache Morden ohne Unrechtsbewusstsein erst ermöglicht hätte.

 

"Barbara." hat jetzt eine Pop-up-Ausstellung am Boxi

"Barbara." ist die Berliner "Banksy": Man weiß nicht, wer es ist und ob "Barbara." tatsächlich eine Frau ist, aber die Streetart-Plakate sorgen für eine Menge Aufmerksamkeit. Jetzt stellt sie im ganz realen Leben aus - als Pop-up-Ausstellung am Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain. Und zwar so lange, bis das letzte Plakat geklaut ist.
Sie tauchen plötzlich an Papierkörben, Straßenschildern oder Häuserwänden auf. Die Streetartkünstlerin "Barbara." entwirft über Nacht meist schwarze Plakate mit einem Reim oder Spruch drauf und pinnt es irgendwo an.
Die Bilder werden in den sozialen Netzwerken geteilt und gefeiert. Niemand weiß so recht, wer hinter dem Pseudonym steckt und ob es überhaupt eine Frau ist. Gehen wir der Einfachheit halber trotzdem davon aus, dass es eine Frau namens Barbara ist. Sie hat am Donnerstag eine Pop-up-Ausstellung am Boxhagener Platz in Berlin-Friedrichshain - nun ja - eröffnet. Das heißt, die Plakate hingen einfach so da, wie sonst auch immer. Der Titel der Ausstellung ist: "Das Kleben ist schön".

 

Nein, die Suchmaschine ist nicht rassistisch

Mit einem kurzen Tweet hat Kabir Alli aus Virginia am Dienstag eine Welle der Empörung ausgelöst. Er beinhaltet ein kurzes Video, in dem Alli erst "three black teenagers" in die Google-Bildersuche eingibt, und danach "three white teenagers". Das erste Suchergebnis besteht überwiegend aus sogenannten mugshots, also Polizeifotos von Festgenommenen. Das zweite zeigt fast ausschließlich Stockfotos von glücklich lächelnden Weißen. Mehr als 60.000 Menschen haben das Video seither per Retweet verbreitet. Ist Google rassistisch?
Die kurze Antwort: Nein. Das Unternehmen teilte daraufhin mit, Suchmaschinen würden nur reflektieren, was im Internet zu finden sei. Der vermeintliche Rassismus stecke in den Schlagworten zu den Bildern. Auf die hat ein Suchmaschinenbetreiber aber natürlich keinen Einfluss.

 

 

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Presseschau ... 13.06.2016

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+++ 16-jähriger Geflüchteter in Osterburg verprügelt +++ Rassistischer Angriff in Eichwalde +++ Pfarrhaus in Köln angezündet, in dem Geflüchtete wohnen +++ Deutsche Hooligans zeigen Reichskriegsflagge und Hitlergruß in Lille +++ Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile +++ Dresden: Islam-Infostand mit Schweinefleisch beworfen und beleidigt +++ Gedenkstein für ermordeten Kamal Kilade am Leipziger Hauptbahnhof beschädigt

 

16-jähriger Geflüchteter in Osterburg verprügelt

Ein 16-jähriger Geflüchteter wurde in Osterburg (Sachse-Anhalt) von zwei unbekannten Tätern angegriffen. Sie umklammerten den jungen Mann und schlugen ihm mit der Faust ins Gesicht. Die Tat geschah bereits am 30. Mai, wie die Polizei am Freitag mitteilte.
Der syrische Geflüchtete war gegen 7.20 Uhr auf dem Gelände des Osterburger Busbahnhofes unterwegs, als er von zwei unbekannten Männern angegriffen und geschlagen wurde. Nach bisherigen Erkenntnissen begegneten die beiden Täter dem Jungen auf offener Straße und beleidigten ihn zunächst. Anschließend wurde der Syrer umklammert und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dann ließen die Täter von ihm ab und flüchteten. Die Täter sollen zwischen 17 und 18 Jahren alt sein.

 

Rassistischer Angriff in Eichwalde

Während des „Rosenfestes“ in Eichwalde (Brandenburg) soll es nach Angaben der Polizei zu einem rassistischen Übergriff gekommen sein. Demnach soll am Rande des Festes in der Nacht von Freitag auf Samstag ein dunkelhäutiger Mann von mehreren Tatverdächtigten zusammengeschlagen und wegen seiner vermeintlichen Herkunft beleidigt worden sein. Die Polizei konnte zwei Tatverdächtige im Alter von 16 und 17 Jahren ermitteln.

 

Pfarrhaus in Köln angezündet, in dem Geflüchtete wohnen

Eine Flüchtlingsfamilie aus dem Irak hat zum zweiten Mal alles verloren. Das Pfarrhaus im Kölner Stadtteil Rondorf, in dem sie untergebracht worden war, ist von Unbekannten in Brand gesetzt worden. Die acht Menschen blieben unverletzt, weil sie zufällig nicht anwesend waren. Das Pfarrhaus ist im Inneren völlig ausgebrannt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und hat eine Ermittlungsgruppe eingerichtet.

 

Deutsche Hooligans zeigen Reichskriegsflagge und Hitlergruß in Lille

Kurz vor dem ersten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft machen die deutschen Fans in Lille schon auf sich aufmerksam. Neben tausenden friedlich feiernden Deutschland-Fans haben sich nämlich auch zahlreiche rechte Hooligans aus Deutschland in der nordfranzösischen Stadt versammelt.
Die angereisten Hools zeigten ihre rechte Gesinnung sowie rechte Symbolik mitten in der Innenstadt völlig offen zur Schau. Laut dem Tagesspiegel wurden Lieder wie „Wir sind wieder einmarschiert" und „Deutschland Hooligans" angestimmt. Zudem soll es über den ganzen Tag verteilt zu Hitlergrüßen und „Sieg Heil"-Rufen gekommen sein.

 

Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile

Auch auf der Berliner Fanmeile gab es am Sonntagabend eine hässliche Szene: Etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Spiels zwischen Deutschland und der Ukraine zeigte ein Zuschauer aus einer Gruppe von etwa zehn mutmaßlich Rechtsradikalen heraus, zum Teil mit einschlägigen Tattoos, wiederholt den Hitlergruß.
Als die Pressefotografen auf die Bühne kamen, um die Menge zu fotografieren, rief die Gruppe "Lügenpresse, Lügenpresse". Beim Abspielen der Nationalhymne sangen sie die Erste Strophe des Deutschlandlieds mit "Deutschland, Deutschland über alles".

 

Dresden: Islam-Infostand mit Schweinefleisch beworfen und beleidigt

In der Dresdner Neustadt sind am Sonnabendnachmittag die Betreiber eines Islam-Infostandes mit Schweinefleisch beworfen worden. Zudem wurden sie aus einer Gruppe von 15 Personen heraus beleidigt. Eine Frau habe einen 18-Jährigen Passanten, der sich gegen die Angreifer stellte, ins Gesicht geschlagen, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Dresden. Der Info-Stand sei von der türkisch-islamischen Gemeinde in Dresden betrieben worden.
Polizeibeamte, die wegen der Bilderberg-Konferenz in der Stadt unterwegs waren, hätten die Gruppierung wenig später ausfindig gemacht und die Personalien festgestellt. In sozialen Netzwerken wurde verbreitet, dass hinter dem Angriff Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling steckt. Sie selbst schreibt auf ihrer Web-Seite, sie sei mit ihrer Gruppe von einer Anti-Bilderberg-Aktion in die Dresdner Neustadt gezogen. An dem Stand hätten sie immer wieder "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" skandiert. Dann seien "Personen" aufgetaucht, die Speckwürfel auf die Muslime und den Stand geworfen hätten.

 

Gedenkstein für ermordeten Kamal Kilade am Leipziger Hauptbahnhof beschädigt

Der Gedenkort für den 2010 von Neonazis in Leipzig ermordeten Kamal Kilade ist schwer beschädigt worden. Ein Teil der Erinnerungstafel aus Plexiglas, die vor zweieinhalb Jahren im Namen der Stadt Leipzig auf einem Stein im Müllerpark gegenüber des Hauptbahnhofes angebracht wurde, ist abgebrochen und verschwunden. Der abgebildete Abschiedsbrief von Kilades Mutter an ihren Sohn ist dadurch zu großen Teilen nicht mehr lesbar. Über die Täter ist noch nichts bekannt.
Kamal Kilade war in den Morgenstunden des 24. Oktober 2010 von den Neonazis Daniel K. und Marcus E. vor dem Leipziger Hauptbahnhof ermordet worden. Nach Überzeugung des Gerichts war der gebürtige Iraker von den beiden Tätern aufgrund seines ausländischen Aussehens erst angepöbelt und anschließend mit einem Messer attackiert worden. Der Haupttäter Marcus E. wurde 2011 zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt, sein Komplize erhielt drei Jahre Freiheitsentzug.

 

SPD will AfDler vom Verfassungsschutz beobachten lassen

Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann sollten bestimmte AfD-Politiker vom Verfassungsschutz beobachtet werden. „Einzelne AfD-Agitatoren haben ein klar rechtsextremistisches Weltbild“, sagte er. „Da sollte der Verfassungsschutz hinschauen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, alles, was AfD-Politiker sagten, habe er bereits gehört – „im Zweifel von meinem eigenen Vater, der bis zum letzten Atemzug ein Nazi war“.
Gabriel sagte am Sonntag, der AfD gehe es vor allem darum, „reaktionäre Ideen zu befördern“. AfD-Politiker wie Bundesvize Alexander Gauland wollten zurück „in die verklemmte und verdruckste alte westdeutsche Republik der 60er Jahre: Wo die Frauen noch zuhause waren, Ausländer, Schwule und Lesben gefälligst unsichtbar zu sein hatten und abends beim Bier alte Wehrmachtslieder gesungen wurde. Fürchterlich“, resümierte Gabriel.

 

Rechtsextreme in Deutschland: Ihr Kampf geht weiter

Mit dem Niedergang der NPD ist am extrem rechten Ende des politischen Spektrums eine Lücke aufgegangen. Die NPD war als Neonazi-Partei bekannt, doch nun ist sie so gut wie pleite. Ihr droht ein Verbot, und mit der Wandlung ihres Ex-Parteichefs zu einem Gastwirt auf Mallorca hat sie sich der Lächerlichkeit preisgegeben. In diese Lücke strömen nun neue Gruppen, Institutionen und Personen.
Um die Köpfe kämpfen zahlreiche rechte Publizisten, der Kopp-Verlag, die Zeitschrift Compact, Blogs wie „Politically Incorrect“ und auch viele Facebook-Kanäle wie der von Mario R.. Um die Straße kämpfen zahlreiche Gruppen, die sich die Marke „Pegida“ aufdrücken. Und um die Parlamente kämpft, sehr erfolgreich, die AfD.
Beim Personal ist der Übergang graduell: Kameradschaftsnazis laufen bei zahlreichen Pegida-Demos mit, AfD-Politiker und neurechte Publizisten reden bei Pegida, neurechte Publizisten besuchen AfD-Wahlpartys. Während AfDler zum Protest gegen den Erfurter Moscheebau aufrufen, bekommen sie Schützenhilfe von Neonazis, die zur Brandstiftung aufrufen. Ihre Bekannten treten bei rechtsextremen Demos mit offenen Bezügen zum Nationalsozialismus auf – und sagen dort nicht viel anderes als AfDler anderswo.

 

Gewalt bei der EM: Die Hooligans sind zurück

Auch die deutsche Hooligan-Szene ist durchaus noch aktiv. Das zeigte nicht zuletzt die „HoGeSa“-Kundgebung im vergangenen Jahr in Köln, bei der es zu Gewaltausbrüchen auch gegen Journalisten kam. Gerade bei Auswärtsspielen gehört das Prügeln oft immer noch dazu. Einige der Hooligans, die 1998 Nivel fast umbrachten, sollen inzwischen hochrangige Mitglieder von Rockerbanden sein.

 

Der Attentäter von Orlando: Islamist, homophob, beides?

Omar Mateen ist der Name, jenes Mannes, der am Sonntag in einem Homosexuellen-Klub in Orlando im US-Staat Florida 50 Menschen erschoss und rund ebenso viele verletzte. Die Polizei hat die Identität des Mannes bekannt gegeben. Mateen hat für die weltgrößte Sicherheitsfirma G4S gearbeitet. Dies bestätigte ein Sprecher des britischen Unternehmens in der Nacht auf Montag. Der Mann sei seit 2007 für G4S tätig gewesen und habe im Dienst eine Waffe getragen.
Nach Angaben des FBI bekannte er sich in einem Anruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zu der Terrorgruppe. Die Ermittlungsbehörden legten sich aber zunächst nicht auf ein Motiv fest. Der Vater des mutmaßlichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Homosexuelle gehegt habe. Omar sei einmal extrem wütend geworden, als sich zwei Männer in der Öffentlichkeit geküsst hätten. "Sie tun das, und mein Sohn sieht zu", habe er gesagt.

 

Syrer bewusstlos geprügelt – Rechte Schläger kommen auf Bewährung frei

Die drei Flüchtlinge warten an einer Bushaltestelle in Wassenberg (Nordrhein-Westfalen), als der Schlägertrupp naht: mit Schlagstock, Quarzsandhandschuhen und Stahlkappenschuhen. Die vier heute 18 bis 20 Jahre alten Männer gehen im Januar 2015 rüber zu den Flüchtlingen. Es gibt Provokationen. Einer aus dem Trupp kriegt einen Anruf: Er muss zum Mittagessen nach Hause. Dafür wird ein anderer Kumpel per WhatsApp gerufen: "Die Asylheimer machen wieder Stress", zitiert Jugendrichterin Claudia Loch am Freitag in ihrer Urteilsbegründung die Nachricht.
Der Hitlergruß wird gezeigt und dann der Angriff: Zwei Flüchtlinge können fliehen, der dritte bekommt mit dem Schlagstock einen Schlag in die Knie und geht zu Boden. Einer tritt mit seinen schweren Stahlkappenschuhen gegen den Kopf. Er brüstet sich später damit im Internet.
Das Jugendschöffengericht Heinsberg verurteilte die Angreifer wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und zwei Monaten und einem Jahr und neun Monaten – ausgesetzt zur Bewährung. Nur der fünfte Kumpel, der zum Mittagessen nach Hause ging, muss neun Monate ins Jugendgefängnis. Zwei Monate vorher habe er einen der Verurteilten ermuntert, einen Flüchtling vor einem Supermarkt zu verprügeln. Der Vater, der seinen Sohn nach der WhatsApp-Nachricht zu der Schlägerei gefahren hatte, wird von der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung freigesprochen. Er habe nicht gewusst, dass er seinen Jungen zu einer Prügelei bringe. Er hatte der Tat aus der Ferne zugesehen.

 

Zehn Monate Haft auf Bewährung für rassistischen Angriff auf Discotoilette

Zwei junge Männer saßen auf der Anklagebank in Schwandorf (Bayern). Einer schwieg, der andere machte Angaben. Der 24-Jährige aus Schwandorf gab den Übergriff zumindest teilweise zu. Er ging am 22. Februar 2015 weit nach Mitternacht auf der Toilette einer Disko in Burglengenfeld vonstatten und ließ einen in Augsburg wohnenden türkischen Staatsangehörigen zur Zielscheibe massiver Attacken werden.
Der 33-Jährige wusch sich gerade die Hände, als er von hinten angegriffen wurde. "Heil Hitler" ertönte, kurz darauf "Sieg Heil" und "Kanake". Dann, so berichtete der Mann vor Amtsrichterin Petra Froschauer, sei er mit Hieben ins Gesicht niedergestreckt und, dann am Boden liegen, mit Tritten malträtiert worden. Das Opfer trug schwere Gesichtsverletzungen und einen Gallenblasenriss davon.
Das Opfer konnte nur einen Täter identifizieren. Der gab den Angriff zu, bestritt aber, rechtsradikale Parolen gerufne zu haben. Der 24-jährige Angreifer wurde zu zehn Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Er muss außerdem 150 unentgeltlich Arbeitsstunden in einem Flüchtlingsheim ableisten. Der zweite Angeklagte erhielt einen Freispruch.

 

Duisburger erfand Vergewaltigungsgeschichten über Flüchtlinge – Bewährungsstrafe

Ein 62-jähriger Duisserner wurde am Freitag vom Duisburger Landgericht der Volksverhetzung für sculdig befunden. Ein Strafrichter verurteilte ihn wegen Volksverhetzung zu neun Monaten mit Bewährung.
In einer Facebook-Gruppe hatte er am 14. Oktober 2015 behauptet, fünf junge Mädchen aus Kleve seien auf dem Schulweg von Flüchtlingen entführt, vergewaltigt und schwer verletzt worden. Der Fall werde von Behörden und Medien bewusst verschwiegen.
Der Vorfall war frei erfunden, lediglich hatte ein Gynasium, in dessen Turnhalle Flüchtlinge einquartiert worden waren, über ein Internet-Portal die Schüler zu bestimmten Verhaltensmaßnahmen aufgefordert.
Weil der Angeklagte ein Teilgeständnis ablegte und bislang unbestraft war, setzte der Richter die Strafe zur Bewährung aus. Zudem muss der Duisserner 500 Euro Geldbuße zahlen – an den Verein „Pro Asyl“.

 

Kommissar im Verdacht der Volksverhetzung

Weil er sich rechtsextrem auf Facebook geäußert haben soll, steht ein Kriminalkommissar des Landespolizeipräsidiums Saarland im Verdacht der Volksverhetzung. Beamte des Staatsschutzes am Freitag die Saarbrücker Büroräume und die Püttlinger Wohnung des 52-Jährigen durchsucht. Der Beamte soll sich auf Facebook rechtsextrem sowie volksverhetzend geäußert haben. Dabei soll es unter anderem um die im Privatbriefkasten von Justizminister Maas gefundene Patronenhülse gegangen sein. Der Beschuldigte arbeitet in der technischen Abteilung des Polizeipräsidiums und ist dort für Telefonüberwachung zuständig.

 

„Identitäre Bewegung" in Europa: Très chic, très hip, très rechtsradikal

Sie sind wenige, aber sie wollen Aufmerksamkeit: Die "Identitären" - eine neurechte Gruppe, die irgendwo zwischen Neonazis, rechten Intellektuellen und Hipstertum agiert. Doch wie stark sind sie in Deutschland wirklich?
Die "Identitären" wollen ihre neurechte Ideologie mit subversiven Elementen aufpeppen. Dazu gehören Aktionen wie die an Luther-Denkmälern vor wenigen Tagen, oder auch die "Besetzung" von SPD-Parteizentralen, wie vor einem Jahr in Berlin und Hamburg. Auf Videos von der Aktion ist zu sehen, wie etwa ein halbes Dutzend Aktivisten auf dem Balkon der SPD-Zentrale in Hamburg Flaggen schwenkt - und offenkundig schnell wieder verschwindet. Von einer Besetzung konnte also eigentlich keine Rede sein.
Über die „Identitären“ in Berlin sagt Bianca Klose von der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“: "Ein stabiler Aktivistenkern von zehn bis fünfzehn Personen versucht seitdem beständig, durch öffentlichkeitswirksame Provokationen auf sich aufmerksam zu machen. Eine überschaubare Zahl von Aktivisten taucht überraschend auf und verschwindet in der Regel ebenso schnell wieder. Sie wählen für sie symbolisch aufgeladene Orte, an denen kein nennenswerter Widerstand zu erwarten ist."
In Berlin rekrutieren sich die "Identitären" nach Beobachtungen der MBR vornehmlich aus einem männlichen, jungakademischen Milieu von Burschenschaftsstudenten und Gymnasiasten. Die IB versteht sich als "aktivistischer Arm der Neuen Rechten" mit einem "elitären Politikanspruch". Und dieser Anspruch folgt dem Konzept der "Meta-Politik". Das Ziel ist eine Kulturrevolution von rechts. Man möchte ein rechtes Lebensgefühl schaffen: wild, unangepasst, idealistisch.

 

„Identitäre“ Grüße aus Moskau: Rechtsextreme Allianz mit dem Osten

Die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ pflegt enge Kontakte mit Russland. Wien wird zusehends Knotenpunkt "eurasischer" Propagandisten. Für die „Identitäre Bewegung" war es ein Coup: Als der staatsnahe russische Sender RT (vormals Russia Today) über die österreichische Bundespräsidentenwahl berichtete, interviewte er keinen Politologen oder Meinungsforscher – sondern einen Rechtsextremisten. Alexander Markovics, ehemaliger Chef der „Identitären Bewegung“, durfte allein und vor einem internationalen Publikum seine radikalen Thesen vorstellen.
Der russische Staatssender hat offenbar gefallen an der Gruppe gefunden: Auf der Facebook-Seite "RT Play" findet sich ein aufwendig produziertes Video, das die Rechtsextremen charmant inszeniert.
Es gibt in der Ideologie von russischen Nationalisten und neurechten Gruppen große Überschneidungen, etwa Antiamerikanismus und Hass auf Homosexuelle. Die Szene umfasst Medienportale wie "Compact" und das FPÖ-nahe "unzensuriert.at", aber auch Bewegungen wie Pegida.
Eine Schlüsselrolle nehmen dabei der Deutschrusse Jurij Kofner und sein "Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit" ein. Der 28-jährige Absolvent der staatlichen Universität für internationale Beziehungen in Moskau veröffentlicht regelmäßig im "Compact"-Magazin und ist ein fleißiger Netzwerker. Fotos zeigen Kofner mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Gleichzeitig prahlt er mit Bildern, die ihn in voller Kampfmontur und mit schweren Waffen zeigen. Kofner spricht von einem "Nato-Faschismus", er will eine "eurasische Gemeinschaft" von "Lissabon bis Wladiwostok". Kofner vertritt eine extrem rechte Ideologie, die gut zu den Identitären passt. Mit Maximilian Dvorak-Stocker ist ein Vertreter der österreichischen „Identitären“ im Vorstand von Kofners Zentrum für Kontintentale Zusammenarbeit.

 

„Identitären“-Demo in Wien scheitert an antifaschistischen Blockaden

Bei der Demonstration der rechtsextremen „Identitären“ ist es am Samstag in Wien zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei schritt beim Aufeinandertreffen des Demonstrationszugs mit linken Gegendemonstranten ein und setzte Pfefferspray gegen beide Seiten ein. An der Demonstration der „Identitären“ nahmen laut Polizei zeitweise bis zu 1.000 Personen teil, ebenso viele an den Gegendemonstrationen.
Mit Parolen wie "Heimat, Freiheit, Tradition, Multikulti Endstation" und "Europa für Europäer, Antifa nach Nordkorea" kamen sie allerdings nur wenige Meter, da Gegendemonstranten offenbar die weitreichende Polizeiabsperrungen umgehen konnten.

 

„Identitäre“ sind keine harmlosen Patrioten im Hipstergewand

Die Störaktionen der sogenannten Identitären häufen sich. Die rechtsextreme Gruppe stürmt Theateraufführungen, Parteigebäude und neuerdings Vorlesungen. Nicht nur die Parolen, die Ideologie und die gewalttätigen Aktionen der „Identitären“ sind besorgniserregend, sondern auch der unbeholfene Umgang der Medien mit ihnen. Obwohl der Verfassungsschutz die Gruppe beobachtet und als rechtsextrem einstuft, wird sie in Medienberichten oft lediglich als "rechtsgerichtet", ihre Mitglieder als "Aktivisten" bezeichnet.
Nicht nur die Parolen, die Ideologie und die gewalttätigen Aktionen der „Identitären“ sind besorgniserregend, sondern auch der unbeholfene Umgang der Medien mit ihnen. Obwohl der Verfassungsschutz die Gruppe beobachtet und als rechtsextrem einstuft, wird sie in Medienberichten oft lediglich als "rechtsgerichtet", ihre Mitglieder als "Aktivisten" bezeichnet.
Aber: Ihre Vertreter gehen wie selbstverständlich von der Ungleichwertigkeit von Menschen aus, verfolgen die rassistische Vorstellung einer homogenen Volksgemeinschaft und sehen die Mehrheitsgesellschaft in einem Abwehrkampf gegen alles Fremde. Springerstiefel und Hitlergrüße sind schon lange nicht mehr einzige Indikatoren für rechtsextreme Taten und faschistoides Gedankengut.

 

Neue Gruppe im Havelland: Rechte Bürgerwehr in Rathenow

Rathenow - In der havelländischen Kleinstadt Rathenow organisiert sich seit mehreren Monaten eine Bürgerwehr. Ihr Anführer: Ein mutmaßlicher Rechtsextremist, der wegen Brandstiftung vor Gericht steht. Die Gründung einer Bürgerwehr hatte das rechte „Bürgerbündnis Havelland“, das regelmäßig Anti-Asyl-Demos in der Region veranstaltet, schon vor Wochen angekündigt. Nach eigenen Angaben wegen der Vorfälle der Kölner Silvesternacht.
Dem Anführer der neuen Bürgerwehr, dem 22-jährigen Eric U., wird vorgeworfen, zwischen 2012 und 2013 mehrere Brände gelegt zu haben. Auch ein Mehrfamilienhaus, das er selbst mit seiner Familie bewohnte, soll er in Brand gesteckt haben. Er wurde zu einer Hftstrafe verurteilt, das Berufungsverfahren läuft derzeit noch.

 

Flüchtlingsfeindliche Stimmung in Teltow: Rechte Hetze an Laternen

Flüchtlingsfeindliche Aufkleber an Straßenlaternen, Flugblätter von Rechtsextremen, Rathausmitarbeiter, die bedroht werden und eine Ehrenamtliche, deren Haus mit Eiern beworfen wurde. In der Region Teltow wird seit Anfang des Jahres massiv Stimmung gegen Flüchtlinge und deren Helfer gemacht. Das bestätigt Conrad Wilitzki, Sprecher des Netzwerks Tolerantes Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf.
Bisher galt Teltow in Brandenburg als Beispiel für gelungene Integration. Was ist passiert ? Laut Netzwerksprecher Wilitzki zwei Dinge: Ein in der Szene bekannter Neonazi soll Anfang des Jahres aus der Haft entlassen worden sein. Zudem wurde die Facebook-Seite „Stahnsdorf-Teltow-Kleinmachnow wehrt sich“ erstellt, die fast täglich Hetze betreibe. Rund 600 Personen haben die Seite mit „gefällt mir“ markiert. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft die Seite als „rechtsextremistisch beeinflusst“ ein.

 

Reichsbürger: "König von Deutschland" in U-Haft

Der selbsternannte "König von Deutschland", Peter Fitzek aus Wittenberg, sitzt in Untersuchungshaft. Das teilte das Landgericht Halle am Mittwoch mit. Der 50-Jährige soll gegen das Kreditwesengesetz verstoßen haben. Außerdem wird ihm schwere Untreue in 27 Fällen vorgeworfen. Der Mann soll in dem von ihm selbst ausgerufenen "Reich" eine Bank gegründet und Anleger um ihr Geld gebracht haben.
Da die Staatsanwaltschaft von einer hohen Fluchtgefahr ausging, wurde vom Landgericht Halle die Untersuchungshaft verfügt. Bereits im April verurteilte das Landgericht Dessau-Roßlau Fitzek zu 15 Monaten Gefängnis, weil er mehrfach ohne Fahrerlaubnis hinterm Steuer erwischt wurde. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Fitzek Berufung eingelegt hat.
Der gelernte Koch hatte 2012 auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses in Wittenberg das "Königreich Deutschland ausgerufen - mit eigener Bank, eigener Krankenversicherung, eigenen Ausweisen und Führerscheinen. Seitdem steht er mit der Justiz im Clinch.

 

Container-Flüchtlingsdorf: Vom Protest zur friedlichen Koexistenz

Kaum eine der Berliner Not- und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge ist so bekämpft worden wie das erste Containerdorf im Köpenicker Allende- Viertel vor eineinhalb Jahren. Die Anlieger waren anfangs aufs Heftigste beunruhigt. Es gab Demonstrationen. Und fast ein Jahr hielten NPD-Anhänger noch Mahnwachen vor der Unterkunft. Inzwischen hat sich die Lage deutlich entspannt. Wie ist das gelungen und was ist der Stand der Dinge eineinhalb Jahre danach?

 

Der Bruder von V-Mann Corelli: "An einen natürlichen Tod glaube ich nicht"

Der V-Mann Thomas Richter berichtete fast 20 Jahre aus der Nazi-Szene. Dabei kam er dem NSU-Trio sehr nah. Nun werfen sein Leben und Sterben Fragen auf. Vor allem sein Bruder will Antworten.
"Da sind so viele Widersprüche. Zum Beispiel: Thomas ist im Bad umgefallen und hat sich dann bis ins Schlafzimmer geschleppt. Durch den Korridor, und genau dort stand das Festnetztelefon. Da kann mir doch keiner erzählen, dass er es bei einem angeblichen Zuckerschock nicht mehr geschafft haben soll, die Tasten 112 zu drücken?"

 

Wie soll man sie nennen? Faschisten Populisten Reaktionäre Rassisten Nationalisten Rechtsradikale Nazis?

Ein Phänomen sucht einen Namen: Sind es Rechtsradikale, Populisten, Extremisten? Und bilden sie überhaupt eine Gruppe – die Gaulands und Hofers, Sarrazins und Le Pens? Gehört Donald Trump zu ihnen, und was wäre mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán oder dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, die dessen Wahlsieg herbeiwünschen?
Begriffe sind mehr als nur Namen. Sie enthalten Strategien. Eine politische Bezeichnung definiert den Gegner: Wenn der AfD-Vizechef Alexander Gauland als Nationalkonservativer bezeichnet wird, dann löst das andere Handlungen aus, als wenn jemand feststellt, der Mann sei ein Salonfaschist. Mit dem einen diskutiert man, den anderen lädt man gar nicht erst ein.

 

„Die sogenannte Mitte ist ein unlogischer Ort“

Der Soziologe Prof. Dr. Armin Nassehi von der LudwigMaximilians-Universität in München im Interview.

Ist Rechtspopulismus der Normalfall der Moderne?

Nassehi: Der Rechtspopulismus ist nicht der Normalfall, aber er scheint ein Problem zu lösen, sonst gäbe es ihn nicht. Letztlich zielt der Rechtspopulismus auf die zentrale Erfahrung der Moderne. Sie ist so anstrengend, weil kaum etwas zusammenpasst und es für alles auch andere Lösungen geben könnte. Das hört sich abstrakt an, zeigt sich aber schon im Alltag, etwa bei Berufskarrieren. Nichts ist festgelegt, hinterher weiß man, dass es Wahrscheinlichkeiten gibt, dass Menschen aus bestimmten Schichten bestimmte Berufe ergreifen, aus bestimmten Bildungsschichten bestimmte Leute heiraten, oder bestimmte Milieus jeweilige Stile mögen: Aber es könnte prinzipiell auch anders sein. Selbst wenn es so kommt, wie es kommen musste, muss man es noch begründen. Das ist das Verrückte der modernen Welt! Man kann sie kaum beschreiben. Um ihre Strukturen auf den Begriff zu bringen, brauchen wir verfremdende Medien – Statistiken zum Beispiel oder Expertenkulturen.
Hier wächst die Sehnsucht nach einfachen Chiffren, nach simplen Erklärungen, nach Einschluss - und Ausschluss. Rechtes Denken glaubt, einen Hebel angeben zu können: eine größere Homogenität der Bevölkerung – gewissermaßen als hilfloses Therapeutikum dafür, kompliziertere Beschreibungen der Gesellschaft zu vermeiden.

 

Nationalsozialisten in den USA: Die Feier der „weißen Rasse“

Die Wände sind voller Hakenkreuze, auf dem Souvenirtisch liegt Wehrmachtskram, CDs, Bücher, Deutschland-Aufkleber fürs Auto, SS-Runenmagnete für den Kühlschrank: im Hinterzimmer der Peach Oyster Bar wurde schon alles für die "Feier der weißen Rasse" hergerichtet. Es sieht aus wie während der Drehpause eines Tarantino-Films, angsteinflößend und albern zugleich. Ein dreifaches "Sieg Heil!" hallt durch den Raum, dann sagt Jeff Schoep mit sanfter Stimme: "Sie haben sich unsere Konföderierten-Flagge genommen. Sie werden sich weitere Dinge holen. Unsere Rasse ist in Gefahr".
Seit den Terroranschlägen in New York 2001 wächst die rechtsextreme Szene Amerikas, schreiben die Rassismuswächter vom Southern Poverty Law Center. Menschen wie Jeff Schoep oder dem Ku-Klux-Klan-Mann Will Quigg graut vor dem Jahr 2042, in dem die Vereinigten Staaten von Amerika kein weißes Land mehr sein werden, in Kalifornien sind die Weißen schon eine Minderheit. Latinos und Asiaten machen einen immer größeren Anteil der Gesamtbevölkerung aus, vor allem aber nehmen interkulturelle Ehen zu, für Nazis ist das die größte Ohrfeige von allen. Dass Weiße freiwillig ihr Blut vermischen, ist für sie ein Verrat.
Die Aussicht, dass Donald Trump der nächste Präsident des Landes werden könnte, ist für die Rassisten in Georgia die erste gute Nachricht aus Washington seit langer Zeit. Mit ihm würde sich noch einmal alles ändern, ist man sich hier sicher.

 

Helma Maaß, 92 Jahre, muss sich bald für 266.390-fachen Mord in Auschwitz verantworten

Helma Maaß, 92 Jahre alt, muss sich bald vor dem Landgericht Kiel verantworten, weil sie im Vernichtungslager Auschwitz als „Nachrichtenmaid“ arbeitete. Die Anklage lautet auf Beihilfe zu 266.390-fachem Mord. Die Geschichte einer Frau, die unbedingt zur SS wollte.
Ein Altenheim in Neumünster, etwa 100 Kilometer nördlich von Hamburg. Hier verbringt Helma Maaß, 92, ihren Lebensabend in einem kleinen Appartement im ersten Stock. "Frau Maaß sitzt schon im Speisesaal", sagt eine Mitarbeiterin des Altenheims an einem Tag im vergangenen Dezember zum Besucher. Den Gang runter, eine Biegung nach links, und da sitzt sie, eine alte Frau mit einer dunklen Brille, die sie wegen einer Augenkrankheit tragen muss. Sie blickt geradeaus und scheint auf das Mittagessen zu warten, es ist kurz vor zwölf Uhr. "Guten Tag, Frau Maaß, kann ich mit Ihnen über Auschwitz sprechen?"

 

Leo Fischer über die Bilderberger: Verschwörer mit menschlichem Antlitz

Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich in schmucken Pyramiden, im Schatten gewaltiger Menhire oder in unheimlichen Karpatenschlössern traf. Vorbei die Zeiten, als man per Tombola bestimmte, welche Länder miteinander Krieg zu führen haben und welche Krankheiten man auf die Menschheit loslässt. Heute trifft sich die von langjährigen Beobachtern wie Ken Jebsen oder Prof. Axel Stoll scharf kritisierte Weltregierung ausgerechnet im freudlosen Dresden, in einem ganz ordinären Kempinski-Hotel.
Stehen die »Bilderberger« am Ende gar vor der Insolvenz? Die Anzeichen sind deutlich: Wenn sogar Ursula von der Leyen zu so einem Treffen zugelassen wird, ist die Konferenz endgültig auf dem Niveau einer Zahnärztekonferenz angekommen. Eine Welt ohne Bilderberger – wäre sie überhaupt vorstellbar? Oder sogar nur wünschbar? Seit die Bilderberger 1887 die Weltregierungsverantwortung von den bayerischen Illuminaten übernommen haben, sieht ihre Bilanz jedenfalls trist aus. Die Illuminaten brachten demokratische Revolutionen, allgemeine Schulpflicht und den Goldstandard; die »Bilderberger« drei Weltkriege, Internetpornos und Zahnbürsten mit Bluetooth-Anschluss.

 

Ist Verfassungsschutz-Chef Maaßen ein russischer Agent?

Nein, ist er natürlich nicht, aber die Frage kann man ja mal stellen, oder? Hans-Georg Maaßen glaubt, Edward Snowden sei ein russischer Spion. Nicht, dass er Beweise für seine Behauptung hätte. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz findet nur – aufgrund seiner Erfahrung als Geheimdienstler, wie er sagte –, dass es plausibel sei. Es gibt kein Indiz für diese Theorie. Sie ist nach allem, was bisher bekannt wurde, abenteuerlich. Selbst hohe amerikanische Geheimdienstler gehen nicht so weit. Die einzigen, die diese Theorie verbreiten, sind Hans-Georg Maaßen und Patrick Sensburg.
"Haben Sie einen Beleg dafür, dass Snowden ein russischer Agent ist?", fragte André Hahn von der Linkspartei im NSA-Ausschuss. "Nein", sagte Maaßen. "Aber es hätte eine hohe Plausibilität."

Snowden reagierte auf Twitter mit folgendem Tweet:

Die Snowden-Dokumente beweisen weltweite Überwachungsoperationen bis in den letzten Winkel der Privatsphäre? Nein, sagen Maaßen und viele andere Zeugen im Untersuchungsausschuss. Originale dieser Papiere habe nie jemand gesehen, das seien nur von Medien veröffentlichte Kopien unklarer Herkunft und unklarer Glaubwürdigkeit. Das Handy der Kanzlerin wurde abgehört? "Mutmaßlich" wurde es das, sagte Maaßen.

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Presseschau ... 14.06.2016

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+++ Lingen: Mann schießt mit Luftgewehr auf Flüchtlinge +++ Stuttgart: Fußballfans schießen auf Schwarzen Deutschen +++ Jena: Geflüchtete rassistisch beschimpft und mit Steinen beworfen +++ In Sachsen hat sich die rechte Gewalt gegen Politiker in einem Jahr verelffacht +++ Hamburg: Zahl der rechtsextremen Straftaten nahezu verdoppelt

 

Lingen: Mann schießt mit Luftgewehr auf Flüchtlinge

In Lingen (Niedersachsen) wurden ein Syrer und ein 5-jähriges Mädchen aus Mazedonien vor ihrem Flüchtlingsheim beschossen. Der Schütze, ein 21-jähriger Mann benutzte ein Luftgewehr. Nach Polizeiangaben zielte er von seiner Wohnung aus auf das nahe gelegene Heim. Ein fünfjähriges Mädchen aus Mazedonien und ein 18-jähriger Syrer, die sich außerhalb des Gebäudes aufhielten, seien leicht am Bein verletzt worden. Sie mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Der Angriff ereignete sich bereits am Sonntag. Laut Polizei hatte sich zunächst die Mutter des Mädchens wegen der Beinverletzung ihrer Tochter bei der Polizei gemeldet. Sie habe geglaubt, ihr Kind sei von Unbekannten mit Steinen oder Sand beworfen worden. Später habe dann ein Zeuge beobachtet, wie aus dem Fenster im dritten Stock eines Wohnhauses in 40 Metern Entfernung geschossen wurde. Dabei sei dann der 18-Jährige verletzt worden.
Die Polizei stürmte daraufhin die Wohnung des Schützen und beschlagnahmte ein Luftgewehr samt Munition. Sie sah jedoch keine Haftgründe vorliegen und beließ den Mann auf freiem Fuß. Es sei aber keine Tötungsabsicht nachweisbar und weder von einer Wiederholungsgefahr noch von einer Fluchtgefahr auszugehen.

 

Stuttgart: Fußballfans schießen auf Schwarzen Deutschen

Ein dunkelhäutiger 21-Jähriger ist in der Innenstadt unterwegs, als mit einer Schreckschusspistole aus einem Auto heraus auf ihn gefeuert wird. Die Schützen sollen Deutschland-Trikots getragen und „Lauf, Schwarzer!“ gebrüllt haben. Wie die Polizei mitteilt, wollte ein 21 Jahre alter dunkelhäutiger Deutscher gegen 23 Uhr eine Kreuzung überqueren, als ein Kleinwagen herangefahren kam. Dessen Fahrer richtete durch das geöffnete Fenster plötzlich eine Waffe auf den 21-Jährigen und feuerte sie mit dem besagten Ruf mehrmals ab.

 

Jena: Geflüchtete rassistisch beschimpft und mit Steinen beworfen

Wie die Polizei mitteilt, wurden am Samstagabend in Jena zwei Männer aus dem Irak (23) und Algerien (35) rassistisch beschimpft und es wurde ein Stein nach ihnen geworfen. Die beiden Geflüchteten blieben unverletzt. Die Polizei konnte die Angreifer etwa einer halben Stunde nach der Tat stellen und den 35 Jahre alten mutmaßlichen Steinewerfer identifizieren. Ein Atemalkoholtest ergab bei ihm 1,6 Promille.
Die Polizei kam in der selben Nacht um 0.45 Uhr noch einmal zum Einsatz, als die Personengruppe um den vermuteten Steinwerfer im Steinweg von fünf bis sechs schwarz gekleideten und vermummten Personen angegriffen wurde. Hierbei wurden laut Polizei der 35-Jährige sowie ein 23-Jähriger verletzt.
Nach der Attacke gab es am Sonntag in der Jenaer Innenstadt eine spontane Solidaritätsdemo für die Asylbewerber. Es beteiligten sich etwa 100 Menschen.

 

In Sachsen hat sich die rechte Gewalt gegen Politiker in einem Jahr verelffacht

Am Ende waren die Anfeindungen für Markus Nierth einfach zu viel geworden. Rechtsextreme wollten direkt vor seiner Haustüre demonstrieren. Der Ortsbürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt fühlte sich machtlos, vom Staat im Stich gelassen. Er trat im Frühjahr 2015 zurück. Die Angst, seinen sieben Kindern könnte etwas passieren, war schlicht zu groß. Doch selbst in der Folgezeit bekam er Morddrohungen, seine Familie stand unter Polizeischutz.
Klar ist: In Deutschland gab es zuletzt einen deutlichen Anstieg von Übergriffen gegen Politiker und deren Einrichtungen. In Sachsen stieg die Zahl der Straftaten gegen Bürgermeister und Abgeordnete, die im Zusammenhang mit der Ausländer- und Asylthematik stehen, sogar dramatisch an: Zählte das sächsische Innenministerium 2014 nur fünf solcher Straftaten zum "Nachteil von Amts- und Mandatsträgern“, waren es im vergangenen Jahr mit 58 mehr als elfmal so viele.
Auch in Thüringen zeigt sich, wie sich das Klima der politischen Diskussion in den vergangenen Monaten radikalisiert hat. Die Zahl der Straftaten gegen thüringische Abgeordnete war im vergangenen Jahr mit 33 mehr als dreimal so hoch wie 2014 (neun). Und in diesem Jahr dürften es sogar noch mehr werden. Bis zum 25. Mai zählte das Landeskriminalamt bereits 17 Übergriffe.

 

Hamburg: Zahl der rechtsextremen Straftaten nahezu verdoppelt

2015 ordnete der Hamburger Verfassungsschutz 330 Personen dem rechtsextremen Spektrum in Hamburg zu, davon galten 140 als gewaltorientiert. Während sich diese Zahlen gegenüber 2014 (340/150) kaum verändert haben, hat sich die Zahl der politisch motivierten Straftaten des rechten Milieus auf 562 (2014: 296) nahezu verdoppelt. 500 davon galten als rechtsextremistische Taten (2014: 278). Auch die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikte stieg auf 25 (2014: 19).
Als Hauptursache gilt der Anstieg der Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte, wobei Grote betonte, dass es in Hamburg glücklicherweise überwiegend bei Sachbeschädigungen und Schmierereien geblieben sei. "Die gestiegenen Taten von Rechtsextremisten gerade vor dem Hintergrund der Flüchtlingssituation werden wir nicht tolerieren", so der Innensenator. "Es gilt Null-Toleranz für jede Form der Fremdenfeindlichkeit."

 

Fahndung nach Rechtsextremen: Verschollene Kameraden

Es weckt düstere Erinnerungen. 13 Jahre war der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) abgetaucht, tötete in dieser Zeit zehn Menschen und verübte zwei Anschläge. Aktuelle Zahlen, die der taz vorliegen, zeigen nun: Momentan sind erneut 441 Rechtsextreme, die von den Sicherheitsbehörden gesuchten werden, nicht auffindbar. Und deren Zahl steigt.
Die verschwundenen Rechtsextremen werden wegen offener Haftbefehle nach Straftaten wie Nötigung, Diebstahl oder Betrugs gesucht – einige aber auch wegen Waffendelikten oder schweren Raubs. Ein Neonazi ist gar nach einem Mord flüchtig, ein weiterer wegen Totschlags. Beide Taten werden von den Behörden aber nicht als politisch eingestuft – so wie etliche der anderen Delikte auch, wegen denen nach den Rechtsextremen gefahndet wird. 79 der Untergetauchten verübten indes eindeutig politische Taten, 43 waren in rechtsextremen Gruppen organisiert.
Die Zahlen stammen aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken, Stichtag war der 22. März. Und sie zeigen: Die Sicherheitsbehörden bekommen das Problem nicht in den Griff. Denn ein halbes Jahr zuvor waren 372 Rechtsextreme flüchtig – 69 weniger.

 

2.300 bei Pegida in Dresden, Bachmann kündigt Hotline an

Am Montag hat es in Dresden wieder mehrere Demos gegeben. Bis zu 2 300 Anhänger von Pegida versammelten sich diesmal auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche. In Sicht- und Hörweite protestierten mindestens 200 Gegner, wie die Forschungsgruppe „Durchgezählt“ meldete.
Lutz Bachmann kündigte später eine Hotline für diejenigen an, die sich auch ohne Internetzugang über die nächsten Veranstaltungen von Pegida informieren wollen. Außerdem begründete der Pegida-Gründer, warum es in der vergangenen Woche trotz Ankündigung keine Proteste gegen die Bilderberg-Konferenz in Dresden gegeben habe. Einerseits bringe das Hochhalten von Plakaten nichts, andererseits habe man die Sicherheitsvorkehrungen unterschätzt, sagte Bachmann. Er kündigte den „Aufbau kleiner Aktivistengruppen“ an. Was er damit konkret meinte, ließ er offen.

 

Erfolglose Anti-Drogen-Demo von Pegdia-Gründer in Dresden

„Keine Drogen in Dresden“ lautete das Motto einer Demo, die am Samstag durch Dresden führte. Angemeldet hatte sie René Jahn, der einst zu dem Pegida-Köpfen zählte. Ihm schlossen sich aber nur rund 35 Teilnehmer für das erklärte Ziel „Dresden wird die sicherste Stadt Deutschlands“ an.
Vor wenigen Wochen waren noch etwa 80 in gelben Warnwesten aufgetaucht. Ihr erklärtes Ziel ist die Eindämmung des Drogenhandels, der wie selbstverständlich mit Migranten in Verbindung gebracht wird. Jahn bezeichnete die Demo selbst als ernüchternd: „Es gibt noch genug Themen hier, wir machen auf jeden Fall weiter.“
Jahn und seine Anhänger hatten sich außerdem mit einer Art Umfrage an Ladenbesitzer gewendet. Sie wollten wissen, ob sie sich unsicher fühlten. Das Ergebnis: Die Unsicherheit ist deutlich erkennbar, als Gründe werden Migranten aber auch Pegida angegeben.

 

Geldstrafe für Neonazi nach Attacke gegen Journalisten

Ein Dortmunder Neonazi ist am Montag zu 1350 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der 25-Jährige hatte auf einer Kundgebung der Partei "Die Rechte" einen Journalisten zu Boden gestoßen, der ihn gefilmt hatte. Einer anderen Journalistin wurde das Handy weggedrückt.
Der Angeklagte hatte die Taten zwar zugegeben, trotzdem einen Freispruch gefordert. Der 25-Jährige sprach vor Gericht von Notwehr. Die beiden Journalist hätten ohne sein Einverständnis Nahaufnahmen von ihm gemacht, obwohl er gar nichts besonders getan hätte. In beiden Fällen sei er schon auf dem Heimweg gewesen.
Eine Notwehrlage konnten die Richter nicht erkennen. Wer öffentliche Veranstaltungen verlasse und sich dabei noch in einer Gruppe befinde, müsse damit rechnen, fotografiert oder gefilmt zu werden, hieß es im Urteil.

 

"Trauermarsch" vertagt: Hoffnung für Bad Nenndorf

In Bad Nenndorf keimt Hoffnung auf, dass der Spuk der alljährlichen rechten "Trauermärsche" zum Wincklerbad in absehbarer Zeit ein Ende haben könnte. Bürgermeister Mike Schmidt (CDU) sprach  in einer ersten Reaktion auf die jetzt bestätigte Verschiebung der rechtsextremen Veranstaltung von einem "Gefühl der Erleichterung". Doch das, so der CDU- Politiker, sei kein Grund, im Widerstand gegen die Rechten nachzulassen. Und dafür hat er gute Argumente: Schließlich haben die Rechtsextremisten noch nicht wissen lassen, wann sie stattdessen in die Kleinstadt im Landkreis Schaumburg kommen wollen.
Die Internetseite der rechten "Trauermarschierer" ist seit Monaten nicht mehr aktualisiert worden. Eine Mobilisierung für die Demonstration ist kaum wahrnehmbar. Das war mal anders, zum Beispiel im Jahr 2010. Damals kamen annähernd 1.000 Neonazis in die Kurstadt. Seitdem sind die Teilnehmerzahlen im steilen Sinkflug. Auch das geschichtsklitternde Thema dieser Aufmärsche in Bad Nenndorf sei in der rechtsextremen Szene nicht mehr zugkräftig, so Steffen Holz vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Die Terminverschiebung also eine verkappte Exit-Strategie?

 

Die rechte Szene in Sachsen-Anhalt: Neonazis erfinden sich neu

In Sachsen-Anhalt gibt es immer mehr Neonazis. Nach Angaben des Landes-Verfassungsschutzes ist die Zahl der Rechtsextremisten im Land im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Die Szene habe sich verändert. Sie sei äußerlich unauffälliger, moderner und bediene sich neuer Aktionsformen, um auch Jugendliche anzusprechen, sagt der Referatsleiter Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz, Hilmar Steffen.
Immer wieder versuchen sie mit martialisch wirkenden Aktionen auf sich aufmerksam zu machen. So Anfang des Monats in Gräfenhainichen (Kreis Wittenberg), wo eine Gruppe schwarz gekleideter junger Rechtsextremer mit weißen Masken und Fackeln durch die Stadt lief. „Die Unsterblichen“ nennt sich diese Bewegung, die in Sachsen-Anhalt schon vor einigen Jahren vermehrt auftrat.
„Der klassische Neonazi mit Bomberjacke und Springerstiefeln hat ausgedient“, sagt Steffen. Rechtsextremisten seien häufig nicht mehr als solche zu erkennen. Das gelte nicht nur für die „Unsterblichen“, sondern auch für die sogenannten „Autonomen Nationalisten“. Sie gelten als extrem gewaltbereit und sind in ihrer schwarzen Kleidung von Linksautonomen kaum zu unterscheiden.

 

Pressefreiheit in Thüringen: Die Polizei, Helfer der Rechten?

Journalisten wollten über ein Rechtsrockkonzert berichten – und kassierten Platzverweise. Jetzt klagen sie gegen die Einschränkung der Pressefreiheit.
Mit weißen Bannern hatten NPD-Kader die Zäune ihres Veranstaltungsgeländes im thüringischen Leinefelde verhüllt, wo die Partei ihren jährlichen „Eichsfeldtag“ feierte.
Die Journalistin und Rechtsextremismusexpertin Andrea Röpke wollte sich damit nicht abfinden. Feste wie diese seien Teil einer „rechtsextremen Erlebniswelt“. „Es ist unsere journalistische Aufgabe, hinter die Kulissen zu schauen und zu zeigen, was sich hinter solchen Festen verbirgt und was diese gerade für die Kinder bedeuten.“ Zusammen mit drei Kollegen, auch sie Experten in diesem Feld, versuchte Röpke über das Neonazi-Fest zu berichten. Was folgte, war eine Polizeiposse – die in Platzverweisen für die Journalisten gipfelte.
Unter dem höhnischen Applaus der Rechtsextremen mussten die Journalisten abziehen. Nun gibt es ein Nachspiel. Vergangene Woche reichten die Journalisten Klage vor dem Verwaltungsgericht Weimar ein. Die Polizei habe sich von den Neonazis instrumentalisieren lassen, kritisieren sie. „Die Platzverweise entbehren jeder Grundlage“, kritisiert Röpkes Anwalt Sven Adam. „Statt die Forderungen von Neonazis umzusetzen, muss die Polizei die Pressefreiheit durchsetzen.“

 

NPD-Funktionär aus dem Rems-Murr-Kreis auch bei „Weiße Wölfe Terrorcrew“ aktiv

Im März klingelte es bei 16 Neonazis in zehn Bundesländern gleichzeitig an der Haustür. Die Beamten durchsuchten deren Wohnungen und beschlagnahmten Propagandamaterial und Waffen. Es war eine Aktion gegen die rechtsextreme Szene. Im Visier der Staatsdiener: die „Weisse Wölfe Terrorcrew“ (WWT).
Das Amt des württembergischen „WWT-Sektionsleiters“ hatte der 30-jährige Alexander S. aus Fellbach inne, der auch in der NPD aktiv war. Der Einzelhandelskaufmann ist ein Paradebeispiel für die enge Verknüpfung der Partei mit der militanten Naziszene. S. kandidierte für die NPD bei Bundestagswahlen und engagierte sich als Vorsitzender des Rems-Murr-Kreisverbandes und als „Organisationsleiter“ auf Landesebene für die Nationaldemokraten.
Gleichzeitig nahm er an Treffen kroatischer Faschisten im österreichischen Bleiburg teil. Auf Fotos sieht man ihn dort in einem T-Shirt mit dem Logo der „Deutsch-Kroatischen Waffenbrüder“. Das ist eine Clique um den Skinhead Markus Frntic aus Kirchheim am Neckar. Der war Südwest-Chef der Neonazi-Organisation „Blood and Honour“ (B&H) – bis zum Verbot des deutschen Ablegers im Jahr 2000. „Blood and Honour“ galt lange Zeit als wichtigste Organisation in der Struktur der rechtsextremen Musikszene.

 

Musik als Ideologie-Träger

"Ich bin ja kein Nazi, aber . . ." So fängt es an. Eine Plattitüde hier, eine abfällige Bemerkung dort, ein "Ich fand die Türken ja schon immer suspekt" in geselliger Runde. Der Aussteiger Felix Benneckenstein erzählt in einem Vortrag für die zehnten Klassen des Viscardi Gymnasiums von seiner Zeit als Demo-Organisator und Redner in der "Kameradschaftsszene" und wie er es schaffte, sich wieder davon loszusagen. Mittlerweile arbeitet er bei der Organisation "Exit", die Mitgliedern der rechtsextremen Szene hilft, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern.
"Ich habe mich am Anfang nicht als Nazi verstanden", erklärt Benneckenstein den schweigenden Zehntklässlern, die seinen Vortrag mit großem Interesse verfolgen. "Im Gegenteil, gegen die historischen" Nazis hatte ich eine Ablehnung."

 

Antrag zurückgezogen: Politikwissenschaftler darf NPD-Kritik äußern

Juristischer Etappensieg für den Dresdner Politologen Steffen Kailitz: Er darf wieder warnen, die NPD plane "rassistisch motivierte Staatsverbrechen". Richter Jens Maier hob daraufhin den von ihm Anfang Mai erlassenen Beschluss auf, mit dem er dem renommierten Wissenschaftler des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung die Äußerungen untersagt hatte.
NPD-Anwalt Peter Richter kündigte an, nun in einem Hauptsacheverfahren gegen Kailitz vorgehen zu wollen und schnellstmöglich Klage zu erheben. Kailitz zeigte sich für ein solches Verfahren zuversichtlich: "Wir haben Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Damit ist klar, dass ich da nur gewinnen kann."

 

NSU-Ausschuss Brandenburg startet im Juli

Haben die Brandenburger Behörden Erkenntnisse über das NSU-Trio nicht rechtzeitig weitergereicht? Diesem Vorwurf soll ein Untersuchungsausschuss des Landtags nachgehen - und zwar noch bevor die Abgeordneten sich in die Sommerpause verabschieden.
Dem Ausschuss geht es vor allem um einen einschlägig vorbestraften Neonazi, der vom Landesverfassungsschutz unter dem Decknamen "Piatto" als V-Mann geführt wurde. Die Abgeordneten wollen aufklären, in welcher Beziehung der V-Mann zu den NSU-Mitgliedern Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe und weiteren im Münchener NSU-Prozess Angeklagten stand und welche Informationen "Piatto" an den Verfassungsschutz weitergab.

 

Offenbar Rechtsextreme aus Sachsen an Krawallen in Lille beteiligt

An den Krawallen deutscher Fußballfans in Lille sind offenbar rechtsextreme Hooligans aus Sachsen beteiligt. „Wir mischen mit“ postet bei Facebook ein Fanatiker aus Dresden und zeigt dazu Bilder und ein Video von den Ausschreitungen in der französischen Stadt. Darüber ist auf einem breiten Foto die Deutschlandfahne zu sehen. Auf ihr prangt in altdeutschen Buchstaben „Gefechtsbereit“. Auf die Seite des Hooligans kommt man über den Facebook-Account der Gruppierung „Faust des Ostens“, die der sächsische Verfassungsschutz der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zurechnet.
Gegen Mitglieder von „Faust des Ostens“ ermittelt schon länger die Dresdener Staatsanwaltschaft. Seit 2013 liegen Anklagen gegen mehrere mutmaßliche Anführer der Gruppierung vor. Ihnen wird vorgeworfen, Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung zu sein.
Auf einem im Internet auf mehreren Seiten zu sehenden Foto aus Lille posieren Fans aus Sachsen mit der Reichskriegsflagge des Kaiserreichs. Ein Hooligan zeigt zudem den Hitlergruß. Ein weiterer hält einen Schal mit der Aufschrift „Dresden Ost“ hoch. Dabei handelt es sich um einen Trupp, der zumindest Kontakte zu Rechtsextremisten unterhält. Ein weiterer Fan zeigt einen Schal mit der Aufschrift „Perverse Menschenfresser“ und gibt sich damit offenkundig als Anhänger einer gleichnamigen Gruppierung Zwickauer Fußballfans zu erkennen.

 

Hajo Funke zum Rechtsextremismus bei der EM: AFD und Pegida entfesseln den Rassismus

Nach Einschätzung von Rechtsextremismus-Forscher Hajo Funke sind die rassistischen Vorfälle während der EM in Frankreich ohne Zweifel auf die rechten und islamfeindlichen Parolen von AfD und Pegida zurückzuführen. „Wir erleben seit knapp zwei Jahren eine Entfesselung der Ressentiments“, sagte der Politikwissenschaftler von der Freien Universität Berlin dem Tagesspiegel. Der radikale Flügel der AfD um Alexander Gauland und Björn Höcke sowie die Pegida-Bewegung hätten einen „ethnozentrischen und rassistischen Nährboden geschaffen“, der Fremdenfeindlichkeit ein stückweit salonfähig gemacht habe, so Funke weiter.
Ob die Äußerungen Gaulands über Nationalspieler Jérôme Boateng oder den Wirbel um die Gesichter auf der Kinderschokolade: Beides seien Beispiele dafür, wie eine „En Vogue“-Stimmung“ geschaffen wurde. „Die fühlen sich als Volkes Stimme stärker.“ Diese Rechtsextremen seien jedoch nicht nur anfällig für diese „rhetorischen Brandfackeln“, sondern nach Funkes Einschätzung zusätzlich gewaltbereit.

 

Gefährliches Spiel – deutsche Neonazis bei der EM

Das Foto rechtsextremer Hooligans, die in Lille eine Reichskriegsfahne an einem Café aufgehängt hatten, ging am Sonntagabend um die Welt. Waren sie es, die wenige Stunden später schwarz vermummt auf ukrainische Fußballfans einprügelten? Einer, der sicher mehr dazu erzählen könnte, ist Michael Brück. Er gilt als Kopf der Dortmunder militanten Neonaziszene und sitzt für die rechtsextreme Partei Die Rechte im Stadtrat. Als die Kamera am Anfang des EM-Spiels Deutschland-Ukraine über die Zuschauer schwenkte, sah man ihn inmitten der Fans. Neben ihm Matthias Deyda, ebenfalls ein stadtbekannter Dortmunder Neonazi.

 

Brück genießt das Spiel. In Dortmund und mehreren anderen Städten hat er Stadionverbot. Andere Bilder zeigen Brück am Nachmittag direkt vor dem mit deutschen Rechtsextremen gefüllten Cafe. Außen am Zaun: die Reichskriegsfahne.

 

Ausländerbehörde Bielefeld droht mit Schild: „Wer hier meckert, wird erschossen“

So fühlt man sich als Neuankömmling sicher nicht willkommen: Bei der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld (ZAB) wurden Asylsuchende kürzlich mit dem geschmacklosen Schild "Wer hier meckert wird erschossen!" begrüßt.
Die Behörde ist zuständig für die Erstaufnahme von Asylsuchenden und Aufenthaltsgenehmigungen und damit eine der ersten Anlaufstellen für asylsuchende Menschen in Bielefeld. Ausgerechnet hier werden Flüchtlinge an der Pforte so unsensibel empfangen.
Menschen, die in Deutschland auf der Suche nach Schutz vor lebensbedrohlichen Situationen seien, benötigten alles andere als Todesdrohungen, sagte Lina Droste von der Flüchtlingshilfe Lippe e.V.. Das Schild sei menschenverachtend und spiegle die aktuelle "rassistische Realität" in Deutschland wider.
Die Pressestelle der Stadt Bielefeld richtete der "Neuen Westfälischen" am Wochenende aus, dass das Schild spätestens Montagmorgen – bevor die Behörde wieder öffne – beseitigt werde. Dem Urheber des Schilds "drohen erhebliche Konsequenzen". Ob das Schild tatsächlich entfernt wurde, ist bisher nicht klar.

 

Köln: Wie eine Gemeinde nach dem Brandanschlag zusammenrückt

Einen „barbarischen Akt“ nannte Pfarrer Regamy Thillainathan (34) in seiner Predigt vor seiner Kirchengemeinde in Rondorf die feige Brandstiftung im Pfarrheim. Hier war eine achtköpfige Flüchtlingsfamilie aus dem Irak untergebracht. Die Gemeinde will nun ein großes Zeichen der Solidarität setzen. Das Haus ist durch den Anschlag unbewohnbar geworden. Kommenden Sonntag wird vor dem zerstörten Pfarrheim ein Solidaritätsmahl stattfinden.

 

Morddrohungen gegen Gründe Jugend Rheinland-Pfalz

Nach einem Aufruf gegen "Party-Patriotismus" zur Fußball-Europameisterschaft hat die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz nicht nur einen Proteststurm ausgelöst, sondern auch etliche Morddrohungen erhalten. Im Laufe des Tages werde die Partei-Jugendorganisation Strafanzeigen erstatten, sagte deren Sprecher Benjamin Buddendiek am Montag der Presse in Mainz. Unter dem umstrittenen Facebook-Appell vom vergangenen Freitag, während der Fußball-EM keine Deutschland-Flaggen in der Öffentlichkeit zu zeigen, befanden bis Montagmorgen bereits über 24.000 meist vernichtende Kommentare.
Nach dieser Forderung sind die Grünen Rheinland-Pfalz zu ihrer Jugendorganisation auf Distanz gegangen. Auch Politiker anderer Parteien hatten erzürnt auf den Aufruf reagiert.
Die Landessprecherin der Grünen Jugend Rheinland-Pfalz, Jennifer Werthwein, fühlt sich teilweise missverstanden. «Wir wollen, dass wir eine ehrliche Patriotismus-Debatte führen», sagte sie am Montag in Mainz. Patriotismus sei Nährboden für aggressive Taten. "Was wir vielleicht ein bisschen falsch eingeschätzt haben ist, dass Menschen das persönlich nehmen." Der Aufruf sei bewusst überspitzt gewesen und habe kein Verbot sein sollen. Sie sprach von zahlreichen "Hasskommentaren" im Netz und kündigte Strafanzeigen bei Morddrohungen, sexistischen Beleidigungen und Volksverhetzung an.

 

Hasskriminalität: Polizisten sollen im Netz auf Streife gehen

Die Hasskriminalität im Internet nimmt in Sachsen-Anhalt immer mehr zu. Bis Ende Mai wurden bereits 201 dieser Straftaten erfasst, teilte das Innenministerium mit. Im kompletten vergangenen Jahr waren es noch 152 Delikte, 2014 nur 41. Es handele sich dabei überwiegend um rechtsradikale Hetze. Die Landesregierung will dagegen nun verstärkt vorgehen und hat die Einführung einer "Internetstreife" in den neuen Koalitionsvertrag geschrieben.
Die Hass-Postings "treffen alle, die sich sichtbar mit Flüchtlingen solidarisieren", sagte der Grünen-Politiker Sebastian Striegel. Er sei selbst schon mehrfach Opfer solcher Angriffe geworden – von wüsten Beleidigungen bis hin zu Todesdrohungen.

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Presseschau ... 15.06.2016

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+++ Anschlagsserie in Berlin Marzahn-Hellersdorf? Flüchtlingstreff und SPD-Büro betroffen +++ Leizen (Meck-Pomm): Rassistische Parolen am Schloss +++ Berlin-Reinickendorf: Reichskriegsflagge am Flughafensee gehisst +++ Deutschland hasst – das belegt die neue „Mitte-Studie“ der Uni Leipzig +++ Verfassungsschutzbericht: Wieder mehr Rechtsextreme in Berlin

 

Anschlagsserie in Berlin Marzahn-Hellersdorf? Flüchtlingstreff und SPD-Büro betroffen

In Marzahn-Hellersdorf ist gestern eine "Begegnungsstätte für Geflüchtete und Anwohner" in der Schneeberger Straße attackiert worden. Unbekannte warfen nach Angaben einer Polizeisprecherin einen harten Gegenstand gegen die Eingangstür des Ladenlokals. Die Tür wurde beschädigt. Ob es einen rassistischen oder rechtsradikalen Hintergrund gebe oder ob Jugendliche einfach randalierten, sei derzeit völlig unklar.

Eine SPD-Kreisgeschäftsstelle in Berlin-Marzahn wurde bereits in der vergangenen Woche angegriffen: „Das Maas ist voll“, stand da an der Wand der, eine Drohung gegen den Justizminister, der sich wiederholt mit der rechten Szene angelegt hat. Farbbeutel hatten rote Flecken hinterlassen, eine Scheibe war eingeschlagen. Die dritte Attacke in anderthalb Jahren.
Autonome Nationalisten bedrohten zudem öffentlich den linken Jugendclub La Casa in Hellersdorf mit der Botschaft: „fühlt euch nicht zu sicher“. Die Polizei hat die Sache im Blick.

 

Leizen (Meck-Pomm): Rassistische Parolen am Schloss

Das Schloss in Leizen soll zu einem Kinderhotel umgebaut werden. Am Wochenende wurde das historische Gebäude mit volksverhetzenden Parolen beschmiert. ie die Polizei jetzt mitteilte, befindet sich das Schloss derzeit im Umbau, so dass der Schriftzug erst am Montag entdeckt wurde. Unbekannten Täter hatten sich laut Polizeiinformationen Zutritt zu einer Treppe verschafft, die sich am Giebel des Gebäudes befindet. Auf der Innenseite des Treppentores wurde der Schriftzug angebracht, dazu wurde silbergraue Farbe benutzt. Darüber hinaus wurden auch Fenster mit volksverhetzenden Worten beschmiert.

 

Berlin-Reinickendorf: Reichskriegsflagge am Flughafensee gehisst

Ein Bürger hatte am Nordufer des Flughafensees eine Reichskriegsflagge entdeckt, fotografiert und dem Bezirksamt gemeldet. Die Flagge ist ein bekanntes Symbol von Rechtsradikalen. Sie wehte über einer Deutschlandfahne auf einem, in den Boden gerammten, Holzpflock. Daraufhin hatte das zuständige Gartenbauamt gemeinsam mit der Polizei den Pflock samt Fahnen entfernt. Die Flaggen wurden von der Polizei beschlagnahmt.
Das Zeigen der Flagge ist nicht illegal, solange kein Hakenkreuz darauf zu sehen ist, sagte die Berliner Polizei. "Das Zeigen der Flagge ist zwar nicht strafbar, die Polizei kann sie aber unter bestimmten Umständen wegen Störung der Öffentlichen Ordnung einziehen", heißt es beim Verfassungsschutz.

 

Deutschland hasst – das belegt die neue „Mitte-Studie“ der Uni Leipzig

Hass-Stimmung gegen Flüchtlinge, Juden, Roma und Homosexuelle - laut der "Mitte"-Studie der Uni Leipzig sind rechtsextreme Einstellungen in der Bevölkerung weit verbreitet.
"Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert" - 21,9 Prozent der Deutschen meinen das, 25,5 im Osten und 21 Prozent im Westen. Der These, dass die Bundesrepublik "durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet" sei, stimmen 33,9 Prozent überwiegend oder voll und ganz zu. Und dass eine Diktatur im nationalen Interesse unter bestimmten Umständen die bessere Staatsform sei, erklären 6,7 Prozent der Befragten - im Osten des Landes sogar 13,8 Prozent.
Eine Auswahl der Fragen und Antworten aus der neuen "Mitte"-Studie, mit der Wissenschaftler der Universität Leipzig seit 2002 regelmäßig rechtsextreme und antidemokratische Einstellungen in der Bevölkerung untersuchen. Kernergebnisse der aktuellen Erhebung: Zwar gibt es in Deutschland keine Zunahme rechtsextremer Einstellungen, wohl aber einen Anstieg autoritärer Aggressionen gegen Muslime, Sinti und Roma sowie Flüchtlinge, auch eine zunehmende Gewaltbereitschaft.
Der Studie zufolge haben Rechtsextreme in der AfD eine Heimat gefunden, unter Pegida-Anhängern gebe es eine "starke Ausprägung rechtsextremer Einstellung".  Wie in den Vorjahren ist die Ausländerfeindlichkeit im Osten stärker ausgeprägt als im Westen. Bei anderen Fragekategorien gibt es nur geringe Abweichungen zwischen Ost und West - etwa im Kapitel zum Antisemitismus. "Die Juden arbeiten mehr als andere Menschen mit üblen Tricks", sagen beispielsweise 9,5 Prozent der Deutschen.
Stark zugenommen im Vergleich zur Erhebung 2014 hat die Islamfeindschaft. Ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben der Erhebung zufolge 5,4 Prozent der Deutschen - im Osten sind es 7,6 Prozent, im Westen 4,8.

 

"Der hässliche Deutsche wohnt nicht nur im Osten"

Rechte Einstellungen sind weit verbreitet in Deutschland. Das zeigt die jüngste "Mitte"-Studie. Im Interview  erklärt der Soziologe Oliver Decker, wie die AfD dieses Gedankengut befördert - und warum es sich immer häufiger in Gewalt entlädt.

Leben wir in einem rassistischen und gewalttätigen Land?

Oliver Decker: Nein, aber rechtsextreme und anti-demokratische Einstellungen treten in letzter Zeit viel offener in Erscheinung. Ein Grund dafür ist, dass sich viele Menschen bedroht fühlen und diese diffuse Bedrohung bestimmten Gruppen zugeschrieben wird - etwa Flüchtlingen, Moslems oder Sinti und Roma. Das hat mit der Realität meist nichts zu tun - kein Flüchtling wohnt im Luxushotel, wie viele Populisten behaupten, auch ist Deutschland nicht in seiner Existenz bedroht.
Aber zu sagen, dass es so ist, erlaubt es den Menschen, massiv gegen diese gefühlte Bedrohung vorzugehen - auch mit Gewalt. Und in dieser Phase befinden wir uns gerade, dass sich solche Einstellungen immer offener Bahn brechen.

 

Verfassungsschutzbericht: Wieder mehr Rechtsextreme in Berlin

Die Zahl der Rechtsextremen ist in Berlin im vergangenen Jahr erstmal seit vielen Jahren wieder gestiegen. Während der Verfassungsschutz 2014 noch 1355 potenziell Rechtsextreme zählte, waren es im vergangenen Jahr 1450 Personen. Insbesondere die Themen Flüchtlinge und Asylpolitik hätten der Szene vor allem in der zweiten Jahreshälfte einen deutlichen Zulauf beschert, der sich in den ersten Monaten dieses Jahres fortsetzte. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht Berlin 2015 hervor. Laut Innenstaatssekretär Bernd Krömer konzentrierte sich die Szene vor allem in den östlichen Bezirken, darunter Marzahn-Hellersdorf, Buch, Pankow und Treptow-Köpenick.
In Bezug auf die AfD sagte Krömer: „Wir haben das im Blick.“

 

Fast jede dritte Aussage falsch: Studie entlarvt Frauke Petrys TV-Auftritte

Auch Politiker lügen. Ob es sich bei einer falschen Aussage um eine vorsätzliche Lüge handelt oder Unkenntnis handelt, ist zum Teil nicht oder nur schwer zu beurteilen. In jedem Fall entspricht das Gesagt aber nicht der Wahrheit; und das wirft auf die Person ein schlechtes Licht.
Um zu prüfen, ob Poltiker in TV-Talks falsche Aussagen von sich geben, untersuchten Volontäre der Kölner Journalistenschule (KJS) den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Politikern wie Christian Lindner (FDP), Thomas Oppermann (SPD) und anderen. Eine aktuelle deutsche Politikerin sticht bei den Ergebnssen dabei besonders heraus: AfD-Parteisprecherin Frauke Petry.
Im Vergleich zu den anderen sechs untersuchten Politikern trifft sie öfter Falschaussagen – und das vor laufender Kamera. Zu den untersuchten Sendungen zählten Maischberger, Anne Will, Maybrit Illner, und Hart aber Fair. Vier Monate wurden die Inhalte der Sendung zwischen Dezember 2015 und März 2016 ausgewertet.
Nimmt man diese Variable als Bewertungsrahmen, führt Petry die Tabelle an: 28,9 Prozent, also mehr als ein Viertel, der Aussagen der Bundessprecherin der Rechtspopulisten waren laut Studie falsch oder überwiegend falsch. Hinter ihr kommt Markus Söder (CSU) mit 21,9 Prozent Irrsinn.

 

AfD will 100.000 Bücher über den Islam an Bürger verteilen

In Sachen islamfeindlicher Agitation sticht der Thüringer Landesverband der AfD besonders hervor: Die Landtagsfraktion in Thüringen will in Kürze 100.000 Exemplare eines in Eigenregie verfassten Buches über den Islam verteilen.
Erst vor wenigen Wochen machte die Partei Schlagzeilen mit ihrer Mobilisierung gegen den geplanten Neubau einer Moschee am Stadtrand von Erfurt. "Das Buch erklärt auch, warum der Islam keine reine Religion wie das Christentum ist", heißt es in einer am Montag versandten Einladung zur Präsentation des Taschenbuchs "Der Islam. Fakten und Argumente" an diesem Mittwoch.

 

Berichterstattung und AfD – ein Balanceakt

So bestimmt die AfD seit Monaten die Medien-Agenda. Lässt sich die Presse einfach so benutzen? Nein, sagt Simone Rafael, Chefredakteurin von Netz gegen Nazis im Interview.

Haben die Medien die AfD erst groß gemacht?

Das ist die große Frage. Die hat sich ja bei Pegida schon gestellt. Ich bin selbst ein großer Fan von Monitoring und Aufklärung, das heißt ich finde es schon sehr wichtig, dass über solche Phänomene geschrieben wird. Zu sagen, wir berichten gar nicht, in der Hoffnung, dass wir das dann nicht »groß schreiben«, fände ich grundverkehrt. Medien müssen auch berichten, was in der Welt vor sich geht, gerade über Themen wie rassistische Ausfälle. Bei der AfD hat man es aber mit einer Partei zu tun, die mediale Mechanismen ziemlich gut durchschaut. Ich habe manchmal den Eindruck, sie nutzt diese ganz gerne, um den nächsten Skandal vom Zaun zu brechen, um wieder eine große Presseöffentlichkeit zu haben. Wenn es eine Instrumentalisierung wird, müssen Medien darüber nachdenken, wie sie damit umgehen. Aber diese Diskussion startet gerade erst.

 

„...dann bin ich stolz, Nazi zu sein!“ – AfD-Stadtrat in Dreieich bei Facebook

Geistige Brandstiftung wirft der Ausländerbeirat in Dreieich (Hessen) dem AfD-Stadtverordneten Andreas Schmehl vor. Der hatte neben anderen flüchtlingsfeindlichen Artikeln auf seiner Facebookseite ein Bild mit folgendem Text geteilt: „Wenn Nazi bedeutet, unsere Kinder und Frauen zu verteidigen, unser Land und Kultur zu schützen und uns gegen Diebe und Verbrecher zu wehren, dann bin ich stolz ein Nazi zu sein! Es lebe Deutschland.“
Der Dreieicher Ausländerbeirat erklärte dazu, Menschen, die in dem Glauben leben, dass nur Deutsche Werte wie Liebe und Familie, Mitmenschlichkeit, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit kennen, seien schlichtweg einfältig. „Es ist eine Herausforderung, ein freier mündiger Bürger zu sein. Scheinbar schaffen dies nicht alle und verfallen in kindliche Verhaltensmuster, was dem Faschismus den Weg öffnet.“

Kommentar im Neuen Deutschland: Warum Gabriels Vergleich der AfD mit den historischen Nazis trotzdem falsch ist:
Gauland und Konsorten aber mit den Nationalsozialisten zu vergleichen, wie SPD-Chef Sigmar Gabriel es am Wochenende indirekt getan hat, ist trotzdem falsch. Die Nazis haben nämlich nicht nur Millionen Juden, Sinti, Kommunisten und Behinderte ermordet, sondern auch einen Weltkrieg vom Zaun gebrochen, der nichts als verbrannte Erde hinterlassen hat. Jedem, der zwischen 1933 und 1945 nicht blond und blauäugig war, drohte der Weg ins Konzentrationslager. Bei aller Kritik an der AfD: Eine Terrorherrschaft wie die von Hitler und seinen Schergen hat die Rechtspartei nicht im Sinn. Von »Rassenschande« und »Untermenschen« sprechen ihre Funktionäre ebenfalls nicht. Das weiß auch Gabriel, der sich einst mit Pegida-Anhängern - dem außerparlamentarischen Arm der AfD - zum Plausch traf. Er sagt es nur nicht.

 

SPD schafft Präzedenzfall – auch AfD darf nun in Berliner Schulräumen Wahlkampf machen

Wenn einer – dann alle. So lässt sich die Rechtslage beim Thema „Parteiveranstaltungen in Schulen“ zusammenfassen, seitdem die NPD sich vor Gericht die Möglichkeit erstritt, im Januar 2011 einen Parteitag in der Aula der Max-Taut-Schule in Berlin-Lichtenberg zu veranstalten. Seither hielten sich die Schulträger bei der Vergabe von Schulräumen an Parteien zurück, um keine Präzedenzfälle für künftige erfolgreiche Klagen zu schaffen. In Mitte gilt das nun nicht mehr.
„Bildungspolitik in Berlin – woher, wohin wie weiter?“ lautet der Titel der Wahlveranstaltung, zu der die SPD an diesem Mittwoch in die Weddinger Anna-Lindh-Grundschule einladen darf. Juristisch hat diese Entscheidung zur Folge, dass jede Partei in diesem Wahlkampf Schulräume des Bezirks nutzen darf. Andernfalls würde gegen den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung politischer Parteien verstoßen, der in der Verwaltungspraxis berücksichtigt werden muss. Längst hat auch die Alternative für Deutschland (AfD) ihre Fühler nach Schulräumen ausgestreckt.

 

CDU-Mann über lokale AfD-Politiker: „Der eine ist blöd, der andere offen rechtsradikal“

Bei der Landtagswahl im kommenden Jahr wird die CDU im Kreis Soest erstmals auch mit der AfD um Stimmen konkurrieren. Wie denn Bürger, die zwischen beiden Parteien schwanken, für die Christdemokraten gewonnen werden könnten, fragte ein Mitglied nach der Vorstellungsrunde. Die Kandidaten setzen auf unterschiedliche Stategien, wie ihre Antworten belegen.
Auf seine Erfahrungen im Kreistag, in dem zwei AfD-Mitglieder sitzen, berief sich Markus Patzke: „Davon ist der eine blöd und der andere offen rechtsradikal.“ Er habe genug Vertrauen, dass die Bürger das merkten.

 

Bruch zwischen Pegida und Festerling

Die Bilderberg-Konferenz zeigt erste politische Konsequenzen: Im Streit über angekündigte und abgesagte Aktionen kommt es zwischen den Pegida-Anführern zum Eklat.
Auf Facebook ist die Hölle los, seit Edwin Wagenveld von der „Festung Europa“ seinen Zorn über Pegida auf seiner Seite gepostet hat. In seinem Traktat rechnet der „Ed, der Holländer“, der schon oft bei Pegida gesprochen hat, mit den Machern rund um Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz ab und verurteilt den angeblichen Ausschluss seiner Mitstreiterin Tatjana Festerling aus dem Pegida-Verein.
Hintergrund: Im Streit um ein Redemanuskript soll es bereits im April zum Zerwürfnis zwischen Bachmann und Festerling gekommen sein, der eigentliche Eklat aber passierte erst im Anschluss an die Bilderberg-Konferenz. Während die „Festung Europa“ den „kultivierten Volkszorn“ auf die Straße tragen wollte, blieben die Pegidisten lieber daheim und schauten Fußball.

 

Pegida – eine Anleitung

Je länger Werner Patzelt darüber nachdenkt, desto besser gefällt ihm das Bild. Mit Pegida-Anhängern, sagt der Dresdner Politikwissenschaftler, verhalte es sich wie mit Fans eines „Fußballclubs in einer niedrigen Liga“. Die kämen auch jeden Sonntag auf den Platz, erlebten „ein ziemliches Gerumpel“ ihrer Mannschaft und eine Vereinsführung, deren strategische Fähigkeiten „eher begrenzt“ seien.
Der Aufstieg also – Patzelt grinst – liege in weiter Ferne. Aber die „Treue zur Sache“, das „Gemeinschaftsgefühl“ hätten eine so hohe Bindekraft, dass sich die Reihen kaum lichteten.
Am Dienstag stellte der Politologe sein neues Buch zur Bewegung, ihrer Entstehung, Programmatik vor. In dem Buch "Pegida. Warnsignale aus Dresden" werden neben bekannten Befunden auch Analysen der Reden auf den Kundgebungen einbezogen.
Doch es gibt auch Kritik an der Studie. Der Politologe Patzelt wird von Kritikern als "Pegida-Versteher" bezeichnet. So sehe Patzelt die Anwesenheit von Neonazis bei den Pegida-Kundgebungen offenbar nicht als Problem

 

Dresden: Bewährungsstrafen und Freispruch für rechte Schläger

Im Prozess gegen mehrere Mitglieder der rechten Szene hat das Dresdner Jugendschöffengericht zu Monatsbeginn nach vier Prozesstagen gegen drei der zur Tatzeit noch Heranwachsenden jungen Männer Bewährungsstrafen verhängt. Die beiden 18jährigen Hauptbeschuldigten wurden wegen gefährlicher Körperverletzung und Raub unter Auflagen zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der dritte Angeklagte erhielt eine sechsmonatige Bewährungsstrafe. Ein 22-Jähriger ebenfalls angeklagter Mann hatte freigesprochen werden müssen, da ihm nichts nachgewiesen werden konnte.
Zwei der Beschuldigten waren im Dezember 2015 von der Polizei wegen dringendem Tatverdacht festgenommen worden und saßen seitdem in Untersuchungshaft. Vor Gericht gaben sie an, Teil einer rechten Kameradschaft zu sein und sich bei den montäglichen PEGIDA-Veranstaltungen kennengelernt zu haben, um dort gemeinsam Jagd auf politisch links verortete Gegnerinnen und Gegner zu machen. Die Kommunikation und Verabredung für ihre Taten lief über eine Whatsapp-Gruppe mit der Bezeichnung „FK-Info“.
Im ersten Fall waren am 13. Juni vergangenen Jahres im Neustädter Alaunpark sechs alternative Jugendliche von einer größeren Gruppe brutal angegriffen, zusammengeschlagen und verletzt worden. Zwei der angeklagten Jugendlichen hatten sich zudem im August an einem Überfall auf eine Unterkunft für Asylsuchende im Dresdner Stadtteil Stetzsch beteiligt.
In ihrer Urteilsbegründung bezeichnete Richterin Halt die Übergriffe als „widerlich“ und sprach angesichts dessen von einem Klima der Angst in der Stadt. Trotzdem war die Richterin deutlich unter den Forderungen der Staatsanwältin geblieben: „Die Verteidigung der Rechtsordnung gilt nicht im Jugendstrafrecht, auch nicht die Statuierung eines Exempels. Jugendstrafrecht ist ein Erziehungsstrafrecht.“, so die Vorsitzende Richterin Susanne Halt in ihrer Urteilsbegründung. Auch das Gericht sah in der Anwesenheit mehrerer Nazis im Prozessverlauf einen Grund dafür, dass nicht mehr ausgesagt wurde.

 

Bewährungsstrafe für Volksverhetzung – obwohl er doch Schwarze und Türken als beste Freunde hat

Beim Faschingsumzug in Fahrenzhausen (Bayern) hatte sich der Angeklagte am Aufdruck eines Sweatshirts gestört, das ein 19-Jähriger trug. „FCK NZS“ stand darauf. „Jetzt steht einer vor Dir!“ Die Nazis seien nicht rassistisch, behauptete er. Schließlich habe bei der SS eine türkische Division Dienst getan. Hitler habe außerdem viel Gutes vollbracht. Nur bei der Sache mit den Juden und den Konzentrationslagern habe er über die Stränge geschlagen. Bald darauf leugnete er aber die Existenz der KZ und vertrat die Ansicht, man sollte die Taten des Dritten Reichs fortsetzen.
Wiederholt bemühte sich der Angeklagte, dem Gericht klar zu machen, kein Rassist zu sein - obwohl er nur Wochen zuvor wegen Volksverhetzung verurteilt worden war, weil er bei Facebook die Ansicht vertrat, jemand sollte Flüchtlingscamps mit Seuchen infiltrieren. Schwarze und Türken würde er zu seinen besten Freunden zählen.
Nach einem Tipp aus der Bevölkerung beschlagnahmten Beamte aus seiner Wohnung eine Hakenkreuzflagge. Weil diese von der Straße aus zu sehen war, musste sich der 21-Jährige auch wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten. Das Gericht entschied auf sieben Monate Bewährungsstrafe.

 

Bielefeld: 450 Euro Geldstrafe für das Abspiele rassistischer Lieder

Das Bielefelder Amtsgericht hat einen 27-jährigen Mann wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt. Der Angeklagte hatte öffentlich rassistische Lieder abgespielt, bis Anwohner die Polizei riefen. Die Geldstrafe fiel deshalb so niedrig aus, weil der Angeklagte sich mittlerweile in einem Aussteiger-Programm für Rechtsradikale befindet.

 

Mit Rechtsrock, Parolen und Schnaps zur Brandstiftung: Prozess in Altenburg eröffnet

Die Erinnerung ist bei Flüchtlingen im thüringischen Altenburg noch frisch. "Als ich die Wohnungstür öffnete, schlugen mir Flammen und Rauch entgegen", schildert ein 32-Jähriger aus Afghanistan am Dienstag dem Landgericht Gera, wie er die frühen Morgenstunden des 7. Dezember 2015 erlebte. Durch Rauchgase und Flammen werden neun Menschen verletzt, darunter ein zwei Monate altes Baby. In Gera stehen deswegen zwei Männer vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus.
Ein 29 Jahre alter Mann aus Altenburg und ein 31-jähriger Geraer sind unter anderem der schweren versuchten Brandstiftung und der Verwendung von Nazi-Parolen angeklagt. Beide sind bereits wegen Nazi-Propaganda vorbestraft und pflegen laut Staatsanwalt Andreas Petzel Kontakte zur neonazistischen Thügida-Bewegung. Bei ihnen waren Flugblätter einer Thügida-Demonstration am 5. Dezember in Altenburg und andere ausländerfeindliche Flyer sichergestellt worden.
Der 31-jährige Mitangeklagte schildert, wie die beiden mit einem dritten Mann in der Tatnacht zu dem Wohnhaus der Flüchtlinge gelaufen waren. Angetrunken seien sie gewesen. Den Tag hätten sie auf dem Altenburger Weihnachtsmarkt beim Glühweintrinken verbracht und seien dort mit Flüchtlingen aneinandergeraten. Später tranken sie Bier und Schnaps in einer Kneipe. Zuerst randalierten sie dann vor einer anderen Flüchtlingsunterkunft, bevor sie zum späteren Tatort, einem sechsgeschossigen Plattenbau, zogen. Ja, sie hätten Lieder einer Rechtsrockband laut gesungen und auch Parolen gerufen, sagt der 31-jährige gelernte Einzelhandelskaufmann und Vater von vier Kindern.

 

Menschenkette gegen Rassismus in Berlin

Hand in Hand soll es am Sonntag vom Roten Rathaus zu einer Notunterkunft in Prenzlauer Berg gehen. Um die geplante Strecke abzudecken, braucht man ein paar tausend Menschen. Neben Berlin sollen sich in vier weiteren Städten am 18. und 19. Juni Menschen Ketten gegen  Fremdenhass bilden: Leipzig, Hamburg, Bochum und München.
Eine Moschee, eine Kirche und die Jüdischen Gemeinde zu Berlin liegen auf der geplanten, 6,5 Kilometer langen Route. "Um das abzudecken brauchen wir mindestens vier- bis fünftausend Menschen, aber wir sind guter Hoffnung, dass das klappt", sagt Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschlands. Er ist für die Anmeldungen zuständig.

 

Gewalt gegen Flüchtlinge: Rassismus, ganz unpolitisch

Moritz H. will ’ s nicht gewesen sein. Der Lingener ist dringend verdächtig, am Sonntag von seiner Wohnung aus BewohnerInnen der benachbarten Flüchtlingsunterkunft beschossen zu haben, mit einem Luftgewehr. Verletzt wurden ein Mädchen im Vorschulalter und ein 18-Jähriger. „Ich gehe nicht davon aus, dass er da rauskommt“, sagt Alexander Retemeyer, Sprecher der Osnabrücker Staatsanwaltschaft. Die Waffe, mit der geschossen wurde, gehört Moritz H., den Tatort, die Wohnung bei der Kläranlage, hat er gemietet, er ist dort gemeldet. Bei der Festnahme gleich nach den Attacken befand sich Moritz H. alleine dort.
Sich festlegen, ob die Tat politisch motiviert war, das wollen die Ermittler bislang nicht: Es sei zwar offensichtlich, dass Moritz H. „rechtsnationale Neigungen“ habe. Mehr könne man aber noch nicht sagen, „dafür brauchen wir noch etwas Zeit“, sagt Retemeyer. Man kennt den jungen Herrn ja erst ein paar Stunden.
Neigungen – das klingt einigermaßen verharmlosend: Seit mindestens drei Jahren ist Moritz H. in dieser Richtung aktiv: Mindestens solange ist H. zuverlässig dabei, wenn die in Lingen und Umgebung schwache NPD auf sich aufmerksam machen will. Er hat das auch nie verborgen: Sein kaum genutztes Twitterprofilbild zeigt ihn, wie er bei Haselünne ein NPD-Plakat für die Bundestagswahl 2013 mit Kabelbinder an einem Laternenmast fixiert. Auf Facebook hatte er sich als stellvertretenden Vorsitzenden des NPD-Unterbezirks Bentheim-Emsland bezeichnet.

 

Noel Martin 20 Jahre nach der Naziattacke: "Die beiden Typen überlasse ich Gott"

Am 16. Juni 1996 wurde Noel Martin von Neonazis mit dem Auto durch Mahlow verfolgt. Sein Wagen prallte gegen einen Baum, seither ist er querschnittsgelähmt. 20 Jahre nach der Attacke haben zwei rbb-Reporter ihn in Birmingham besucht und mit ihm über Stärke und Zurückkommen gesprochen - und über die Täter von damals.

Wie denken Sie heute über die Täter?

Ich kann mich noch nicht mal an ihre Namen erinnern. Denn das ist die Vergangenheit, in die Zukunft geht es aber hier entlang. Manchmal ist es wichtig, die Vergangenheit nicht zu vergessen, um vorwärts zu kommen. Aber das war sicherlich kein Tag, an den ich mich erinnern will, es gibt bessere Dinge in meinem Leben, an die ich mich erinnern möchte. Diese beiden Typen überlasse ich Gott. Sie werden eines Tages ihre Strafe bekommen, wenn sie alt sind. Irgendwann wird ihre Tochter oder ihre Enkeltochter oder Urenkelin mit einem schwarzen Menschen nach Hause kommen und sagen: "Papa, das ist der Mensch, den ich liebe – und du bist zu alt um etwas dagegen zu tun. Also find dich damit ab!" Das allein wird ihre Strafe sein.

 

Gewalt: Es ist ein Junge

Wenn wir von einer Schwangerschaft erfahren, stellen wir oft zwei Fragen: Wann ist es so weit? Und: Weiß man schon, was es wird? Wenn wir von Schlägereien, Massenmord, Vergewaltigung oder Mord in oder nach Beziehungen hören, fragen wir nicht mehr: Weiß man schon das Geschlecht? Wir gehen davon aus, dass es Männer waren.
Wenn wir uns bei jedem einzelnen Fall männlicher Gewalt fragen, ob wir uns ernsthaft vorstellen können, dass eine Frau diese Taten begangen haben könnte, müssen wir wohl antworten: nur mit Mühe. Wir sind daran gewöhnt, dass es Männer sind, die glauben, sie könnten anderen vorschreiben, wie diese sein sollten, und die meinen, entscheiden zu können, wer leben darf und wer nicht. Dabei geht es um nichts Geringeres als die Frage, wem die Welt gehört. Doch je mehr wir uns in jedem einzelnen dieser Fälle einreden, dass dies die Tat eines Verrückten gegen die gesamte Menschheit war, umso weniger verstehen wir, was da passiert ist.
Es ist ein Problem, wenn Jungs und Männern immer wieder erzählt wird, dass ein "richtiger Kerl" nicht weine, eine ausschweifende und geradezu animalische Sexualität habe und alles, was sich ihm in den Weg stellt, eigenhändig beiseite räumen müsse - ein Problem für Frauen und Männer.

 

Die Sache mit den Nachbarn – 25 Jahre deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag

Nachbarn sind so eine Sache. Sie können sich ignorieren, tyrannisieren oder auch sehr gern haben. Ob man sich mit seinen Nachbarn gut versteht, ist meist Glückssache. Man kann aber auch ein bisschen nachhelfen - beispielsweise einen Vertrag auf gute Nachbarschaft abschließen. Genauso haben es Polen und Deutschland vor 25 Jahren getan. Am 17. Juni unterzeichneten die Länder den sogenannten Nachbarschaftsvertrag. Ein Schriftstück, das die Länder zu guter Nachbarschaft und freundschaftlicher Zusammenarbeit verpflichtet.
Wie gut sich die Nachbarn 25 Jahre nach dem Anlegen des symbolischen Freundschaftsbändchen tatsächlich verstehen und was sie voneinander halten, haben die Bertelsmann-Stiftung, die Konrad Adenauer Stiftung und das Institut für Öffentliche Angelegenheiten Warschau jetzt in einer gemeinsamen Studie untersucht.
Über zwei Drittel der Polen halten den Zustand der deutsch-polnischen Beziehungen für gut. Fast die Hälfte der befragten Deutschen ist der gleichen Meinung, die andere bewertet die Beziehung aber als schlecht. Diese Entwicklung drückt sich auch in den Sympathiewerten aus. Während über die Hälfte der polnischen Befragten angibt, die Deutschen sympahtisch zu finden, fallen die Sympathiebekundungen der Deutschen gegenüber den Polen um die Hälfte geringer aus. Wichtigstes Problem in den Beziehungen sind laut Studie die unterschiedlichen Auffassungen zur Lösung der Flüchtlingskrise.

 

Deutsche Fans bei der EM: Herrenmenschen mit Klatschpappen

Es ist eines der größten Missverständnisse des Fußballs, wenn Anhänger glauben, die Erfolge ihres Teams seien auch die eigenen. Im Vereinsfußball mag das ja noch hinkommen, in Köln, Dortmund oder auf Schalke sind Fans bisweilen ja wirklich der 12. Mann. Vollends bizarr ist diese Annahme allerdings bei der Nationalmannschaft, deren Gefolgschaft sich ja im Stadion vorwiegend damit beschäftigt, Klatschpappen zu falten oder angegammelte Böhse-Onkelz-Lieder zu singen.
Besonders unangenehm wird es immer dann, wenn Deutschland gerade mal wieder Weltmeister ist. Schon beim Titelgewinn 1990 regierte landesweit die nationale Hybris und schwappte sogar bis an die niederländische Nordseeküste, wo sich ein schwer angetrunkener Anhänger der Nationalelf am Getränkestand anstellte und seine Bestellung mit den kühnen Worten aufgab: „Zwei Bier und wer ist Weltmeister?“ Er wurde dann auch länger nicht bedient.
Nur eine Petitesse jedoch gegen das deprimierende Schauspiel am Sonntag im französischen Lille.

Wie viel Krawall zeigt man und wie geht man mit den vereinzelten Nazi-Posen um? Kommentar im Tagesspiegel: Die Nazi-Posen zu ignorieren, wäre das Schlechteste.

 

Hass im Netz: „Wir haben Polarisierung und Radikalisierung an allen Fronten“

Woher kommt die Wut und der Hass in der gesellschaftlichen Mitte? Dr. Ralf Melzer vom Projekt „Gegen Rechtsextremismus“ der Friedrich-Ebert-Stiftung im Interview.

Es scheint, als gäbe es eine beschleunigte Form der Schwarm-Wut,  getriggert durch das Netz, die sozialen Medien, durch den Boulevard. Wie sehen Sie das?

Ja, das ist eindeutig so. Das Internet und besonders die sozialen Medien tragen dazu wesentlich bei. Es gibt ja kaum noch eine gemeinsame Agora, wo die großen gesellschaftlichen Debatten stattfinden. Selbst Fernsehtalkshows und erst recht Printmedien büßen ihre Leitfunktion ein. Die professionellen Medien haben ihre Gatekeeper-Funktion mehr oder weniger verloren. Menschen informieren sich heute vermehrt im Internet. Informationsbeschaffung und Kommunikation erfolgen zunehmend selektiv. Dadurch entsteht eine Gegenöffentlichkeit, in der rechtsradikale Websites oder Blogs leicht Einfluss gewinnen können.

Ein Leben und Denken in der Wut-Blase?

Im Grunde ist es das Stammtischphänomen - nur um ein Vielfaches potenziert. In dem Sinne, als sich Menschen über die Kommunikation in Facebook oder in bestimmten Chats, Foren oder Blogs vor allem in ihrer Peer-Group bewegen und eigene Einstellungen dort wiedergespiegelt bekommen. Was wiederum zu einer Selbstbestärkung und schließlich zu einer Radikalisierung führt. Also dieses selbstreferentielle Kommunizieren, die Möglichkeit im Grunde gar nicht mehr auf professionelle Medien zurückgreifen zu müssen. Wodurch die ganze Funktion des Filterns und Einordnens von Informationen wegfällt – abgesehen davon, dass es ja häufig auch einfach Fakes sind, die ein Eigenleben führen, und nicht mehr einzufangen sind: Menschen glauben das, was sie glauben wollen. Hinzu kommen sprachlichen Verrohung, Beschimpfungen und  Drohungen, weil die Hürde viel niedriger ist als früher.

 

Es muss einfach mehr Lovespeech als Hatespeech geben – "Arschgeile Scheiße"!

„Angela, deine letzte Rede: wieder mal arschgeil! Sackstarke Sätze! Bombige Botschaft! Weiter so, liebe Angela Merkel.“ Kaum hat er den Text getippt, drückt Matthias Hartmann auf die „Eins“ und auf die „Pfeil-nach-oben-Taste“: Ausrufezeichen schießen auf seinen Computerbildschirm wie Patronen aus einer Kalaschnikow – bam, bam, bam, bam, bam.
Hartmann wischt sich den Schweiß von der Stirn, nimmt einen Schluck schwarzen Tee, atmet kurz durch. Es ist nicht so, dass er jedes von Angela Merkels Worten wirklich unterschreiben würde.
Matthias Hartmann ist „Lover“. Lover verbreiten emotional aufgeladene Liebesbotschaften im Netz, an Politiker, Flüchtlingsbeauftragte und alle, die es brauchen. Lover gegen Hater, Cyberpraising gegen Cybermobbing, das ist der neue Kampf der Giganten im Netz.
„Geile Scheiße, Maas! Fun-fucking-tastig! Hammer, Knaller, Bombensache! Sozialismus forever!!!“ Hartmann hält kurz inne. „Sozialismus forever …?“, grübelt er, dann hämmert er einfach weiter in die Tasten. „Na, passt schon, nicht lang nachdenken. Man muss schnell sein. Man muss raushauen, aufdrehen, das ist Aktivismus – bam, bam, bam, bam, bam!“

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Presseschau... 16.06.2016

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+++ Wolgast (Meck-Pomm): Rauchfackel in Fenster von Geflüchtetenunterkunft geworfen +++ Rechter Vorfall im Bremer Weserstadion +++ Nazi-Schmiererei in Stade (Niedersachsen) +++ Rassistische Straftaten in Thüringen verdoppelt – 2015 allein 327 Fälle +++ „Mitte-Studie“: AfD zieht viele Rechtsextremisten an

 

Wolgast (Meck-Pomm): Rauchfackel in Fenster von Geflüchtetenunterkunft geworfen

Unbekannte Täter haben eine Rauchfackel in einen Gebetsraum eines Asylbewerberheims in Wolgast (Landkreis Vorpommern-Greifswald) geworfen. Als die Fackel am Mittwochabend durch das offene Fenster geworfen wurde, waren gerade 13 Flüchtlinge aus Syrien beim Beten, wie das Polizeipräsidium Neubrandenburg am Donnerstag mitteilte. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen wegen eines möglichen politischen Hintergrundes der Tat aufgenommen.
Die Fackel entzündete sich nicht - verletzt wurde daher niemand. Bei der Rauchfackel handelte es sich laut Polizei um Pyrotechnik, die auch auf Schiffen als Signal verwendet wird. Etwa anderthalb Stunden später zündeten Unbekannte eine Rakete auf einem Hinterhof des Wohngebietes, in dem sich die Flüchtlingsunterkunft befindet.

 

Rechter Vorfall im Bremer Weserstadion

Der Verein Fan-Projekt Bremen macht einen Vorfall am Bremer Weser-Stadion öffentlich und vermutet einen rechten Hintergrund. Demnach soll eine elfköpfige Gruppe vermummt, mit grün-weißen Sturmmasken und in schwarzer Kleidung vor dem Saal des Weserstadions posiert haben. Die Unbekannten sollen sich am Sonntag, 12. Juni, morgens gegen 7 Uhr, auch fotografiert und Aufkleber mit dem Schriftzug „Fuck Refugees“ rund um das Stadion auf Wände geklebt haben.
Dass es zu einem Vorfall kam, bestätigen die Sprecher von Polizei und Innenbehörde. Brisanz entwickelt die Situation vor dem Hintergrund, dass ab 9 Uhr ein Fußballturnier unter dem Titel „Welcome Friends“ ausgetragen wurde. Das Fan-Projekt Bremen engagiert sich laut eigenen Angaben seit 2006 in der Flüchtlingshilfe. Der Verein geht mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit, weil gerade in letzter Zeit die Aktivitäten von Rechtsextremisten in Bremen wieder zugenommen hätten. Das zeige auch das Beispiel der Mahnmal-Schändung an der Gedenkstätte Bunker Valentin in Bremen-Nord, heißt es in der Mittteilung.

 

Nazi-Schmiererei in Stade (Niedersachsen)

 Unbekannte Sprayer haben in der Nacht auf Samstag in Stade (Niedersachsen) einen hohen Sachschaden von rund 1.000 Euro angerichtet. Die Täter hinterließen u.a. auf einem Verkaufsstand, Straßenschilder, einem Zigarettenautomaten, Stromverteilerkästen, einer Fensterscheibe am Jugendhaus, Rolläden, einem Zaun, Autos und dem Eingang von "Marktkauf" Hakenkreuze und rassistische Schmierereien.

 

Rassistische Straftaten in Thüringen verdoppelt – 2015 allein 327 Fälle

In Thüringen hat sich die Zahl der rassistisch motivierter Straftaten mehr als verdoppelt. Sie stieg nach Angaben des Landeskriminalamtes von auf 327 im Jahr 2015 von 128 im Jahr zuvor. Diese Entwicklung falle zusammen mit der Aufnahme von mehr Flüchtlingen in Thüringen. Fremdenfeindliche Bewegungen wie „Thügida“, aber auch die rechtspopulistische AfD, hetzten in Thüringen seitdem öffentlich massiv gegen Asylsuchende
Die Polizei habe allein im Vorjahr 73 Straftaten registriert, die gegen bestehende oder geplante Flüchtlingsunterkünfte im Land gerichtet waren. Zwischen Januar und März dieses Jahres seien weitere 26 dieser Straftaten dazugekommen. Vor zwei Jahren hätte diese Zahl im Vergleichszeitraum bei neun gelegen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/1015362.rassistische-straftaten-in-thueringen-verdoppelt.html

 

„Mitte-Studie“: AfD zieht viele Rechtsextremisten an

Keine große Überraschung, aber jetzt durch eine aufwendige Studie belegt: Rechtsextremisten haben in der AfD eine politische Heimat gefunden. Auch unter den Anhängern von Pegida sind rechtsextremistische Einstellungen stark ausgeprägt, hier sammeln sich Islamfeinde, Verschwörungstheoretiker und Menschen, die sich von den politisch Verantwortlichen nicht mehr verstanden fühlen.
Waren 2014 noch SPD und CDU/CSU Sammelbecken von Rechtsextremen, ist es seitdem die AfD. Sie wird von 35 Prozent der Rechtsextremisten gewählt.  Das geht konform mit der Erkenntnis, dass die Ablehnung von Muslimen bei AfD-Wählern am stärksten verankert ist. Der Aussage "Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land" stimmen 86 Prozent der AfD-Wähler zu.
Im Schnitt der Gesamtbevölkerung ist die Ablehnung von Muslimen seit 2014 deutlich gestiegen. Waren 2014 noch 37 Prozent der Befragten "voll und ganz" beziehungsweise "eher" der Meinung, Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden, sind es 2016 schon mehr als 41 Prozent.
Auch die Gewaltbereitschaft hat zugenommen. Im Vergleich zu 2006 zeigen die Diagramme der Forscher jetzt eine kleine gesellschaftliche Gruppe, die nicht mehr nur bereit ist, Gewalt zu akzeptieren, sondern auch selbst anzuwenden.

Auch Homophobie hat in Besorgnis erregendem Maße zugenommen: Es sei "ekelhaft", wenn Homosexuelle "sich in der Öffentlichkeit küssen". Das meinen 40 Prozent der Befragten. 2014 waren es nur 20 Prozent.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit nennen Soziologen das Phänomen, um das es hier geht: Ganze Gruppen von Menschen werden abgelehnt, pauschal. Und dabei spielt keine Rolle, ob sich die Aversion gegen die eine Gruppe überhaupt mit der Aversion gegen die andere verträgt.

Auch fühlt sich jeder zweite Deutsche vom Islam bedroht. Zugleich wächst die Akzeptanz für eine rechtsautoritäre Diktatur. 7,6 Prozent der befragten Ostdeutschen und 4,3 Prozent der Westdeutschen würden das befürworten.

 

„Enthemmte Mitte“: Wie die Studie kommentiert wird

Einige Blätter ziehen die Ergebnisse der Studie in Zweifel - entweder mit dem Argument, die Förderer und Wissenschaftler seien politisch nicht unabhängig. Oder mit dem Hinweis darauf, dass es praktisch gegen jeden Aversionen gibt, weshalb die Aussagekraft der Studie nicht hoch sei.
Viele Zeitungen sehen in den Befunden der Studie hingegen einen alarmierenden Beleg für die Verbreitung rechter Einstellungen. Dabei wird in einigen Blättern auch der Fokus auf die „demokratischen Milieus“ gerichtet, die laut der Leipziger „Mitte“-Studie deutlich gewachsen sind.
Einige KommentatorInnen fragen sich angesichts der Ergebnisse der Studie, wie weit die Politik noch zu den „verunsicherten Köpfen“ vordringt und wie stark sie das Feld rechten Rattenfängern überlasst.

 

AfD-Rechte fordern von Partei Bekenntnis zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“

Die Identitäre Bewegung vertritt völkisch-rassistisches Gedankengut. Einige in der AfD unterstützen die rechten Aktivisten und fordern nun auch eine offizielle Zusammenarbeit: Die Patriotische Plattform, die sich aus Mitgliedern der AfD zusammensetzt, schreibt in einer Mitteilung: "Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn auch die AfD ist eine identitäre Bewegung und auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland."
Anlass des Rufs nach einem solchen Bekenntnis sind Berichte über gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Identitären und Gegendemonstranten bei einer Demonstration in Wien. An der Kundgebung nahmen auch zwei Mitglieder der Patriotischen Plattform der AfD, Dubravko Mandic und Felix Koschkar, teil.
Beim sogenannten Kyffhäusertreffen des rechtsnationalen AfD-Kreises "Der Flügel" erklärte Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter der Partei in Sachsen-Anhalt, die AfD halte die Grenzen der Partei offen. Er plädierte für Bündnisse mit "Bürgerbewegungen und Widerstandsgruppen". Dabei nannte er neben Pegida, den Burschenschaften und anderen rechten Gruppierungen wie "Ein Prozent" auch die Identitäre Bewegung. "Wir sind ein weit ausgespanntes Netz", beschrieb er sein Vorhaben. Ziel sei es, die Regierung zu übernehmen, "wenn das Establishment zusammengebrochen ist und wir die Mehrheit sind".

 

Pegida zerlegt sich: Festerling wird rausgeworfen

Bereits gestern zitierten Medien Berichte, nach denen Edwin Wagensveld erklärt hatte, Pegida-Frontfrau Festerling sei bei Pegida von der Bühne gejagt worden. Bei Pegida heißt es inzwischen, Festerling habe das Organisationsteam der rechten Bewegung „verlassen. Sie wurde weder ausgeschlossen, noch bekam sie Redeverbot.“ Zudem sei sie auch nicht von der Bühne gejagt worden. Allerdings soll ein Ausschluss auf der nächsten Vereinssitzung beschlossen werden.
Grund sei, dass sich Festerling nicht an Regeln und Absprachen halte - konkret geht es um die ausgebliebene Vorlage eines Redemanuskripts. „Leider hat uns Tatjana Festerling wiederholt in Erklärungsnöte gebracht, indem sie Punkte in die Welt setzte, von denen wir als OrgaTeam selbst mehr als überrascht waren und die uns im Nachhinein in Erklärungsnöte brachten.“ Dazu zählt Pegida Forderungen wie die nach einem „Säxit“ oder nach Aktionsformen wie Kaufstreik und Arbeitsniederlegungen.
Im Umfeld von Festerling reagierte man empört auf die Erklärung von Pegida: „Entweder ist das Orga-Team komplett hirnlos ODER aber von Verfassungsschutz unterwandert“, heißt es dort.

 

Bewährungsstrafen nach brutalen Angriffen auf Geflüchtete: „HJ Wassenburg“ verurteilt

Das Jugendschöffengericht Wassenberg verurteilte am vergangenen Freitag  vier der 18- bis 20-Jährigen zu Jugendstrafen zwischen 14 und 21 Monaten. Das Urteil geht zurück auf verschiedene Provokationen und teils mit einem Schlagstock, Quarzhandschuhen und Stahlkappenschuhen durchgeführte Angriffe auf Asylsuchende in der südwestlich von Mönchengladbach liegenden Gemeinde.
Unter anderem ergingen die Strafen wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung, der Beleidigung und des Zeigens des Hitler-Grußes. Das Urteil gegen Dominic T. (20), Max W. (19), David B. (19) und Kevin A. (18) wurden unter sehr strengen Auflagen – etwa die Teilnahme an einem Aussteigerprogramm und das Zahlen von Schmerzensgeld an ein Opfer – zur Vorbewährung ausgesetzt.
Ein fünfter Neonazi wurde zu einer 9-monatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt, weil er Beihilfe bei einer der Taten geleistet hat. Aaron C. (19) war in einer Jacke mit der Rückenaufschrift „Svastika – European Brotherhood“ (Hakenkreuz – europäische weiße Bruderschaft) zum letzten Prozesstag erschienen. Er hatte deutlich gemacht, lieber eine Haftstrafe anzutreten als im Rahmen einer Bewährungsauflage an einem Aussteigerprogramm teilzunehmen.
Den jungen Männer wurde vorgeworfen, bei unterschiedlichen Gelegenheiten und mit variierender Beteiligung in Wassenberg (Kreis Heinsberg) von Dezember 2014 bis Januar 2015 mehrfach Asylbewerber und Migranten provoziert, bedroht und beleidigt sowie teils bewaffnet attackiert zu haben. Die brutalste Tat ereignete sich am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, wobei ein Asylbewerber schwer verletzt wurde.
Die Verurteilten sollen zum Tatzeitpunkt einer Clique junger Neonazis angehört haben, die zum Teil Kontakte zu Mitgliedern der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) und der Parteien NPD und „Die Rechte“ unterhielten. Zum Teil tauschte man sich über soziale Netzwerke und Chats aus. Einer der Chats soll den Namen „HJ-Wassenberg“ getragen haben.

 

Bewährungsstrafe: Mann hatte auf NPD-Seite zu Mord an Angela Merkel aufgerufen

Weil ein 23-jähriger Hilchenbacher auf der Facebookseite der NPD dazu aufgerufen hat, Angela Merkel zu töten, ist er vom Amtsgericht wegen öffentlicher Aufforderung zu einer Straftat zu einer sechswöchigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.
„Ich sehe das Ganze nicht als Anstiftung zur Straftat, sondern nur als freie Meinungsäußerung“, betonte Verteidiger Torsten Stiehm. Ausgangspunkt war eine Diskussion auf der Facebookseite der NPD, in dem es über den politischen Kurs der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingskrise ging. Sein Mandant, so Stiehm, sei lediglich der Meinung, dass „Merkel weg muss“. Das sah Richterin Nena Roeske anders: „Wenn Merkel nicht mehr Bundeskanzlerin sein soll, hätte man das auch anders formulieren können.“
Der Hilchenbacher sei nur versehentlich auf der Seite der NPD gelandet. „Der Beitrag wurde mir auf der Startseite angezeigt und ich habe dann da einfach druntergeschrieben.“

 

Volksverhetzung auf Facebook: 1.200 Euro Geldstrafe für Mann aus Ostrau

Ein Mann aus der Region Ostrau (Sachsen) muss 30 Tagessätze zu 40 Euro Geldstrafe bezahlen, weil er im März dieses Jahres ein Bild mit Flüchtlingen auf Facebook veröffentlicht und sinngemäß darunter geschrieben hat, dass diese nur ein Ziel hätten: Nämlich in die Bundesrepublik zu kommen, wo man ihnen Häuser baue und sie Kinder schänden und Frauen vergewaltigen könnten.
Das ist dazu angetan, Teile der Bevölkerung zu beschimpfen, böswillig verächtlich zu machen oder zu verleumden und dadurch ihre Menschenwürde anzugreifen, sprich volksverhetzend im Sinne des Paragrafen 130 Strafgesetzbuch zu sein.

 

Geldstrafe und Sozialstunden für flüchtlingsfeindliches Video

Andreas K. hatte während einer Zugfahrt ein grotesk wirkendes Video gedreht und in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Dabei verbreitete er in ruhigem Ton schreckliche Sätze im Nazi-Jargon. Jugendrichter Reinhard Hader ließ den etwa fünfminütigen Streifen im Gerichtssaal vorführen. "Deutschland wird zugemüllt mit Asylanten", sagte der Angeklagte in seinem Video. "Diese Plage werden wir niemals mehr los, bis vielleicht einer Diktator spielt und sie vergast", ließ er seinen wirren Gedanken freien Lauf. "Auch aufgrund solcher Äußerungen werden Häuser angezündet und Menschen verletzt", sagte Hader.
Doch K. war im Video offenbar so in Fahrt gekommen, dass er auch gleich noch andere Minderheiten verunglimpfte. "Sie klauen, betrügen, halten sich nicht an die Regeln und integrieren sich nicht", lauteten seine pauschalen Vorwürfe in Richtung türkischstämmiger Mitbürger.
Der junge Mann muss nun wegen Volksverhetzung 500 Euro ans Schwabacher Asylcafé bezahlen und 80 Arbeitsstunden in einem Flüchtlingsprojekt arbeiten.

 

Nach Schüssen in Stuttgart: Tatverdächtiger verhaftet

Nach Schüssen aus einer Schreckschusswaffe auf einen dunkelhäutigen Passanten in Stuttgart hat die Polizei einen Tatverdächtigen vorläufig festgenommen. Er ist 19 Jahre alt und stammt aus Stuttgart-Freiberg. Laut Polizei ist er bislang nicht in Zusammenhang mit politisch motivierten Taten aufgefallen.
Der Schwarze Deutsche war am Sonntagabend gegen 23 Uhr in der Nähe des Hauptbahnhofs unterwegs gewesen, als sich ein Kleinwagen näherte. In diesem saßen den Angaben zufolge zwei Männer, die beide ein Deutschland-Trikot trugen. Unvermittelt soll der Fahrer mit der täuschend echt aussehenden Schreckschusswaffe auf den Passanten gezielt und mit dem Ruf „Lauf, Schwarzer“ abgedrückt haben. Die Ermittlungen führt das Dezernat für Staatsschutz

 

Identitärer Karnevalsverein zu Gast in Berlin

Für den morgigen 17. Juni ruft der Berliner Ableger der Identitären zu einem „Aufstand gegen das Unrecht“ auf. Auf Facebook haben bislang knapp 100 Personen ihre Teilnahme am Aufstand zugesichert.
Wie groß dieser Aufstand wird, ist vielleicht auch schon die interessanteste Frage im Hinblick auf die Veranstaltung. In der Vergangenheit fanden die meisten Aktionen der Identitären in Berlin in durchaus überschaubarem Rahmen statt. Mehr als ein Dutzend Teilnehmende waren es selten.
Stattdessen ziehen es die Berliner Identitären vor, ihre Aktionen im Nachhinein medial zu inszenieren. Unter das Video der Handkamera wird bedeutungsschwere Musik aus Fantasy-PC-Spielen gelegt, vielleicht noch ein Effekt, der so klingt, als ob irgendwo schon die Massen jubeln würden.
Ort und Datum sind im Sinne rechtsextremer Geschichtspolitik gewählt: um den 17. Juni 1953 kam es in der DDR, unter anderem in Berlin-Friedrichshain zu Demonstrationen, Streiks und Ausschreitungen gegen die sozialistische Regierung. Bis 1990 wurde der 17. Juni in der Bundesrepublik als Nationalfeiertag begangen und wurde stets auch von neonazistischen Aufmärschen begleitet.
Prominente Unterstützung, bei dem Versuch, an diese rechtsextreme Tradition anzuknüpfen erhalten die Berliner von Martin Sellner, führender Kopf der österreichischen Identitären und Paradebeispiel moderner faschistischer Inszenierung.

Die deutsche „Identitäre Bewegung“ möchte eine große Demonstration in Berlin veranstalten. Dafür fehlten ihr bisher aber die Unterstützer.

 

Debatte um deutsches Sexualstrafrecht: Das belächelte „Nein“

Der Prozess um die angebliche Falschaussage von Gina-Lisa Lohfink hat die Debatte um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts neu entfacht. Sie zeigt gleichzeitig auf, wie rückständig und gefährlich Justiz, Polizei, Medien und Gesellschaft bei Gewalt gegen Frauen urteilen - vor allem, wenn bei einer Grenzüberschreitung das Opfer nicht den gängigen bürgerlichen Stereotypen entspricht.
Was war passiert? 2012 tauchte ein Video auf, das die aus Privatfernsehsendungen wie „Germany’s Next Topmodel“ und Boulevardschlagzeilen bekannte Lohfink beim Geschlechtsverkehr mit zwei Männern zeigt. Diese hatten das Bildmaterial bereits wenige Stunden nach der Nacht verschiedenen Medien zum Kauf angeboten und später ins Internet gestellt. Lohfink sagte im Video mehrmals „Hört auf“. Zwei Wochen später zeigte sie die beiden Männer wegen Vergewaltigung an. Lohfink geht davon aus, dass man ihr an jenem Abend K.O.-Tropfen verabreicht habe, erklärte sie gegenüber der Polizei. Die Männer hätten zudem das Video gegen ihren Willen aufgenommen und veröffentlicht.
Die K.O.-Tropfen konnten jedoch zum Zeitpunkt der Anzeige nicht mehr im Blut nachgewiesen werden. Das Gericht stellte die Verfahren gegen die beiden Männer ein und Lohfink war auf einmal selbst die Schuldige: Wegen angeblicher Falschbeschuldigung soll sie nun 24.000 Euro Strafe zahlen. Seit Juni steht sie dafür vor Gericht. Auf verschiedenen Ebenen ist die Wendung dieser Verhandlung nicht nur absurd, sondern symptomatisch für eine grundlegende gesellschaftliche Schieflage.

 

Kampfschlesier: Der Mann, der gegen alles kämpft, was links ist

E-Mail 2: Verlogenes Journalistenpack! Ihr wollt uns Bürger für dumm verkaufen. Wir wissen aber, wer in diesem Land unsere Frauen vergewaltigt und unser Eigentum klaut. Widerlicher Maulkorbjournalismus! Widerliche Kriecher! Der Lügen-Presserat muss weg! Das Merkel-Regime muss weg!

Die Empfänger seiner Botschaften sind heute: CDU/CSU-Fraktion des Bundestages, der Politikverteiler des "Focus", die Nachrichtenredaktion der "Neuen Zürcher Zeitung", der Parteivorstand der SPD, die Leserbriefredaktion der "Zeit", der Presserat, die Politikredaktion der "WAZ"-Gruppe, die Redaktion des "Schwarzwälder Boten" und ungefähr 30 Einzelpersonen, die meisten sind Journalisten. Senden.
"Was wollen Sie erreichen?"
"Gerechtigkeit."
"Sind Sie nicht oft ungerecht?"
"Das ist mir egal."
Er sieht sich als Beobachter der Nachrichten, aber auch als Beobachter des Systems. Die Politik, die Verbände. Vor allem die Medien. Er sieht in der Nachricht die Lüge, im Leitartikel die Verleumdung, in der Analyse die Ideologie. Überall linke Lügen. Die zu entdecken und zu entlarven betrachtet er als seine Pflicht. Er hat das System durchschaut, das System der Gleichschaltung der Meinungen.

 

Presserecht gilt nicht für Neonazi-Watchblog einer Zeitung

Das Verwaltungsgericht Augsburg sieht in einem Blog zum Thema Rechtsextremismus einer großen deutschen Zeitung kein Presseorgan. Zudem sei der Autor in dem Fall kein Redakteur einer Zeitung oder Zeitschrift und habe damit keine Auskunftsrechte.
Einer der Autoren des Blogs wollte von der Staatsanwaltschaft erfahren, welche „der an das Bayerische Landeskriminalamt gemeldeten rechtspolitisch motivierten Straftaten (...) einen erfolgreichen Ermittlungsabschluss nach sich zogen und welche eingestellt wurden". Diese Auskunft wollte der Autor, mit Verweis auf das Presserecht, nun gerichtlich durchsetzen. Die Richter des Verwaltungsgerichts sahen das aber als unbegründet an.
Der Kläger habe als Redakteur einer Zeitung oder auch als freier Mitarbeiter durchaus ein Auskunftsrecht. Das gelte auch für "sogenannte 'feste freie' Mitarbeiter, die ständig für eine Zeitung schreiben". Zudem müsse kein "konkreter Rechercheauftrag einer Redaktion nachgewiesen" werden. Journalisten könnten sich ihre Themen schließlich selbst suchen, recherchieren und fertige Artikel einem Verlag zum Kauf anbieten.
Da der Watchblog aber eben kein Presseorgan sei und schon gar keine "Zeitung oder Zeitschrift" ist der klagende Autor in diesem Fall aber eben auch kein Redakteur oder Mitarbeiter, für den Auskunftsrechte im Sinne des Presserechts gelten. Dem klagenden Autor wird zudem die Prozesskostenhilfe verwehrt und er muss die Kosten des Verfahrens tragen.

 

Zu Besuch beim Staatsfeind: Polizei klärt Rechtsextreme über mögliche Konsequenzen auf

Die Delikte der Männer erstreckten sich über Sachbeschädigungen, dem Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole und Volksverhetzung bis hin zu Körperverletzungen. Geleitet wurde diese konzertierte Aktion von Beamten der Beratungs- und Interventionsgruppe gegen Rechtsextremismus (BIG REX).
Die überwiegend jungen Männer, im Alter zwischen 19 und 33 Jahren, wurden von den Beamten in den Gesprächen über die Hintergründe und Gefahren des Rechtsextremismus informiert. Primäres Ziel dieser Gespräche war es, den Männern Alternativen und Möglichkeiten eines Ausstiegs aufzuzeigen. Die Beamten boten im Falle eines Ausstiegs eine aktive Hilfestellung an. Auch die Familie und der unmittelbare Freundeskreis der Männer wurde bei den Besuchen – sofern dies möglich war – für das Thema sensibilisiert.
Zwei Drittel der kontaktierten Männer zeigte sich bei den Hausbesuchen offen für ein Gespräch. Im persönlichen Dialog machte einige der Männer deutlich, dass sie weder einer rechtsextreme Ideologie anhängen noch zur entsprechenden Szene gehören. Für ihr Fehlverhalten beziehungsweise die Straftaten sei vielmehr zuvor erfolgter Alkoholkonsum ursächlich gewesen.

 

Hooligans in Europa: Kodex kaputtgekloppt

Für das  heutige Spiel in Paris rechnet die Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) mit mehreren Hundert gewaltbereiten deutschen Fans. Bei den deutschen Hooligans seien die Überschneidungen mit der rechtsextremen Szene ziemlich groß – das Erstarken völkischer und nationalistischer Bewegungen gehe in Deutschland wie auch in Europa mit der Renaissance des Hooliganismus einher.
Bei Pegida in Dresden etwa seien ja auch Hooligans aktiv gewesen, zudem habe es Phänomene wie HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten) gegeben. Für Ultras, die in der Regel nicht für Nationalismus anfällig sind, spielen die internationalen Fußballturniere übrigens kaum eine Rolle.
Ein großes Problem, so sagt Pilz' Kollege Robert Claus, sei die Verbindung von Kampfsportszenen wie Mixed Martial Arts (MMA) oder Free-Fight und dem Hooliganismus. Es gebe in einigen großen Städten extrem große Überschneidungen zwischen den Kampfsportlern, der rechtsextremen Szene und den Hooligans.

 

Russischer Fanverband schickt Neo-Nazi zur EM

Hass und Gewalt werden von oben gepredigt: Neo-Nazi Alexander Shprygin gehört zur russischen Delegation. „Ich kann nichts Schlimmes daran finden, wenn Fans sich prügeln“, polterte Igor Lebedev: „Im Gegenteil: Gut gemacht, Jungs – weiter so!“ Der Hool im Anzug sitzt im Exekutivkomitee des russischen Verbands und für die ultranationalistischen „Liberaldemokraten“ im russischen Parlament.
Der 43-Jährige  steht beispielhaft für ein rechtsextremes Netzwerk im russischen Fußball: Sein Assistent Alexander Shprygin ist als Delegationsmitglied mit nach Frankreich gereist – auch wenn seine rassistische Forderung, es sollten „nur slawische Gesichter in der Nationalmannschaft“ zu sehen sein, nicht erfüllt wurde. Bei einem Konzert der rechtsextremen Band „Korrotia Metalla“ zeigte Shprygin auf der Bühne den Hitlergruß. Der Neo-Nazi ist als Chef des allrussischen Fan-Verbands dabei.

http://www.mopo.de/sport/fussball-em/-gut-gemacht---weiter-so---verband-schickt-neo-nazi-zur-em-24230648

 

„Nazis muss man Nazis nennen“

In Thüringen erschwert die Justiz einen offensiven Umgang der Demokratie mit Rechtsextremisten, findet Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.
Gleich zweimal binnen kurzer Zeit fiel die Thüringer Justiz mit denkwürdigen Urteilen auf. Jüngst untersagte das Verfassungsgericht in Weimar auf Antrag des NPD-Landesverbandes dem Ministerpräsidenten des Freistaats, Bodo Ramelow, öffentlich zur Ablehnung von NPD-Anträgen in Kommunalparlamenten aufzufordern sowie die Fremdenfeindlichkeit und den Rassismus der NPD als nationalsozialistisch zu bezeichnen. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht in Gera einen Fackelmarsch des Thügida-Bündnisses am 20. April genehmigt.
In beiden Fällen hat die Justiz ohne Not wichtiges demokratisches Engagement erschwert, wenn nicht untersagt. Dass zu „Führers Geburtstag“, wie es in solchen Kreisen heißt, in einer Stadt wie Jena Rechtsextreme aufmarschieren dürfen, begünstigt die Glorifizierung Hitlers und des Nationalsozialismus.

 

Videointerview: „Rechtsextreme haben von der Polizei nicht viel zu befürchten“

"Die enthemmte Mitte": Unter dieser Überschrift hat die Universität Leipzig am Mittwoch eine Studie präsentiert - mit zum Teil beängstigenden Ergebnissen. Uwe-Carsten Heye war früher Regierungssprecher unter Gerhard Schröder (SPD), seit Jahren engagiert er sich als Vorsitzender des Vereins "Gesicht zeigen!" gegen Rechtsextremismus. Er fordert von der Politik "klare Kante gegen Rechts", statt nur auf den islamistischen Terror zu schauen. Die Ursachen sieht Heye allerdings in der sozialen Spaltung: "Man muss sich die Frage stellen: wie viel Ungleichheit verträgt eine Gesellschaft?", so Heye im Gespräch mit Martin Krebbers.

 

Der „Wahre Verfassungsschutzbericht“: Der Staat selbst ist der größte Feind der Verfassung

Seit 20 Jahren dokumentieren Bürgerrechtler die Einschränkung der Grundrechte durch den Staat. Doch der macht immer weiter. In den Verfassungsschutzberichten von Bund und Ländern ist in regelmäßigen Abständen von denen zu lesen, die dem demokratischen Rechtsstaat schaden wollen: Nazis, Linksradikale, Islamisten.
Ein Zusammenschluss von Bürgerrechtsorganisationen beansprucht jedoch, den »wahren Verfassungsschutzbericht« vorzulegen: den jährlichen Grundrechtereport. In dem werden nicht Bürger als Gefährder der Grundrechte in den Mittelpunkt gestellt, sondern der Staat selbst. Die Instanz also, die die Verfassung eigentlich schützen soll.
Acht Organisationen geben den Report heraus, darunter die Humanistische Union, Pro Asyl und der Republikanische Anwälteverein. Im Zentrum des diesjährigen Reports steht die Entrechtung von Geflüchteten - durch die Asylpakete, durch »Schlepperbekämpfung« im Mittelmeer, Altersdiagnostik bei Minderjährigen oder gesundheitspolitische Diskriminierung. Zweiter Schwerpunkt ist die Datensammelwut: Vorratsdatenspeicherung, BND-Affaire, Datentransfer ins Ausland.
Wenn im Grundrechtereport vom Staat die Rede ist, sind damit aber nicht ausschließlich die verfassungsfeindlichen Vorstöße durch den Gesetzgeber gemeint. Vielmehr scheint es: Alle machen mit bei der Selbstbeschneidung der freiheitlichen Ordnung - Richter, Polizei, Behörden.

 

Facebook sperrt Nutzer wegen Artikel über Hitlergruß

Wegen Nazi-Inhalten bei Facebook gesperrt werden, obwohl man nichts Rechtsradikales veröffentlicht? Das geht. Erfahren hat das beispielsweise der freie Journalist Sören Kohlhuber. Am Sonntagabend hat er den Tagesspiegel-Artikel über einen Mann gepostet, der auf der Fanmeile beim Spiel Deutschland - Ukraine den Hitlergruß zeigte und, gemeinsam mit anderen, rechte Parolen brüllte. Der Artikel war mit einem Bild des entsprechenden Mannes illustriert.
Zwei Tage später dann die Nachricht von Facebook: Sieben Tage Sperre. Grund: "Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards." Facebook erklärte, es habe sich "um einen Irrtum" gehandelt, "wir möchten uns für diesen Fehler entschuldigen". "Bei Nazi-Symbolik ist Facebook besonders sensibilisiert, gerade wenn sie in Deutschland verbreitet wird", sagt ein Facebook-Sprecher, der sich aber nicht zum konkreten Fall äußern will.

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Presseschau... 17.06.2016

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+++ Jugendliche schlagen mit Holzlatten auf Syrer ein und rufen rassistische Parolen +++ Berlin: Muslimischer Taxifahrer attackiert +++ Reutlingen: Mann zeigt Hitlergruß, ruft rassistische Parolen und kassiert Schläge +++ Russische Hooligans verprügeln Spanier in Köln +++ Rassismus im Kleingarten: Wittenberger Verein lehnt Migranten ab +++ Mord an britischer Abgeordneter Jo Cox: Tatverdächtiger soll Neonazi sein

 

Jugendliche schlagen mit Holzlatten auf Syrer ein und rufen rassistische Parolen

In Dessau-Rosslau ist es am Dienstag zu einem gewalttätigen Übergriff auf zwei Syrer gekommen. Zwei 15 und 17 Jahre alte Deutsche schlugen mit Holzlatten auf ihre 17 und 22 Jahre alten Opfer ein und riefen dabei rassistische Parolen.
Beide polizeilich bekannten Angreifer seien betrunken gewesen. Einer der Syrer versuchte, mit seinem Fahrrad die Schläge abzuwehren. Er erlitt aber Verletzungen an Hand, Bauch und Rücken. Auch der 17 Jahre alte Angreifer erlitt Verletzungen an der Hand und wurde stationär behandelt.

 

Berlin: Muslimischer Taxifahrer attackiert

Montagnacht gegen 22:30 Uhr wurde ein muslimischer Taxifahrer türkischer Herkunft in Berlin-Charlottenburg von einem Fahrgast islamfeindlich beschimpft und anschließend sogar attackiert. Ausdrücke wie „Scheiß-Muslime, verlass Deutschland“ und „Scheiß Terroristen“ seien gefallen.
Als der 34-jährige Taxifahrer dann anhielt und den bisher unbekannten Täter aufforderte sein Auto zu verlassen, griff dieser seinen Chauffeur an, indem er ihn gewaltsam am Hals packte. Nach einer kurzen Rangelei verschwand der unbekannte Täter. Der Taxifahrer alarmierte die Polizei. Nun ermittelt der Staatsschutz, aufgrund volksverhetzender Aussagen in diesem Fall.

 

Reutlingen: Mann zeigt Hitlergruß, ruft rassistische Parolen und kassiert Schläge

In Reutlingen hat am Montag ein Mann Passanten angepöbelt, die er offenbar für Ausländer hielt. Der laut Polizeibericht erheblich unter Alkoholeinfluss stehende Mann gab dabei mehrfach verbal und mit erhobenem Arm den Hitlergruß von sich. Als ein 18-Jähriger eingriff und den 42-Jährigen zur Rede stellte, kam es zwischen den beiden Männern zum Streit. Nach derzeitigem Stand soll der Ältere versucht haben, den Jüngeren anzugreifen, wonach der 18-Jährige seinen Kontrahenten mit der Faust zu Boden schlug und anschließend den Rettungsdienst und Notarzt alarmierte.

 

Russische Hooligans verprügeln Spanier in Köln

Russische Hooligans haben am Donnerstag in Köln drei Spanier angegriffen und verprügelt. Nach Polizeiangaben schlugen die Russen auf die beiden Männer und die Frau ein, als diese Aufkleber einer linksgerichteten Bewegung auf der Domplatte verteilten. Einer der angegriffenen Spanier erlitt einen Nasenbeinbruch, der andere wurde leicht verletzt. Zivilfahnder nahmen sechs Männer fest, ein weiterer soll auf der Flucht sein.
Die Hooligans sollen einer russischen Gruppe angehören. Sie waren auf dem Rückweg in ihre Heimatstadt Moskau, in ihren Taschen fanden die Polizisten Eintrittskarten für das EM-Spiel England-Russland. »Wir wissen aber nicht, ob sie dort auch waren oder zuvor ausgewiesen wurden«, sagte ein Polizeisprecher. Die Gruppe soll mindestens eine Nacht in Köln festgehalten werden.

 

Rassismus im Kleingarten: Wittenberger Verein lehnt Migranten ab

Menschen, die aus der Sicht eines Kleingärtners Nichtdeutsch aussehen, sind als Kleingärtner in der Lutherstadt Wittenberg offenbar unerwünscht. So verweigert ein Gartenverein vermeintlichen Migranten generell die Aufnahme, sie bekommen dort keine Parzellen.
Der libanesisch-stämmige Unternehmer Ali Ismais hatte sich bei der Sparte „Am Trajuhnschen Bach“ um eine frei werdende Parzelle bemüht. Als Antwort habe er vom stellvertretenden Vereinschef Horst Kubasic erhalten: „Wir wollen keine Ausländer.“ Kubasic bestätigte das gegenüber der MZ und erklärte, es gebe in der Sparte schon genügend Ausländer - nämlich Russlanddeutsche. Mehr seien nicht gewollt.
Der Unternehmer mit libanesischen Wurzeln,  der im Übrigen seit 26 Jahren einen deutschen Pass hat, ist offenbar kein Einzelfall in der Stadt: Eine Flüchtlingsbetreuerin berichtete von einem Mann aus Syrien, dessen Bewerbung um einen Garten von einem anderen Verein abgelehnt worden sei.  Die  Betreuerin sagte, ein Gespräch des Syrers mit den Verantwortlichen sei „abgelaufen wie ein Verhör. Er wurde gefragt, ob seine Frau Kopftuch trage oder verschleiert sei“.  Per Mail habe der Mann  dann die Ablehnung erhalten. „Zur Begründung hieß es, Gärten sind für Ausländer nicht vorgesehen“, so die Betreuerin.

 

Mord an britischer Abgeordneter Jo Cox: Tatverdächtiger soll Neonazi sein

Mitten im britischen Referendumskampf hat ein tödlicher Anschlag auf eine Labour-Abgeordnete das Land in einen Schockzustand versetzt. Am Donnerstagnachmittag wurde die 41-jährige Joanne Cox in Birstall bei Leeds (Grafschaft Yorkshire) angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Sie erlag wenig später ihren schweren Schuss- und Stichverletzungen. Die Kripo nahm noch am Tatort einen 52-Jährigen fest. Beide Lager im Streit um die britische EU-Mitgliedschaft haben ihre Kampagne unterbrochen.
Die Abgeordnete wurde durch zwei Schüsse aus einer offenbar antiken Schusswaffe getroffen. Ein Angestellter der nahe gelegenen Wäscherei rang mit dem Attentäter, konnte aber zusätzliche Stichverletzungen nicht verhindern.
Über den Tatverdächtigen wurden erste Einzelheiten bekannt: Der Täter soll psychisch krank sein und Sympathien für Neonazis hegen. Britische Medien berichteten unter Berufung auf Zeugen, der Täter habe auf Cox eingestochen und dann auf sie geschossen. Er habe dabei „Britain First“ gerufen, sagte ein Augenzeuge.
Das Southern Poverty Law Center, eine renommierte Anti-Rassismus-Organisation in den USA, teilte mit, ihm lägen Unterlagen vor, die den Tatverdächtigen als jahrzehntelangen Unterstützer der US-Neonazi-Gruppierung National Alliance (NA) auswiesen. Der Verdächtige habe die Gruppierung engagiert unterstützt und hunderte Dollar für Schriftgut der NA ausgegeben, teilte das Zentrum mit.

Cox trat in den vergangenen Wochen entschieden für den Verbleib ihres Landes in der EU ein. Sie studierte in Cambridge und arbeitete für eine Hilfsorganisation, ehe sie 2015 Abgeordnete für den Wahlkreis Batley and Spen wurde und ins Unterhaus einzog. Sie war verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Ihr Mann gab kurz nach der Todesmeldung eine Erklärung heraus: "Sie hätte gewollt, dass wir uns alle vereinen, um gegen den Hass zu kämpfen, der sie getötet hat."

 

Gericht stoppt Geflüchtetenunterkunft in Blankenese

Was flüchtlingsfeindliche Bürgerproteste im Hamburger Nobelviertel nicht erreichen konnten, das beschließt nun das Hamburger Verwaltungsgericht: Es hat den Bau einer Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Blankenese gestoppt. Mit dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss gab das Gericht dem Eilantrag eines Anwohners gegen die Baugenehmigung statt. In dem Pavillondorf sollen in neun Gebäuden 192 Schutzsuchenden untergebracht werden.
Der Streit um die erste Flüchtlingsunterkunft in dem wohlhabenden Stadtteil der Hansestadt hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Anwohner hatten am 5. April mit parkenden Autos die geplante Baumfäll-Aktion und damit den Baubeginn verhindert. Unterstützer der Asylunterkunft demonstrierten wenige Tage später für den Weiterbau.

 

Spitzenkandidatur: AfD-Politiker verbünden sich gegen Petry

Es wird unangenehm für AfD-Chefin Frauke Petry: Einflussreiche Mitglieder erklären vor Journalisten, die Co-Vorsitzende solle die Partei im Bundestagswahlkampf nicht als alleinige Spitzenkandidatin repräsentieren.
Zu ihnen zählen neben dem Vorsitzenden der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, Björn Höcke, auch Mitglieder des Bundesvorstands. Wen sie sich stattdessen auf diesem Platz wünschen, ließen sie offen. Im Parteivorstand wird schon länger der Vize-Chef Alexander Gauland als möglicher Kandidat gehandelt.

 

AfD will mit „Identitären“ zusammenarbeiten – Steilvorlage für Überwachung durch Verfassungsschutz?

Das öffentlich bekundete Bestreben des rechtsnationalen Flügels der Alternative für Deutschland (AfD), eng mit der sogenannten „Identitären Bewegung“ zusammenarbeiten zu wollen, obwohl die Gruppierung von mehreren Landes-Verfassungsschutzbehörden beobachtet wird, alarmiert die Politik.
„Ich fühle mich in meiner Ansicht bestätigt, dass es höchste Zeit wird, zumindest Teile der AfD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen“, sagte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka dem Handelsblatt. „Im Grunde genommen müsste man fast dankbar sein: Die Patriotische Plattform in der AfD liefert selbst beste Argumente auf dem Silbertablett, die eine solche Beobachtung rechtfertigen würden.“
Hintergrund ist die Absicht der „Patriotischen Plattform“ in der AfD, den Schulterschluss mit der „Identitären Bewegung“ zu suchen. „Wir wünschen uns eine engere Zusammenarbeit zwischen Identitärer Bewegung und AfD, denn auch die AfD ist eine identitäre Bewegung und auch die Identitäre Bewegung ist eine Alternative für Deutschland“, heißt es in einer Mitteilung des Vorstands der „Plattform“.

 

Schlammschlacht bei Pegida: "Bachmann verhält sich exakt so wie Merkel"

Jetzt ist der Bruch offiziell zwischen Tatjana Festerling und dem übrigen Pegida-Organisationsteam – und der Streit wird mit äußerster Heftigkeit ausgefochten. Bachmann erklärte an, Festerling habe sich der aus seiner Sicht "wichtigen, engeren Zusammenarbeit mit der AfD" entgegengestellt und diese als Anbiederung kritisiert: "Dies wirft für mich die Frage auf, ob hier patriotische Kräfte vorsätzlich gespalten werden sollen."
Die Festerling-Antwort bei Facebook: Sie bezichtigt Lutz Bachmann in sieben Punkten der Lüge. Schon im April sei ihr Redeverbot erteilt und der Ausschluss aus dem Pegida-Förderverein beschlossen worden, erklärte sie. Sie attackierte den Pegida-Anführer persönlich: "Die gesamte Erklärung strotzt vor diktatorischen, geradezu totalitären Vorgaben und Verhaltensregeln", die von Bachmann nach Lust und Laune situativ festgelegt würden. Dann holte sie aus zum aus Wutbürger-Perspektive denkbar schärfstem Vorwurf. "Damit verhält sich ein Lutz Bachmann exakt so wie Merkel." Die übrigen Orga-Mitglieder würden "wie Merkels Erfüllungsgehilfen" abnicken, was die Führung diktiert.

 

Bombendrohungen gegen Politiker und Flüchtlingshelfer: Ein Jahr Haft

Dirk H. hatte im Juli vorigen Jahres die Mitglieder der Flüchtlingsinitiative "Hellersdorf hilft" mit mehreren Mails bedroht. Er schrieb darin Sätze wie: "IHR PACK... Und EURE BUDE fackeln wir auch ab!!! Eure Mitarbeiter sind Uns nichts Wert, ebenso wie Euer Leben!!!...PS. Ich bin als einer der aller schlimmsten Bombendroher/ Intensivtäter/ psychisch Kranken bekannt."
Er hat auch schon die Berliner S-Bahn bedroht, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Katrin Göring-Eckard beschimpft, die Geburtstagsfeier von Gerhard Schröder vor zwei Jahren mit einem Drohanruf platzen lassen. Am Donnerstag ist der 39-jährige arbeitslose Dirk H. vom Amtsgericht Tiergarten wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung schwerer Straftaten und Bedrohung zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Ohne Bewährung.

 

Molotowcoctails auf Asylbewerberheim: 33-Jähriger legt Geständnis ab: „Ich bin kein Rassist“

Im Prozess wegen des Brandanschlags auf eine geplante Asylunterkunft in Dresden im Oktober 2015 hat der Angeklagte die Tat vor dem Landgericht gestanden. Nach Darstellung des Arbeitslosen befüllten er und drei weitere Männer am 7. Oktober 2015 in einem Keller Flaschen mit Benzin. Als er dann gehört habe, wie auf der Vorderseite Brandsätze auf die leerstehende Schule flogen, hätten sie wenige Tage vor der Eröffnung als Flüchtlingsheim ebenfalls ihre Molotow-Cocktails auf das Gebäude geworfen.
Man habe nicht gewollt, dass noch mehr Ausländer in das Plattenbauviertel kommen, sagte der 33-Jährige am Donnerstag. Zugleich betonte er: «Ich bin kein Rassist.» Der Angeklagte und drei weitere Männer sind wegen gemeinschaftlich begangener Brandstiftung angeklagt, eine Frau wegen Beihilfe. Der 33-Jährige und zwei mutmaßliche Mittäter befinden sich in Untersuchungshaft.

 

Prozess in Düsseldorf: Bundesanwaltschaft fordert lebenslange Haft für Reker-Attentäter

Der Attentäter, der Henriette Reker vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin niedergestochen hat, soll wegen versuchten Mordes lebenslang hinter Gitter. Das hat die Bundesanwaltschaft beantragt. Frank S. habe sich entschlossen, Reker mit seinem Rambo-Messer zu töten und ihr die Klinge mit Wucht in den Hals gestoßen. Die Tat des 44-Jährigen sei heimtückisch gewesen, und der Angeklagte habe selbst gestanden, eine wehrlose Frau angegriffen zu haben.
Zuletzt hatte ein Gutachter Frank S. attestiert, voll schuldfähig zu sein. Der Angeklagte sei "recht impulsiv", "schnell kränkbar" und neige dazu, "alles stets als feindselig und gegen sich gerichtet zu erleben". S. gehe von einer "permanenten Bedrohung von außen" aus. Hinzu komme ein "ausgeprägter Eigensinn und ein fast kindlicher Trotz".

 

Österreich: Drei Jahre Haft für Nazi-Postings

Vergangenes Jahr veröffentlichte der mehrfach Vorbestrafte im Internet Sätze wie „wir brauchen einen Hitler, der das auslöscht“, „tötet dies Kreaturen“, „tötet jeden schwarzen Moslem“ und „kauf euch Waffen“.
Das tat ihm im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Innsbruck (Österreich) am Donnerstag leid. Er bestritt die Postings nicht, sprach aber von einer Riesendummheit. Er beteuerte, gar kein Problem mit Ausländern zu haben. Er habe aufgrund eines schweren Arbeitsunfalls zu viel Zeit gehabt.
Schließlich ein deutliches Urteil: Der Mann ist schuldig, aufgrund seiner Vorstrafen muss er nun für drei Jahre ins Gefängnis.

 

Zittau: Freispruch trotz Androhung von Brandanschlag

Eine Frau aus Zittau hat sich auf der Anklagebank wiedergefunden, weil sie sich an einer Diskussion im sozialen Netzwerk Facebook beteiligt hat. Die Nutzer debattierten im Internet über einen Artikel einer Berliner Tageszeitung, in dem berichtet wurde, dass der Senat plane, mehrere Fertigteilhäuser für Asylbewerber und Flüchtlinge errichten zu lassen. Das Vorhaben des Senats veranlasste die Nutzer, sich über die vermeintliche Bevorzugung von Ausländern zu beklagen und Fertigteilhäuser für deutsche Obdachlose zu fordern. Die Angeklagte kommentierte die Einträge ihrer Vorgänger, die offen zur Brandstiftung aufgerufen hatten, mit dem Satz: „Ich bringe den Brandbeschleuniger mit.“
Richter Kai Ronsdorf riet der Angeklagten nach dem Verlesen der Anklageschrift zu einem Geständnis. Die Zittauerin bestritt die besagten Zeilen nicht, bedauerte und bezeichnete die Eintragung als „unüberlegt, dumm und sinnlos“. Außerdem habe sie nichts gegen Ausländer.
Der Richter sprach die Angeklagte frei. Er begründete den Freispruch damit, dass der Kommentar nicht den Tatbestand der Volksverhetzung erfülle, weil in der Diskussion möglicherweise zur Sachbeschädigung aufgerufen worden war. Es lasse sich nicht nachweisen, dass der Kommentar der Angeklagten sich konkret gegen Menschen richtete, weil sich die Debatte im Netz immer um den geplanten Bau der Fertigteilhäuser gedreht habe. Es sei auch nicht Aufgabe des Gerichts, der Angeklagten eine solche Straftat, die sich gegen Menschen richte, zu unterstellen.

 

De Maizière wünscht sich mehr Rückhalt für Abschiebungen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert mehr Unterstützung in Deutschland für Abschiebemaßnahmen. "Ich wünsche mir mehr Verständnis für das harte Geschäft der Abschiebung, was Polizisten, Bürgermeister und Ausländerbehörden machen müssen. Sie brauchen dabei Unterstützung, auch öffentliche!"
Ein Problem sei, dass abstrakt alle für Abschiebungen seien. Im konkreten Fall sehe das dann aber anders aus. Dann sei der Protest groß, "weil der betroffene Junge gerade im Fußballverein so viele Tore schießt, die Familie so gute Nachbarn sind", sagte der Innenminister. Es müsse jedoch klar sein, dass diejenigen, die kein Bleiberecht hätten, Deutschland wieder verlassen müssten. "Am besten freiwillig. Aber wenn das nicht geht eben auch mit Zwang."

 

"18 Jahre von morgens bis abends nur im rechten Sumpf"­– V-Mann Corelli

Thomas Richter war unter seinem Decknamen Corelli ein überaus fleißiger Informant. Der V-Mann lieferte dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) 18 Jahre lang umfangreiche Berichte über die deutsche Neonazi-Szene und berichtete sogar aus laufenden Veranstaltungen. Seine Aufzeichnungen füllen etwa 180 Aktenordner. Beim Geheimdienst galt Corelli als"Topquelle".
"Er hat in einem Umfang berichtet, dass das große Bundesamt kapazitätsmäßig nicht in der Lage war, alles sofort zu verarbeiten. Er hat praktisch alles erzählt, er war nachrichtenehrlich. Er wurde ja auch gut bezahlt", berichtete Jerzy Montag im Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) im Landtag Nordrhein-Westfalen.
Der 69-jährige Rechtsanwalt und ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete war am Donnerstag als Zeuge im Ausschuss erschienen. Er ist Sachverständiger für das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages. Montag soll die Vorgänge im Zusammenhang mit dem mysteriösen Tod von Corelli Anfang April 2014 im nordrhein-westfälischen Paderborn untersuchen. Der V-Mann hat zumindest einmal Kontakt zu Uwe Mundlos vom NSU gehabt.

 

Verfassungsschutz soll von Rohrbombe gewusst haben

Der Brandenburger Verfassungsschutz besaß angeblich Informationen darüber, dass ein Neonazi "Rohrbomben testet und zur Explosion bringen wollte". Das sagte der V-Mannführer des geheimen Informanten "Piatto" am Donnerstag als Zeuge im Münchner NSU-Prozess. Diese Information habe er von "Piatto" erhalten. Ob es einen Zusammenhang zwischen der Rohrbombe und dem NSU-Trio gebe, wisse er nicht, sagte der Zeuge.
Weiter gab der V-Mannführer an, "Piatto" habe auch berichtet, dass die Anführer der sächsischen "Blood & Honour"-Gruppierung in Chemnitz planten, das untergetauchte NSU-Trio mit Geld und Waffen auszustatten. Ob neben der Chemnitzer Gruppe weitere Neonazis versuchten, Waffen für die drei zu organisieren, konnte der Zeuge nicht sagen. Ebenso wenig habe er erfahren, welche Behörden in die von "Piatto" gelieferten Informationen eingeweiht wurden.
Nebenklage-Anwalt Thomas Bliwier bezweifelte die Aussage des V-Mannführers und äußerte die Vermutung, er sage nicht die Wahrheit.

 

NSU-Prozess: Verhinderte Brandenburger Verfassungsschutz die Festnahme des NSU?

Es ist jedes Mal ein bisschen wie Karneval, wenn der Zeuge Reinhard G. den Verhandlungssaal im Münchner Oberlandesgericht betritt: Auf dem Kopf eine schwarze Perücke, von der ein paar Strähnen unter der Kapuze des grauen Pullovers herausschauen. Die bizarre Maskerade dient dem Schutz eines Beamten, der an entscheidender Stelle für den Brandenburger Verfassungsschutz tätig war: Er protokollierte als Quellenführer den Tipp eines V-Manns, mit dem das NSU-Trio womöglich schon vor dem ersten Mord hätte gefasst werden können. Bereits zum vierten Mal ist er deshalb in den Prozess geladen.
Allerdings kann sich G. wie in seinen vorigen Vernehmungen nur an wenige Vorgänge aus dem Jahr 1998, als er den Hinweis erhielt, erinnern. Ob tatsächlich sein Gedächtnis streikt oder ob der 63-Jährige die Tatsachen so wie seine eigentliche Frisur verbirgt, bleibt sein Geheimnis.

 

Sachsen: Die Hälfte wählt Geschichte ab

Mehr als die Hälfte der Oberschüler in Sachsen hat im aktuellen Schuljahr das Fach Geschichte abgewählt. 6.541 von insgesamt 12.975 Zehntklässlern entschieden sich für den Geographie- anstatt Geschichtsunterricht, wie eine Sprecherin des Kultusministeriums mitteilte. Seit 2004 konnten die Oberschüler in der zehnten Klasse zwischen den beiden Fächern wählen. Damit sollte laut Ministerium die Belastung der Realschüler im Abschlussjahr verringert werden.
Die bisherige Regelung zum fakultativen Geschichtsunterricht in der zehnten Klasse hatte immer wieder für Diskussionen gesorgt. Es wurde unter anderem vor dem Hintergrund rechtsextremistischer Tendenzen in Sachsen kritisiert, dass die politische Bildung zu kurz kommt. Daraufhin hatte das Kabinett in Dresden die Veränderung zum neuen Schuljahr beschlossen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte den Kurswechsel in einem Interview auch mit Blick auf eben diese rechtsextremistischen Tendenzen begründet und erklärt, es gehe darum, dass die Schüler, "den Unterschied zwischen Freiheit und Demokratie auf der einen Seite und Totalitarismus und Diktatur auf der anderen Seite kennen- und verstehen lernen".

 

Bezirksparlament von Berlin-Neukölln unterstützt Gedenkort für Burak Bektaş

Mehr als vier Jahre nach der Tötung von Burak Bektaş hat sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Berlin-Neukölln für einen Gedenkort für den jungen Mann ausgesprochen. Der 22-Jährige war im April 2012 von einem Unbekannten auf offener Straße erschossen worden. Das Bezirksamt soll nun eine Grünfläche als möglichen Gedenkort prüfen, wie die "Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak" am Donnerstag mitteilte.
Die Initiative plant eigenen Angaben zufolge für Bektaş einen "lebendigen Gedenkort" mit einem Denkmal und verschiedenen Aktivitäten wie Nachbarschaftstreffen, Workshops mit Schulklassen und Mahnwachen. Buraks Mutter Melek Bektaş habe schon früh den Wunsch nach einem Gedenkort in der Nähe des Tatorts geäußert, "der nicht übersehen werden könne und so ihren Sohn und den unaufgeklärten Mord im Bewusstsein der Menschen verankere".
Burak Bektaş hatte in der Nacht zum 5. April 2012 mit Freunden vor einem Haus in der Rudower Straße gestanden. Plötzlich kam ein Mann auf die Gruppe zu und schoss ohne Vorwarnung mit einem Gewehr auf die jungen Leute. Bektaş starb, zwei seiner Freunde wurden schwer verletzt.
Der Schütze entkam unerkannt. Bis heute gibt es keine Hinweise auf den Täter. Angehörige und Freunde von Bektaş vermuten bei der Tat einen rechtsextremen Hintergrund. Die Anwälte der Familie kritisieren schon lange, dass nicht genug in diese Richtung ermittelt wurde.

 

Schläge, Schüsse, Feuer – Angriffe auf rechte Burschenschafter in Göttingen

Die CDU im niedersächsischen Landtag ist schwer empört. In Göttingen gebe es für Mitglieder von Studentenverbindungen „regelrechte No-Go-Areas“, beklagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Jens Nacke, dieser Tage. Zahlreiche schwere Straftaten in der Universitätsstadt „mit offenkundig linksextremistischem Hintergrund“ seien nicht aufgeklärt, SPD und Grüne wollten offenbar „keine effektive Prävention gegen Linksextremismus“.
Tatsächlich haben sich in Göttingen in den vergangenen Monaten Angriffe auf Verbindungsstudenten und ihre Häuser gehäuft. Im April legten Unbekannte an einem an das Haus der Burschenschaft »Hannovera« angrenzenden Holzschuppen Feuer. Die Flammen setzten auch die Wärmedämmung des benachbarten Wohnhauses in Brand und griffen auch auf den Dachstuhl über, verletzt wurde aber niemand. Die Polizei meldete, an der rückwärtigen Fassade des Verbindungsgebäudes seien eine mit Farbe geschmierte Parole und ein »Hammer und Sichel«-Symbol festgestellt worden.

 

Die rechte Farbenlehre – Berufsoffizier, MAD-Mitarbeiter und Kölner AfD-Oberbürgermeisterkandidat

Die Kölner AfD ist nicht gerade ein berühmter Haufen. Sie ist mit drei Mitgliedern (von 100) im Kölner Stadtrat vertreten. Sonderlich aktiv ist die Kölner AfD nicht. Ihr Hauptkonkurrent ist Pro Köln. Ihr Vorsitzender heißt Hendrik Rottmann. Und dieser Mensch hat einen interessanten Beruf: Er arbeitet für den Bundeswehr-Geheimdienst MAD. Der Kölner engagiert sich aber auch bei der AfD. Vor vier Tagen postete der Kölner Kreisverband bei Facebook: „Farbenlehre eines politischen Beamten: Schwarz-Gelb-Rot-Grün: Wir fordern politische Neutralität, Herr Kramer. Gez. AfD Fraktion Köln, AfD Fraktion im Rat der Stadt Köln“.
Kramer? Stephan J. Kramer, Präsident des Thüringer Verfassungsschutz. Der 1968 geborene Kramer, ein ehemaliger Oberstleutnant, früheres CDU- und seit 2010 SPD-Mitglied, hat seit 1998 für den Zentralrat der Juden in Deutschland gearbeitet. Von 2004 bis 2014 war er Generalsekretär des Zentralrats der Juden. Thilo Sarrazin, aber auch den Berliner „Tagesspiegel“ und die „Junge Welt“ hatte er in dieser Funktion scharf als rassistisch kritisiert. Seit Ende 2015 ist Kramer nun Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes.

 

Neu-rechte Verknüpfungen: Die „Junge Alternative“ und die „Identitären“

Am heutigen Freitag planen Anhänger der „Identitären Bewegung“ in Berlin einen Aufmarsch anlässlich des Jahrestages der Proteste des 17. Juni 1953 unter dem Motto „Aufstand gegen das Unrecht und für unsere Zukunft“. Angemeldet sind 400 Teilnehmer, die gegen eine „Beschneidung von nationalen Souveränitäten und einer verantwortungslosen Politik der Massen-Einwanderung“ protestieren wollen.
Im vergangenen Jahr fielen die „Identitären“ in Berlin vor allem mit regelmäßiger Teilnahme beim Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ auf. Als Anführer der Berliner „Identitären“ gilt Jannik Brämer. Er ist nicht nur bei fast jeder Aktion der Gruppe dabei und fungiert als Anmelder der Internetseite der Bundes-Identitären, sondern ist gleichzeitig auch Schatzmeister im Landesvorstand der AfD-Jugend „Junge Alternative Berlin“ sowie Kandidat der rechtspopulistischen Partei für das Bezirksparlament in Charlottenburg-Wilmersdorf.
In einem Interview mit der „Berliner Morgenpost“ ließ JA-Landeschef Thorsten Weiß wissen, dass noch mehr „Identitäre“ bei der Berliner JA aktiv seien. „Ich habe damit keine Probleme“, so Weiß über die extremen Rechten in seinem Verband. Insofern war es wenig überraschend, dass bei einer Demonstration der „Jungen Alternative“ in Berlin im Rahmen der Herbstoffensive bekannte „Identitäre“ als Fahnenträger der AfD-Jugend fungierten.

 

Was junge Muslime über die AfD denken

In den vergangenen Monaten hat sich die AfD zu einer Partei entwickelt, die Deutschlands politische Landschaft maßgeblich mitbestimmt. Neben Flüchtlingen und Migranten greifen die Rechtspopulisten vor allem Menschen mit muslimischem Hintergrund an. Mehrfach hat die AfD-Führung betont, dass sie den Islam nicht als Teil Deutschlands betrachtet.
Wir haben junge Muslime gefragt: Was denkt ihr über die AfD und ihre Thesen? Mit welchen Gefühlen begegnen sie den Aufschwung der Rechtspopulisten?
Tara, 21, Studentin aus Augsburg: „Die AfD ist rassistisch, homophob und frauenfeindlich. Das ist keine falsche Beurteilung, das ist Fakt.“

 

Sozialwissenschaftler Reif-Spirek: Bevölkerung fühlt sich politisch obdachlos

Seit etwa einem Vierteljahrhundert beobachtet Peter Reif-Spirek die politische und gesellschaftlichen Entwicklung in Thüringen.

Glauben sie auch, dass die AfD für ein Klima mitverantwortlich ist, in dem ein junger Mann via Youtube von Brandanschlägen auf die in Erfurt geplante Moschee faselt, lange bevor über den Bauvorantrag überhaupt entschieden ist?

Das haben einige Landtagsabgeordnete bereits kritisiert, und die AfD hat diesen Zusammenhang zugleich abgestritten. Aber schauen Sie auf Anders Breivik in Norwegen, der als selbst ernannter Tempelritter 67 Jugendliche erschießt, weil er sich in einer Art Abwehrschlacht gegen den Multikulturalismus wähnt. Seine Verteidigungsschriften sind voller Bezüge auf islamfeindliche Blogs und rechtspopulistische Diskurse. Eine Agitation, die ständig den Untergang des christlichen Abendlandes heraufbeschwört, ermutigt natürlich auch Durchgeknallte, diesen Untergang in einem letzten Akt abzuwenden, den sie dann auch noch für Notwehr halten. Man sollte - gerade als Parlamentspartei - nicht rhetorisch zu einer Radikalisierung des politischen Klimas beitragen.

 

NS-Zentralstelle in Ludwigsburg: Nazi-Jäger suchen weiter

Die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg hat weitere ehemalige Wachleute von Konzentrationslagern im Visier. Viele mutmaßliche NS-Täter konnten noch gar nicht ermittelt werden.
Ermittelt werde gegen Wachleute in den Lagern Bergen-Belsen, Neuengamme und Stutthof bei Danzig wegen Beihilfe zum Mord, sagte der Leiter der Ermittlungsbehörde, Jens Rommel, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.
Derzeit suchen die Ludwigsburger Ermittler auch Verdächtige, die nach Südamerika ausgewandert waren. Listen damaliger Einwanderer werden mit Suchlisten der Zentralstelle verglichen. Dabei seien in einigen Fällen Übereinstimmungen gefunden worden, die aber nicht zu Strafverfahren geführt hätten. Mehrere Verdächtige seien Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges inzwischen tot. Auch zum NS-Vernichtungslager Auschwitz gehen die Vorermittlungen weiter.

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Presseschau...20.06.2016

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+++Berlin: Frau reißt 13-Jähriger Kopftuch herunter +++ Wunstorf: Böller explodiert an Geflüchteten-Wohnung +++ Freital: Wieder Drohungen gegen Linken-Stadtrat +++ Bremen: Bewaffnete Rechte ziehen mit Fackeln über Uni-Campus +++ „Migration ist Völkermord“: Rechtsextreme entrollen Banner am Elbufer in Pirna +++ Verdacht auf Rassismus bei Polizisten in Grimma +++

 

Berlin: Frau reißt 13-Jähriger Kopftuch herunter

Eine Unbekannte beleidigte eine 13-Jährige am Sonnabend rassistisch in Berlin-Haselhorst. Den Aussagen des Mädchens und ihrer 14-jährigen Freundin zufolge soll sie eine unbekannte Frau auf der Rolltreppe am U-Bahnhof Haselhorst erst beleidigt und ihr anschließend das Tuch vom Kopf gerissen haben. Danach verließ die Frau den U-Bahnhof. Kurz zuvor war die Rolltreppe stehen geblieben, die Frau gab den beiden Mädchen die Schuld dafür.

 

Wunstorf: Böller explodiert an Geflüchteten-Wohnung

In der Nach von Donnerstag auf Freitag, gegen 03:00 Uhr, haben Unbekannte einen sogenannten "Polenböller" an dem Fenster einer von Flüchtlingen bewohnten Wohnung eines Mehrfamilienhauses in Wunstorf (Noiedersachsen) gezündet. Verletzte hat es nicht gegeben. Bisherigen Ermittlungen zufolge hatte die fünfköpfige Familie gegen 03:00 Uhr einen lauten Knall gehört. Am Morgen stellte der 26-jährige Vater dann Beschädigungen an zwei Fenstern fest und verständigte die Stadt Wunstorf. Außerdem hatten Unbekannte Steine gegen zwei weitere Fenster der selben Wohnung geworfen, eine Scheibe ging dadurch zu Bruch. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung eingeleitet.

 

Freital: Wieder Drohungen gegen Linken-Stadtrat

Bereits in der Nacth zu Freitag, dem 10. Juni, wurden in Freital zahlreiche Aufkleber verklebt, die Drohungen gegen den Stadtrat der Linksfraktion, Michael Richter, enthalten. Mit Hakenkreuzen, Beleidigungen und damit verbundenen Androhungen wurde dem Stadtrat, als auch anderen Antifaschisten und Flüchtlingshelfer gedroht.
Diese Sticker wurden auf die Tür seines Hauses, als auch auf das Büro der LINKEN in Freital geklebt.
Weitere Sticker mit Aufschriften wie "N.S." oder "Wir wollen keinen Islam" wurden ebenfalls in Freital in der Nacht verteilt und stammen mutmaßlich von den selben Herstellern. Der Stadtrat hat bereits in der Vergangenheit Morddrohungen erhalten. Außerdem wurde gegen sein Auto bereits ein Sprengstoffanschlag verübt.

 

Bremen: Bewaffnete Rechte ziehen mit Fackeln über Uni-Campus

Die Bremer Polizei ist am späten Sonnabend mit einem Großaufgebot gegen eine Gruppe aus der rechten Szene vorgegangen, Die Polizei rechnet sie dem Umfeld der Gruppierung "Gemeinsam stark Deutschland" zu.
Die Beamten waren nach Polizeiangaben über Notruf alarmiert worden, dass sich im Bereich des Hochschulrings etwa 30 bis 40 Vermummte angesammelt hatten. Die Personen brannten Fackeln und Pyrotechnik ab und verteilten "Fuck Antifa"-Aufkleber. "Die Personen sind skandierend durch die Straßen im Bereich der Universität Bremen gezogen", sagte eine Sprecherin der Polizei Bremen.
Es wird vermutet, dass die Gruppe sich selbst inszenierte, um die Aufnahmen anschließend ins Internet zu stellen. Mitgeführt hatten sie neben einem Banner mit der Aufschrift "Anti-Antifa" auch Sturmhauben, Quarzsandhandschuhe und Baseballschläger.
Die Polizei beendete die Versammlung mit einem großem Aufgebot. Es wurden 44 Personen in Gewahrsam genommen. Laut Polizeiangaben sind sie der rechten Szene und dem Umfeld der Gruppierung "Gemeinsam stark Deutschland" zuzuordnen, das eine Abspaltung des rechten Hooligan-Netzwerkes "Hooligans gegen Salafisten (Hogesa)" ist.

 

„Migration ist Völkermord“: Rechtsextreme entrollen Banner am Elbufer in Pirna

Jugendliche haben am Sonnabend am Rande des Stadtfestes in Pirna (Sachsen) ein Transparent mit der Aufschrift "Migration ist Völkermord" entrollt. Auf einem über Twitter verbreiteten Foto ist zu sehen, wie neben dem Banner am Elbufer Bengalos abgebrannt wurden. Auf der anderen Elbseite applaudieren über ein Dutzend meist junge Leute.
Die Aktion wurde von Mitgliedern der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" organisiert. Auf der Facebook-Seite der "JN Sächsische Schweiz-Osterzgebirge" heißt es unter anderem: "Ein 30 Meter langes Transpi, Raucheffekte und unser Lautsprecher machten den Leuten klar, was wir von dieser Asylpolitik halten." Man habe den Besuchern des Stadtfestes Pirna eine Botschaft zeigen wollen. Am Ende des Eintrags heißt es: "Wir stehen gemeinsam, für Heimat, Volk und Vaterland!".
Das entrollte Banner ist nicht der erste Vorfall in Pirna in dieser Woche. Am Donnerstag wurde ein Büro der Grünen mit Deutschlandfahnen zugehängt. Auf der Facebook-Seite der "JN" heißt es dazu: "Heute gaben Aktivisten verschiedenster Gruppen den Grünen in Pirna eine Nachhilfestunde in Sachen Patriotismus."

 

Verdacht auf Rassismus bei Polizisten in Grimma

Polizisten des Reviers in Grimma sollen sich rassistisch verhalten haben. Der Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz habe eine dienstrechtliche Prüfung veranlasst, erklärte die Polizeidirektion.
Den Beamten war bei einer Kontrolle am Fahrrad eines 17-jährigen Flüchtlings aus Syrien aufgefallen, dass die Lampe nicht funktionierte. Wohl um zu verhindern, dass der Mann ohne Beleuchtung weiterfährt, ließ einer der Polizisten die Luft aus den Reifen und nahm die Ventile mit. Als der Mann am nächsten Tag seine Ventile abholen wollte, waren diese angeblich nicht aufzufinden.
Das Handeln der Beamten habe zumindest "den Anschein der Fremdenfeindlichkeit", sagte Merbitz. Er soll den Revierleiter angerufen und gesagt haben: "Wenn so etwas noch einmal passiert, brennt die Luft."

 

Rechte Morddrohungen gegen Leipzigs Polizeichef Merbitz

Seit Jahren kämpft Leipzigs Polizeichef Bernd Merbitz (60) gegen Rechtsextremismus. Die Reaktionen bleiben nicht aus. Neonazis schrecken selbst vor Morddrohungen gegen den Beamten nicht zurück. Er an, sich nicht einschüchtern zu lassen.
„Seit vielen Jahren positioniere ich mich klar gegen Rechtsextremismus. Das passt vielen nicht. Sie verbreiten Unwahrheiten, wollen mich kaputtmachen. Aber ich lasse mir nicht den Mund verbieten“, sagte Merbitz. In regelmäßigen Hassbriefen wird Merbitz als „Ratte“ beschimpft, die „in der Kläranlage oder in der Jauchegrube“ entsorgt werden müsse. Jemand kündigte an: „Gebt mir ein Gewehr, bringt mich 100 Meter an ihn ran, und die Sache ist erledigt!“
Auch Merbitz' Familie werde angefeindet: „Auf einer rechten Internet-Seite hat man unsere Adresse und das Nummernschild des Autos veröffentlicht. Den Grund dafür muss ich Ihnen nicht erklären“. Merbitz beklagte in dem Interview zudem erneut die derzeit im Land herrschende „Pogromstimmung“, die sich in Ausschreitungen gegen nationale, religiöse oder ethnische Minderheiten zeigt: „Mit nichts anderem haben wir es in Deutschland derzeit zu tun! Schon nach den Anschlägen von Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen haben wir von Pogromstimmung gesprochen. Heute ist es noch viel schlimmer!“

 

28-jährger Bundeswehrangehöriger wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe verurteilt

Im Internet hat sich ein 28 Jahre alter Mann herabsetzend und beleidigend über Flüchtlinge ausgelassen und dazu aufgefordert, sie auf grausame Weise zu ermorden. Jetzt wurde er wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt und muss 300 Euro an einen Asylverein bezahlen.
Ein Zeitungsbericht über die Unterbringung von 200 Flüchtlingen hat den Angeklagten im Juni vergangenen Jahres so auf die Palme gebracht, dass er den menschenverachtenden Eintrag auf seinem Facebook-Account öffentlich postete. "Jawohl, ich habe das geschrieben", gab der Angeklagte, der zurzeit bei der Bundeswehr ist, zackig-militärisch zu. Von seinem Arbeitgeber hat der junge Mann wegen seines Facebook-Eintrags eine Abmahnung erhalten. Der öffentlich sichtbare Kommentar erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung, weil er zu Straftaten aufforderte, stellte das Gericht in der Urteilsbegründung fest.

 

Reichbürger: Der „Konsul“ schwänzt den Prozess

Wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz hätte am Donnerstag der "Konsul" eines Fantasielandes vor dem Amtsgericht erscheinen müssen. Er kam aber nicht. Das Land nennt sich "Terrania", in Albershausen befinden sich "Konsulat und Botschaft". Die Terranier eint vor allem eines, ähnlich wie die sogenannten "Reichsdeutschen": Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an, explizit heißt es auf der Homepage: "Seit 1949 hat Deutschland weder Friedensvertrag noch Währungshoheit (ist also nicht souverän)." So war es auch kein Wunder, dass der Bewohner des "Konsulats" am Donnerstag zum wiederholten Mal nicht vor Gericht erschien.
Um 16.15 Uhr erklärte Amtsrichter Heiner Buchele deshalb den Einspruch des Mannes aus Albershausen für abgewiesen. Dieser hatte sich gegen einen Bußgeldbescheid des Landratsamts gewehrt, es ging um einen Verstoß gegen das Waffengesetz. Ein Polizist hatte ihm in Uhingen ein verbotenes Messer mit einer Klinge, die länger als zwölf Zentimeter ist, abgenommen. Nun muss der selbsternannte Konsul das Bußgeld bezahlen.
Der Angeklagte betreibt eine Homepage, wo er schreibt, sein Haus in Albershausen sei Konsulat und Botschaft des Fantasiestaats "Terrania". Das "Bündnis Freie Erde", wie sich Terrania auch nennt, stellt diverse Dokumente aus, unter anderem eine Art Personalausweis, genannt "Reise-Karte", eigene Kfz-Kennzeichen und eine Art Geburtsurkunde, genannt "Urkunde Leben".

 

Identitäre Luftnummer in Berlin

Am vergangenen Freitag wurde ein Aufmarsch von Rechtsradikalen in Berlin nach Blockaden vorzeitig beendet: Statt der erwarteten 400 erschienen lediglich 100 Teilnehmer. Ein antifaschistisches Bündnis blockierte einen Teil der Aufmarschstrecke.
Sie erscheinen an symbolisch aufgeladenen Orten, an denen sie wenig Widerstand erwarten und verschwinden genauso so schnell, wie sie gekommen sind. So lautete die Einschätzung, die die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) im Vorfeld zur „Identitären Bewegung“ veröffentlichte. So kam es dann auch, als sich die völkische Gruppierung unter der Parole „Aufstand gegen das Unrecht“ zu ihrem Aufmarsch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung am Freitagabend am Bahnhof Friedrichstraße traf. Statt der im Vorfeld angekündigten 400 Teilnehmer waren es am Ende gerade einmal 100 Anhänger, der ursprünglich aus Frankreich stammenden rechtsextremen Jugendbewegung.
Aus Wien angereist, war der als Hauptredner des Abends angekündigte Martin Sellner. Der Anführer der Gruppierung in Österreich gab vor allem Durchhalteparolen aus. Auch in Wien habe man einmal klein angefangen, versuchte er die Gekommenen zu motivieren. Mehr als zaghafte „Berlin ist unsere Stadt“-Rufe vermochte er ihnen aber nicht entlocken.
„Der groß angekündigte Aufstand ist ausgeblieben“, resümierte dann auch Martina Renner (LINKE) am Rande des Aufmarsches. Die Sprecherin für antifaschistische Politik begleitete den Aufmarsch durch Berlin-Mitte.

Zwischen Parlament, Medien und Straße: Wie die »Identitären« den aktionistischen Kitt der »Neuen Rechten« bilden und dabei die völkisch-nationalistische Radikalisierung vorantreiben

 

Im Allgäu gibt es viele Neonazi-Bands

In Bayern liegen die rechtsextremen Schwerpunkte eher im Münchner Raum und im Fränkischen. Aber auch das Allgäu habe durchaus seine Nazis, heißt es aus Kreisen des Verfassungsschutzes. Im Bereich von braunen Musikgruppen ist der idyllische Landstrich sogar eine Art Hochburg.
Neun solcher Gruppen gibt es im Freistaat. Allein drei davon sind im Allgäu daheim: Faustrecht in Mindelheim, Codex frei in Kempten und Hard as Nails. Bei letzterer Gruppe gibt es keine konkrete Ortsangabe. Eine weitere Skinhead-Band existiert etwas nördlich des Allgäus in Neu-Ulm. Sie nennt sich Natural born haters. In Wolfertschwenden im Unterallgäu sitzt ein rechtsextremer Versandhandel. Sein Name: Oldschool Records. Vor allem entsprechende Musik und Kleidung sind zu bekommen.

 

Peter Ohlendorf über Nazis in Hildburghausen: Wir müssen uns vor Ort klar positionieren

Ereignisse wie jüngst in Hildburghausen nennt Filmemacher Peter Ohlendorf ein Warnzeichen. „Da kommen 3000 Nazis und dürfen feiern.“ Ohlendorf ist der Meinung, „dass wir uns vor Ort klar positionieren müssen“. "Die Nazis suchen zunehmend den öffentlichen Raum, weil sie eine gewisse Akzeptanz in der Bevölkerung vor­aussetzen", so seine Einschätzung. "Es ist schwer zu akzeptieren, dass dort offenbar eine Zivilbevölkerung nicht in der Lage ist, mit eigener Kraft solchen Umtrieben entgegenzutreten." Es gab dort zwar - wie berichtet - eine Gegendemo, allerdings initiiert von einem Mann aus Eisenach.
Ohlendorf ist Filmemacher aus dem Badischen; sein Film "Blut muss fließen" aus dem Jahr 2012 hat seither viele Menschen aufgerüttelt. Es geht um die rechtsextreme Musikszene. Zu sehen sind vor allem geheime Konzerte, in die sich ein verdeckter Reporter einschlich, auch in Thüringen. In den vergangenen Jahren hat sich manches in dieser Szene weiter zugespitzt. "Wir sind immer noch ganz dicht dran".

 

Compact: Hauspost für die Wütenden

Jürgen Elsässer ist Chefredakteur, sein Magazin heißt Compact. Es positioniert sich gegen den Euro, in der Ukraine-Krise ergriff es Partei für Putin. Es enthält krude Theorien zum rechtsextremen NSU und zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York. Seit 2015 dominiert vor allem ein Thema das Heft: der Umgang mit den Flüchtlingen. Auch dafür findet Compact scharfe Zeilen. "Asylflut" oder "Merkel, die Königin der Schlepper". Anfangs verteilte Elsässer sein Heft auf den Parteitagen der AfD. Heute kann man es an fast jedem Kiosk kaufen.
Hunderttausende Deutsche haben sich in den vergangenen Jahren von den etablierten Medien abgewandt, vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, von Magazinen und Zeitungen. Sie informieren sich anderswo, vor allem im Internet. Über Seiten, die vermeintlich unabhängige Informationen versprechen. Zum Beispiel Nachrichtenportale und YouTube-Kanäle wie Kopp Online, KenFM oder RT Deutsch.
Seit das Magazin vor fünf Jahren gegründet wurde, bricht Compact nicht nur Tabus, sondern auch mit einem wichtigen Trend der deutschen Medienlandschaft: Seine Auflage sinkt nicht, sie steigt. Von null auf mittlerweile 80.000. Gut die Hälfte der Hefte wird nach Insiderangaben aus dem Verlag auch wirklich verkauft.

 

Heiko Maas: „Wir müssen reden, Leute“

Überall im Land spüre ich derzeit diese Spaltung in der Gesellschaft. Unruhe und Unsicherheit sind groß, dabei sind die Flüchtlinge eher Anlass als Ursache. Wenn wir die aktuelle Vertrauenskrise stoppen wollen, müssen wir endlich aufhören, Politiksimulation zu betreiben und Nischenthemen zu bedienen.
Finden Familien auch in Großstädten eine bezahlbare Wohnung? Gibt es genug gute Jobs, die anständig bezahlt sind? Haben wir ausreichend Kitaplätze für Alleinerziehende? Ist nach vierzig Jahren harter Arbeit meine Rente größer als die Sozialhilfe? Wie sicher sind wir vor Kriminalität und Terror? Das sind einige der Fragen, die die Menschen wirklich bewegen.
Wer diskutieren will, muss allerdings zuhören können und Widerspruch aushalten. Viele Wutbürger diskutieren nicht mehr; ihr Zorn macht sie dialogunfähig. Viele Rechtspopulisten haben mittlerweile die gezielte Provokation zur Kommunikationsstrategie erhoben. Je größer der Tabubruch, je infamer die Attacke, desto größer die Aufmerksamkeit, die sie bekommen. Im Netz gilt für den Umgang mit solchen Trollen die Devise: "Bitte nicht füttern". Aber für einen Offline-Troll wie Herrn Gauland gibt es wochenlang Schlagzeilen und TV-Präsenz zur besten Sendezeit. 
Das Internet ist ein zwiespältiger Faktor der politischen Kultur geworden. Weil der Kontakt zum Gesprächspartner fehlt, sinken Empathie und steigt die sprachliche Verrohung.

http://www.zeit.de/2016/26/streitkultur-diskussion-argumente-rechtspopulismus

 

Das Europa der Nationalisten

Am Donnerstag stimmen die Briten darüber ab, ob das Vereinigte Königreich in der europäischen Gemeinschaft bleiben soll. 1973 war Großbritannien in die damalige EWG eingetreten, nur Deutschland und Frankreich haben heute in der EU mehr Einwohner, ein Brexit wäre ein schwerer Schlag für die EU – aus wirtschaftlicher Perspektive, wie derzeit oft erwähnt wird, aber noch viel mehr aus politischer Sicht.
Die Idee eines vereinigten Europas kippt. Wer bei Europas Wählern punkten will, grenzt sich von den Nachbarn ab und setzt auf nationale Alleingänge. Wer profitiert politisch von einem möglichen Zerbrechen der EU? Vor allem die Nationalisten, die zurück wollen in eine idealisierte Vergangenheit, als kleinstaatliche Egoismen und nationale Neurosen die Tagespolitik Europas beherrschten – und den Kontinent mehr als einmal verwüsteten.
Schon vergessen scheint: Auch der Treibstoff für die Kriege im ehemaligen Jugoslawien war vor allem eine gezielte ethnonationale Mobilisierung. Aktuell ist es der russische Nationalismus, der in der Ukraine tobt. Aber auch in der Ukraine selbst kämpfen wiederum Rechtsextreme gegen Russland.

 

Innenministerkonferenz: Bitte nicht rempeln

Die Länder wollen die Gewalt gegen Polizisten künftig schärfer ahnden. Doch nehmen diese Taten wirklich zu und werden immer schlimmer? Die Statistik bietet da erstaunliche Aufschlüsse.
Die Aggressivität gegen Polizisten nehme zu, so liest und hört man immer wieder. Beamten würden immer häufiger bespuckt, getreten, geschlagen. Um sich vor die Polizisten zu stellen, präsentierte die Konferenz der deutschen Innenminister am Freitag eine gemeinsame Initiative für eine Verschärfung des Strafrechts - was zwar zunächst nur ein Vorschlag ist, gerichtet an den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), aber auch ein bemerkenswerter Erfolg der Polizeigewerkschaften, die seit Jahren stets dasselbe wiederholt haben: Die Gewalt nehme zu. Die Polizei sei zum Prügelknaben der Nation geworden.
Die Politik schaue weg. Schon einmal, 2009, forderte die Innenministerkonferenz daraufhin, dass man den Tatbestand des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" (Paragraf 113 Strafgesetzbuch) verschärfe; damals mit Erfolg. Nun legt sie nach. Die Minister, die sich im Saarland trafen, wollen den Paragrafen zugleich weiter verschärfen und ausweiten. Verschärfen, indem eine Mindeststrafe von sechs Monaten eingeführt wird. Das klingt nach wenig, wäre aber viel - denn der Begriff des "Widerstands" umfasst nicht nur Gewalt, sondern auch alles mögliche andere, was Polizisten die Arbeit erschwert, vom lautlosen Sitzenbleiben über das Gegen-die-Laufrichtung-Stemmen. Für all das gäbe es sechs Monate Haft Minimum, wenn der Innenminister-Vorschlag Gesetz würde.

 

Bundesweite Aktion gegen Rassismus: Zehntausende bilden Menschenketten

In mehreren deutschen Städten haben sich Zehntausende Demonstranten unter dem Motto "Hand in Hand gegen Rassismus" an Menschenketten beteiligt. Organisiert wurde die Aktion von einem breiten Bündnis aus Verbänden und Organisationen. Insgesamt nahmen rund 40.000 Menschen teil.
Vor dem internationalen Gedenktag für Flüchtlinge haben sich am Wochenende Zehntausende Demonstranten in mehreren deutschen Großstädten an Menschenketten beteiligt. Die Aktionen fanden am Samstag in Bochum und am Sonntag in Berlin, Leipzig und München statt. Den Abschluss bildete eine Kundgebung in Hamburg.
In Berlin, Bochum, Leipzig und München verbanden nach Angaben der Veranstalter mehr als 33.000 Demonstranten in langen Ketten kirchliche und soziale Einrichtungen. Bundesweit kamen an diesem Wochenende rund 40.000 Menschen zu den "Hand in Hand"-Aktionen. Allein in Berlin bildeten 9000 Menschen eine knapp sieben Kilometer lange Menschenkette vom Stadtteil Kreuzberg bis zum Roten Rathaus.

 

Gewalt gegen LGBTI-Demo in Istanbul

Die türkische Polizei ist am Sonntag gewaltsam gegen Teilnehmer einer Demonstration für die Rechte Homosexueller vorgegangen. Die Beamten setzten in Istanbul nach Angaben eines AFP-Fotografen Gummigeschosse und Tränengas ein, um die Kundgebung aufzulösen.
An der Demonstration in der Nähe des Taksim-Platzes im Zentrum der Millionenmetropole nahmen etwa 50 Menschen teil. Sie sahen sich einem Sicherheitsaufgebot von mehreren hundert Spezialkräften gegenüber.

 

Auschwitz-Wachmann zu fünf Jahren Haft verurteilt

Das Landgericht Detmold hat einen früheren SS-Wachmann im Konzentrationslager Auschwitz zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sprach den 94 Jahre alten Reinhold Hanning der Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen schuldig. „Sie waren knapp zweieinhalb Jahre in Auschwitz und haben damit den Massenmord befördert“, sagte Richterin Anke Grudda zu Beginn der Urteilsbegründung.
Der Angeklagte hatte im Prozess zugegeben, Mitglied der SS-Wachmannschaft in Auschwitz gewesen zu sein und vom Massenmord gewusst zu haben. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt, weil keine Beweise für die direkte Beteiligung an konkreten Taten vorlägen. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft gefordert.

 

Gewalt gegen Flüchtlinge: "Man muss schon aufpassen"

Ein Flüchtlingsheim in Berlin-Buch war seit Baubeginn Ziel von mehr als einem Dutzend fremdenfeindlicher Übergriffe. Wie leben Personal und Bewohner mit dem Gefühl der latenten Bedrohung? Eine Videoreportage.

 

Junge Abgeordnete über Drohungen und Hetze: „Ich mache mir Sorgen“

Politiker werden beschimpft, sie erhalten Morddrohungen – ein herausgepöbeltes "Ich knall' dich ab" via Facebook oder auch ein Galgenfoto per Mail. Jetzt wurde in Großbritannien die Labour-Abgeordnete Jo Cox, 41, von einem Mann erschossen. Cox engagierte sich für Flüchtlinge und war gegen den Brexit, den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. Dafür wurde sie angefeindet. In der Vergangenheit war Cox bereits einmal zur Polizei gegangen, um "bösartige Mitteilungen" zu melden.
Der Fall hat Parallelen zum Angriff auf die jetzige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Ein Täter war in aller Öffentlichkeit mit einem Messer auf sie losgegangen. Was macht das mit unseren Abgeordneten? Wie erleben sie Hass im Netz? Und haben sie Angst davor, dass sie ihm auf der Straße begegnen?

 

Cox-Attentat: „Ein Faschist ermordet eine Sozialistin“

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping erklärte zu dem Attentat, „sagen wir, wie es ist: Ein Faschist ermordet eine Sozialistin in einem Referendum, das unter rassistischen Vorzeichen stattfindet.“ Der Tatverdächtige habe die Labour-Abgeordnete „aus nationalistischem Hass“ getötet und sei kein isolierter Einzeltäter gewesen. Kipping verwies auf Fotos, die den mutmaßlichen Täter Thomas M. bei Aktionen der rechtsextremen ‚Britain First‹’ Partei zeigen. Kipping zeigte sich bestürzt über den Tod von Cox. Mit ihr habe „die britische und europäische Linke eine sehr mutige, warmherzige und engagierte Genossin verloren“.
Nach dem Attentat auf die linke Politikerin Jo Cox in Großbritannien geht die Such nach weiteren Hinweisen auf einen rechtsradikalen Hintergrund des Mordes weiter. Renommierte US-Rassismusforscher hatten bereits frühzeitig auf die Verbindungen von Thomas M. zur einst größten Neonazi-Gruppe der USA hingewiesen - der National Alliance. Die rechtsradikale Szene habe in den USA auf das Attentat „mit einer Mischung aus blutrünstigem Vergnügen“ und „unglaublichen Beschimpfungen des Opfers“ reagiert. Die Polizei hat in der Wohnung des Verdächtigen zudem Nazi-Symbole und rechtsextreme Schriften gefunden. Thomas M. habe auch Schriften einer südafrikanischen Rassisten-Vereinigung bezogen.

 

Antisemitismus in Breslau: Weltoffenheit als Mythos

Antisemitismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit würden bisher in Polen verkannt, kritisiert der polnische Publizist Kamil Majchrzak, der Mitglied des Internationalen Komitee Buchenwald/Dora ist. Bei der rechtsradikalen Demonstration auf dem Breslauer Rathausplatz im November 2015 habe es sich nicht etwa um einen Einzelfall gehandelt, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Problem, sagt Majchrzak im Deutschlandradio Kultur. "Die traurige Wahrheit ist auch, dass Polen das empirische Beispiel dafür ist, dass der Antisemitismus auch ohne die Juden funktioniert", sagt er. "Es leben nur wenige Juden in Polen." Majchrzak betont, dass Breslau nicht nur eine deutsche Stadt gewesen sei, sondern auch eine jüdische Kultur gehabt habe.

 

Englische Fans werfen Münzen nach bettelnden Roma-Kindern

Neue Bilder zeugen von der Rohheit vieler Fußball-Anhänger jenseits der Spiele. Ein Video aus Lille zeigt englische Fans, vor dem Restaurant „Les 3 Brasseurs“. Grölend werfen sie Centstücken in ihre Mitte, wo sich vier Roma-Kinder auf das Geld stürzen. Teilweise stürzen sich die Kinder aufeinander, um sich das Geld gegenseitig streitig zu machen.
Zwischendrin werden Kronkorken geworfen. Große Erheiterung, als die vier bemerken, dass sie sich um Wertloses balgen. Die Meute singt, lacht, tanzt, filmt, feiert sich. Einer im weißen Rooney-Trikot geht zu den vier Jungs hin, deutet mit der Faust, an, die Kinder zu boxen. Ein alter Bekannter. Er war involviert, als britische Anhänger sich in den Straßen von Lille am Dienstag eine Schlacht mit russischen Hooligans lieferten.

 

 

Hausbesuch bei Anti-Nazi-Aktivistin: Sie kann nicht anders

Seit 30 Jahren entfernt Irmela Mensah-Schramm rassistische Schmierereien und reißt Nazi-Aufkleber ab. Das sei eine „staatsbürgerliche Pflicht“.
Was macht sie? „Hass vernichten“, so fasst die pensionierte Heilpädagogin ihre Mission zusammen. Seit 30 Jahren entfernt sie fremdenfeindliche Graffiti von Hauswänden, Stromkästen und S-Bahn-Sitzen. Über 70.000 Schmierereien hat sie vor dem Beseitigen fotografiert. Diese Dokumentation des Hasses füllt besagte 80 Ordner. Zum Hausbesuch serviert Mensah-Schramm – Bubikopf, Kleidung in gedeckten Farben, 70 Jahre – grünen Tee und ein Schälchen Marzipan-Walnuss-Pralinen.

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Presseschau... 21.06.2016

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+++ Volkmarsen (Hessen): Flüchtlings-Wohncontainer brennt aus, Hakenkreuze gesprüht +++ Driedorf (Hessen): Halle neben Asylbewerber-Häusern niedergebrannt +++ Geflüchteter von Heim-Securitys verprügelt +++ Mann bedroht zwei Geflüchtete mit Messer +++ Reichenhaller bedroht vierköpfige Familie aus dem Kongo +++ Nazipropaganda in Freital: „BRD=Volkstod“ +++ Berlin-Wedding: Mann schreit Nazi-Parolen vom Balkon

 

Volkmarsen (Hessen): Flüchtlings-Wohncontainer brennt aus, Hakenkreuze gesprüht

In der Nach zu Sonntag ist in Volkmarsen (Hessen) ein Wohncontainer, der für den Einzug von Flüchtlingen vorgesehen war, vollständig ausgebrannt. Ob es sich bei dem Brand um vorsätzliche Brandstiftung handelt, steht nicht fest. Die Container wurden von der Stadt Volkmarsen gekauft, um Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten. Sie waren bereits bezugsfertig.
Eine politische Motivation der Tat ist wahrscheinlich: Auf einer Steintreppe in unmittelbarer Nähe zu den Wohncontainern sind Hakenkreuze auf Steine gesprüht worden. Ein großes Loch im Maschendrahtzaun wirft ebenfalls Fragen auf. Die Polizei wollte zu dem Brand keine Auskunft geben.

 

Driedorf (Hessen): Halle neben Asylbewerber-Häusern niedergebrannt

Eine Halle im mittelhessischen Driedorf ist am Sonntag in Brand geraten. Auf dem Gelände sind junge Asylsuchende untergebracht. Die Feuerwehr rückte mit 80 Einsatzkräften aus. Die Halle sei kontrolliert abgebrannt worden, sagte der Polizeisprecher. Der Einsatz war demnach gegen 8 Uhr beendet. Schadenshöhe und Ursache des Feuers seien noch unklar. Brandstiftung werde aber nicht ausgeschlossen.
Nicht direkt in der Turnhalle, aber in Häusern auf dem Gelände des früheren Ferienlagers sind den Angaben des Sprechers zufolge minderjährige Asylsuchende untergebracht. Wie viele konnte er nicht sagen. Verletzt wurde bei dem Brand niemand.

 

Geflüchteter von Heim-Securitys verprügelt

Die Polizei hat Ermittlungen gegen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen, Baden-Württemberg) aufgenommen, die am Sonntag einen Geflüchteten verprügelt haben sollen.
Wie die Beamten melden, war es zwischen einem 28-jährigen Asylbewerber und einem Security-Mitarbeiter bereits am Samstag aus bislang ungeklärter Ursache zu einem Streit gekommen. Am Sonntag soll demnach ein Security-Mitarbeiter den Bewohner der Unterkunft mit drei weiteren Mitarbeitern abgepasst haben. Die zunächst verbal ausgefochtenen Streitigkeiten mündeten dann schnell in Handgreiflichkeiten. Alle vier sollen den 28-Jährigen nicht nur beleidigt, sondern auch geschlagen und zu Boden geworfen haben. Erst als er verletzt am Boden lag, ließen sie von ihm ab. Der 28-jährige musste mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden, wo er ambulant behandelt wurde.
Alle vier Tatverdächtigen sind den derzeitigen Erkenntnissen zufolge nach dem Bekanntwerden des Vorfalls entlassen worden. Die Ermittlungen zu den genauen Hintergründen der Tat und den einzelnen Tatbeteiligungen dauern an.

 

Mann bedroht zwei Geflüchtete mit Messer

Im Kreis Konstanz sind am vergangenen Samstag zwei Geflüchtete von einem anderen Mann mit Messern bedroht worden. Das teilt die Polizei mit. Nachdem einer der Geflüchteter in Folge eines Streites mit zwei Unbekannten versuchte, mit seinem Mobiltelefon die Polizei zu rufen, zog einer der hinzugekommenen Männer ein Messer aus seiner Hosentasche und drohte damit. Er wurde von mehreren Personen festgehalten und daran gehindert, die zwei Asylbewerber anzugreifen. Daraufhin ging der Mann in den Imbiss und holte ein größeres Messer. Erneut bedrohte er die Asylbewerber, erneut hinderten ihn umstehende Personen daran, jemanden zu verletzen. Daraufhin entfernten sich die zwei jungen Asylbewerber, erklärt die Polizei.

 

Reichenhaller bedroht vierköpfige Familie aus dem Kongo

Am vergangenen Samstag Nachmittag bedrohte ein 38-jähriger Mann in Bad Reichenhall (Bayern) eine kongolesische Familie mit einem Messer. Als er auf die vierköpfige Familie traf, band er seinen Hund an einem Gartenzaun fest und zog ein mitgeführtes Küchenmesser. Mit diesem und deutlichen Gesten bedrohte er die in Bad Reichenhall wohnende, kongolesischen Erwachsenen im Alter von 36 und 37 Jahren mit ihren beiden ein- und zweijährigen Kindern. Die Familie nahm die Kinder und flüchtete sofort in ein angrenzendes Mehrfamilienhaus. Der Täter ließ daraufhin von der Familie ab.

 

Nazipropaganda in Freital: „BRD=Volkstod“

In Freital wurden am Samstag gegen 6.30 Uhr zwei verdächtige Holzkreuze sicher gestellt. Eines befand sich in einem Blumenkasten vor dem Rathaus auf der Dresdner Straße. Es trug die Aufschrift „BRD=Volkstod“. Ein weiteres Kreuz wurde vor einem ehemaligen Kindergarten auf der Dresdner Straße festgestellt. Es trug die Aufschrift „Deutsches Volk“. Zudem wurden laut Polizeiangaben Fenster des leer stehenden Gebäudes eingeschmissen. Die Polizei hat die Ermittlung wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole sowie wegen Sachbeschädigung aufgenommen.

 

Berlin-Wedding: Mann schreit Nazi-Parolen vom Balkon

Zum ersten Mal kam die Polizei gegen 19.45 Uhr im Berliner Stadtteil Wedding. Ein 39-Jähriger hatte rechte Parolen von seinem Balkon gebrüllt und die Nachbarn alarmierten die Polizei. Der Mann stimmte einem Atemalkoholtest zu - er hatte 1,7 Promille. Als die Beamten seine Daten aufnahmen, beleidigte er einen der Polizisten rassistisch.
Einige Stunden darauf riefen die Nachbarn erneut die Polizei, wieder stand der Mann auf seinem Balkon und schrie rechte Parolen. Er öffnete der Polizei die Türe nicht, da die Beamten aber seine Daten bereits vom erstem Besuch hatten, stellten sie erneut Strafanzeige.

 

AfD in Sachsen-Anhalt Poggenburg gerät unter Druck

Ein Machtkampf erschüttert die AfD in Sachsen-Anhalt. In einem Brandbrief kritisieren die Kreischefs und ein Großteil  der 25 Landtagsabgeordneten  die Landesspitze für ihr Schweigen zum Umgang mit der „Identitären Bewegung“ und dass Teile der Fraktion zuletzt die Nähe zur rechten Identitären Bewegung gesucht hatten. Die Identitären sind  Zusammenschlüsse von völkisch denkenden Rechten und Rechtsextremen und  im Visier des Verfassungsschutzes.  Die AfD solle kein „Auffangbecken für Extremisten“ und „ehemalige Netzwerke der NPD“ werden, heißt es in dem Brief.
Auslöser sind die Avancen des AfD-Abgeordneten Hans-Thomas Tillschneider gegenüber den Identitären, mit denen er eine Kooperation fordert. Die Kritik richtet sich auch gegen Landes- und Fraktionschef André Poggenburg. Zwar bleibt er ungenannt, die Vize-Landeschefs Ronny Kumpf und Andreas Mrosek haben den Brief allerdings unterzeichnet.

 

Dubioser „Charityabend“ mit der AfD

Das Meeting am 11. Juni  im Schloss schien gut abgeschirmt. Nur der vorne im Hof abgestellte leuchtend blaue Pickup mit seiner großflächigen Werbung wies auf die „Alternative für Deutschland“ hin. Wenige Stunden nach einer offiziellen Veranstaltung der AfD in Schwerin trafen sich einige Auserwählte zu einem „Charityabend“ mit Stargast Alexander Gauland in Jessenitz. Unter Mitwirkung des Schlossherren Philip Steinbeck und dessen Gattin seien „zukunftsweisende Gespräche in entspannter Atmosphäre geführt  und Spenden gesammelt worden, heißt es bei Facebook.
Am Treffen um den runden Tisch im Schlosssaal von Jessenitz beteiligten sich auch  Unternehmer  aus der Region. Die Finanzierung des Landtagswahlkampfs der  „Alternative für Deutschland“  in Mecklenburg-Vorpommern soll stehen, heißt es. Die Kassen scheinen gut gefüllt. Doch die AfD hat ehrgeizige Ziele, will stärkste Partei im Bundesland werden. Rund 270 000 Euro soll das Budget bisher umfassen. Intern war von 26 „Förderern“, die dem Landesverband beistehen, die Rede.
Dass einige der Sponsoren lieber im Hintergrund bleiben, dürfte politische Gründe haben. Denn ihr politischer Background könnte der Rechtspartei Schwierigkeiten bereiten. Exportunternehmer Philip Steinbeck bewegt sich seit langem im extrem rechten Parteiumfeld, galt lange auch als NPD-nah. Er hegte Kontakte zu dem 2009 verstorbenen früheren Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger und beschäftigte Thomas „Steiner“ Wulff zeitweilig als Fahrer in einer seiner Firmen.

 

Mehr als drei Jahre Haft für Brandanschlag auf Asylbewerber in Thüringen

Alkohol und Ausländerfeindlichkeit haben einen Mann im Dezember zu einer Attacke auf ein Asylbewerberheim in Altenburg getrieben. Selbst Kinderwagen wurden in Brand gesteckt.
Für den Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft im Dezember im thüringischen Altenburg ist der 29-jährige Mann zu dreieinviertel Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem wurde für ihn wegen seines Alkoholproblems die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Das Landgericht Gera erklärte ihn in seinem Urteil unter anderem der fahrlässigen Brandstiftung für schuldig.
Ein mitangeklagter 31-Jähriger wurde vom Vorwurf der Brandstiftung freigesprochen, muss aber wegen Nazi-Parolen eine Geldstrafe - 120 Tagessätze zu je 10 Euro - zahlen.
Im Treppenhaus waren am 7. Dezember Papier und mehrere abgestellte Kinderwagen in Brand gesteckt worden. Durch den Rauch wurden neun Menschen verletzt, darunter ein zwei Monate altes Baby. Der Angeklagte habe aus ausländerfeindlichen Motiven gehandelt und das Haus anzünden oder zumindest die Bewohner in Angst und Schrecken versetzen wollen, sagte der Vorsitzende Richter in der Begründung.

 

Rassismus: Der Staat verschweigt die Gewalt

Die Polizei berichtet nicht mehr regelmäßig über Gewalt gegen Flüchtlinge in ihren täglichen Meldungen, obwohl sich im ersten Halbjahr 2016 die flüchtlingsfeindlichen Straftaten dramatisch erhöht haben. Letztes Jahr um diese Zeit waren es 289, die meisten davon Angriffe auf Unterkünfte, Brandanschläge, Angriffe mit Steinen, Böllern, Sprengstoff oder Schusswaffen. Bei körperlichen Angriffen wurden 67 Menschen verletzt. Und heute?
Jeden Tag prügeln idiotische Verbrecher auf Flüchtlinge ein. Die Angriffe sind seit Beginn des Jahres heftig angestiegen – bereits mehr als 200 Geflüchtete wurden Opfer direkter, massiver Gewalt, und wir wissen von 714 Straftaten. Kurz: Sie haben sich mehr als verdoppelt. Aber wie zählen, wenn die Polizei kaum Mitteilungen mehr macht? Was immer der Grund sein mag, ob nun aus Scham, Furcht oder Gleichgültigkeit – es ist ein Zeichen nationalen und politischen Versagens.

 

„Russlanddeutsche“ und die extreme Rechte

Nachdem in Berlin Anfang des Jahres eine 13-jährige Schülerin zeitweise verschwunden war, kam es bundesweit zu rassistischen Mobilisierungen in der russlanddeutschen Community. In sozialen Netzwerken und im russischen Fernsehen war das Gerücht aufgekommen, dass das aus einer russlandeutschen Familie stammende Mädchen von Asylbewerbern missbraucht worden sei. Bei Veranstaltungen in Hannover traten Redner_innen der AfD Hannover, von „Pegida Hannover“ sowie von „Männer schützen Frauen“ auf.

 

Die NPD in Thüringen blutet aus

Vor zehn Jahren trauten Beobachter der thüringischen NPD zu, die damalige „Erfolgsgeschichte“ der Partei fortschreiben zu können. Mittlerweile steht der Landesverband am Abgrund, die Niederlage bei der vergangenen Landtagswahl im September 2014 ist längst nicht verdaut.
Hinter den Kulissen fliegen noch immer die Fetzen, führende Aktivposten wie Ex-Organisationsleiter David Köckert gehen auf Distanz ­– oder wechseln direkt zur Konkurrenzpartei „Die Rechte“, wie der Erfurter Stadtrat Enrico Biczysko.
Wie die Neonazi-Partei die Rechte am Freitag mitteilte, hat der bisherige Erfurter NPD-Stadtrat Enrico Biczysko die Seiten gewechselt. In der NPD sei aufgrund „anhaltender innerparteilicher Streitigkeiten keine konstruktive politische Arbeit möglich“, tritt die Rechte in ihrem Online-Eintrag nach. Biczysko gilt als wichtiger Strippenzieher der Szene in der thüringischen Landeshauptstadt. Köckert wünschte dem 34-Jährigen über Facebook indessen „alle Gute“ für seinen politischen Weg. Die NPD hat sich auf den bekannten Kanälen bislang nicht zu dem Abgang geäußert.

 

NPD-Sonnenwendfeier am vergangenen Samstag in Tiefenbach

Wie im letzten Jahr veranstaltete der Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg der NPD am 18.6. sein Sommerfest in einer Scheune bei Illertissen. Trotz aller Konspirativität – die Gäste wurden über einen Schleusungspunkt an der Autobahn zur Veranstaltung geleitet – gelang es den über 50 Neonazis nicht, unentdeckt zu bleiben.
Das Gebäude, das dieser sonst als Unterstand für landwirtschaftliches Gerät nutzt, stand bereits im vergangenen Jahr für das Sommerfest der NPD zur Verfügung. Zur diesjährigen „Sonnwendfeier“ begrüßte dort der Kreisvorsitzende Stefan Winkler seine über 50 Gäste.
Auch zur „Sonnwendfeier“ am Samstag zeigten sich die Überschneidungen und Sympathien der verschiedenen Szenen in Schwaben. Unter den Gästen in Tiefenbach befanden sich auffällig viele Skinheads. Mit dabei: Mitglieder von der neonazistischen „Voice of Anger“ (VoA). Die Skinheadkameradschaft ist noch immer eine der größten aktiven ihrer Sorte in Bayern.

 

Sie halten sich für „die erste Reihe des patriotischen Widerstandes“: Die „Identitäre Bewegung“

Die „Identitären“ betrachten sich selbst als eine Jugendbewegung der Neuen Rechten, ihre Aktionen werden in Deutschland jedoch von einem relativ kleinen Kreis umgesetzt – von einer Bewegung kann also derzeit keine Rede sein. Dass diese Wenigen innerhalb der Neuen Rechten bestens vernetzt sind und von der älteren Generation unterstützt werden, verdeutlichen die Diskussionen, die in den neurechten Publikationen und Zirkeln wie der Sezession und dem Institut für Staatspolitik (IfS) geführt werden.
n Berlin traten die „Identitären“ zuerst im März 2013 aus dem virtuellen Raum in die Öffentlichkeit, nachdem sie im Oktober 2012 zunächst eine Facebookseite eingerichtet hatten. Die Aktion richtete sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in einer ehemaligen Seniorenunterkunft in dem eher bürgerlich geprägten Stadtteil Reinickendorf. Bisweilen muten die Aktionen, die erst dadurch Bedeutung gewinnen, dass sie gefilmt und dann ins Internet gestellt werden, lächerlich an. So war auf einem der ersten Videos der „Identitären Bewegung Berlin-Brandenburg“ ein Haufen junger Männer zu sehen, der im Einkaufszentrum Alexa zu kaum zumutbarem Techno rumspringt, dabei Identitären-Fahnen schwenkt und diese Aktion auf Flugblättern als Konsumkritik verkaufte.
An dem Aufmarsch der „Identitären“ in Berlin nahmen etwa 150 Personen teil – während sich die Berliner Neonaziszene von den „Identitären“ nicht angesprochen fühlte und der Demonstration fernblieb, nahmen einige Aktive von Bärgida teil. Dies kommt wenig überraschend, nehmen doch auch die Identitären regelmäßig an Bärgida-Demonstrationen teil. Bereits im März 2013, also zu Beginn der Aktivitäten der Berliner „Identitären“, hatten diese den heutigen Organisator von Bärgida, Karl Schmitt, zu einer Vortragsveranstaltung geladen. Genauso wenig überraschend ist die Teilnahme von Jannik Brämer, der als Mitorganisator der Berliner Demonstration in Erscheinung trat, sowie weiterer Berliner AfDler.

 

Identitäre Gewalt in Wien

In Österreich radikalisiert sich die „Identitäre Bewegung“ zunehmend und greift gewaltsam ihre politischen Gegner an. Die „Identitären“ haben sich in den letzten Jahren viel Mühe gegeben, eine Fassade des gewaltlosen Aktivismus aufzubauen. Engagierte Antifaschist_innen haben in der Vergangenheit bereits erfahren müssen, wie es um die vermeintliche Gewaltlosigkeit der „Identitären” steht.
Nach einer antirassistischen Kundgebung Mitte Januar in Graz, die sich gegen eine Demonstration der „Identitären“ vor einer geplanten Geflüchtetenunterkunft richtete, wurde eine Gruppe von Antifaschist_innen, die sich gerade auf dem Heimweg befand, von führenden Mitgliedern der „Identitären“ brutal angegriffen und überfallen. Dabei setzten die Angreifer einen Teleskopschlagstock, einen Gürtel mit Eisenschnalle und mit Quarzsand verstärkte Handschuhe ein.
Unter den Angreifern befanden sich demnach: Fabian R., der als Kassierer der „Identitären Bewegung Österreich“ fungiert; Dominik H. (mit Gürtel) der schon als Ordner bei Demonstrationen der „Identitären“ aufgefallen ist; Phillipp H., welcher als Redner bei verschiedenen Kundgebungen auftrat; sowie weitere Männer,  die dem Umfeld der „Identitären“ zuzuordnen sind.

 

Dem Nazisumpf entkommen – Felix Beneckensteim über sein Leben als Neonazi

„Die Einheimischen sind in Deutschland in der Minderheit und der Staat sieht nur zu und unternimmt nichts. Die Ausländer bringen die Kriminalität in unser Land und schlagen unsere Frauen.“ Zwei Sätze eines erschreckenden Weltbildes, an das der mittlerweile 30-Jährige lange Zeit glaubte. Der Mann aus Dorfen war jahrelang ein gefeierter Liederschreiber der Neonazis mit vielen Fans. Nach seinem Ausstieg gilt er in der Szene als Verräter, wird geächtet und manchmal sogar bedroht.

 

Stammheim ist die Neonazis losgeworden

Pfingstsonntag, 24. Mai 2015. Die braune Präsenz in dem sonst so beschaulichen Dorf Stammheim (Landkreis Schweinfurt, Bayern) hat ihren Höhepunkt erreicht. Rund 60 Anhänger der rechtsextremen Kleinstpartei „Die Rechte“ ziehen unter dumpfem Trommelwirbel und ebenso dumpfe Parolen grölend durch den Ort.
Mitte April hatte die Partei angekündigt, in Stammheim ihre Landesparteizentrale einrichten zu wollen. Dazu hatten die Rechten ein Anwesen mitten im Ort angemietet. Das Anwesen steht wieder leer. Das Landratsamt Schweinfurt untersagte die Nutzung des Hauses als Parteizentrale. Dagegen klagten die Neonazis erfolglos vor dem Verwaltungsgericht.
Schon wenige Tage nach der Ankündigung der Rechten, ihre Parteizentrale in Stammheim etablieren zu wollen, formierte sich am 21. April 2015 erstmals der „Runde Tisch“. „Die Nutzungsuntersagung durch das Landratsamt hat die Angelegenheit abgekürzt. Wir hatten uns auf einen längeren Widerstand eingestellt“, sagt Gerd Völk, einer der Initiatoren. Diplomatisch gibt sich Burkhard Krapf, Koordinator des Bündnisses: „Unser Einsatz hat mitgewirkt, die Rechten wussten, dass sie bei uns nicht willkommen waren.“

 

Abschiebungen: Die Zahlen müssen stimmen

In Sachsen gibt es immer mehr Abschiebungen. Bereits 1 896 Menschen wurden in diesem Jahr aus Sachsen abgeschoben. Rechtlich sind viele davon fragwürdig, für die Abgeschobenen kommen sie oft einer Katastrophe gleich. „Am 25. Mai, um zwei Uhr nachts, sind über 20 Polizisten gekommen. Die haben meine kranke Frau nach Mazedonien abgeschoben und die drei kleinen Kinder“, erzählt Sami Bekir, Rom und Vater einer zehnköpfigen Riesaer Familie. Dabei sei über das Asylgesuch der Familie noch gar nicht abschließend entschieden worden.
»Wir werden die Abschiebezahlen weiter steigern«, tönte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) im April, als ginge es um die Absatzziele eines Unternehmens. Und das, obwohl sich die Abschiebezahlen seit vergangenem Jahr schon mehr als verdoppelt haben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuvor Bild zufolge in einem internen Bericht an das Kabinett Unzufriedenheit geäußert – ihm gehe die Abschiebung abgelehnter Asylsuchender in den Bundesländern zu langsam voran.

 

De Maizière in der Kritik nach Aussage, Ärzte würden Flüchtlingen Gefälligkeitsatteste ausstellen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière steht nach seinem durch keine Statistik belegten Vorwurf, Ärzte würden von Abschiebung bedrohten Asylsuchenden Gefälligkeitsatteste ausstellen, heftig in der Kritik.
In einem am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Interview hatte der Bundesinnenminister scharfe Kritik an Ärzten geübt, weil sie zu viele Flüchtlinge krankschreiben und damit vor der Abschiebung bewahren würden. Doch die Zahlen, auf die er sich stützte, ließen sich statistisch nicht belegen.
Der Minister hatte der "Rheinischen Post“ gesagt: „Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt. Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“
Die Zahl ist allerdings, wie er später einräumen musste, ein „Erfahrungswert“ und durch keine Statistik gedeckt.

 

Reichsbürger – Die Staatsfeinde

Der Anruf bei dem Luxemburger Waffenhändler war schon außergewöhnlich. Am Telefon erkundigte sich ein Kunde nach einer Kalaschnikow. Einer AK47, einem Sturmfeuergewehr. Nicht, dass der Luxemburger Händler so etwas nicht im Sortiment hätte. Eine AK47 aus Rumänien kann man momentan zum Preis von 455 Euro bei ihm erstehen, eine gebrauchte Kalaschnikow aus DDR-Beständen, "wie neu", für 485 Euro. Problematisch war nur, dass der Interessent aus Deutschland anrief, das sah der Luxemburger an der internationalen Telefonvorwahl. Und in die BRD dürfe er keine Kriegswaffen liefern, informierte der Händler den Anrufer.
Dann wurde es merkwürdig. "Der Anrufer sagte, er sei gar kein Bürger der Bundesrepublik, er sei vielmehr ein Bürger des Deutschen Reiches. Und als solcher befugt, Waffen zu kaufen", erinnert sich der Inhaber des Waffenhandels an den weiteren Verlauf des Telefonats. Die AK 47 solle nur eine erste Bestellung sein – weitere würden folgen.
Zur Untermauerung seiner Angaben schickte der Kunde Unterlagen per Mail. Zertifikate, Ausweispapiere eines angeblichen Freistaates Preußen, einen Waffenschein in altdeutscher Schrift. Laufende Nummer 101. "Da wurde mir doch mulmig – ich dachte, wer von denen hat denn die anderen hundert Waffen?" Der Luxemburger schaltete das Landeskriminalamt in Düsseldorf ein. Dort fand man heraus, wer der Anrufer war: Ein 32-jähriger Mann aus Warburg im Kreis Höxter, offenbar ein Aktivist des sogenannten Freistaates Preußen, der seinen "Sitz" im Rheinland hat. Ziel der Waffenbeschaffung war vermutlich der Aufbau einer eigenen Polizeitruppe. Im März 2015 stürmte ein SEK das weitläufige Areal des Anrufers im Kreis Höxter, beschlagnahmte eine Reihe Waffen, allerdings eher altertümliche Flinten, wie eine Polizeisprecherin in Bielefeld berichtet. Nach Einschätzung der Behörden ist der Warburger ein strammer Anhänger der Reichsbürgerbewegung.

 

In München werden Devotionalien von Hitler und Göring versteigert

Wie ein Geheimkommando wirkt diese Auktion, bei der in München am vergangenen Wochenende eine große Menge an NS-Devotionalien unter den Hammer gekommen sind – darunter abgeschmackte Dinge wie Hermann Görings Unterhose oder Adolf Hitlers Socken. Ein Türsteher hat sich vor dem unscheinbaren Eingang des Auktionshauses Hermann Historica aufgebaut und befragt Interessenten, die zu der Versteigerung wollen. "Sind Sie Sammler?" Er holt Franz Hermann her, den Mitbesitzer des Hauses. Der erkundigt sich, was man genau sammelt und welche Gegenstände man ersteigern will. "Postkarten? Nein, das reicht nicht, kein Zutritt." Einem anderen Interessenten hält Hermann vor: "Ich kenne Sie gar nicht."
Ja, man kennt sich in diesem Markt, der braun und trüb und sumpfig ist. Und man will unter sich bleiben. Kritik hat es im Vorfeld gegeben – etwa von Charlotte Knobloch. Doch juristisch ist dagegen nicht anzukommen, meint die Staatsanwaltschaft. Dass es den Schmuddel-Markt der NS-Trophäenjäger gibt – national wie international – , zeigt nicht nur der Ausstellungskatalog mit den 169 abgebildeten Objekten. Zwei junge Japaner in hipper Kleidung, mit langem Haar und Baseballkappen kommen mit dem Katalog unter dem Arm. Einlass kein Problem – offensichtlich sind es Abgesandte eines reichen Sammlers, der es auf Stücke aus dem NS-Horrorkabinett abgesehen hat. Auf Fragen sagen sie nur: "No comment."

 

Österreich: "No hate speech"-Komitee gegründet

Jugendministerin Sophie Karmasin warnt vor Hassreden im Internet: Diese seien "kein Kavaliersdelikt" und könnten im schlimmsten Fall Menschen in den Suizid treiben. Für mehr Bewusstseinsbildung hat sich am Montag in Österreich ein Nationales Komitee zur Umsetzung der "No Hate Speech"-Initiative des Europarates gegründet.
Das Komitee setzt sich aus Vertretern aus Ministerien und Nichtregierungsorganisationen zusammen. "Wir müssen alles tun, damit junge Menschen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet lernen und wir wollen sie bestärken, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen und sich für Menschenrechte zu engagieren", erklärte Karmasin.
Das Ministerium startet ab Dienstag einen Social Media-Videowettbewerb zu #nohatespeech", auf der "No Hate Speech"-Website können Hassreden registriert werden und es werden Werkzeuge vorgestellt, wie sie bekämpft werden können.

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Presseschau .. 22.06.2016

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+++ Neue Zahlen des BKA: 563 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte in der ersten Jahreshälfte +++ Hessischer Landrat kündigt wegen rechter Drohungen Rückzug an +++ Umfrage unter Bürgermeistern: Eine Welle des Hasses gegen Kommunalpolitiker +++ Brandanschlagsserie auf Autos in Berlin hatte rassistisches Motiv +++ 29 Hakenkreuze bei abgebrannter Flüchtlingsunterkunft +++ Berlin-Friedrichshain: Rassistische Beleidigungen und Hitergruß

 

Neue Zahlen des BKA: 563 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte in der ersten Jahreshälfte

Obwohl der Zustrom von Flüchtlingen abgeebbt ist, werden die Angriffe von Rassisten nicht weniger. Es sei „erschreckend“, dass auch in der ersten Hälfte des Jahres die Zahl der Gewaltdelikte „sehr hoch ist“, sagte am Montag Marc Schmitz, Kriminaldirektor beim Bundeskriminalamt, am Montag in Erfurt bei einem Symposium des Thüringer Verfassungsschutzes zu „Migration und Sicherheit“. Demnach zählte die Polizei von Januar bis Mitte Juni 563 Straftaten, darunter 97 Gewaltdelikte, gegen Asylunterkünfte. Im gesamten Vorjahr waren es knapp 100.
51 militante Attacken waren Brandstiftungen, außerdem gab es vier versuchte Tötungsdelikte. Zusätzlich waren Flüchtlinge außerhalb von Heimen und Wohnungen, zum Beispiel an Bushaltestellen oder auf öffentlichen Plätzen, bereits  824 Straftaten ausgesetzt, mit 142 Gewaltdelikten. Die Attacken abseits der Unterkünfte registriert das BKA gesondert seit Jahresbeginn.
Der Beamte sagte auch, es sei reines Glück, dass es bisher keine Todesopfer gegeben habe.
Außerdem sprach der Beamte von von 202 Angriffen „gegen Amts- und Mandatsträger in Verbindung mit der Asylthematik“. Gemeint sind vor allem Abgeordnete, Polizisten und Sozialarbeiter. Die Zahlen sind damit in der ersten Jahreshälfte höher gewesen als im Jahr 2015.

 

Hessischer Landrat kündigt wegen rechter Drohungen Rückzug an

Nach Drohungen gegen sich und seine Familie hat der Landrat des Main-Kinzig-Kreises in Hessen, Erich Pipa (SPD), angekündigt, im kommenden Jahr nicht mehr für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. „Ich fühle mich vom Staat nicht geschützt“, sagte er am Montag. Seit September vergangenen Jahres hatte der Politiker wegen seines Engagements für Flüchtlinge Morddrohungen bekommen. Nach eigenen Angaben erhält er noch immer regelmäßig anonyme Briefe mit Beschimpfungen.
Aufgrund der andauernden Bedrohungslage sowie der Frustration über mangelnde Ermittlungserfolge der Polizei hatte Pipa seinen Rücktritt beschlossen. »Bürger helft mir«, sagte er am Montag und setzte eine öffentliche Belohnung für Informationen aus, die zur Ergreifung der Täter führen. 3.000 Euro stellte er von seinem eigenen Einkommen dafür zur Verfügung. »Ich möchte diesen feigen Menschen in die Gesichter sehen, die andere bedrohen«, erklärte er in einer Mitteilung.
Etwa alle zwei Woche kämen weitere Drohbriefe, die auch seiner Familie gelten, sagte Pipa. Obwohl er der Polizei konkrete Hinweise gegeben habe und auch den Absender eines Drohbriefs nannte, sei laut seinen Angaben nichts passiert. Im Brief einer „Initiative Heimatschutz Kinzigtal“ war Pipa im vergangenen September als „stinkende Ratte“ und „Kanaken-Landrat“ beschimpft worden. Außerdem wurde gedroht, ihn „aus dem Weg zu räumen“.

 

Umfrage unter Bürgermeistern: Eine Welle des Hasses gegen Kommunalpolitiker

Beleidigungen per E-Mail, tote Ratten vor der Haustür bis hin zu tätlichen Angriffen: Deutsche Kommunalpolitiker sind mit einer Welle des Hasses konfrontiert. Wie eine Umfrage ergab, werden die Volksvertreter vor allem wegen der Flüchtlingspolitik attackiert.
Deutschlands Kommunalpolitiker sind wegen des Flüchtlingszuzugs vielerorts einer Hasswelle ausgesetzt. In fast jeder zweiten deutschen Kommune (47 Prozent) wurden haupt- und ehrenamtliche Bürgermeister, Mitarbeiter oder Gemeinderäte im Zusammenhang mit ihrer Flüchtlingspolitik bereits beschimpft oder beleidigt, wie aus einer Umfrage für das Monatsmagazin "Kommunal" hervorgeht. Das Spektrum reiche von Verunglimpfungen und beleidigenden Mails über Schmierereien an Hauswänden bis hin zu toten Ratten vor der Haustür.
Körperliche Angriffe seien dabei bisher die Ausnahme: Sechs Prozent der befragten Bürgermeister hätten angegeben, körperlich attackiert worden zu sein, davon die Hälfte im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik. Eine gesetzliche Verschärfung gegen Hassmails und "Politiker-Stalking" halten laut der Umfrage 52 Prozent der Befragten nicht für sinnvoll.
Gleichzeitig sind die Bürgermeister in der Flüchtlingspolitik optimistisch, wie die Untersuchung ergab. Lediglich 14 Prozent der Kommunen fühlten sich derzeit überfordert, hieß es.

 

Brandanschlagsserie auf Autos in Berlin hatte rassistisches Motiv

Vom 20. Mai bis zum 12. Juni – innerhalb von nur dreieinhalb Wochen – soll Florian M. in Oberschöneweide zehn Autos und Kleintransporter mit ausländischen Kennzeichen abgefackelt haben. Abgesehen hatte er es vor allem auf polnische Wagen. Dabei griffen die Flammen auf zehn weitere Autos über.
Für die Berliner Polizei ein schneller Fahndungserfolg: Anfang Juni übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen, wenige Tage später – am 12. Juni – wurde Florian M. erwischt, als er erneut zwei Autos anzündete.
Ein Kripo-Fahnder der Direktion 6: „Er passte genau auf die von den Kollegen erstellte Personenbeschreibung.“ Reste von Grillanzündern und ein Feuerzeug steckten in seiner Bauchtasche.
Die Polizei durchsuchte noch in der Nacht seine Wohnung, fand 198 Aufkleber der NPD mit der Aufschrift „Asylflut stoppen“. In der Vernehmung gab er zu, dass er auch versucht hatte, ein rumänisches Fahrzeug anzuzünden.

 

29 Hakenkreuze bei abgebrannter Flüchtlingsunterkunft

Zwei Tage nach dem Brand eines für Flüchtlinge gedachten Wohncontainers am Stadtrand von Volkmarsen (Landkreis Waldeck-Frankenberg) ist die Brandursache weiter unklar. Man vermute einen technischen Defekt oder Brandstiftung als Ursache des Feuers, sagte ein Polizeisprecher.
Der Sprecher bestätigte, dass in der Nähe des Brandorts rechte Symbole gefunden worden: An einer Treppe zur rund 150 Meter entfernt gelegenen Kugelsburg seien 29 mit schwarzer Farbe gesprühte Hakenkreuze entdeckt worden.

 

Berlin-Friedrichshain: Rassistische Beleidigungen und Hitergruß

Ein 26-jähriger Tatverdächtiger soll bei einem Streit mit einem 31-Jährigen im Berliner Stadtteil Friedrichshain den rechten Arm zum sogenannten "Deutschen Gruß" gehoben und anschließend rechtsradikale Parolen gerufen haben. Alarmierte Polizisten nahmen den 26-Jährigen fest.

 

Fall Gedeon: Statt Rauswurf bestellt die AfD Gutachter

Eigentlich wollten die Fraktionsmitglieder im baden-württembergischen Landtag über Gedeons Ausschluss entscheiden. Doch soweit ließ es der AfD-Abgeordnete dann gar nicht kommen. Der wegen Antisemitismus-Vorwürfen umstrittene Politiker ließ sich auf einen Kompromiss ein und erklärte am frühen Nachmittag, er werde seine Mitgliedschaft in der Fraktion ruhen lassen. Zumindest vorerst. Bis zum September soll eine Kommission prüfen, ob die Vorwürfe berechtigt sind. Danach soll der Fall erneut beraten werden.
Mit seinem Rückzug wolle er eine Spaltung der Partei abwenden, sagte Gedeon nach dem Entschluss. Tatsächlich hatte Fraktionschef Jörg Meuthen damit gedroht zurückzutreten, wenn Gedeon nicht ausgeschlossen würde. Der 54-Jährige sieht sich von der heutigen Entscheidung bestätigt: "Ich denke, dass ich mich klar durchgesetzt habe", sagte er in Stuttgart.

Lesenswerter Kommentar von Josef Schuster, Zentralrat der Juden: AfD nicht bereit, sich eindeutig von rechtsextremen Strömungen zu distanzieren

„Das Buch von Wolfgang Gedeon ist antisemitisch und mit der klaren Absicht geschrieben, gegen die angeblich alles beherrschenden Juden zu hetzen“, erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, dazu am Dienstag in Berlin.
„Dass der AfD-Fraktionsvorsitzende und Parteivorsitzende Jörg Meuthen ein unabhängiges Gutachten einholen will, bevor über den Fraktionsausschluss von Gedeon entschieden wird, zeige wieder einmal: Die AfD ist nicht bereit, sich eindeutig von rechtsextremen Strömungen zu distanzieren. Der Fraktionsausschluss von Herrn Gedeon wäre der einzig richtige Weg.“ Die AfD solle ohne weiteres Zögern dieses eindeutige Signal gegen Antisemitismus setzen, machte Schuster deutlich.

 

In der Hitze der Macht – In der AfD gab es vier Putschversuche in vier Tagen

Putschversuch Nummer eins: Petry gegen Meuthen. Der Bundesvorsitzende Meuthen droht mit Fraktionsaustritt, sollte sein Landesverband nicht für den Ausschluss des für seine antisemtischen Äußerungen bekannt gewordenen Abgeordneten Wolfgang Gedeon stimmen.
Für Petry ist Meuthen ein Problem. Er will eine alleinige Spitzenkandidatur von ihr für den Bundestag nicht unterstützen. Petry weiß das. Würde sie Meuthen ihre Unterstützung bei der heiklen Abstimmung verweigern und würden nur wenige Abgeordnete gegen einen Ausschluss Gedeons stimmen, wäre zumindest dieses Problem gelöst.
Putschversuch Nummer zwei: Meuthen gegen Petry.

 

André Poggenburg will AfD-Fraktionsvorsitz abgeben – und Landtagsvizepräsident werden

Nach massiver Kritik von der Parteibasis will Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg den Fraktionsvorsitz abgeben - und Landtagsvizepräsident werden. Er sei am Dienstag von seiner Fraktion einstimmig für dieses Amt nominiert worden, sagte Poggenburg. Er wolle dennoch weiterhin Parteichef im Land bleiben. Nachfolger als Fraktionschef solle sein Stellvertreter Matthias Büttner werden.
Zuvor war von zahlreichen Abgeordneten und Kreischefs der AfD ein offener Brief veröffentlicht worden, der sich indirekt auch gegen Poggenburg wandte. Darin wurde unter anderem eine schärfere Abgrenzung von Rechtsextremisten gefordert.

 

Homophober Zwischenruf Landtagspräsident lehnt Änderung des Protokolls ab

Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) hat die Protokoll-Korrektur zu dem schwulenfeindlichen Zwischenruf des AfD-Abgeordneten Andreas Gehlmann abgelehnt. Gehlmann hatte während einer Parlamentsdebatte indirekt Gefängnisstrafen für Homosexuelle gefordert. Der Fall hatte bundesweit Empörung ausgelöst.
Gehlmann habe nicht bestritten, die Worte „Das sollten wir in Deutschland auch machen“ gesagt zu haben, als es in einer Asyl-Debatte um Haftstrafen für Homosexuelle in den Maghreb-Staaten ging. Im Brief an den AfD-Mann formuliert Güssau scharf, Gehlmann habe seine Wortwahl ja selbst bestätigt - nicht ohne anschließend zu betonen, er habe den „Zwischenruf im Videomitschnitt (...) trotz mehrmaligen, aufmerksamen Studiums nicht feststellen können.“ Gehlmann behauptete, seine Worte seien an anderer Stelle gefallen, als im Protokoll vermerkt. Güssau hielt dagegen, dies ergebe grammatikalisch keinen Sinn.

 

Pegida in Dresden: Bachmann stellt Vertrauensfrage

Nach dem Ausschluss seiner ehemaligen Mitstreiterin Tatjana Festerlings aus dem Pegida-Führungskreis hat sich deren Mitbegründer und Chef Lutz Bachmann der Unterstützung seiner Anhänger versichert.
Bei der ersten Kundgebung des rechtspopulistischen Bündnisses seit Bekanntwerden des Bruchs in der Führungsspitze forderte Bachmann die Teilnehmer am Montagabend in Dresden auf, per Handzeichen seinem Organisationsteam das Vertrauen auszusprechen. Ein Großteil der Anwesenden kam der vorab nicht angekündigten Aufforderung nach.
Zugleich wies Bachmann den von Festerling gegen ihn erhobenen Vorwurf eines laxen Umgangs mit Spenden zurück. Er listete eine ganze Reihe von Ausgaben auf, die der Pegida-Verein etwa für Beschallungsanlage, Funkgeräte, den Auftritt des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders im April vergangenen Jahres oder für Feiern für die Pegida-Ordner aufgewendet habe. Zu den Einnahmen des Bündnisses äußerte er sich nicht. Auch das ihm von Tatjana Festerling angelastete mangelnde Engagement über die Grenzen Dresdens hinaus ließ Bachmann nicht gelten.

 

Was ein Reporter erlebt, der das Gespräch mit den „Lügenpresse“-Kritikern von „Compact“ sucht

Im Frühling lud das alternative Nachrichtenmagazin Compact seine Leser auf eine besondere Reise ein. Für 885 Euro ging es vier Tage in die Sächsische Schweiz. Burgen, Festungen, Preußens Glanz und Sachsens Gloria. Das Abendland, wie es einmal war. Reisestart war in Dresden, der Pegida-Hauptstadt, am 20. April, Adolf Hitlers Geburtstag. Zufall?
Wir wollten ein Porträt über den überraschenden und seltenen Auflagenerfolg eines neuen politischen Magazins schreiben. In der Vergangenheit wurde vor allem über Compact gesprochen – aber nicht mit den Machern. Viele Mythen und Gerüchte ranken sich um das Blatt, unter anderem sollte es von Putin finanziert und gesteuert werden. Darauf fanden wir trotz großen Rechercheaufwands jedoch keine Hinweise.
Im Februar schrieben wir dann eine Interviewanfrage an den Chefredakteur Jürgen Elsässer. Seine knappe Antwort: "Es sollte sich langsam herumgesprochen haben, dass wir dem Mainstream keine Interviews geben."
Von diesem Nein ließen wir uns nicht abschrecken und fuhren im März auf die Leipziger Buchmesse.

 

Hilfspolizisten in Sachsen: Kaum im Dienst , fordert De Mazière schon Ausweitung ihrer Befugnisse

Gegen Raser gebe es Blitzmarathons, "warum nicht mobile Polizeieinsätze gegen Einbrecher?", hatte die "Rheinische Post" de Maizière gefragt. Der antwortete, dass es das ja schon in vielen Ländern gebe. Und: "Sehr nützlich ist eine sogenannte Wachpolizei"– also Kräfte mit Kurzausbildung, begrenzten Befugnissen, Uniform und Waffe: "Sie können als Wache in besonders belasteten Vierteln eingesetzt werden. Sie würden die Präsenz der Polizei erhöhen und können Meldungen machen. Sachsen hat die Wachpolizei bereits eingeführt - das ist ein zukunftsweisendes Modell."
Der Haken: Sachsens Wachpolizisten dürfen gar nicht "in besonders belasteten Vierteln" eingesetzt werden. Ihre Befugnisse sind auf die Unterstützung der Polizei bei Fest- und Gewahrsamnahmen - "Personenbewachung" - einerseits und "zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen gefährdete Objekte" andererseits beschränkt.

 

Das Prinzip Wieschke: Wie sich die NPD-Thüringen auch ohne Verbot selbst zerlegt

Am 17. Juni 2016 verkündete die Neonazi-Partei „Die Rechte“ (DR) den Wechsel des ehemaligen NPD-Mitglieds und NPD-Stadtrates Enrico Biczysko in den DR-Kreisverband Mittelthüringen. Illustriert wurde der Artikel zum Parteiübertritt mit einem Bild von Michel Fischer, dem Landesorganisationsleiter und seit kurzem Beisitzer im DR-Bundesvorstand, und Biczysko selbst.
Bereits vor einigen Wochen war der Greizer Neonazi David Köckert als Landesorganisationsleiter zurückgetreten. Köckerts und Biczyskos Kritiken richten sich an den selben Personenkreis: Der Klüngel um den ehemaligen Landesvorsitzenden Patrick Wieschke. Neben Wieschke dürfte es sich hierbei vor allem um den Marionetten-Vorsitzenden Tobias Kammler und um den „Technischen Mitarbeiter“ Karsten Höhn handeln. Es sind vor allem die drei, die von der Partei finanziell und strukturell profitieren. Neben finanziellen Leistungen lassen sowohl Wieschke als auch Kammler seit Jahren zahlreiche kostenintensive Gerichtsverfahren durch die Partei finanzieren und haben den Landesverband damit und mit einer desaströsen Wahlkampfplanung 2014 völlig heruntergewirtschaftet.

 

Thüringische Neonazis in der Offensive: Die Hemmschwelle sinkt

Parallel zum Niedergang der NPD geht in Thüringen eine Vielzahl rechter Akteure von der AfD bis zur wiederbelebten »Anti-Antifa« immer mehr gegen Muslime, Nichtdeutsche und Linke vor.
Die AfD agitiert gegen eine geplante Moschee in Erfurt. Ebenfalls in Erfurt griffen am Himmelfahrtstag 15 mutmaßliche Neonazis aus Hooliganspektrum das Autonome Jugendzentrum (AJZ) Erfurt an, versprühten Reizgas und schlugen auf anwesende Jugendliche ein. Die Opfer erlitten Schnitt­verletzungen, Platzwunden, Hämatome und Augenreizungen.
In Saalfeld stalkt die wiederbelebte »Anti-Antifa Ostthüringen« nicht nur auf Facebook die Politikerin Katharina König (Die Linke). Ende März posierte ein Dutzend Neonazis vermummt vor dem Saalfelder Wahlkreisbüro der Abgeordneten, Mitte April detonierte eine selbstgebastelte Sprengvorrichtung vor der Eingangstür ihres Wahlkreisbüros und verrußte den gesamten Eingangsbereich. Bereits Anfang des Jahres erhielt König eine Morddrohung in einem anonymen Brief.

 

Freital: Nazis wollen zum Jahrestag der Anti-Asyl-Krawalle marschieren

Die Neonazis sind in Feststimmung. Ein Jahr nach den teilweise gewalttätigen Demonstrationen am ehemaligen Leonardo-Hotel in Freital mobilisieren Asylgegner für diesen Samstag zur "Ein-Jahr-Feier" nahe der Flüchtlingsunterkunft, die nach einem Beschluss des Landkreises vom Mai schrittweise geräumt werden soll. Zuletzt lebten dort 330 Asylbewerber.
"Wir haben es geschafft! Wir haben gezeigt, dass sich Widerstand lohnt!", erklären die Veranstalter. Als "Gäste" angekündigt haben sie führende Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland. Erwartet werden unter anderem der sächsische Landeschef der Partei "Die Rechte", Alexander Kurth aus Leipzig, NPD-Mann David Köckert vom thüringischen Pegida-Ableger Thügida, den mehrfach wegen Gewaltstraftaten verurteilte Gründer des Potsdamer Pegida-Ablegers Pogida, Christian Müller, sowie der Schweizer Rechtsextremist Ignaz Bearth. Anmelder ist nach Informationen der "Sächsischen Zeitung" der Dresdner Rechtsanwalt Jens Lorek, der schon mehrfach bei fremdenfeindlichen Demos in Freital und auch als Organisator bei Pegida in Dresden auftrat.

 

Rechte Mythen: Stundenlohn fürs Steinewerfen

Es ist unglaublich: Demonstranten werden in Deutschland dafür bezahlt, gegen Rechts auf die Straße gehen. Sogar diese Autonomen mit ihren schwarzen Kapuzenpullis, die ja gemeinhin als ausgemachte Feinde des deutschen Staatswesens gelten. Bis zu 25 Euro auf die Hand pro Stunde soll es geben, um gegen „besorgte Bürger“ von Pegida & Co. anzubrüllen.
Dafür – auch das deckt ein Zeitungsartikel schonungslos auf – gibt es sogar Strukturen: Die Linksradikalen sind brav in Vereinen und einer GmbH organisiert, mit Satzung, Vorstand und allem was man so aus der Kleingarten-Kolonie kennt. Sie verfügen zudem über eine Flotte von 48 Bussen. Enthüllt hat all das ausgerechnet die taz.
Keine Behauptung ist zu absurd, als das Rechte sie nicht für bahre Münze nehmen und als Beleg für ihre Vermutungen über den politischen Gegner verwenden würden. Wie Erika Steinbach etwa, die den Text auf Twitter teilte. Oder von Neonazis die darüber Vorträge auf Youtube halten und triumphierend daraus zitieren. Als die Jusos bei ihrem Bundeskongress im November 2015 dann einen Scherz-Antrag der gleichen Güte stellten, reagierte das rechte Netz wie bestellt. „Gefordert“ hatten die Jusos eine „Erhöhung des Demo-Solds auf 45 Euro pro Stunde, um auch weiterhin eine permanente Bereitstellung von 48 Bussen mit willigen Berufsdemonstranten zu garantieren.“

 

Bund und Länder missachten die Rechte geflüchteter Kinder

Schlechte Hygiene, kein Ort zum Spielen oder Lernen: Kinder in Flüchtlingsunterkünften werden benachteiligt. Internationale Standards gelten hierzulande wenig. In einem Lagebericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen Unicef, der an diesem Dienstag vorgestellt wird, heißt es: "Flüchtlingskinder sind generell schlechter gestellt als ihre deutschen Altersgenossen – obwohl sie die gleichen, verbrieften Rechte haben".
Besonders schlecht geht es Flüchtlingskindern, wenn sie in Not- oder Massenunterkünften wohnen. Die Verweildauer dort steigt derzeit, obwohl die Zahl der ankommenden Flüchtlinge rückläufig ist. Gesetzlich erlaubt sind höchstens drei Monate, dann sollten Familien in kleinere Folgeunterkünfte oder Wohnungen umziehen. Die meisten Kinder lebten aber ein halbes Jahr oder noch länger in Massenunterkünften. "Vielfach ist dort der Kinderschutz nicht gewährleistet", beklagt Unicef, "es fehlt an Hygiene, an ausreichenden Spiel- und Lernmöglichkeiten sowie an psychosozialen Hilfen."

 

Zum Menschenbild der Neuen Rechten: Der Einzelne hat kein Recht

Die Völker sollen in ihren angestammten Kulturräumen bleiben. Auf diese ethnopluralistische These könnte man die Ideologie der neuen Rechten reduzieren, dann würde man allerdings Details verpassen, die auf der Suche nach einer politischen Antwort auf das Programm von Parteien wie der AfD wichtig werden könnten.
Mit Heidegger einig sind sich die Theoretiker der Identitären Bewegung (die wenige Stunden vor Brumliks Vortrag durch Berlin-Mitte marschiert war), dass Subjekte eigentlich nur relativ zu ihrer Generation und ihrem Volk existieren. „Das schicksalhafte Geschick des Daseins in und mit seiner 'Generation’ macht das volle, eigentliche Geschehen des Daseins aus“, schrieb Heidegger. Deswegen können Einzelne sich auch nicht auf ihre universellen Rechte berufen – die gibt es für die neuen Rechten schlicht nicht: „Der Sammelbegriff ‚Mensch ‘ ist in seiner identitären Bedeutsamkeit nur für die jeweiligen Völker angebracht“, sagt etwa Walter Spatz.
Die Identitären treten aber nicht nur mit einem antiuniversalistischen und völkischen, sondern auch einem antikapitalistischen und antiglobalistischen Programm an, wobei sie sich auch auf Motive eines linken Diskurses beziehen: Wahre Kultur sei homogen und raumbezogen, argumentieren die Identitären, Digitalisierung und Globalisierung entfremdeten die Menschen ihrem Leben. Im Entfremdungsmotiv könne man ein Echo der Frankfurter Schule hören, meinte Brumlik.

 

Zentrum für politische Schönheit: Krasser Scheiß

Dem Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) kann es bei seinen Flüchtlingsaktionen nie krass genug zugehen: Holocaust-Verweise schwingen da gern mal mit (2014), echte Leichen müssen im Spiel sein (2015), und jetzt sollen Tiger Flüchtlinge fressen, als performatives Re-Enactment der brutalen Grenzpolitik.
Angesichts der Zustände am Mittelmeer genau die richtige Tonlage, denken offenbar viele, die die sogenannten Künstler – wie bislang noch jedes Mal – für ihre Tabulosigkeit feiern. Aber wer sich Kampagnen wie „Flüchtlinge fressen“ ausdenkt, der hat sich von der Verrohung der Flüchtlingspolitik anstecken lassen.
Was das ZPS kritisiert, ist in der Tat ein Skandal: dass die, die es am nötigsten haben, Fähren und Flugzeuge nach Europa nicht besteigen dürfen und deshalb sterben. Aber an er Empörung über die Mittelmeertoten bedient sich das ZPS wie All-inclusive-Sauftouristen an der Hotelbar, und es endet im moralischen Vollrausch.

 

Europa hat ein Problem: Faschismus

Unser Kontinent erlebt gerade eine furchterregende Ära: Blutig und hasserfüllt. Der Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox ist traurig und widerwärtig - ein mutmaßlicher Neonazi der Täter. Warum hat Europa - besonders mit seiner Geschichte - Angst davor, die größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte beim Namen zu nennen? Der Faschismus geht um.

 

Der deutsche Vernichtungskrieg Krieg gegen die Sowjetunion begann heute vor 75 Jahren

Vor wenigen Wochen beschloss der Bundestag die Resolution zur „planmäßigen Vertreibung und Vernichtung von über einer Million ethnischer Armenier“, begangen „im Auftrag des damaligen jungtürkischen Regimes“. Den Anlass für die dann lange diskutierte Resolution bildete der 100. Jahrestag, an dem der völkermörderische Terror gegen die Armenier 1915 begann.
Nun jährt sich am heutigen 22. Juni der Beginn des deutschen Vernichtungskriegs gegen die Sowjetunion zum 75. Mal. Dieser bezweckte, so müsste die entsprechende Resolution lauten, „die planmäßige Vertreibung und Vernichtung von vielen zehn Millionen sowjetischen Staatsbürgern“ – begangen „im Auftrag der damaligen deutschen Regierung“. In der Begründung könnte stehen: Am 2. Mai 1941 verständigten sich Vertreter der Wehrmacht und des Landwirtschaftsministeriums, möglichst viele Lebensmittel für deutsche Soldaten, Frauen und Kinder in Russland zu requirieren. Im Protokoll vermerkten sie: „Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn das für uns Notwendige aus dem Land herausgeholt wird.“

 

"Die Mutigen müssen aufstehen gegen diese Idioten"

Der Comicautor Nils Oskamp wurde in den 80er-Jahren von Neonazis in Dortmund brutal zusammengeschlagen - weil er es wagte, sich ihnen entgegenzustellen. Seine Erfahrungen von damals hat er in einer Graphic Novel verarbeitet. Wie es dazu kam und wie sich die heutige Neonaziszene in Dortmund von der vor 30 Jahren unterscheidet, erzählte er im Gespräch.

 

„Sie wollen, dass du schweigst“ – Kongress BetaVision macht fit gegen Nazis im Netz

„Wir haben uns nichts weniger vorgenommen, als das Netz zurück zu erobern“, sagte Theresa Lehmann aus Berlin bei der Eröffnung der Konferenz „BetaVision“am Freitagabend im Boizenburger Fairhafen. Um Interessierten das Handwerkszeug dafür mitzugeben, wurde das ganze Wochenende ein Programm mit verschiedenen Workshops angeboten. „Sie wollen, dass Du schweigst – Umgang mit Hate Speech“ hieß beispielsweise der Vortrag von Merle Stöver. „Wer einmal zur Zielscheibe des geballten Hasses in anonymen Nachrichten und Kommentarspalten geworden ist, weiß, was Drohungen und Beleidigungen auslösen können“, schrieb sie in ihrer Ankündigung.
„Die Veranstaltung ist insgesamt entspannt, gut besucht und vor allem ohne Störungen verlaufen“, zog Leo Bellersen von der Amadeu Antonio Stiftung, die die Konferenz organisiert hatte, am Montagnachmittag sein Resümee. Etwa 60 Teilnehmer aus ganz Deutschland und Österreich seien angereist, aber auch ungefähr 20 Jugendliche aus Boizenburg hätten die Gelegenheit genutzt, an den Vorträgen, aber vor allem auch an dem parallel laufenden Graffiti-Workshop teilzunehmen.

 

Kritik, Hetze und Hass: Wie ist es möglich, durch ein Megafon zu flüstern?

Ist folgende Idee von Kritik vorstellbar? Wenn ich sage, ich will genau andersrum sein als dieser Typ, der mit einer Fackel im Hintern zu einer Fußballfeier ging und diese dann anzündete - genau andersrum, weil Pyrotechnik aus seinem Hintern zu holen und damit Menschen zu verletzen genau das Gegenteil von Kritik ist, wenn Kritik etwas ist, was das Licht der Öffentlichkeit versucht auf Stellen zu lenken, an denen gerade die Sonne nicht scheint? Etwas, das sich um die Geste schert, wenn sie Kunst ist, aber ansonsten eben nicht als Geste gedeutet werden will? Weil sie nichts aus dem Hintern holt, sondern auf etwas zeigt, meinetwegen mit beiden Händen?

 

Polizei: Twittern in der Grauzone?

Die Polizei twittert und hat viel Erfolg damit. Das ist rechtlich nicht unbedenklich, finden Juristen und Politiker und fordern ein neues Gesetz. Die Bundesregierung aber winkt ab. So bringt sich die Polizei selbst bei, was sie darf.
Die Berliner Polizei ist ein Star auf Twitter. Stolze 104.000 Follower hat sie, ihr Einsatz-Account hat sogar 118.000 Follower. Das sind mehr als bei Justizminister Heiko Maas, mehr als bei Schlager-Sängerin Helene Fischer. Zusammengenommen haben die Berliner Polizisten mit ihren zwei Accounts insgesamt mehrere Romane geschrieben: Gut 10.000 Tweets à 140 Zeichen, das sind mehr als eine Million Anschläge. Die Polizei will sich damit bürgernah zeigen, sagt sie, Vertrauen aufbauen, transparent sein, Nachwuchs anwerben. Vor einem Monat wurde im Zuge der Aktion “24hPolizei“ zum dritten Mal von Freitagabend bis Samstagabend für 24 Stunden konsequent durchgetwittert: Fast alle Notrufe sind im Sekundentakt raus in die digitale Welt. Material gab es genug, schließlich ist die Polizei rund um die Uhr im Einsatz.

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Presseschau ... 04.07.2016

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+++ Rassistische Attacke gegen drei Polen in Berlin-Köpenick +++ Erneut Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile gezeigt +++ Rangelei und „Sieg Heil“-Rufe am Infostand von "Der III.Weg" in Göppingen +++ München: Antisemtische Gesänge und "Heil Hitler"-Rufe bei Burschenschaft? +++ Al Quds-Demo in Berlin: Unverschleierter Hass +++

 

Rassistische Attacke gegen drei Polen in Berlin-Köpenick

Zwei unbekannte Männer haben am Freitagabend in Berlin-Köpenick zwei aus Polen stammende Frauen und einen Mann erst rassistisch beleidigt und dann eine Seitenscheibe des von den dreien genutzten Autos zerschlagen. Das meldete die Polizei am Samstagmorgen. Nach Angaben der beiden 22 und 24 Jahre alten Frauen und des 36-jährigen Mannes waren sie gegen 19 Uhr auf dem Parkplatz eines Supermarktes gerade dabei, ihre Einkäufe in ihr Fahrzeug zu laden. Plötzlich seien sie von zwei Männern mehrfach beleidigt worden, denen offenbar das ausländische Kennzeichen an dem Ford aufgefallen war. Die drei stiegen daraufhin zunächst in den Wagen und fuhren los, wurden jedoch von den beiden Unbekannten auf Fahrrädern verfolgt.
Dabei soll einer der Männer eine hintere Seitenscheibe des Wagens eingeschlagen haben, bevor das Duo dann geflüchtet war. Die 24-Jährige, die auf der Rückbank saß, erlitt durch herumfliegende Glassplitter leichte Verletzungen an einer Hand.

 

Erneut Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile gezeigt

Es ist schon der dritte Vorfall dieser Art auf der Berliner Fanmeile: Zwei Männer sollen am Samstag vor dem Spiel gegen Italien den Hitlergruß gezeigt haben. Die Polizei nahm sie vorübergehend fest.
Beim EM-Spiel Deutschland gegen Italien sollen erneut Männer auf der Berliner Fanmeile den Hitlergruß gezeigt haben. Nach Angaben der Polizei vom Sonntag ermittelt der Staatschutz deswegen gegen einen 19-Jährigen und einen 22-Jährigen.
Laut Polizei beobachteten Polizeibeamte und Zeugen, wie die Männer während des Abspielens der deutschen Nationalhymne vor dem Viertelfinalspiel der Europameisterschaft den verbotenen Gruß zeigten. Sie wurden vorübergehend festgenommen. In einer ersten Befragung hätten beide die Taten eingeräumt, hieß es. Ermittelt wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

 

Rangelei und „Sieg Heil“-Rufe am Infostand von "Der III.Weg" in Göppingen

Neonazis der rechtsextremen Partei "Der III.Weg" haben am Freitagmittag in Göppingen einen Infostand in der Unteren Marktstraße aufgebaut. Ein Gegendemonstrant begann eine Rangelei und es gab "Sieg-Heil"-Rufe.

 

München: Antisemtische Gesänge und "Heil Hitler"-Rufe bei Burschenschaft?

Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, im beschaulichen München-Bogenhausen: Im Verbindungshaus der Burschenschaft Cimbria sitzen mehrere Männer beisammen, Nachbarn berichten von einer Feierstimmung. Kurz vor drei, so ein Zeugenbericht, seien antijüdische Gesänge und "Heil Hitler"-Rufe durch die Straße getönt. Die eintreffende Polizei ermahnte die Männer lediglich, es doch ein bisschen ruhiger angehen zu lassen. Der Vorwurf der Volksverhetzung wird weiterhin untersucht.
Cimbria steht wegen Verbindungen zu nach rechts offenen Burschenschaften immer wieder in der Kritik. 2013 organisierte sie in ihrem Verbindungshaus in Bogenhausen ein dreitägiges Seminar der politisch rechts außen stehenden Burschenschaftlichen Gemeinschaft, bei dem auch Danubia anwesend war – deren Aktivitas, also die studierenden Mitglieder, werden vom Verfassungsschutz beobachtet.

 

Al Quds-Demo in Berlin: Unverschleierter Hass

Einmal mehr wurde die antiisraelische Al Quds-Demonstration am Samstag in Berlin von der Hisbollah-nahen Quds AG, der Islamischen Gemeinden der Schiiten in Deutschland, organisiert. Nachdem sich statt der angekündigten 1.500 DemonstrantInnen zunächst nur 200 an der Kundgebung am Adenauer Platz am Kurfürstendamm beteiligten, wuchs die Zahl im Laufe des Nachmittags nach Polizeiangaben auf 800 Personen an. Transparente und Flaggen mit den Symbolen der Hisbollah waren in diesem Jahr ganz offensichtlich nicht erlaubt. Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte im Vorfeld entsprechende Auflagen verhängt, weil es in den vergangenen Jahren immer wieder zu volksverhetzenden und antisemitischen Botschaften kam.
Auf zwei pro-israelischen Gegenveranstaltungen trafen sich derweil 600 Personen. Nach einer mittäglichen Kundgebung lief das Bündnis No Al Quds-Tag. Nur wenige Meter entfernt vom Startpunkt der Al Quds-Demonstration hielt das Antifaschistische Berliner Bündnis gegen den Al Quds-Tag ebenfalls eine Kundgebung mit 300 Personen ab. Die Sprecherin des Bündnisses, Ricarda Lang, erklärte, dass man sich dieses Jahr vom „bürgerlichen“ Gegenprotest abgrenze, weil dort Innensenator Henkel eine Rede halte.
Ein Redner der Al Quds-Demonstration hatte die TeilnehmerInnen dazu aufgefordert, ausschließlich Parolen zu skandieren, die vom Lautsprecherwagen aus verkündet werden. Diese „genehmigten“ Sprüche fielen dann drastisch aus: „Zionisten sind Faschisten“, und „Unsere Stimme bleibt nicht stumm. Israel bringt Kinder um.“
Der langjährige Organisator der Berliner Al Quds-Demonstration, Jürgen Graßmann, sagte, dass man so „falsche Parolen“ verhindern wolle. Außerdem verwies er auf die Auflagen der Senatsverwaltung für Inneres, die laut Graßmann „auf Druck des American Jewish Committee und indirekt der zionistischen Lobby auf die Politik“ eingesetzt würden.

 

800 gegen 25: Neonazis blamieren sich in Zirndorf

Die rechtsextreme Initiative „Franken wehrt sich“ demonstrierte am Samstagnachmittag im mittelfränkischen Zirndorf (Lkr. Fürth). Bei strömenden Regen marschierten lediglich 25 Neonazis zu einer Unterkunft für Asylbewerber.
Rund 800 Menschen schlossen sich der Kundgebung „Zirndorf heißt willkommen, außer für Nazis“ an, und stellten sich symbolisch vor und neben die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Zirndorf, wo die rechte Kundgebung endete.
Unter einem lauten Pfeifkonzert sprachen die Rechtsextremisten David Köckert (NPD) aus Thüringen, Dan Eising von der Partei „Die Rechte“ aus Nürnberg, Bernd Z. (Kameradschaft Unterfranken) und die „Franken wehrt sich“-Organisatorin Monique Schober aus Unterfranken. Obwohl die Neonazis rund 50 Teilnehmer erwarteten, schlossen sich nur 25 dem Aufmarsch an. Unter den Demonstranten waren ehemalige Aktivisten der verbotenen Kameradschaft „Freies Netz Süd“, der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ und der NPD.

 

Urteil: 14 Jahre Haft für Reker-Attentäter

"Er wollte ein Signal gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung setzen", sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza in ihrer Urteilsbegründung am Oberlandesgericht Düsseldorf. "Er wollte ein Klima der Angst schaffen und die Politik beeinflussen."
Der Attentäter hatte Reker am 17. Oktober 2015, einen Tag vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin von Köln, ein großes Jagdmesser in den Hals gerammt und vier weitere Menschen verletzt. Reker schwebte in akuter Lebensgefahr und lag mehrere Tage im künstlichen Koma. Bei der Verlesung des Urteils schüttelte Frank S. auf der Anklagebank kurz den Kopf. Später wiederholte er seine Ankündigung, in Revision gehen zu wollen, also das Urteil beim Bundesgerichtshof anzufechten.
Die Bundesanwaltschaft hatte lebenslange Haft, der Verteidiger höchstens 15 Jahre Gefängnis beantragt. Attentäter Frank S. hatte in Bonn der rechten Szene angehört und wegen einer Reihe überwiegend rechtsradikal motivierter Gewalttaten bereits drei Jahre im Gefängnis gesessen.

 

Rechtsterrorismus in Freital: Gerichtsprozess im Flüchtlingsheim

Es wäre ein Ort mit Symbolwirkung: Das Oberlandesgericht Dresden will den Freitaler Rechtsterrorismusprozess in einem Flüchtlingsheim führen. Das bestätigte Sprecherin Gesine Tews am Freitag. Eine interessante Wende, denn: Gegen die acht Verdächtigen wird just wegen Anschlägen auf Asylunterkünfte ermittelt.
Komme es zu einer Anklage, seien die Säle am Oberlandesgericht für die Vielzahl der Prozessbeteiligten und das „zu erwartende große öffentliche Interesse“ zu klein, sagte eine Gerichtssprecherin. Deshalb sei man auf die im Bau befindliche Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende im Dresdner Norden gestoßen. Das Gebäude werde für das Verfahren und die nötigen Sicherheitsanforderungen „vorübergehend angepasst“. Bis zu 700 Flüchtlinge sollen dort künftig untergebracht werden. Bis zum Verhandlungsende werden sie aber nicht ins Gebäude einziehen. Die Auswahl sei aus rein logistischen Gründen erfolgt.

 

Nazi-Siedler umzingeln Hamburg

Seit Jahren schon lassen sich „völkische Siedler“ in der Lüneburger Heide, dem Wendland, vor allem aber in Mecklenburg nieder. Ihr Ziel ist die Herrschaft über die Dörfer.
Von rund 1.000 Personen bundesweit geht die Berliner Amadeu Antonio Stiftung aus . Viele völkische Siedler sind Bauern, andere arbeiten als Kunsthandwerker, Erzieher, Hebammen oder Gärtner.
Auffallend ist, dass sich viele stark ökologisch engagieren – weil Atomenergie und Gentechnologie aus ihrer Sicht ein „jüdisches Übel“ sind. Völkische Siedler leben in Großfamilien mit Rollenbildern von vorgestern. Frauen sind für Haus und Hof zuständig, tragen langes Haar und lange Röcke. Die meist zahlreichen Söhne und Töchter werden vom modernen Leben isoliert und in Zeltlagern gedrillt. „Ein Teil der Siedler stammt aus alteingesessenen völkischen Sippen, die seit Generationen ihre menschenverachtende Weltanschauung pflegen“, sagt Olaf Meyer, Sprecher der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen.
Eine Hochburg ist der Landkreis Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Dort hatte sich schon in den 1920er Jahren der Bund Artam niedergelassen, eine radikal-völkische Siedlungsbewegung, der auch Reichsführer-SS Heinrich Himmler angehörte.

 

Das Braune Haus in Jena-Lobeda ist Geschichte

Schöner Wohnen statt dumpfer Hassparolen: Der ehemalige Sitz der Jenaer NPD und anderer rechtsextremer Gruppen in der Jenaischen Straße weicht einem Wohnhaus. Der Abriss des Hauses ist in vollem Gange.
Immer wieder hatte die ehemalige Gaststätte "Zum Löwen" für Schlagzeilen gesorgt, seit dort 2002 der NPD-Funktionär Ralf Wohlleben (steht derzeit wegen des NSU in München vor Gericht), das zeitweilige NPD-Mitglied André K. und der Liedermacher Maximilian L. in die ehemalige Gaststätte einzogen. Das Objekt sollte von L. durch Mietkauf erworben werden. Auch die Geschäftsstelle des NPD-Kreisverbandes Jena wurde dorthin verlegt. Die Einrichtung erhielt in der Öffentlichkeit die Bezeichnung "Braunes Haus", in Anlehnung an die ehemalige Parteizentrale der NSDAP in München. Die Stadt sperrte das Gebäude vor einigen Jahren baupolizeilich, nachdem ungenehmigte Eingriffe in die Statik vorgenommen worden waren.

 

Neuruppin: Gedenken an Neonazi-Mord vor 24 Jahren

In Neuruppin (Brandenburg) erinnerten am Samstagvormittag 35 Teilnehmer eines Gedenkens an die Ermordung des Neuruppiners Emil Wendland in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1992. Eine Gruppe Rechtsradikaler hatte den alkoholkranken früheren Lehrer Wendland umgebracht, der nachts auf einer Bank im Rosengarten saß. Die Täter wurden später vom Gericht verurteilt.
Im Anschluss an eine Schweigeminute legten einige Teilnehmer Blumen auf jener Bank nieder, die vor 24 Jahren zum Tatort geworden war.

 

Bandidos: Kuttenträger demonstrieren ihre Macht in Magdeburg

In Magdeburg hält die Rockergruppe ein europaweites Treffen ab. Für einen Motorradclub finden erstaunlich wenig Motorräder am Sonnabend ihren Weg in den Magdeburger Stadtteil Ottersleben. Die große Masse der Teilnehmer bevorzugt bequemere Anreisearten.
Die meisten Rocker sind im Familienvater-Alter, oft großflächig tätowiert und im Fitnessstudio gestählt. Ihre Kutten verraten Rang und Herkunft. Chicanos sind zu sehen, Rocker, die als Unterstützer der Bande fungieren, genauso wie Prospects (Anwärter), die auf ihre Vollmitgliedschaft warten. Auf vielen Kutten ist das Zeichen „1%“ zu sehen – ein selbstgewähltes Unterscheidungsmerkmal, um sich von den 99 Prozent rechtschaffenden Motorradfahrern zu unterscheiden. Und immer wieder ist unter den Kutten Kleidung der bei Neonazis beliebten Marke „Thor Steinar“ zu sehen.

 

„Fakten gegen Gerüchte“: Sächsische Zeitung will künftig Nationalität von Straftätern immer nennen

Viele Menschen zweifeln daran, dass Journalisten sich wirklich um einen möglichst hohen Wahrheitsgehalt bemühen. Sie glauben vielmehr, Journalisten würden Wahrheiten manipulieren, halbieren und unterdrücken.
Deshalb wird die „Sächsische Zeitung“ ab sofort systematisch gegen den Pressekodex verstoßen. Sie will die Nationalität von Tatverdächtigen nicht mehr nur in begründeten Ausnahmefällen nennen, wie es die Richtlinie 12.1 vorsieht, sondern in aller Regel. Sie wird das aber immer tun: nicht nur bei ausländischen, sondern auch bei deutschen Tätern. Auf diese Weise sollen die Leser des Blattes ein realistischeres Bild davon bekommen, wie oft Zuwanderer straffällig werden.
Ziel der Richtlinie im Pressekodex ist es, Ausländer und andere Minderheiten nicht zu diskriminieren und zu verhindern, Stereotype zu befördern. Die Sächsische Zeitung zeigt sich überzeugt: Gerade das Nichtnennen der Nationalität von Straftätern und Verdächtigen kann Raum für Gerüchte schaffen, die häufig genau denen schaden, die eigentlich geschützt werden sollen.

Kommentar: Futter für die Echokammer

Die Argumentation der Sächsischen Zeitung ist im Ansatz – weil statistisch gestützt – durchaus nachzuvollziehen, die Redaktion vernachlässigt in ihrer Gleichung jedoch eine entscheidende Größe: Die Polizei. Denn die Auswahl der Inhalte von Pressemitteilungen obliegt eben nicht der Redaktion. Diese Vorselektion – die selbstverständlich nach Ort und jeweiligem Diensthabenden stark variieren kann – macht das Verfahren jedoch äußerst anfällig.

 

Polizei in Berlin: Vertrauliche Daten im Neonazi-Blog stammen offenbar aus Gerichtsakten

Der Berliner Polizei bleibt vermutlich ein Skandal um Datenverrat aus den eigenen Reihen erspart. Das auf der rechtsextremen Seite „blog.halle-leaks.de“ veröffentlichte Dokument ist vermutlich nicht von der Polizei "durchgestochen" worden, wie am Abend und auch in der Nacht gemutmaßt worden war.
Die Daten stammen nach Angaben aus dem Präsidium vom Freitagmorgen definitiv aus dem Januar und nicht von dem jüngsten Einsatz in der vergangenen Woche. Vermutlich stammt das Dokument aus Gerichtsakten, hieß es am Freitagmorgen im Präsidium. Zu Ermittlungsakten haben zum Beispiel die Anwälte beider Seiten Zugang. Im Januar waren drei Mitglieder der rechten Szene in der Rigaer Straße angegriffen worden, als sie das Haus Nummer 94 filmten.

 

Rechtsruck beim Magazin „Cicero“: Ein neuer Ton

Seit Beginn der Flüchtlings­debatte nähern sich Texte des „Cicero“ dem rechten Rand. Was ist passiert mit dem Debatten-Magazin?
Der Cicero war schon immer ein eher liberal-konservatives Blatt. Seit Beginn der Flüchtlingsdebatte im vergangenen Sommer nähern sich viele Texte allerdings dem rechten Rand. Da schreibt ein Autor von der „Staatsdoktrin Willkommenskultur“, die in Deutschland herrsche, der stellvertretende Chefredakteur beschwert sich über die „linksideologischen Willkommens-Medien“ und den „sich selbst gleichschaltenden“ öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Kulturressortleiter schreibt über die „Umstrukturierung der Bevölkerung Deutschlands“ durch die Flüchtlinge.
Im Februar dieses Jahres verkauft der Schweizer Ringier Verlag, der den Cicero 2004 in Deutschland gegründet hat, das Heft. Christoph Schwennicke, seit 2012 Chefredakteur, und sein Stellvertreter Alexander Marguier übernehmen es mit finanzieller Starthilfe von Ringier. Der Erfolg des Cicero ist ab jetzt für sie auch von ganz persönlichem finanziellem Interesse.

 

„Henkel ist ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko für Berlin"

Freke Over, 48, geboren in Wolfsburg, war in Ost-Berlin nach der Wende Hausbesetzer, Kneipier und Bierhändler, später Linken-Abgeordneter im Landesparlament.

Die Besetzer-Kneipe „Kadterschmiede“ ist jetzt geräumt worden – seitdem gibt es fast jede Nacht irgendwo in Berlin abgefackelte Autos und eingeworfene Glasfassaden. Wäre die Eskalation vermeidbar gewesen?

Ich finde, dass der Innensenator Frank Henkel im Wahlkampf frei dreht. Das ist schon alles sehr plump, wenn da mehrere Hundertschaften anrücken müssen, um ein feuchtes Erdgeschoss ausräumen zu lassen. Ich halte Herrn Henkel für ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko für Berlin: Der Senat lässt es zu, dass sich auf der größten Drogenpartymeile Europas vom Ostkreuz bis zum Kottbusser Tor Gewalt, Diebstahl und Raub ausbreiten. Statt sich um die Wiedererlangung der Sicherheit im öffentlichen Raum zu kümmern, inszeniert der Innensenator von der CDU ein Scheingefecht in der Rigaer Straße. Das ist ein klassisches Ablenkungsmanöver.

 

Digitale Bürgerwehr: Berlin startet Blockwart-App

Berliner Bürger können jetzt auch übers Smartphone Hinweise auf "Mängel oder Probleme im öffentlichen Raum" direkt ans zuständige Ordnungsamt melden. Innensenator Frank Henkel (CDU) erhofft sich davon mehr Sicherheit und Sauberkeit.
Müll oder Bauschutt wird einfach in Grünanlagen oder auf den Gehweg gekippt, der Hundekot nicht beseitigt, Fahrradwege oder Einfahrten werden wild zugeparkt, Wände mit Graffiti beschmiert. Wer derlei und andere Missstände wie Baustellenlärm, kaputte Straßenlaternen oder Rattenbefall künftig in Berlin den Behörden melden oder einfach mal den Messie-Nachbarn verpetzen will, hat es seit Freitag einfacher: Bürger der Hauptstadt können nun über eine App die Ordnungsämter der Bezirke direkt über "Mängel und Probleme im öffentlichen Raum" informieren. Die Anwendung kann anonym genutzt werden. Für „eilige Anliegen und selbst ernannte Hilfssheriffs“ sei die App jedoch nicht geeignet, warnte ein Stadtrat.

 

Pech für Neonazi: Mit verbotenen Zeichen in Unfall verwickelt

Ein Verkehrsunfall mit Blechschaden ereignete sich am Samstagabend an einer Ampelkreuzung in Erfurt. Bei der Unfallaufnahme mussten die eingesetzten Polizeibeamten bei einem 28-jährigen Insassen der zwei am Unfall beteiligten Fahrzeuge feststellen, dass dieser ein T-Shirt trug, auf welchem Symbole und Parolen verfassungswidriger Organisationen abgebildet waren.
Laut Polizei seien auf dem T-Shirt nationalsozialistische Zeichen zu sehen gewesen, unter anderem eine verbotene Rune und ein Totenkopf. Der Träger darf eine Anzeige wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erwarten.

 

Maas: "Viele Menschen haben Angst"

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) befürchtet wegen des Erstarkens rechter Kräfte einen Schaden für die Demokratie in Deutschland. „Es gibt viele Menschen, die wegen ihres Engagements Angst haben müssen vor rechten Übergriffen. Das ist für unsere Demokratie verheerend“, sagte Maas in Berlin. „Es gibt auch Fälle etwa in Sachsen, in denen es schwierig ist, überhaupt noch politisch zu arbeiten. Da trauen sich Parteien zum Teil gar nicht mehr mit ihren Wahlkampfständen auf die Straße.“
Der Minister appellierte an „alle, die Deutschland als weltoffenes und tolerantes Land sehen“, Alltagsrassismus nicht einfach achselzuckend zur Kenntnis zu nehmen. „Wenn die schweigende Mehrheit weiter schweigt, dann wird in den sozialen Medien und auf der Straße immer mehr der Eindruck erweckt, dass es mehr Rechtspopulisten und Rechtsextreme gibt, als das in Wirklichkeit der Fall ist“, mahnte er. „Deshalb müssen alle aus der schweigenden Mehrheit die Gardinen, hinter denen sie stehen, zurückziehen, das Fenster aufmachen und sich nicht nur anschauen, was auf der Straße geschieht, sondern sich einmischen und den Mund aufmachen.“ Es sei wichtig, Hass und Hetze zu widersprechen - egal ob in der U-Bahn, bei der Arbeit, auf dem Fußballplatz oder in der Kneipe.

 

Gewaltforschung: Andreas Zick, der Rechtsexperte

Der Sozialpsychologe Andreas Zick bekommt den Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er ist ein gefragter Mann. Morgenmagazin, Tagesschau, Deutschlandfunk, Zeitungen: Der Wissenschaftler wurde im vergangenen Jahr so oft von Journalisten befragt, man konnte den Eindruck gewinnen, er sei hauptberuflich Interviewpartner. Seine Expertise war begehrt, als Flüchtlingsheime brannten und die AfD Anhänger gewann. Als Extremisten mordend durch Paris zogen, war es der Professor von der Universität Bielefeld, den man um Erklärungen bat.
Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich Zick mit der Frage, wie es in einer Gesellschaft zu Konflikten und Gewaltausbrüchen kommt. Genauso lange klärt er die Öffentlichkeit darüber auf, wie Vorurteile, Rassismus und Rechtsextremismus entstehen - und liefert mit seinen Forschungsergebnissen die Grundlage für Präventionsstrategien.
Zick ist Leiter des Bielefelder Instituts für Gewalt- und Konfliktforschung (IKG). So wahnsinnig das Jahr 2015 auch war, es hat bewirkt, dass Andreas Zick schnell aus dem Schatten seines charismatischen Vorgängers treten konnte, von dem er 2013 die Leitung des Instituts für Gewalt- und Konfliktforschung übernommen hat. Bis dahin war die Bezeichnung "Gewaltforscher in der breiten Öffentlichkeit gleichbedeutend mit dem Namen Wilhelm Heitmeyer. Der hatte das interdisziplinäre Forschungszentrum in Bielefeld aufgebaut und 15 Jahre lang geleitet. Seine Langzeitstudie über "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit", die von 2002 bis 2012 dauerte und an der Zick seit 2004 mitgearbeitet hat, war weit über die Fachwelt hinaus bekannt geworden.

 

Die Macht von Stimmungen – Heinz Budes Studie über den Alltag unserer Demokratie

Wie entstehen Stimmungen in unserer Gesellschaft? Sie beeinflussen die Politik manchmal mehr als logische Argumente und mehr als uns lieb sein kann, so die Analyse des Soziologen Heinz Bude in "Das Gefühl der Welt", einer tiefgründigen Studie über den Alltag unserer Demokratie.
"Wir befinden uns offenbar am Ende einer Periode von vielleicht dreißig Jahren, welche heute vielen prominenten Gegenwartsdeutungen als Endspiel zum Untergang erscheint. Es wird wieder denkbar, dass der Kapitalismus endet, eine Weltgesellschaft, die nicht mehr um Europa kreist, wird vorstellbar, und man sucht nach Bildern für ein Anthropozän, für das in Millionen Jahren der Erdgeschichte keine Entsprechung zu finden ist. Aber der Ausdruck von Empörung über die zugelassene Selbstzerstörung der Welt, so wie wir sie kennen, verdeckt nur die Angst davor, selbst nicht mehr weiter zu wissen."

 

Je mehr Fahnen, desto nationalistischer?

Die Sozialpsychologin Julia Becker untersucht seit Jahren in Umfragen und Experimenten, was das Fahnenschwenken mit den Deutschen macht. Nur soviel vorab: Nichts Gutes.

Frau Becker, die Grüne Jugend hat kürzlich eine Debatte über das Fahnenschwenken bei der Europameisterschaft ausgelöst. Der Nationalismus, so die These, werde durch die starke Sichtbarkeit nationaler Symbole gefördert. Die Grüne Jugend hat deshalb dazu aufgerufen, Fahnen zu Hause zu lassen. Wie harmlos ist der Partypatriotismus?

Es gibt ihn sicher unter den Leuten auf den Fanmeilen, den harmlosen Partypatriotismus. Aber aus meiner Sicht ist der Fußball-Patriotismus nicht generell harmlos. Wir führen aktuell online und durch persönliche Befragungen auf der Straße beziehungsweise beim Public Viewing eine Studie dazu durch.
Wir haben in einem Online-Experiment Personen einen Fragebogen ausfüllen lassen. In einer Ecke des Bildschirms haben wir unterschiedliche Flaggen gezeigt, einigen Teilnehmern die Deutschlandfahne, anderen eine US-Flagge, wieder anderen gar keine Flagge. Die Teilnehmer haben dann Fragen beantwortet, bei denen unter anderem Vorurteile erfasst wurden. Das Ergebnis war: Eher nationalistische Personen, die die Deutschlandflagge sehen, reagieren mit mehr Vorurteilen, als wenn sie keine Flagge sehen. Das tritt aber nur auf bei Personen, die ohnehin nationalistisch eingestellt sind. Bei den übrigen hatte es keinen Effekt, welche Flagge sie gesehen haben.

 

Hooligans: Spaßgesellschaft und Stahlgewitter

Bei der EM hat er wieder seine Grimasse gezeigt, seinetwegen wird sich geschämt: der Hooligan. Aber wer ist dieser Spielverderber, der sich um die Feierlaune der Nationen nicht schert?
Hooligan ist maskulin, und das gilt nicht nur für das Wort. Hooligans sind meist zwischen 15 und 35 Jahre alt; jüngeren Männern fehlt es noch an körperlicher Kraft, die älteren sind schon familiär entschärft. Hooliganismus ist also auch ein Jugendphänomen.
Hooligans entstammen allen sozialen Schichten. Sie sind vernetzt, mobil, beruflich integriert und außerhalb ihrer Gewaltexzesse Meister der Unauffälligkeit.

 

Rassismus: Rechte missbrauchen die polnischen EM-Erfolge

Sie hetzen gegen Ausländer: Rechte polnische Gruppen nutzen die Erfolge des Nationalteams als Bühne für rassistische Parolen. Die polnische Ultraszene ist stramm rechts.
Als im vergangenen Jahr die sogenannte Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt erreichte, zeigten die polnischen Kurven ihre hässlichen, hasserfüllten Fratzen. „Ganz Legia schreit laut und deutlich: Nein zu der islamischen, wilden Horde“, hallte es etwa bei einem Heimspiel von Legia Warschau durchs Stadion. Und in Breslau präsentierten Ultras des heimischen Vereins Slask eine große Choreographie, auf der ein Kreuzritter zu sehen war. „Wenn Europa von der islamischen Gefahr überflutet wird, dann stehen wir auf zur Verteidigung des Christentums“, stand darauf.
Bei solchen Parolen ist es nicht verwunderlich, dass auch rechte Parteien die polnische Ultraszene für sich einvernehmen wollen. Sowohl die Allpolnische Jugend als auch das Nationalradikale Lager (ONR) versuchen seit Jahren, in den Kurven Fuß zu fassen. Ebenso wie die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski.
Wie weit diese Anbiederung geht, zeigte Staatspräsident Andrzej Duda kurz nach seiner Amtsübernahme. Bei einer seiner ersten offiziellen Reisen ließ er sich im Flugzeug im Polohemd der polnischen Marke „Red Is Bad“ fotografieren, die sich in der polnischen Ultra- und Hooliganszene großer Beliebtheit erfreut.

 

Zum Tod von Elie Wiesel: Und die Welt hat geschwiegen

Elie Wiesel hat das Trauma des Holocaust in seinem Schaffen durchleuchtet und in seinem Leben zu überwinden versucht. Der Autor und Friedensnobelpreisträger ist am 2. Juli 87-jährig in New York gestorben.
Etwas sei geschehen im 20. Jahrhundert, sagte Elie Wiesel einmal in einem Gespräch, etwas, das die Welt, den Menschen und Gott verändert habe. Jenes Geschehen war Auschwitz: Der Name des Vernichtungslagers war für Wiesel Symbol der systematischen Ermordung der europäischen Juden durch die Nazis, für die er seit den 1950er Jahren den Begriff «Holocaust» (vom griech. holókauston – «Brandopfer») verwendete. Es waren Wiesels essayistische, literarische und religionsphilosophische Schriften und nicht zuletzt seine öffentlichen Auftritte, die dieses Wort dem Allgemeinwortschatz und seine Bedeutung dem kollektiven Bewusstsein einverleibten. Der Holocaust war Wiesels Thema: die Nummer A-7713, die ihm in die Haut eingebrannt wurde, war für ihn ein Mal unauslöschlicher Erinnerung und – wie auch für Primo Levi, Imre Kertesz oder Jean Améry – eine Verpflichtung, von dem erfahrenen Schrecken zu berichten.
Wiesel, 1928 im siebenbürgischen Schtetl Sighet geboren, wurde im Frühjahr 1944 nach Auschwitz deportiert. Buna, Birkenau, dann Buchenwald wurden weitere Stationen einer Reise in die Hölle, die der Talmudschüler nach der Befreiung zuerst verdrängte, dann beschwieg, dann in einem achthundertseitigen Bericht beschrieb: «Un di Velt Hot Geshvign» – «Und die Welt hat geschwiegen», 1956 in Buenos Aires auf Jiddisch erschienen.

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Presseschau.. 05.07.2016

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+++ Eingeschüchtert und zusammengeschlagen: Rechte Szene terrorisiert Familie in Weil am Rhein +++ Inder bei Messerattacke in Chemnitz schwer verletzt +++ Versuchte Brandstiftung an Bochumer Moschee +++ Bautzen: Nach EM-Spiel versuchen Rechte, Wohnhaus von Syrer zu stürmen +++ Halle: Farbanschlag auf Beratungszentrum für Schwule und Lesben +++

 

Eingeschüchtert und zusammengeschlagen: Rechte Szene terrorisiert Familie in Weil am Rhein

In Weil am Rhein wird seit Monaten eine Familie bedroht – offenbar aus rassistischen Gründen. Erst Schäden am Auto, dann Beleidigungen – so habe laut Polizei der Konflikt zwischen der betroffenen Familie und einem Nachbarn im selben Mietshaus begonnen. Der Streit eskalierte, der Nachbar beschimpfte die Frau des dunkelhäutigen Familienvaters rassistisch. Der Familienvater ist ein gebürtiger Deutscher.
Vom Schwiegersohn des Nachbarn soll die 37-jährige Frau in Weil am Rhein am helllichten Tag auf offener Straße in einem Kreisverkehr gestoppt und zusammengeschlagen worden sein. Er soll auch gedroht haben, Pegida-Leute vorbeizuschicken. Seither träfen sich laut Medienberichten, Gruppen von Rechtsextremen vor dem Haus der Familie. Sie postierten sich dort abends, offenbar um sie einzuschüchtern. Die Polizei habe Platzverweise ausgesprochen, die Situation sei sehr bedrohlich. Die Kinder könnten nicht mehr allein zur Schule gehen, die Frau nicht mehr alleine zum Einkaufen. Freiwillige hätten einen Begleitservice organisiert.

 

Inder bei Messerattacke in Chemnitz schwer verletzt

Ein junger Inder ist am Wochenende bei einer Auseinandersetzung in Chemnitz schwer verletzt worden. Ein Deutscher habe den 26-Jährigen mit einem Messer angegriffen, zugestochen und die Hirnschlagader nur knapp verfehlt, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz am Montag. Gegen den 36-Jährigen wurde Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen. Das Motiv sei noch unbekannt, der Beschuldigte zur Tatzeit alkoholisiert gewesen. Auch die Hintergründe des Streits am frühen Sonntagmorgen vor dem Wohnhaus des Inders sind unklar.

 

Versuchte Brandstiftung an Bochumer Moschee

In Bochum versuchten Unbekannte in der Nacht von Samstag auf Sonntag das Nebengebäude einer Moschee anzuzünden. Nach momentanen Erkenntnissen zündelten unbekannte Täter von außen am Gebäude und flüchteten unerkannt. Es entstand nur ein geringer Sachschaden.

 

Bautzen: Nach EM-Spiel versuchen Rechte, Wohnhaus von Syrer zu stürmen

In Bautzen (Sachsen) feierten etwa 50 Menschen in der Nach zum Sonntag den Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, als in der Menschenmenge ein 20-jähriger Libyer und 43-jähriger Bautzener in Streit gerieten. Dabei besprühte der junge Mann den anderen mit Reizgas und schlug ihn mit einem Regenschirm. Wie die Polizei am Sonntagnachmittag mitteilte, ist der 43-Jährige der Polizei als rechtsmotiviert bekannt. Laut Polizei sei unklar, wer den Streit begonnen habe.
Kurz danach informierte ein Zeuge die Polizei, dass sich vor einem Haus mehrere dunkel gekleidete Männer versammelt haben. Anwohner sprachen später von etwa zehn Personen. Die Gruppe skandierte rechte Parolen. Offenbar versuchten einige der Männer, in ein Haus einzudringen, in dem ein 24-jähriger Syrer lebt. Dieser war bei der vorangegangenen Auseinandersetzung involviert gewesen. Er hatte den 20-jährigen Libyer begleitet.

 

Halle: Farbanschlag auf Beratungszentrum für Schwule und Lesben

In der Nacht zu Dienstag hat es in Halle einen Farbanschlag auf das Beratungs- und Begegnungszentrum für Schwule und Lesben, „BBZ lebensart“, gegeben. Unbekannte haben Fenster, Türen und die Fassade mit schwarze Farbe beschmiert.
Ebenfalls in der Nacht gab es zudem eine Attacke gegen eine nur etwa 200 Meter entfernte Kneipe, in der sich auch linke Gruppen treffen. Laut Augenzeugen haben mehrere Vermummte Personen kurz nach Mitternacht die Scheiben der Einrichtung an eingeworfen

 

Rechte Schmierereien: Polizei ermittelt nach Brand in Hambühren

Die Explosion in einem Haus in Hambühren am vergangenen Sonntag könnte auf eine fremdenfeindlich motivierte Brandstiftung zurückgehen. In den Trümmern fand die Polizei rassistische Schmierereien. Zu deren genauem Inhalt schweigen die Ermittler aber bislang. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Zurzeit werden nach Angaben der Polizei Zeugen befragt und die Experten werden nun den Brandort untersuchen.

 

Nazi-Schmierereien in Templin entdeckt

Hakenkreuze, mit einem Eddingstift unter anderem an ein Geländer geschmiert, hatten am Montagmorgen Polizeibeamte in Templin (Brandenburg) auf den Plan gerufen. Entdeckt wurden diese Schmierereien unter anderem am Busbahnhof sowie in der Nähe des Stadtcenters. Bei der Polizei war Anzeige wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole erstattet worden, bestätigte Gerald Pillkuhn von der Polizeiinspektion Uckermark. "Leider müssen wir uns im Augenblick nahezu wöchentlich mit diesem Problem beschäftigen, so Ute Stahlberg, Fachbereichsleiterin in der Templiner Stadtverwaltung.

 

Angriffe auf Flüchtlingsheime: Täter sind turboradikalisiert

Im Nordrhein-Westfalen gab es bis Anfang Juni 114 Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte. Bei diesen Anschlägen sind nach Beobachtungen des Landesverfassungsschutzes 66 Prozent der Tatverdächtigen zuvor nicht in der organisierten rechtsextremen Szene aufgefallen. „Es gibt einen neuen Tätertyp, der sich schnell radikalisiert und die Schwelle von der Ideologie zum Anschlag ohne Zwischenschritte überspringt“, warnte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag bei der Vorstellung des aktuellen NRW-Verfassungsschutzberichts in Düsseldorf.
Demnach gab es bis Anfang Juni im bevölkerungsreichsten Bundesland 114 politisch motivierte Taten gegen Flüchtlingsunterkünfte, 22 davon waren Gewaltdelikte. Zwei Drittel der mutmaßlichen Täter waren zuvor noch nicht als rechte Gewalttäter aufgefallen.
„Diese Turboradikalisierung rechtzeitig zu erkennen, ist besonders schwierig“, erklärte Jäger. Notwendig sei ein stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein. Alle seien aufgefordert, „für unsere Freiheit und Demokratie einzutreten“.

 

Berlin: Fast täglich Aktionen gegen Flüchtlinge

Der Berliner Verfassungsschutz bilanziert einen Anstieg des rechtsextremen Personenpotenzials und deutlich mehr rechts motivierte Straf- und Gewalttaten. Zumindest in der zweiten Jahreshälfte 2015 sei es in den östlichen Stadtbezirken Berlins beinahe täglich zu Protesten und Aktionen gegen Flüchtlinge gekommen, wird im aktuellen Bericht festgehalten. Die Zahl der dem rechtsextremen Spektrum zugerechneten Personen ist von 1355 auf 1450 angestiegen.
Die registrierten Delikte politisch motivierter Kriminalität von rechts sind ebenfalls hochgeschnellt und erreichen eine Größenordnung wie zuletzt 2007. 1655 (2014: 1536) entsprechende Straftaten wurden gezählt, darunter 143 Gewaltdelikte (plus 42). 700 Angehörigen aus dem rechten Lager, also knapp der Hälfte, wird dabei eine Gewaltorientierung attestiert, auch diese Zahl ist um 100 angewachsen.
Die Verfassungsschützer haben beobachtet, dass es bezogen auf die Örtlichkeit in der Nähe, wo es Proteste gegen Flüchtlinge oder deren Unterkünfte gegeben hat, auch zu vergleichsweise mehr Gewalthandlungen gegen Flüchtlinge und deren Einrichtungen gekommen ist. Eine verbale Agitation mündet demnach also direkt in aktionistischer Gewaltbereitschaft.

 

AfD-Gutachten zu Antisemitismus: Auftrag für einen Holocaust-Leugner?

Die Aufarbeitung der Antisemitismusvorwürfe in der baden-württembergischen AfD sorgt weiter für Wirbel. Berichten zufolge sollte ein bekannter Holocaust-Leugner an einem Gutachten mitwirken, das wissenschaftlich Passagen in einem Buch des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon auf Antisemitismus hin untersucht. Die AfD-Spitze hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
Angeblich sollte der Publizist Gerard Menuhin von der AfD als einer von drei Gutachtern bestellt werden, die sich mit Gedeons umstrittenen Buchpassagen auseinandersetzen. Der Sohn des berühmten Geigers Yehudi Menuhin hat allerdings selbst in einem Buch den Holocaust als „größte Lüge der Geschichte“ bezeichnet. Den Angaben zufolge hatte Menuhin eine Mitwirkung an dem Gutachten bereits abgelehnt.

 

Legida und Gegenprotest: Interreligiöses Treffen in Leipzig abgesagt

Es sollte ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz werden. Mitglieder verschiedener Religionen wollten sich am Montagabend austauschen und schließlich gemeinsam das Ende des Fastenmonats Ramadan begehen. Die Veranstalter haben das Treffen nun aber abgesagt, weil es in direkter Nachbarschaft zum Legida-Aufzug stattfinden sollte.
Die Stadtverwaltung wollte der interreligiösen Initiative nur ein Drittel des Richard-Wagner-Platzes zugestehen, zwei Drittel der Fläche wäre der Legida-Kundgebung zugewiesen worden. Das Treffen in direkter Nachbarschaft zur Legida-Demonstration abzuhalten - für Wolff undenkbar: "Das geht natürlich überhaupt nicht, dass wir direkt gegenüber denen das Treffen abhalten, die fremdenfeindliche und demokratiefeindliche Parolen brüllen und die Menschen aufhetzen". Wolff erklärte, dass man sich nach erfolglosem Einspruch für eine Absage des Treffens entschieden habe.

 

Demo-Verbot in Leipzig: Student soll 5500 Euro zahlen

Böse Überraschung für einen Studenten, der eine Demonstration im Hauptbahnhof Leipzig anmeldete: Der junge Mann, so hat das Landgericht in der Messestadt entschieden, soll die Kosten eines Zivilverfahrens tragen, in dem die Bahnhofsbetreiber eine einstweilige Verfügung gegen die für gestern Abend geplante Kundgebung erwirkt haben. Gesamtstreitwert: 100.000 Euro. Nach Angaben von Rechtsanwalt Jürgen Kasek kommen damit auf seinen Mandanten Kosten von etwa 5500 Euro zu; das Gericht bestätigte diese Größenordnung. "Für den Studenten", so Kasek, "bedeutet das den Bankrott."
Marcus Röder gehört zu den Aktivisten, die sich montags in Leipzig der islam- und fremdenfeindlichen Legida-Bewegung in den Weg stellen. "Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich habe ordnungsgemäß beim Ordnungsamt eine Versammlung angezeigt, um für Demokratie zu demonstrieren", erklärte der Soziologiestudent.

 

Mönchengladbach: Verfassungsschutz verwechselt Bündnisse

Peinliche Verwechslung im neuen Verfassungsschutzbericht für Nordrhein-Westfalen, den Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern vorstellte: Auf Seite 51 des Dokuments wird das Bündnis „Mönchengladbach stellt sich quer“ ganz offensichtlich für „Mönchengladbach steht auf“ gehalten und infolgedessen als „Gida“-ähnliche Vereinigung bezeichnet. Während „Mönchengladbach stellt sich quer“ in Wirklichkeit aber ein antifaschistisch, gewerkschaftlich und bürgerlich organisiertes Bündnis ist, ist es – anders als angegeben – de facto „Mönchengladbach steht auf“ gewesen, das „unter dem Einfluss des stellvertretenden Vorsitzenden von Pro NRW“ Dominik Roeseler Kundgebungen und „Spaziergänge“ durchführte. Das bürgerliche Gegenbündnis nahm’s gestern mit Humor und witzelte bei Facebook, jetzt verstehe man ja, „warum die Polizei unsere Demonstrationen teilweise nicht schützen wollte“.

 

Pegida am Montag ohne Bachmann und mit weniger Anhängern

Mit deutlicher Verspätung und ohne Lutz Bachmann hat Pegida am Abend im Stadtzentrum demonstriert. Ursache der Verspätung waren Technikprobleme, so Bachmanns rechte Hand Siegfried Däbritz. Auf dem Altmarkt hörten schließlich etwas mehr als 1000 Menschen zu als Däbritz sprach. Dem Demonstrationszug durch die Innenstadt schlossen sich später mehr Menschen an. Kleinere Gruppen protestierten gegen den Aufmarsch.

 

NSU-Ausschuss: Verfassungsschützer Temme war auch in Köln zum Zeitpunkt des Anschlags

Der frühere hessische Verfassungsschützer Andreas Temme war nach Angaben eines Ermittlers 9. Juni 2004 in Köln, um eine Tagung zu besuchen. Das hat der Kasseler Polizist Jörg Teichert am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags berichtet.
Der frühere hessische Verfassungsschützer Andreas Temme war nach Angaben eines Ermittlers 9. Juni 2004 in Köln, um eine Tagung zu besuchen. Das hat der Kasseler Polizist Jörg Teichert am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags berichtet.
Teicherts Team war nach seinen Angaben bereits 2006 auf Temmes Köln-Aufenthalt aufmerksam geworden. Der Verfassungsschützer habe die Tagung in seinem Kalender notiert. Der Polizist fügte im Ausschuss hinzu: „Alle Theorien sind offen.“

 

Wibbese: Die „netten“ Öko-Nazis von nebenan

Wibbese, ein 70-Seelen-Nest im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Als ein gewisser Timo L. ein leerstehendes Anwesen übernimmt und dort mit seiner Verlobten anfängt, Schweine, Gänse und Enten zu züchten, ahnt niemand was Böses. Der Biobauer ist freundlich, hilfsbereit. Mal lädt er die Dorfgemeinschaft zum Bier auf sein Grundstück ein, dann wieder verschenkt er Eier und Ziegenmilch an Nachbarn. Der nette Biobauer von nebenan, so scheint es.
Misstrauisch wird die 68-jährige Barbara Karsten, die direkt neben ihm wohnt, erst, als Timo L. mit entblößtem Oberkörper Gartenarbeit macht und sie die seltsamen Tätowierungen auf dem Oberkörper ihres Nachbarn erblickt: jede Menge Runen und andere keltische Symbole. Als L. immer häufiger Besuch von finsteren Gestalten erhält und Sonnenwendfeiern und Gartenpartys mit Rechtsrock veranstaltet, zieht sie Erkundigungen ein und erfährt, wer L. wirklich ist: ein polizeibekannter berüchtigter Neonazi.

 

NPD-NRW feiert mit Ex-Landser-Sänger „Lunikoff“

Verbotsverfahren, Finanzprobleme, Umfragen prognostizieren ein Scheitern an der fünf-Prozent-Hürde bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern: Die NPD hat in diesen Tagen nicht viel zu lachen. Trotzdem feiert die NRW-NPD ihr Sommerfest. Mit dem Neonazi-Barden Michael „Lunikoff“ Regener – mitten auf der grünen Wiese.
Seit Jahren gehört der nordrhein-westfälische NPD-Landesverband zu den schwächsten Gliederungen der Partei. Trotzdem sitzt Landeschef Claus Cremer seit Jahren fest im Sattel des humpelnden Ackergauls – aus Mangel an Alternativen.
Die auf dem Facebook-Profil von Cremer veröffentlichten Fotos vom Sonntag legen unterdessen die Vermutung einer eher kleinen Veranstaltung mit spartanischer Ausstattung irgendwo im Grünen nahe. Während sich auf einem Schwenkgrill das Grillgut dreht, lauschen die zu sehenden zehn Gäste den Ausführungen Schmidtkes. Ein Teil von ihnen sitzt auf einem Baumstamm, Stühle scheinen keine vorhanden. Dazu zwei kleinere Info-Tische und ein Pavillon – fertig ist das „Sommerfest“.

 

„Allgida“: Alter Wein wird Essig

An den großspurigen Ankündigungen der beiden Allgäuer Pegida-Ableger, diverse Neonazigruppen vergangenen Samstag nach Kempten zu schaffen, scheiterten diese zum wiederholten Mal. Aus der Demonstration „Deutsche zu erst Asyl flut stopen“ wurde nichts, Störaktionen gegen die vermeintlich „schwer bewaffnet“ mit „Rohrbomben“ marodierend durch Kempten ziehende Demonstration „Allgida? Nein danke – Kein Platz für Rassismus“ blieben aus. Stattdessen zeigten 300 lautstark Flagge gegen rechte Hetze. Die Hetzer indes bereiten sich auf ihren nächsten Flop vor – nur diesmal auf noch höherem Niveau.

 

Blinde Flecken in der Kriminalstatistik: Hassverbrechen sollen genauer erfasst werden

"Islamfeindlich" oder auch "christenfeindlich": Ab 2017 will das Bundesinnenministerium Hassverbrechen genauer registrieren. Experten sind sich einig: Bislang werden verschiedene Formen von Hasskriminalität zu ungenau oder gar nicht erfasst. Ab 2017 soll die Polizeiliche Kriminalstatistik um die Unterthemenfelder "islamfeindlich", "antiziganistisch" und "christenfeindlich" ergänzt werden. Für diesen Schritt sei es "allerhöchste Zeit", sagt die Islamwissenschaftlerin Anna Brausam. Sie ist bei der Amadeu-Antonio-Stiftung für den Opferfonds CURA zuständig.
Zahlreiche Verbände hatten seit längerem gefordert, antimuslimisch und antisemitisch motivierte Straftaten genauer als solche zu bewerten und zu verfolgen; auch der NSU-Untersuchungsausschuss hatte sich dafür ausgesprochen. Blinde Flecken sieht Brausam weiterhin bei der Erfassung von Straftaten gegen Flüchtlinge: In die Statistik schafften es nur direkte Angriffe auf Asylunterkünfte. "Dadurch entsteht eine Verzerrung der Statistik, da zum Beispiel ein Angriff auf einen Flüchtling an einer nahegelegenen Bushaltestelle nicht erfasst wird", kritisiert die Expertin.

 

Attentat auf Henriette Reker: In seiner Welt ein Held

Aber Frank S. hatte  sich die Sache doch ganz anders vorgestellt, als er am Abend des 16. Oktober 2015 eine Liste mit den Wahlkampfterminen der Oberbürgermeisterkandidatin ausdruckte und probte, wie er sein Messer aus der versteckt getragenen Halterung ziehen und dann zustechen würde.
Sein Attentat sollte die Menschen aufrütteln. Schon kurz nach der Tat würde man herausfinden, dass er aus der rechten Szene stamme und würde Schlüsse ziehen. Die Politiker würden endlich sehen, dass die Proteste im Land ernst gemeint seien. Sie würden den "Volkssturm fürchten" und wieder die Interessen ihrer eigenen Bevölkerung berücksichtigen, anstatt nur auf ihre Gehaltschecks zu achten. Und sie würden erkennen, dass die parteilose Kandidatin Reker von den Grünen unterstützt wird. Oder wie S. sagt: "Dass das eine Riesenvolksverarschung ist mit diesem 'überparteilich'."
Nun hat ihn das Gericht wegen versuchten Mordes und vierfacher Körperverletzung zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Havliza sagte, S. habe ein Klima der Angst schaffen wollen um damit Politiker von ihrer Flüchtlingspolitik abzubringen.

 

Niedersachsen gibt sich Programm gegen Rechtsextremismus

Niedersachsens rot-grüne Landesregierung will den Druck auf die rechtsextreme Szene im Land verstärken. Aktivitäten gegen Rechts sollen in einem Landesprogramm gebündelt werden. Ziel sei es, Kräfte zu bündeln und Doppelstrukturen zu vermeiden, sagte Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) am Montag in Hannover. Die mit einem Jahresbudget von 600 000 Euro ausgestattete Einrichtung für die Koordinierung nimmt offiziell Anfang 2017 ihre Arbeit auf.
Das Landesprogramm wird dem Landespräventionsrat angegliedert und untersteht somit dem Justizministerium. Neben der Beratung und Unterstützung von Opfern rechtsextremer Gewalt soll es auch in der Prävention tätig werden. So sollen Jugendliche argumentativ gestärkt werden, um sich gegen rechtsextreme Parolen besser durchsetzen zu können.
Eine weitere Aufgabe der neuen Einrichtung ist die Erhebung konkreter Zahlen, um frühzeitig Problemzonen identifizieren zu können. „Es wäre falsch, den Rechtsextremismus nur auf Parteien und feste Strukturen zu reduzieren - oft gibt es auch lockere Zusammenschlüsse, die auf einzelne Aktionen ausgerichtet sind“, sagte Staatssekretär Stephan Manke aus dem Innenministerium in Hannover.

 

Verschwörer-Magazin "Compact" darf Titel mit unfreiwilligem Cover-Girl nicht mehr verbreiten

Die Juni-Ausgabe des Verschwörer-Magazins Compact darf nicht länger beworben oder verkauft werden. Grund: Das Fotomodel, das auf dem Titel zur Zeile „Raus aus der EU!“ abgebildet war, hatte gegen die Verwendung ihres Bildes bei Compact geklagt - und Recht bekommen. Bei Compact wird geschäumt.
Das Magazin Compact zeigte auf der Juni-Ausgabe zur Titelgeschichte „Raus aus der EU!“ eine junge Frau, die den Mittelfinger in die Kamera reckt. Der Fingernagel ist dabei schwarzrotgold lackiert. Compact hatte das Foto von einer Bild-Agentur übernommen.
Die Verwendung des Bildes, vor allem auf dem Titel, unterstellt nach Meinung des Anwalts, dass die junge Frau „Befürworterin und/oder Unterstützerin der populistischen und politischen Meinung des Magazins des Compact Verlages“ ist. Schmidt: „Sie hat es folgerichtig nicht hinzunehmen, in ein für sie derart schlechtes Licht gerückt zu werden.“
Bei Compact nutzt man die Sache, um sofort wieder gegen eine vermeintliche „Lügenpresse“ und Bundeskanzlerin Angela Merkel Stimmung zu machen. „Wenn ein junges Model das Titelbild einer bundesweit vertriebenen, erfolgreichen Zeitschrift schmückt, hat es eigentlich allen Grund zum Feiern. Doch im lügenpresseverklärten und angstverseuchten Merkel-Deutschland ist selbst das keine Selbstverständlichkeit mehr.“ So schäumen die Compact-Macher in ihrem Mail-Newsletter, mit dem sie ihre neue Ausgabe bewerben.

 

Flüchtlingskinder in der Schule: Wenn Grundschüler plötzlich von "Kanaken" sprechen

Die Flüchtlingskinder verändern unsere Schulen - allerdings sind die Lehrer oft schlecht darauf vorbereitet. Nicht nur auf traumatisierte Kinder, sondern auch auf rassistische Sprüche.
Rund ein Drittel der Flüchtlinge in Deutschland sind schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Mindestens 300.000 von ihnen sind also schon in unserem Bildungssystem angekommen - und treffen auf Lehrer, die häufig kaum auf diese Situation vorbereitet sind.
So wie Susanne S., Grundschullehrerin in der Nähe von Magdeburg. Im vergangenen Jahr hatte sie ein Zwei-Tages-Seminar zu Traumata bei Kindern gemacht - das war alles. Und dann erlebte die 35-Jährige eine komplizierte Situation, nachdem das syrische Mädchen Raniah neu in ihre Klasse gekommen war.
Das erste Mal passierte es ziemlich unerwartet. Andrea, zehn Jahre alt und schon immer ein ziemlich lebhaftes Kind, stürmte eines Morgens in die Klasse und verkündete: "Alle Flüchtlinge sind Ziegenficker. Alles Kanaken! Ich hasse Allah!"

 

Interview mit Dresdner Oberbürgermeister: „Pöbeleien werde ich nicht dulden“

Dirk Hilbert ist vor einem Jahr zum Dresdner Oberbürgermeister gewählt worden. Im Interview blickt er kurz vor der Sommerpause auf seine ersten Monate im Amt zurück – eine Zeit, die vor allem vom Thema Asyl und Flüchtlinge geprägt war.

Bei Facebook werden Sie beschimpft und bedroht. Wie gehen Sie damit um?

Ich habe in 15 Jahren Tätigkeit gelernt, dass man ein gewisses Bärenfell in dieser Funktion braucht. Dass manche Sachen nicht persönlich zu nehmen, sondern funktionsbedingt sind. Aber trotz alledem: Was in den letzten zwei Jahren vonstattengegangen ist, an Enthemmung in der Gesellschaft, macht einem schon Angst. Es ist in den sozialen Medien eine Unart, dass jeder denkt, er kann loslassen ohne nachzudenken, was ihm durch den Kopf saust. Und dass es zu Verbalangriffen kommt. Aber was mich noch mehr erschreckt ist, dass es auch in den jeweiligen öffentlichen Räumen passiert. Dass Menschen, die einen anderen kulturellen Background haben, ganz offen angepöbelt werden. Das werde ich nicht dulden und da werde ich mit aller Entschiedenheit gegen vorgehen.

 

Umgang mit dem Nationalsozialismus: Hochschulen ignorieren den Holocaust

Holocaust und Nationalsozialismus gehören in Deutschland zu den historischen Themen, die die Gesellschaft auch 71 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs intensiv beschäftigen. Für Schülerinnen und Schüler sind der millionenfache Mord an den europäischen Juden und andere NS-Verbrechen Pflichtstoff. Doch an vielen Hochschulen werden Lehrveranstaltungen dazu nur selten oder gar nicht angeboten. „Ein Desaster“ nennt dies der Berliner Politikwissenschaftler Johannes Tuchel.
Es fehle massiv an Vorlesungen und Seminaren zur Realgeschichte, insbesondere in der Lehrerbildung, kritisiert Tuchel. Er leitet die Gedenkstätte Deutscher Widerstand, ist Experte für das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager.
Wie es um die Lehre über Holocaust und Nationalsozialismus bestellt ist, zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie des Centers für Digitale Systeme (Cedis) der Freien Universität Berlin, die Tuchel wissenschaftlich beraten hat.
An jeder der 78 untersuchten Hochschulen fanden in den vergangenen beiden Jahren durchschnittlich nur 1,5 Lehrveranstaltungen über den Holocaust und 1,7 Veranstaltungen über den Nationalsozialismus statt.

 

Porträt des Flüchtlingsjungen Alan Kurdi: Ein lachender Alan

Frankfurter Künstler schaffen ein neues Porträt des Flüchtlingsjungen Alan Kurdi, diesmal zeigen sie ihn lächelnd. Ihr erstes Wandgemälde von dem Kind ist mit rechten Sprüchen verunstaltet worden.
Alan Kurdi lächelt. Seine Augen hat der kleine Junge genießerisch geschlossen, umgeben ist er von einer Gruppe freundlicher Teddybären. Dahinter sieht man den strahlend blauen Himmel, ein paar Wölkchen. „Rest in Peace“ steht ganz unten am Bildrand. Ruhe in Frieden.
Drei Tage lang haben Oguz Sen und Justus Becker an ihrem neuen Wandbild im Osthafen gearbeitet, am Montag ist es fertig. Die beiden Frankfurter Künstler wollen an Alan Kurdi erinnern, den dreijährigen Flüchtlingsjungen aus Syrien, der im vergangenen September im Mittelmeer ertrunken war und dadurch traurige Berühmtheit erlangt hatte. Ein Foto der Leiche des kleinen Alan, die an einen türkischen Strand gespült worden war, hatte weltweit Betroffenheit ausgelöst.

 

Osakas Anti-Hassreden-Methode

Ende Mai hat das japanische Parlament das erste Gesetz gegen Hassreden in Kraft gesetzt. Darin heißt es, dass rassistische Taten und Worte gegen Ausländer und deren Kinder nicht toleriert würden. Es verpflichtet die Behörden auf allen Ebenen, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um Hassreden in Zukunft zu vermeiden.
Die Stadt Osaka konkretisiert nun mit einer soeben in Kraft getretenen Verordnung den Kampf gegen die Hassredner. Demnach haben die dortigen Behörden nun die Möglichkeit, die Namen von Individuen und Gruppen zu veröffentlichen, die Hassreden halten oder aktiv zu ihrer Weiterverbreitung beitragen. Die Maßnahme soll vor allem abschreckende Wirkung haben. Den Behörden wird es zudem einfacher gemacht, gelisteten Individuen oder Gruppen, die Nutzung öffentlicher Orte für Demonstrationen zu verbieten.
Die Verordnung gibt der Stadt auch andere Möglichkeiten, direkt gegen rassistische Propaganda vorzugehen. So kann sie beispielsweise Internetanbieter auffordern, entsprechende Videos oder Websites zu löschen. Ob eine Aktion als Hassrede eingestuft werden darf, darüber beratet ein fünfköpfiges Gremium. Die Personen, die in die einzelnen Fälle involviert sind, haben dabei die Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzulegen.
Osaka ist somit die erste Stadt in Japan, die mit einer Verordnung das Gesetz gegen die Hassreden konkretisiert und aktiv gegen rassistische Propaganda vorgeht. In der Grossstadt ist schon seit Jahrzehnten die größte koreanische Minderheit des Landes zuhause, gegen die antikoreanische Gruppen immer wieder mobilisieren und Hetze verbreiten.

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Presseschau ... 06.07.2016

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+++ Neustadt/Orla: 17-jähriger Geflüchteter auf offener Straße krankenhausreif geschlagen +++ Jena: Betrunkener belästigt und bedroht Nichtdeutsche +++ Nach Überfall auf Legida-Ordner: Grünen-Politiker Kasek wird massiv bedroht +++ Die AfD zerlegt sich I, II & III

 

Neustadt/Orla: 17-jähriger Geflüchteter auf offener Straße krankenhausreif geschlagen

Ein syrischer Asylbewerber ist am Montagabend in Neustadt (Thüringen, Saale-Orla-Kreis) auf offener Straße angegriffen und schwer verletzt worden.
Wie die Polizei am Dienstagnachmittag mitteilte, war der 17 Jahre alte Jugendliche am frühen Montagabend vor einem Einkaufsmarkt von einem Mann angegriffen und dabei schwer verletzt worden. Er wurde in ein Krankenhaus nach Jena gebracht. Welcher Art Verletzungen dem Jugendlichen zugefügt wurden, teilte die Polizei nicht mit.
Derzeit konzentrierten sich die Ermittlungen auf einen mutmaßlichen Täter, heißt es. Es werde zudem geprüft, ob es für die Attacke ausländerfeindliche Motive gab.

 

Jena: Betrunkener belästigt und bedroht Nichtdeutsche

Am Montagnachmittag belästigte und bedrohte ein betrunkener Mann in Jena-Lobeda mehrere vermeintliche Ausländer. Zunächst traf er auf eine Gruppe „asiatisch aussehende Personen“ und bepöbelte sie, meldet die Polizei. Die Personengruppe sei daraufhin weitergegangen.
Gleiches sei kurz danach gegenüber Menschen passiert, die die Polizei ebenfalls als Ausländer beschreibt, die gerade aus einem Bus gestiegen waren. Möglicherweise habe es sich bei ihnen um Studenten des nahe gelegenen Studentenwohnheims gehandelt. Schließlich habe der Mann an der Haltestellle noch eine Geste vollführt, bei der er mit seiner Hand eine Pistole nachahmte und auf einen vermeintlichen Ausländer zielte, der dort saß. Der stark alkoholisierte Mann entfernte anschließend.

 

Nach Überfall auf Legida-Ordner: Grünen-Politiker Kasek wird massiv bedroht

Nachdem ein Ordner von Legida am Montagabend vor seinem Wohnhaus in Böhlen zusammengeschlagen wurde, behaupten die Rechtspopulisten nun, Grünen-Politiker Jürgen Kasek stecke hinter dem Überfall. Kasek ist deshalb seit Dienstagmorgen Zielscheibe massiver Drohungen im Internet.
Die rechtspopulistische Initiative Legida und die Partei „Wir für Leipzig“ von Ex-NPD-Stadtrat Enrico Böhm unterstellen Kasek, verantwortlich für den Überfall auf einen Legida-Ordner in Böhlen zu sein. Entsprechende Einträge auf Facebook-Seiten wurden inzwischen mehr als 2000 Mal geteilt. Seitdem rufen einzelne Nutzer offen zur Gewalt gegen den Landesvorsitzenden der Grünen auf.
Der Leipziger Politiker und Rechtsanwalt spricht von einer ganz neuen Qualität der Bedrohung: „Ich kam heute in mein Büro und hab schon gesehen, dass da diese Behauptungen im Netz kursieren. Seitdem bekomme ich zahllose Mails und anonyme Anrufe“, sagte er. Dabei würden Fotos des Grünen-Politikers und die Adresse der Anwaltskanzlei verbreitet, außerdem die Privatanschrift anderer Familienangehöriger mit Fotos. „Das ist eine sehr harte Bedrohungslage und der Höhepunkt einer Kampagne, die seit Wochen gegen mich läuft“, sagte Kasek.

 

Die AfD zerlegt sich I: AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag gespalten

Die kurzfristig anberaumte Pressekonferenz beginnt zehn Minuten früher als angekündigt. Für eine einvernehmliche Lösung im Antisemitismus-Streit ist es da aber längst zu spät. Stattdessen verkündet der amtierende Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Jörg Meuthen, um 15.50 Uhr am Dienstagnachmittag einen Schritt, der bundesweit ohne Beispiel ist und den er „unausweichlich“ nennt: Mit zwölf weiteren Abgeordneten wird er die AfD-Fraktion mit Ablauf des Dienstags verlassen. Der Partei aber gehören die 13 weiter an. Mehr noch: Der AfD-Bundesvorstand will ausweislich eines Beschlusses nur noch Meuthens Gruppe als Vertreter der AfD im Stuttgarter Landtag betrachten.
Kurz nach der Pressekonferenz taucht Petry tatsächlich auf, macht erst den Abgeordneten, die Meuthen nicht gefolgt sind, ihre Aufwartung, zieht sich dann zum Vier-Augen-Gespräch mit Gedeon zurück.

Dabei ist der Antisemitismus-Streit in der Partei nur vordergründig. Die Causa Gedeon, so urteilen die meisten Kommentatoren, ist ein Instrument im parteiinternen Machtkampf: Das Trio Meuthen, Bundes-Vize Alexander Gauland und der Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke wollen eine Spitzenkandidatin Petry verhindern. Seit Monaten geht es in der AfD - wie im vergangenen Jahr unter dem ausgetretenen Mitgründer Bernd Lucke - eigentlich nur um diese eine Frage: Wer setzt sich durch, Meuthen oder Petry?

 

Die AfD zerlegt sich II und III: Streit in Sachsen-Anhalt eskaliert, Saarland unkontrollierbar

Von Flügelkämpfen geschüttelt wird auch die Magdeburger Landtagsfraktion der Rechtspopulisten. Dort hatte Frontmann André Poggenburg zunächst angekündigt, als Fraktionschef nicht weiter Landeschef bleiben zu wollen. Dort gibt es Streit um den Umgang mit der rechtsradikalen Aktivistentruppe der „Identitären“. Poggenburg hat unter Druck angekündigt, den Fraktionsvorsitz aufzugeben. Nun trat Landesschatzmeisterin Yvonne Sturm zurück und warf ihm zudem autoritären Stil und Lügen vor. In einer Stellungnahme vom Dienstag erklärte Sturm: „Ich bin bei Amtseintritt von einer professionellen Arbeit ausgegangen, die es aber nicht gegeben hat.“
Zudem reiht sich die Spaltung im Südwesten ein in den Ärger mit dem Saar-Landesverband. Die dortige Truppe um den 1939 geborenen pensionierten Lehrer Josef Dörr will der Bundesvorstand am liebsten ganz auflösen. Doch das Bundesschiedsgericht der Partei hat noch nicht entschieden - und der ungeliebte Landesverband hat am Wochenende unbeeindruckt eine Liste für die Landtagswahl 2017 aufgestellt, die vom Pressesprecher und Dörr-Vertrauten Rudolf Müller angeführt wird. Die jüngste Umfrage sieht die AfD mit immerhin elf Prozent in den Saarbrücker Landtag einziehen. Dort könnte, so das Schiedsgericht nicht bald entscheidet und der Bundesvorstand die nötige Durchsetzungskraft aufweist, also eine zweite unerwünschte Landtagsfraktion entstehen.

 

Antisemiten für Deutschland – Höcke lobt Gedeons Werk für „notwendige Klarheit“

Wie hältst Du’s mit Gedeon? Über diese Frage hat sich gestern die Landtagsfraktion der AfD in Baden-Württemberg zerlegt. Es gibt ein weiteres Werk des Abgerodente, in dem dieser gegen Juden und Amerikaner polemisiert. Björn Höcke lobt „die notwendige Klarheit” des Werks.
Das Werk des baden-württembergischen AfD-Abgeordenten Wolfgang Gedeon vom November vergangenen Jahres ist nur 56 Seiten dick, enthält aber jede Menge kruder Theorien, revanchistische Ansichten und antisemitischer Vorurteile. Es ist bisher nur Insidern bekannt und trägt den sperrigen Titel: „Grundlagen einer neuen Politik über Nationalismus, Geopolitik, Identität und die Gefahr einer Notstandsdiktatur“.
Der thüringische AfD-Sprecher Björn Höcke hat Gedeons Schrift im Dezember 2015 auf Facebook ausdrücklich gelobt und zur Lektüre empfohlen. Höcke würdigte Gedeons Arbeit in einem ausführlichen Beitrag. So verstehe es Gedeon, laut Geschichtslehrer Höcke, „die Lage Deutschlands und Europas – auch im historischen und philosophischen Rekurs – für jeden nachvollziehbar zu entwickeln“.

 

Ex-Pegida-Frontfrau will im Kampf gegen Flüchtlinge "notfalls" ihr Leben geben

Es ist ein flammender Appell, für die "Festung Europa" zu kämpfen - und gegen Flüchtlinge. Kundgebung in Leipzig von Legida: Tatjana Festerling, Ex-Frontfrau von Pegida, steht am Montagabend auf der Lkw-Bühne. Sie trägt eine Jacke in Tarnfarben, am Revers das Abzeichen einer paramilitärischen Bürgerwehr aus Bulgarien und appelliert an die anwesenden Männer - möglichst jene "mit militärischer oder polizeilicher Ausbildung" -, ans Schwarze Meer zu reisen und sich in der Grenzregion zur Türkei dem Einsatz der dortigen "Patrioten" gegen die "Invasoren" anzuschließen.
Festerling war vergangene Woche im Rahmen einer großen Europareise von Dänemark über die Slowakei, Ungarn und Rumänien auch in Bulgarien. Gemeinsam mit ihrem Mitstreiter Edwin Wagensveld, der bei Pegida als "Ed, der Holländer" bekannt wurde, schloss sie sich den Patrouillen der Vasil-Levski-Truppe, einer Art privater Heimatarmee von Nationalisten.Sie traf auch Petar Nizamov. Der "Flüchtlingsjäger" war im April verhaftet und unter Hausarrest gestellt worden war, wie bulgarische Medien berichteten.
23 Minuten insgesamt spricht Festerling beim Leipziger Pegida-Ableger. Sie sagt voraus, dass sich "in den nächsten Jahren 540 Millionen Afrikaner auf den Weg nach Europa machen". "Pfui", ruft das Publikum. Sie erklärt: "Aber wisst ihr was. Es ist uns wurscht. Wir sind bereit (...), notfalls auch unser Leben zu geben." Ihre Anhänger spenden Applaus.

 

Die lange Leitung des Amtes – V-Mann „Corelli“ und der NSU

Corelli, immer wieder Corelli. Erneut bereitet der verstorbene V-Mann dem Verfassungsschutz Ärger. Und wieder geht es um Corellis Handy, das jüngst plötzlich in einem Panzerschrank des Geheimdienstes auftauchte. Laut Verfassungsschutz wurde dieses Handy erst nach 2012 genutzt. Eine Recherche zeigt: Das ist falsch.
Als im Juli vergangenen Jahres plötzlich ein Handy Corellis im Panzerschrank seines ehemaligen V-Mann Führers gefunden wurde, wiegelte der Verfassungsschutz ab: Das Handy sei von Richter rein privat und nur von Mai bis September 2012 genutzt worden – nach Auffliegen des NSU-Trios. „Weder das Smartphone noch die dazugehörige SIM-Karte liefern Hinweise auf eine etwaige Beziehung Corellis zum NSU-Trio“, schrieb das Amt in einem vertraulichen Bericht an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Schon der Nutzungszeitraum sei „nicht geeignet, die Aufklärung der NSU-Morde zu befördern“.
Das ist so nicht zutreffend. Denn die Nummer der fraglichen SIM-Karte wurde wesentlich länger von Richter genutzt, als es der Verfassungsschutz bisher einräumt. Richter gab bei einer Befragung auch an, diese Nummer seit Ende seiner Bundeswehrzeit zu besitzen, seit 1995. „Die hat sich seither nicht mehr geändert“, sagte er den Ermittlern. Als 2001 ein Rechtsrockhändler in Ostfriesland durchsucht wird, steht sie in dessen Telefonverzeichnis. 2007 taucht die Nummer bei einer BKA-Abhörmaßnahme gegen den Thüringer NPD-Kader Thorsten Heise auf. Heise bewegte sich im NSU-Umfeld: Er hielt Briefkontakt zum heute in München als NSU-Helfer angeklagten Holger G. Von diesem soll er 1999 auch angesprochen worden sein, ob er helfen könne, das untergetauchte Trio „außer Landes zu bringen“.

 

NSU-Prozess: Wie die Mordwaffe identifiziert wurde und was Brandt über das Verfahren denkt

Zwei höchst unterschiedliche Zeugen wurden am 294. Verhandlungstag im NSU-Prozess befragt. Erst erläuterte ein Waffen-Sachverständiger vom BKA, wie er die herausgefeilte Produktionsnummer der Mordwaffe Ceska wieder sichtbar gemacht hat.
Das zweite Thema, mit dem sich Strafsenat beschäftigte, drehte sich um einen Vorfall, der sich am 17.Juni 2014 im Gefängnis München-Stadelheim zugetragen hat. Der einstige Chef der Neonazi-Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz" (THS) und Verfassungsschutzspitzel Tino Brandt - er war so etwas wie ein Mentor der drei späteren NSU-Terroristen - war dort kurzzeitig inhaftiert, um im NSU-Prozess auszusagen. Auf der Krankenstation der Jugendvollzugsanstalt erkannte ihn ein Mithäftling und suchte gezielt den Kontakt zu dem einstigen Neonazi-Führer. Das rund einstündige Gespräch, das er daraufhin mit Brandt geführt haben will, erschien ihm - laut eigener Aussage - so brisant, dass er eine Notiz darüber fertigte.
Dabei berichtete der Zeuge unter anderem, Brandt haben ihm gesagt, Gelder des THS seien direkt an den NSU geflossen. Das Geld soll außerdem von gleich drei Boten überbracht worden sein. Bislang waren nur zwei bekannt: der Jenaer Neonazi André K. und der Angeklagte Carsten S.
Der Zeuge lieferte darüber hinaus Einblicke in Brandts Gedankenwelt, die von Ausländerhass und Missachtung der Justiz geprägt sei. So soll er den NSU-Prozess als "Faschingsveranstaltung" bezeichnet haben.

 

München: Polizei entfernt Reichsbürger aus dem freiwilligen Polizeidienst

Weil er im Dienst für seine rechtsextreme Gesinnung geworben hat, hat sich die Münchner Polizei von einem Angehörigen der ehrenamtlichen Sicherheitswacht getrennt. Ein Sprecher des Präsidiums bestätigte den Vorfall, der sich bereits im November ereignete. Der Mann, der seit August 2015 im Bereich der Polizeiinspektion Olympiapark ehrenamtlich auf Streife ging, sympathisiert mit der so genannten "Reichsbürgerbewegung".
Für Polizeisprecher Sven Müller ist das zum Glück ein Einzelfall. Bisher seien vier Mitarbeiter der Sicherheitswacht vom Dienst entpflichtet worden - der Fall vom November sei "der einzig wirklich problematische Ausreißer" gewesen. Der Polizeisprecher verweist darauf, dass alle Bewerber für den ehrenamtlichen Dienst auf Herz und Nieren überprüft würden. Insbesondere auch darauf, ob gegen sie staatsschutzrechtlich Relevantes vorliegt. Das Ergebnis der Prüfung: Rund zwei Drittel der Bewerber würden bereits im Vorfeld abgelehnt.

 

Sondereinheiten gegen rechtsextreme Szene

Sachsen erhöht den Druck auf Rechtsextremisten. Seit dem Wochenbeginn sind mobile Fahndungsgruppen der Polizei im Einsatz. Sie sollen an Treffpunkten und regionalen Schwerpunkten der Szene Präsenz zeigen. Zu ihren Aufgaben zählen auch Kontrollen, Festnahmen sowie das Sammeln von Informationen.
Die sogenannten mobilen Einsatz- und Fahndungsgruppen wurden formal zum 1. Juli durch einen Erlass des Innenministeriums gegründet – als eigenständige Einheit des operativen Abwehrzentrums bei der Polizeidirektion Leipzig. Die Streifen begannen am Montag. Insgesamt gibt es fünf solcher Ermittlungs- und Fahndungsgruppen in Dresden, Leipzig Chemnitz, Görlitz und Zwickau. Sie bestehen aus vier bis acht Beamten.

 

Protest gegen Abschiebepraxis: Roma übernachten im Regensburger Dom

Die rund 40 Geflüchteten, die sich derzeit im Regensburger Dom aufhalten, sind über Nacht in einem Vorraum des Domes geblieben. Sie demonstrieren seit gestern Mittag unter anderem für ihr Bleiberecht.
Mit einem stillen Protest wollen die rund 40 Roma-Flüchtlinge im Regensburger Dom erreichen, dass sie nicht abgeschoben werden. Außerdem demonstrieren sie gegen die Einstufung mehrerer Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten, wie ein Sprecher der Unterstützer sagte. Die Frauen und Männer, darunter Familien mit Kindern aus Balkan-Staaten, zogen am Dienstag mit ihrem Hab und Gut in das Gotteshaus ein. Sie richteten sich im linken Seitenflügel ein.
Auf Transparenten forderten die Asylsuchenden ein Bleiberecht für sich: "Alle Roma bleiben hier" oder "Wir sind nicht zu stoppen". Bosnien, Serbien, Mazedonien, Albanien und Montenegro dürften laut den Demonstranten nicht länger als sichere Herkunftsländer gelten. "Wir werden in der Heimat diskriminiert, unsere Kinder können nicht zur Schule gehen und schwerkranke Menschen können sich nicht behandeln lassen", sagte ein Sprecher der Demonstranten, der aus dem Kosovo kommt.

 

Mythen der Rechten: Der Mythos vom Kampf um die Arbeitsplätze

Manchmal nimmt sogar Hass-Rhetorik kabarettistische Züge an. Zum Beispiel steht auf der Homepage der NPD der schöne Satz: „Natürlich nehmen uns Ausländer die Arbeit weg – wem denn sonst?“ Das ist von bestechender Logik, ungefähr so zwingend wie die Behauptung „Natürlich fällt uns morgen der Himmel auf den Kopf – wem denn sonst?“
So weit die Dumpfbacken-Variante, aber mit so etwas gibt sich die Partei des bildungsbürgerlichen Rechtsextremismus nicht ab. Den Satz „Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“ findet man bei der AfD so nicht. Die selbsternannte „Alternative“ geht lieber den Umweg über Parolen, die längst auch in der berühmten „Mitte der Gesellschaft“ salonfähig sind. Zitat: „Entscheidend sind Sprachkenntnisse, Ausbildung, berufliches Wissen und die Erfordernisse des deutschen Arbeitsmarktes. Eine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme – auch aus Ländern der EU – lehnt die AfD strikt ab.“
In den Foren der rechten Szene kommt ein drittes „Argument“ hinzu, das die Angst um auskömmliche Jobs und um Sozialleistungen gleichzeitig bedient: Der Flüchtling als Lohndrücker.
Wer dieser Logik etwas entgegensetzen möchte, muss sagen, wer die wahren Verantwortlichen für Niedriglöhne und Sozialabbau sind.

 

Rechtspopulismus in Europa: Je jünger, desto rechter

Die Alten stehlen den Jungen ihre Zukunft. Seniorenrepubliken entstehen. Der bornierte Nationalismus ist ein Phänomen engstirniger Greise. So oder so ähnlich war es nach dem Brexit-Referendum zu lesen. Landein, landaus. Denn für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union hatten überwiegend ältere Menschen gestimmt, während die Jüngeren ihr Land in der EU halten wollten. Allerdings hatten auch sehr viel mehr Ältere als Jüngere von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht.
Doch der zentrale Einwand ist ein anderer. Großbritannien und die USA sind in Bezug auf die Attraktivität rechter Parolen auf ältere Wähler die Ausnahme, in Kontinentaleuropa verhält es sich genau umgekehrt. Dort gilt die Regel: je jünger, desto anfälliger für rechts. Ob NPD, AfD, Le Pen in Frankreich oder FPÖ in Österreich: Bei Rentnern haben diese Parteien kaum eine Chance, mit zunehmenden Alter wächst der Widerstand gegen rassistische und europhobe Ideologien. Bei jungen Wählern hingegen, besonders bei männlichen, verfangen sie überdurchschnittlich stark. Die 18- bis 29-jährigen Kontinentaleuropäer bilden gewissermaßen das Rückgrat des Rechtspopulismus.

 

Arnold Gehlen: Der alte Kopf der Neuen Rechten

Der Philosoph und Anthropologe Arnold Gehlen (1904-1976) dient Rechtspopulisten als intellektueller Gewährsmann - vor allem mit seiner Theorie der starken Institution. Im "Dritten Reich" profitierte er von den Nazis.
Seine Wiederentdeckung ist eher leise und dezent; doch man ahnt, dass es gerade diese Eigenschaften sein könnten, die Wirkung und Nachhaltigkeit befördern. Kurzum: Plötzlich ist der 1976 in Hamburg gestorbene Denker wieder aufgetaucht - diesmal als Gewährsmann von AfD und neuen Rechten.
Als ein "Denkmeister des Konservativen" wurde er jüngst in der "Jungen Freiheit" groß porträtiert, dem publizistischen Sprachrohr der neuen Rechten. Er wird somit zum intellektuellen Gewährsmann einer auch reaktionären Grundstimmung deklariert und seine Haltung als ein Zeichen der Zeit verstanden. Ob dem Philosophen diese Besitzergreifung recht gewesen wäre oder nicht – in seinem Werk finden sich genug Anknüpfungspunkte, in denen AfD-Anhänger ihr Verständnis von Staat und Politik zumindest bedacht finden.  Danach ist der Mensch durch und durch ein Mängelwesen und braucht deshalb eine starke Institution, einen Staat, der die Grammatik unserer Lebenswelt bildet.

 

Graz: Ermittlungen gegen „Identitäre" nach Überfall eingestellt

Wie aus dem Nichts seien plötzlich sieben Männer aufgetaucht, die sich lautstark zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ bekannten und mit Schlagstöcken, einem Gürtel und einer Eisenschnalle auf fünf junge Studierende losgingen: So schildern Teilnehmer einer antifaschistischen Kundgebung einen Übergriff, der sich Anfang Januar in Graz (Österreich) zugetragen hat. Eine junge Aktivistin aus Wien, die angab, gewürgt worden zu sein, hatte den Vorfall mit Fotos festgehalten.
Doch trotz der Bilder, Zeugenaussagen und ärztlicher Atteste stellte die Staatsanwaltschaft Graz das Verfahren gegen die Unterstützer der Gruppierung ein. Der Grund: Die Behörde wollte den Antifaschisten keine "erhöhte Glaubwürdigkeit" zusprechen und nannte deren Verletzungen "nicht zuordenbar". Auch sei ein von einem Rechtsextremisten mitgeführter Schlagstock "aufgrund seiner Konstruktion" keine verbotene Waffe.

 

Wie Kai Diekmann die Auschwitz-Baupläne nach Israel bringen ließ

Wieso steht Kai Diekmann, ehemaliger Bild-Chefredakteur und heute Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe, in engem Kontakt mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu? Und weshalb hat der Springer-Verlag einer Gruppe von deutschen Chefredakteuren eine Israel-Reise organisiert hat, bei der man auch mit Premierminister Benjamin Netanjahu zusammentraf? In einem Interview mit dem auf Hebräisch erscheinenden Magazin Spitz erzählt Diekmann, weshalb er so einfach einen Termin bei Netanjahu bekommt.
Man habe engen Kontakt seit August 2009. Damals hatte Bild 29 Baupläne und -skizzen des Konzentrationslagers Auschwitz veröffentlicht und im Springer-Hochhaus ausgestellt. Die Pläne, die die Unterschrift Heinrich Himmlers tragen und weltweit als die einzigen erhaltenen gelten, hatte Springer auf dem Schwarzmarkt erworben für eine bis heute ungenannte Summe. Das aufsehenerregende Dokument, das bereits 1941 die systematische Ausrottung von Juden belegt, war vom Bundesarchiv für echt befunden worden.
"Bundesarchiv und Bundesinnenministerium haben uns gesagt, diese Dokumente gehören der Bundesregierung. Wenn Sie versuchen, sie aus Deutschland herauszubringen, dann bekommen Sie ein Problem. Wir werden Sie an der Grenze stoppen." Die sanfte Drohung ließ Diekmann unbeeindruckt, wie er jetzt zugibt. "Die Baupläne waren eine Sensation. Ich war überzeugt, dass sie nach Yad Vaschem, in Israels Holocaustgedenkstätte, gehören." Nur wie ließ sich das am geschicktesten einfädeln?

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Presseschau... 07.07.2016

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+++ Geflüchteter in Memmingen geschlagen und beraubt +++ Verden: Antirassistisches Graffiti mit extrem rechten Parolen beschmiert +++ Arierparagraph im Kleingarten? Berliner Kolonie will nur Pächter mit„deutscher Herkunft“ +++ AfD: „Vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet“ +++

 

Geflüchteter in Memmingen geschlagen und beraubt

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde in Memmingen (Bayern) ein 34-jähriger Geflüchteter Opfer eines gewalttätigen Angriffes. Nach Informationen der Polizei sei der Mann zunächst aus einer fünfköpfigen Gruppe heraus angegriffen worden.
Nach einer kurzen Unterhaltung wurde er plötzlich von zwei dieser Personen angegriffen und ging dabei zu Boden. Nachdem ihm anschließend der Geldbeutel weggenommen wurde, flüchteten die Täter. Der Geschädigte wurde dabei leicht verletzt.

 

Verden: Antirassistisches Graffiti mit extrem rechten Parolen beschmiert

Unbekannte haben in Verden (Niedersachsen) ein von Jugendlichen gestaltetes buntes Graffiti mit den Worten „Fight Racism“ mit extrem rechten Parolen und Symbolen beschmiert. Das antirassistische Graffiti war erst vor zwei Wochen an einem Bahnübergang angebracht worden.
Unter anderem die Worte „Nazi Kiez“ sind dort zu sehen sowie die Reichskriegsflagge. Die Polizei Verden geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus und hat am Montag die Ermittlungen aufgenommen.

 

Arierparagraph im Kleingarten? Berliner Kolonie will nur Pächter mit „deutscher Herkunft“

Wer Muslim ist, kann sich in einer Kleingartenkolonie in Berlin-Tempelhof vergeblich um eine Parzelle bewerben. Der Verein möchte nur noch Menschen mit deutscher Herkunft aufnehmen. Viele der türkischen Nachbarn in der Kolonie wollten sich nicht in das Vereinsleben integrieren, so die Begründung.
Emine Ö., Berlinerin mit türkischen Wurzeln, bemühte sich monatelang um eine bestimmte Parzelle in der Kolonie. Die hat sie nach anfänglichen Versprechungen dann aber doch nicht bekommen. Weil sie keine Begründung erhielt, wandte sie sich an den Bezirksverband der Kleingärtner Tempelhof, eine Art Dachverband. Dort erhielt sie dann die erstaunliche Information:
"Dass dieser Verein eben eine Quote eingeführt habe und keine Menschen nicht deutscher Herkunft mehr aufnehmen will. Und sie hat sich dann erkundigt, was ist, wenn ich mir einen deutschen Pass machen lasse, ich habe eigentlich Anspruch auf einen deutschen Pass, und der Vorstand vom Bezirksverband hat ihr dann gesagt, nein, kein deutscher Pass, deutsche Herkunft, das sei das Kriterium, um aufgenommen zu werden.

http://www.deutschlandfunk.de/rassismus-in-berliner-kleingartenkolonie-unfrieden-in-der.1769.de.html?dram:article_id=359211

 

AfD: „Vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet“

Der Konflikt um Wolfgang Gedeon zeigt: In der AfD tobt der Kampf, wie man den Holocaust am besten instrumentalisiert.
Marc Jongen gehört der zerfallenen baden-württembergischen Landtagsfraktion der AfD nicht an. Aber er ist Mitglied des Landesvorstands, gehört der Programmkommission der Bundespartei an und gilt als "Parteiphilosoph"der AfD. Es hatte deshalb Gewicht, dass er im Vorfeld der Fraktionsentscheidung in einem scharfen Artikel in der Jungen Freiheit vom 20. Juni dem Auslöser des Konflikts, Wolfgang Gedeon, vorwarf, er reihe sich "in die Tradition übelster antisemitischer Hetzliteratur von Houston Stewart Chamberlain über Alfred Rosenberg bis hin zu Horst Mahler ein".
Für Jongen spielt die Berufung auf die Wissenschaft eine Schlüsselrolle. Wie für Gedeon gehören für ihn "Establishment", "System" und "Zivilreligion des Holocaust" zu den Gegnern, die es zu bekämpfen gilt. Aber eben nicht durch Leugnung des Offenkundigen und wissenschaftlich Beglaubigten. Damit kassiert man allein den Beifall derjenigen ein, die im Tabubrechen einen Wert an sich sehen. Die klügere Variante ist, die "Zivilreligion des Holocaust" als Religion zu attackieren, mit der Geste eines Aufklärers, der eine kollektive Neurose und Verblendung kühl analysiert.
Leute wie Gedeon würden nur bewirkten, "dass alles, was sie an teils richtigen politischen Forderungen in den Mund nehmen, vom Pesthauch der Judenfeindschaft vergiftet wird". Es geht um die Strategie der AfD, um das anvisierte Nebeneinander von Kritik der "Zivilreligion Holocaust" und Anerkennung des Holocaust als historisches Faktum.

 

AfD im Landtag von Baden-Württemberg: Alternative gegen Alternative

Die AfD im Stuttgarter Landtag hat einen Antisemiten in ihren Reihen. Aber auch die anderen sind nicht gerade harmlos. Die AfDler im Check.

Jörg Meuthen, geboren 1961, Bundessprecher, ehemaliger Hochschullehrer, liberales Feigenblatt

  • Rechtsaußenfaktor: Verteidigt Björn Höcke und tritt beim Kyffhäusertreffen auf. Kungelt mit Höcke und Gauland gegen Petry.
  • Verschwörungsgrad: Gering, der Mann weiß, was er da tut.
  • Genderphobiefaktor: Meuthen lehnt die gleichberechtigte Homo-Ehe ab.
  • http://www.taz.de/!5316877/

 

Flüchtlingsfeindliche Facebookgruppen: Gründer zu Bewährungsstrafe verurteilt

Das Amtsgericht Dachau hat am Mittwoch einen Urheber von öffentlicher Internet-Hetze gegen Flüchtlinge verurteilt. Über einen 27-jährigen Mann aus dem Landkreis Dachau verhängte es wegen Volksverhetzung eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Der 27-Jährige hatte im Juni 2015 im sozialen Netzwerk Facebook eine Gruppe unter dem Titel Afb (Anti-Flüchtlings-Bewegung) gegründet. In einer für alle User einsehbaren Gruppenbeschreibung hetzte der Mann öffentlich gegen Flüchtlinge. Die Gruppe zählte zu Spitzenzeiten mehr als 900 Mitglieder.
In der Gruppenbeschreibung bediente der 27-jährige Familienvater und Sicherheitsdienstangestellte rassistische Klischees:Die Schutzsuchenden würden sich an einheimischen Frauen vergehen und "Krieg, Terror und Leid"über das Land bringen. Zudem kosteten die Flüchtlinge den Staat Millionen an Steuergeldern. "Setzt dem ein Ende", hetzte der Mann schließlich auf.
Der Angeklagte sagte, er sei weder rechtsradikal noch fremdenfeindlich – sondern generell unpolitisch. Der Amtsrichter hingegen sah den Vorwurf der Volksverhetzung bestätigt, er verurteilte den Mann zu zehn Monaten Haft, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Die 25-jährige Frau des Angeklagten, ebenfalls Administratorin der Seite, verurteilte das Gericht wegen Mittäterschaft zu einer Geldstrafe von 1200 Euro.

 

Keltenkreuz und „Sturm 18“-Shirt bei Krawallen von Heidenau: 600 Euro Strafe

Dem 32-jährigen Matthias K. aus Pirna wirft die Staatsanwaltschaft vor, am 20. August 2015 in Heidenau für alle gut sichtbar die Tätowierung eines Keltenkreuzes gezeigt zu haben. An jenem Tag hatte es eine gewalttätige flüchtlingsfeindliche Kundgebung vor dem einstigen Praktiker-Baumarkt gegeben, der damals Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge wurde. Das Keltenkreuz ist seit den 1980er-Jahren in bestimmten Kontexten verboten.
„Die Tätowierung habe ich schon über zehn Jahre“, gibt der Angeklagte zu Protokoll. Er sagt, dass er bis zu seiner Verhaftung nicht wusste, dass er sich strafbar macht, wenn sie in der Öffentlichkeit zu sehen ist. Tatsächlich wird ein einzeln getragenes Keltenkreuz strafrechtlich nicht generell verfolgt, da es in seiner ursprünglichen Form als Schmuck in der Goth-, Metal- und Esoterikszene sehr beliebt ist. Geahndet wird es daher nur dann, wenn es mit rechtsradikalen Organisationen in Erscheinung tritt.
„Sie wären vielleicht gar nicht ins Visier der Polizei geraten“, wendet sich Richterin Simona Wiedmer an Matthias K., „wenn Sie zudem nicht auch noch ein Shirt des Vereins ,Sturm 18‘ getragen hätten.“ Das, so der Angeklagte, sei doch aber auch nicht verboten. „Doch“, erwidert die Richterin. Seit Oktober 2015 sei das der Fall.
Der Angeklagte sagte, er habe mit der rechten Szene nichts zu tun. Er liebe eben die Motive rund um den Wikingerkult oder das Mittelalter. Aufgrund einer günstigen Sozialprognose wurde der Mann nur zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt.

 

Hakenkreuze und „White Power“: Naziauto liegt im Bach, Fahrer schläft

Am Dienstagmorgen wurde in Egg an der Günz (Unterallgäu, Bayern,) in einem Bach ein Pkw aufgefunden, in dem eine Person schlief. Wie die Polizei mitteilt, waren auf das Fahrzeugdach ein großes Hakenkreuz und die Zahl 88 aufgesprüht. Auf Fahrer-bzw. Beifahrerseite seien die Worte „White Power“ angebracht gewesen, auf der Motorhaube prangte der Schriftzug A.C.A.B.
Das Auto sei nicht zugelassen gewesen. Bei der Überprüfung des 34-jährigen Mannes habe sich im Weiteren herausgestellt, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Ein Atemalkoholtest ergab einen Wert von über 1,5 Promille.

 

Festnahme eines Berliner Autobrandstifters: Ein „Insider“ der Szene

Seit der Teilräumung des linksalternativen Hausprojekts Rigaer Straße 94 reißt die Serie von Autobrandstiftungen in Berlin nicht ab. In der Nacht auf Mittwoch meldete die Polizei jedoch ihren ersten Erfolg: Ein 26-Jähriger wurde in der Tasdorfer Straße in Lichtenberg dabei ertappt, wie er an insgesamt drei Fahrzeugen versuchte, Brände zu legen – behördlichen Angaben zufolge gestand er die Taten sofort. Geprüft werde nun, ob er noch für weitere Brandstiftungen verantwortlich sei.
Aus dem vermeintlichen Ermittlungserfolg der Polizei könnte ein handfester Skandal werden. Bilder des Festgenommenen lassen darauf schließen, dass es sich bei dem Mann um Marcel G. handelt, einem Zuträger des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes, der in der Vergangenheit umfangreich über Berlins linksradikale Szene ausgesagt hat. Unklar ist hingegen, ob er aus eigenem Antrieb handelte oder gar als V-Mann tätig gewesen ist. In jüngerer Vergangenheit war G. sogar in der rechten szene aktiv: Er präsentierte sich als Redner auf einer Bärgida-Demonstration.

 

Der Primus kam davon – Der V-Mann Ralf Marschner und seine NSU-Verstrickungen

Ralf Marschner war eine Größe im Nazimilieu und ein V-Mann. Wie nahe er dem NSU stand, wird erst allmählich deutlich.
Sein Lebenslauf liest sich wie die klassische Karriere eines Neonazis. 1991 fiel der damals 20jährige erstmals auf, als er mit etwa 100 weiteren Skinheads ein Flüchtlingsheim in Zwickau niederbrannte. Marschner sang damals in der Band „Westsachsengesocks“ und veranstaltete Rechtsrockkonzerte. 1997 eröffnet er in Zwickau den rechten Treffpunkt „The Last Resort“ und 2005 das Modegeschäft „Heaven & Hell“. Marschner unterstützte den FSV Zwickau als Mitglied der Hooligangruppe „HooNaRa“ – eine Abkürzung für Hooligans, Nazis, Rassisten. Über 40 Anzeigen, unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung, des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen und Volksverhetzung, sammelte er über die Jahre an.
Doch Marschner war nicht nur Geschäftsmann und eine Größe im Nazimilieu. Von 1992 bis 2002 war er auch V-Mann des Verfassungsschutzes. Unter dem Decknamen „Primus“ soll er über Jahre eine der wenigen wertvollen Quellen gewesen sein, die die Behörde in Ostdeutschland hatte. Die Zusammenarbeit mit Marschner habe der Verfassungsschutz trotz der zahlreichen Straftaten des Mannes jedenfalls nicht beenden wollen, da sie lediglich rein „szenetypisch“ gewesen seien, so der V-Mann-Führer mit dem Tarnnamen „Richard Kaldrack“ vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

 

NSU-Prozess: Die Frage nach dem Warum

Zum ersten Mal seit 295 Tagen hatten die Anwälte der Opfer im NSU-Prozess die Chance, ihre Fragen direkt an die Hauptangeklagte zu stellen. Es sind nicht Dutzende, es sind Hunderte Fragen, die auf Beate Zschäpe einprasseln. Ob sie noch irgendwo Geld deponiert habe? Wo das Geld aus ihrem Unterschlupf in Zwickau hingekommen sei? Ob es noch andere Attentate des NSU gab, die noch nicht bekannt sind? Es sind viele und wichtige Fragen. Doch gleich die allererste Frage tritt den Kern. Sie zielt genau auf das, was auch nach über drei Jahren im NSU-Prozess noch immer im Dunkeln liegt. Die Frage nach dem Warum.
Rechtsanwalt Sebastian Scharmer stellt sie. Er vertritt die Tochter von Mehmet Kubaşık, der am 4. April 2006 in Dortmund vom NSU ermordet wurde. Scharmer fragt Beate Zschäpe: "Wissen Sie, warum und wie Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter als Mordopfer ausgesucht wurden?" Es ist die Frage aller Fragen. Beate Zschäpe schaut Scharmer nicht an. Und ihr Wahlverteidiger Hermann Borchert sagt gleich: "Es ist vorauszusehen, dass die Fragen wohl nicht beantwortet werden." Aber so muss es nicht kommen.

 

Uwe Böhnhardt: Spuren eines Serienkillers

Liefern Personen, die Uwe Böhnhardt einst auf den Pfad der Gewalt brachten, zugleich ein Motiv für den rätselhaftesten aller Morde des NSU? Es gibt seltsame Verbindungen von Jenaer Bandenkriminellen bis zur Familie der in Heilbronn erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter.

 

NPD, Schill-Partei, DVU: Warum sich die rechten Parteien immer wieder zerlegen

Ein Blick auf die Geschichte einiger rechter Parteien in Deutschland zeigt: die Probleme sind stets die gleichen.
Ein Hauptproblem der rechten Parteien: Sie konkurrieren miteinander. So ist die AfD der größte Konkurrent der NPD. Viele Wähler mit flüchtlingsfeindlicher Politikeinstellung sehen die  „Alternative für Deutschland“ offenbar als stärkere rechtspopulistische Kraft gegen die Asylpolitik.
Andere Parteien scheiterten immer wieder an internen Querelen und beschädigten Egos.

 

Meißen: Wie tickt die Stadt ein Jahr nach dem Anschlag?

Vor einem Jahr brannte in Meißen eine noch unbewohnte Asylunterkunft. Der traurige Höhepunkt in einer Reihe von fremdenfeindlichen Aktionen: Wochenlang zog die rechte "Initiative Heimatschutz" durch die Straßen, es gab Morddrohungen gegen Meißner Bürger, die Flüchtlingskrise spaltete Familien, Freundeskreise und Unternehmen. Inzwischen sind die Brandstifter verurteilt, lange war nichts zu hören aus der 27.000-Einwohner-Stadt. Sind die Wunden geheilt?

 

Ausreiseverbot für niederländischen Pegida-Anführer?

Tatjana Festerling schäumt: Der Welt werde ein "großes Comedy-Stück" geliefert, erklärt sie auf ihrer Facebook-Seite. "Ganz Westeuropa ist eine einzige Freiluft-Psychiatrie." Die ehemalige Pegida-Frontfrau war gemeinsam mit ihrem niederländischen Mitstreiter Edwin Wagensveld Ende Juni in den bulgarischen Wäldern unterwegs, um dort gemeinsam mit paramilitärischen Bürgerwehren Jagd auf Flüchtlinge zu machen.
Jetzt erwägt eine parlamentarische Anfrage in den Niederlanden, die rechtlichen Möglichkeiten für ein Ausreiseverbot gegen "rechtsextreme Grenzwächter" zu prüfen. "Wäre dies wünschenswert und warum? Und wenn nein, warum nicht?", fragen sie. Eine Antwort der niederländischen Regierung gibt es zu bisher nicht.

 

Unzulässige Parteikritik: Thüringer Regierung darf nicht vor der AfD warnen

Nach einer erfolgreichen Klage der NPD gegen Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow muss sich die Landesregierung ein weiteres Mal über ihre amtlichen Äußerungsbefugnisse belehren lassen.
Diesmal war es die AfD, die gegen eine Pressemitteilung von Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) vor den Verfassungsgerichtshof des Landes zog. Darin warnte Lauinger vor einer AfD-Demo, weil dort „Hass gegen Menschen aus anderen Ländern“ geschürt werde, der zu Übergriffen führen könne. Wer „den Scharfmachern hinterherläuft“ mache sich mitverantwortlich für „die Folgen der Stimmungsmache“.
Am Mittwoch urteilten die Richter, dass Lauinger die Mitteilung zurückziehen muss, sie verletze das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. Die Aufforderung an die Bürger, zu prüfen, ob sie sich für die Ziele der Anmelder „einspannen“ lassen wollten, sei geeignet, Teilnehmer der Kundgebung abzuschrecken.

 

Niederlande: Dorfbewohnerin will Flüchtlingen den Bürgersteig verbieten

Im ost-niederländischen Dorf Beuningen gibt es Ärger um ein geplantes Asylzentrum. Eine Anwohnerin will den rund 300 Flüchtlingen verbieten lassen, den Bürgersteig zu benutzen. Sie stellte dazu sogar einen offiziellen Antrag bei der Stadt.
Damit die Flüchtlinge nicht vor ihren Häusern zum Dorfzentrum laufen können, forderte die Anwohnerin die Schließung des Bürgersteiges. Der Antrag sei abgewiesen worden, teilte eine Sprecherin der Kommune am Mittwoch mit.
Die Bewohnerin der Koningsstraat fürchtete nach Angaben der Sprecherin, dass der Wert ihrer Häuser sinken werde. Statt auf dem Fußweg, sollten die Flüchtlinge daher auf der Straße zum Dorfzentrum laufen. Der zuständige Stadtrat Piet de Klein sagte: "Ich versuche das zu verstehen, habe aber große Mühe damit."

 

Ihr Land nimmt kaum Flüchtlinge auf – deshalb engagieren sich junge Polen in Deutschland als Flüchtlingshelfer

In der Mittagssonne sitzt Bogna Czałczyńska unter einem roten Sonnenschirm auf dem Marktplatz in Greifswald. Sie kommt aus der 150 km entfernten Großstadt Stettin in Polen und spricht kein Deutsch. Aber sie ist hier, um Hassan Saleh, einen 24 Jahre alten Syrer, bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
Czałczyńska gehört zur „Refugees Welcome“-Gruppe in Stettin. Seit November 2015 besucht sie regelmäßig ein Flüchtlingsheim in Rothenklempenow bei Pasewalk im Süden von Vorpommern. Das Heim liegt im Wald, fünf Kilometer vom nächsten Supermarkt entfernt, zehn Kilometer vor der polnischen Grenze, 35 Kilometer von Stettin. „Als die Flüchtlinge im letzten Herbst nach Deutschland kamen, nahm der Hass in den polnischen Internetforen und auf der Straße zu“, sagt sie. Czałczyńska organisierte Demonstrationen gegen Rassismus in Stettin und folgte einer Einladung des Anklamer Demokratieladens. „Weil bei uns keine Flüchtlinge ankommen, engagiere ich mich eben in Deutschland“, sagt sie.

 

Homophobie: Hetze, Hass und Hate-Mails von rechts

Der Münchner Journalist Robert Andreasch spricht im AZ-Interview über die zunehmende Homophobie in der rechten Szene.

Herr Andreasch, die extreme Rechte war schon immer homophob. Trotzdem sprechen Experten von einer neuen Intensität. Warum?

Sie trägt derzeit viel stärker als in den letzten Jahren homophobe Hetze, Antifeminismus und eine Ablehnung all dessen nach außen, was den Begriff gender im Wort hat. Das ist – neben der Hetze gegen Geflüchtete – das zweite große Kitt-Thema, das alle rechten Gruppen von Konservativen bis Neonazis verbindet und das die Kluft zwischen extremer Rechten und Bevölkerung überwinden helfen soll.

Bei der aktuellen Mitte-Studie haben 40 Prozent der Befragten angegeben, sie fänden es "ekelhaft", wenn sich Homosexuelle auf der Straße küssen. Ist das die Folge dieser Propaganda?

Es gibt eine Verrohung von Bürgerlichkeit, das Koordinatensystem verschiebt sich nach rechts – und es ist immer mehr sagbar im öffentlichen Raum. Was vor einem Jahr noch als massive Hetze abgelehnt worden wäre, das trauen sich heute immer mehr Menschen zu äußern.

 

Stammtischparolen: „Rechtspopulismus hat psychologische Ursachen“

Ein Onkel regt sich auf der Familienfeier über kriminelle Ausländer auf. Was tun? Klaus-Peter Hufer ist Erziehungswissenschaftler und Fachmann für Stammtischparolen. Im Interview gibt er Tipps und erklärt, wie das Weltbild von Rechtspopulisten entsteht.

Ich würde Ihnen gerne solche Parolen nennen und Sie sagen mir, wie man reagieren kann. „Andere Parteien wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem großen europäischen Brei aufgehen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen)

Erst einmal für den Hintergrund: Rechtspopulistische Einstellungen verbindet, dass sie auf Politikverachtung basieren. Es handelt sich also um die Verschwörungstheorie, dass deutsche Parteien das Volk zerstören wollen. Gleichzeitig steckt eine ganz verhängnisvolle Metapher darin. Es ist eine Form der Entmenschlichung – aus Menschen wird eine klebrige Masse, ein Brei. Hier kommt unverhohlene Inhumanität zum Ausdruck.

Wie viel bringt es überhaupt, die Stammtischparolen zu diskutieren?

Es geht um das Grundmuster solcher Parolen: Immer sind geheimnisvolle Kräfte am Werk – „die Ausländer“, „die Rot-Grünen“. Es entsteht der Eindruck, es sei eine Verschwörung im Gange, die das Ziel hat, die Tradition, die Kultur, die Werte und letztlich die Bundesrepublik zu zerstören. So ein Weltbild hält kritischen Nachfragen nicht stand, weil es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt.

 

„Ich muss dagegen aufstehen“ – Allein und mit der EU-Flagge gegen Pegida

Ein junger Mann stellt sich seit zwei Wochen alleine mit einer EU-Flagge an den Rand der Pegida-Demos in Dresden. Warum er das macht - und welche Anfeindungen er erlebt.

Sie gehen seit dem Brexit gegen Pegida auf die Straße. Warum war das der Auslöser?

Der Brexit hat gezeigt, dass die Unvernünftigen in der EU so laut geworden sind, dass sie es schaffen, etwas zu bewegen. Das ist gefährlich. Ich finde politisch nicht alles gut, was in der EU passiert. Aber sie ist ein Garant für Frieden und Wohlstand. Wenn ich höre, wie Bewegungen wie Pegida über die EU reden, muss ich dagegen aufstehen.

Wie reagieren die Pegida-Demonstranten auf Sie?

Leider will niemand ernsthaft mit mir diskutieren. Es kommen nur Beleidigungen und Gepöbel. Körperlich bedroht wurde ich bisher nicht. Mir ist aber bewusst, dass es passieren könnte, ich gehe das Risiko ein. Wo kämen wir denn hin, wenn ich nicht mal mehr auf einer öffentlichen Straße die EU-Flagge hissen dürfte? Dann würde ich den Glauben an unsere Demokratie verlieren.

 

 

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Presseschau... 08.07.2016

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+++ „Scheiß Muslime!“ Muslima in Kiel auf offener Straße niedergeschlagen +++ Homosexueller Syrer vor Lageso Berlin geschlagen – Täter soll Security-Mitarbeiter sein +++ Syrer am Bahnhof Crimmitschau (Sachsen) verprügelt +++ Nach rassistischem Angriff? 34-Jähriger in Zerbst von Zug erfasst +++ Magdeburg: Betrunkener greift mehrere Personen an, darunter Syrer +++ Rechtsradikale Schmierereien in Frechen und Dittelsheim-Heßloch +++

 

„Scheiß Muslime!“ Muslima in Kiel auf offener Straße niedergeschlagen

Der Vorfall ereignete sich im Kieler Stadtteil Neumühlen-Dietrichsdorf. „Es ist alles in Sekunden passiert“, sagte Gamze K., die sich kurz nach 11 Uhr zu Fuß auf den Weg zum Einkaufen gemacht hatte, als es plötzlich zu dem Angriff kam. „Das war so brutal wie bei einem Boxer, der einen K.O.-Schlag macht.“ Sie stürzte stark blutend zu Boden und beobachtete, wie der Schläger sich vom Tatort entfernte. „Der ist nicht einmal gerannt, er ist einfach gegangen, als ob nichts passiert wäre“, berichtet die Muslima. Vor dem Faustschlag habe der Mann „Scheiß Muslime“ gerufen.
Als Tatverdächtigen hat die Polizei einen Mann (55) ermittelt, der wegen verschiedener Straftaten aktenkundig sein soll. Darunter aber wohl keine mit fremdenfeindlichem oder rassistischem Bezug. Er ist auf freiem Fuß. Es handele sich bei ihm um einen Asylbewerber aus Russland, teilte die Polizei mit.
In den türkischen Vereinen Kiels hat der Angriff große Betroffenheit ausgelöst. „Wir haben uns in Kiel bisher wohl und sicher gefühlt, und nun passiert so etwas“, sagte Ali Ihsan Özdemir, Vorstandsmitglied des Vereins Türkische Gemeinde.
Auch bundesweit hat der Angriff Bestürzung ausgelöst: Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck sprach von einer „neuen Qualität der Hasskriminalität in Deutschland“.

 

Homosexueller Syrer vor Lageso Berlin geschlagen – Täter soll Security-Mitarbeiter sein

Ein syrischer, homosexueller Flüchtling ist am Donnerstag in Berlin vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) geschlagen worden. Täter soll ein Angehöriger des Sicherheitspersonals gewesen sein. Die Polizei hat eine Anzeige wegen Körperverletzung aufgenommen, zugleich aber auch eine Anzeige gegen das Opfer wegen Beleidigung.
Nach einem Bericht einer Mitarbeiterin des Lesben- und Schwulenverbands Berlin hätten drei Security-Mitarbeiter sich über den 32-jährigen Syrer, der im Lageso einen Termin hatte, lustig gemacht. „Sie hätten, so wurde mit geschildert, auf arabisch gesagt: "Schau dir diese Schwuchtel an, wie der sich benimmt“, sagte Hassoun. Daraufhin habe der Syrer erwidert: „Ich verstehe Euch.“ Sekunden später sei er dann unvermittelt geschlagen worden und habe dabei ein blaues Auge davongetragen.

 

Syrer am Bahnhof Crimmitschau (Sachsen) verprügelt

An einem Bahnhaltepunkt in Crimmitschau ist am Dienstagnachmittag ein 20-jähriger Ausländer verletzt worden. Angaben der Bundespolizei vom Mittwoch zufolge hatte der junge Syrer auf den Zug gewartet und telefoniert, als ihn ein Mann ansprach. Dieser habe ihm das Handy aus der Hand geschlagen und ihm eine Faust ins Gesicht geschleudert. Wie es weiter hieß, hatte ein Zeuge versucht, den Schläger festzuhalten. Der Angreifer habe sich jedoch losgerissen, sei als Beifahrer in ein Auto mit Zwickauer Kennzeichen gestiegen, das danach davongefahren sei.

 

Nach rassistischem Angriff? 34-Jähriger in Zerbst von Zug erfasst

Ein 34-jähriger Mann ist in Zerbst (Sachsen-Anhalt) von einem Zug erfasst und schwer verletzt worden. Wie die Polizei und Staatswanwaltschaft Dessau-Roßlau gemeinsam mitteilten, ereignete sich der Vorfall bereits am späten Donnerstagabend der vergangenen Woche.
Dem Unfall am 30. Juni soll eine tätliche Auseinandersetzung auf dem Bahnsteig in Zerbst vorangegangen sein. Demnach wurde der Mann aus Pakistan dort zwischen 23.15 Uhr und 23.30 Uhr von einer Gruppe bedrängt und angegriffen, zu der drei Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren und eine augenscheinlich jüngere Frau gehörten.
Nachdem die Gruppe von ihm abließ und sich entfernte, wurde der 34-jährige durch den Triebwagen eines Zuges erfasst und verletzt. Der Mann brach sich unter anderem das Schulterblatt. Er hatte zudem andere Verletzungen, die nicht von dem Zusammenprall mit dem Zug stammen.
Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben in alle Richtungen, auch ein „fremdenfeindliches Motiv“ will sie nicht ausschließen.

 

Magdeburg: Betrunkener greift mehrere Personen an, darunter Syrer

Ein 30-jähriger Mann aus Burg (Sachsen-Anhalt) griff am Mittwochabend in Magdeburg mehrere Personen an. Nach Angaben der Polizei geriet er mit einem 36-jährigen Geschädigten aus dem Salzlandkreis in Streit, beleidigte ihn und gab ihm einen Kopfstoß. Der Angegriffene habe eine Platzwunde über dem Auge erlitten. Kurz danach sei dem Beschuldigten eine syrische Familie entgegengekommen.  Ohne Vorwarnung sei er auf den Vater, einen 38-Jährigen Syrer, losgegangen und habe ihm ebenfalls einen Kopfstoß gegeben. Infolgedessen erlitt auch er eine blutende Platzwunde, die im Krankenhaus ambulant behandelt werden musste. Zeugen des Vorfalls informierten die Polizei. Bei Eintreffen der Beamten sei der Mann weiterhin aggressiv aufgetreten, er habe ebenfalls versucht, den Beamten Kopfstöße zu verpassen.

 

Rechtsextreme Schmierereien in Frechen und Dittelsheim-Heßloch

In Frechen-Königsdorf (Nordrhein-Westfalen) sind in der Nacht zum Montag mehrere Schmierereien mit nationalsozialistischen Symbolen an Hauswänden, Mauern, Schildern und Autos entdeckt worden. Eine Hauswand wurde zum Beispiel mit dem SS-Zeichen, der Zahl 88 und "Frechen Heil Hitler“ besprüht.
Auch ein Privatauto war betroffen: Jasmin G. konnte es nicht fassen, als sie am Montagmorgen ihr Auto sah. Ein dickes, schwarzes Hakenkreuz prangte auf der weißen Motorhaube. Jasmin und ihr Mann haben iranische Wurzeln. Sie ist Deutschdozentin und unterrichtet minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. "Ich bin Kölnerin, ich bin hier geboren und aufgewachsen, das ist meine Heimat. Ich liebe Köln - das Hakenkreuz war einfach ein Schlag ins Gesicht".

Auch in Dittelsheim-Heßloch (Landkreis Alzey-Worms, Rheinland-Pfalz) sind in der Nacht auf Samstag Gebäude und Autos mit rechten Symbolen beschmiert worden. Beschmiert wurden das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr, die Ortsverwaltung von Dittelsheim-Heßloch, eine Bushaltestelle, die Skaterbahn und zwei Autos.

 

Kommentar zur Spaltung in der AfD: Verfrühte Freude

Erleichterung über die Selbstdemontage der AfD in Baden-Württemberg wäre verfrüht. Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die Rechtspopulisten derzeit so viel Rückenwind haben, dass ihnen solche Ränkespiele und Intrigen nicht ernsthaft schaden: Sie könnten auch einen Besenstiel aufstellen und würden trotzdem in die Parlamente gewählt.
Wozu also überhaupt der Streit über den Ausschluss von Gedeon? Die AfD folgt damit dem Vorbild anderer Rechtspopulisten in Europa, die sich von offenem Antisemitismus distanzieren, nur um umso ungehemmter gegen Muslime und andere Minderheiten zu hetzen. Marine Le Pen warf sogar ihren eigenen Vater aus der Partei, um den Front National salonfähig zu machen.
Anders als klassische Rechtsextremisten sind die Populisten in der Lage, Stimmungen zu kippen und auf lange Sicht sogar Mehrheiten zu gewinnen. Die Präsidentenwahl in Österreich und der Brexit in Großbritannien sind nur die zwei aktuellsten Beispiele dafür, dass ihre Strategie aufgeht.

 

Affäre "Corelli": V-Mann-Führer im Verfassungsschutz bunkerte 23 Handys

Über den rechtsextremen Spitzel Thomas R., Deckname "Corelli", werden immer mehr Details bekannt. Sein Kontaktmann beim Verfassungsschutz soll "aus dem Ruder gelaufen" sein. Wie jetzt bekannt wird, hat der Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) noch eigenmächtiger gehandelt hat als bislang schon bekannt. Seine direkten Vorgesetzten hätten ihn zu wenig beaufsichtigt. Der ehemalige V-Mann-Führer des rechtsextremen Spitzels habe 23 Handys gebunkert, sagten Regierungskreise. Bisher war von sieben Geräten die Rede. Ihre Existenz war in den vergangenen Wochen nach und nach bekannt geworden und hatte einigen Wirbel verursacht.
Regierungskreise betonen zudem, es gebe weiterhin keine Hinweise, dass der Spitzel eine Verbindung zum NSU hatte. Auffällig sei allerdings, dass auf einem Handy, das Thomas R. 2012 und damit offenbar nach seiner Enttarnung als V-Mann benutzte, Bilddateien gespeichert hatte, auf denen die NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sowie ihre mutmaßliche Komplizin Beate Zschäpe zu sehen sind.

 

Gegendemo: 600 Fürther erteilen Pegida eine Absage

Mit einem gellenden Pfeifkonzert und "Haut ab"-Rufen haben am Donnerstag rund 600 Menschen auf dem Bahnhofplatz etwa 40 Pegida-Anhängern quasi Hausverbot in Fürth erteilt. Prominente Redner bezeichneten die Rechtspopulisten als Feinde der Freiheit und eine Gefahr für den sozialen Frieden.
Dabei hatte es die Nürnberger Pegida bei ihrem ersten Auftritt in Fürth mit Verschleierungstaktik versucht. Auf einem mit dem Logo der Friedensbewegung dekorierten Kleinbus prangte die Parole "Widerstand gegen EU-Diktatur" und ein Pegida-Anhänger hielt ein Schild mit der Aufschrift "AfD muss weg" in die Höhe.

Die Demonstration wurde aus dem Umfeld von Pegida-Nürnberg organisiert. Die Gruppierung wollte mit dem Schritt in die Nachbarstadt offensichtlich über die Stadt Nürnberg hinaus in der Metropolregion Präsenz zeigen. An den Kundgebungen der Pegida Nürnberg hatten sich zuletzt rund 80 Personen beteiligt.
Bei diesen Veranstaltungen ist nach Beobachtung von Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair „regelmäßig ein gutes Dutzend stadtbekannter Neonazis rund um Dan Eising (Die Rechte/Nügida) vertreten. Eising war Mitinitiator der Hetz-Demo gegen Flüchtlinge am vorigen Samstag in Zirndorf. 25 Rechtsradikalen boten dort 800 Menschen die Stirn.

 

Neonazis und der rechte Rand in Erfurt: Kanzlerfeindschaft verbindet

Ob auf AfD-Demonstrationen oder auf Neonazi-Aufmärschen: die Parole „Merkel muss weg“ darf momentan auf keiner der entsprechenden Veranstaltungen fehlen. So auch nicht bei einer Kundgebung mit etwa 70 Teilnehmern zum Besuch der Bundeskanzlerin beim „Deutschen Landfrauentag“ in Erfurt.
Angemeldet hatte die Aktion der Neonazi Sven L. aus Halle, der in den 1990er Jahren ein führendes Mitglied der extrem rechten Szene war und dem 2000 in Deutschland „Blood&Honour“-Netzwerk angehörte. Auf dem von ihm betriebenen Blog „Halle Leaks“ wurde zuerst für die Aktion geworben, später wurde sie bei Facebook u.a. von dem Neonazi-Netzwerk „Thügida“ geteilt.
Schon als der geplante Merkel-Besuch in Erfurt öffentlich wurde, häuften sich im Internet Hetz-Kommentare und Gewaltphantasie wie beispielsweise auf der Facebook-Seite „Deutschland wehrt sich“. Dort heißt es u.a. „jagd sie aus der stadt“, „Töten das Tier“, „weg mit der invasoren f****“, „Eier oder Tomaten! Ein Scharfschütze muss her damit der Wahnsinn endlich ein Ende hat!“ (Rechtschreibung im Original).
Trotz der Teilnahme von Neonazis hatten Mitglieder und Politiker der AfD offenbar kein Problem, ebenfalls an der Kundgebung an der Erfurter Messe teilzunehmen

 

Abgeordnetenhauswahl Berlin: Am rechten Rand wird es eng

Zwei Wochen nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern wählt die Bundeshauptstadt ein neues Abgeordnetenhaus. Am rechten Rand herrscht Gedränge: Neben der AfD, die schon fest mit einem Einzug rechnet, streiten die dahinsiechenden NPD, REP sowie die „Bürgerbewegung pro Deutschland“ um Wählerstimmen.
Die NPD rangierte bei Wahlen in Berlin seit Jahren unter ferner liefen. Beim letzten Urnengang gewann die extrem rechte Partei 2,1 Prozent (31.241 Stimmen), das waren noch einmal 0,5 Prozentpunkte weniger als 2006. Wer sich über die politischen „Inhalte“ dieser Partei informieren möchte, wird allerdings auf Schwierigkeiten stoßen. Ein Wahlprogramm oder programmatische Aussagen sind auf der „Weltnetz“-Seite des Berliner Verbandes nicht eingestellt worden.
Damit ist die NPD indes weiter als die Republikaner, die ebenfalls einen Wahlantritt angezeigt haben. Auf deren „Kampagne“ zur „Wahl zum Abgeordnetenhaus“ ist einzig eine pdf-Datei des Formblattes zur Leistung von Unterstützungsunterschriften abrufbar.

 

Beratungsmarathon im Schweriner Landtag: Geisterstunde mit der NPD

Eine halbe Stunde nach Mitternacht platzt Sylvia Bretschneider (SPD) der Kragen. Die Landtagspräsidentin entzieht dem NPD-Fraktionschef Udo Pastörs das Wort. Kurz zuvor hatte dieser die Abgeordneten des Schweriner Landtags als „Sesselpupser“ bezeichnet. Nur eine von vielen Beleidigungen, die in den 12,5 Stunden Beratungsmarathon am Dienstag fielen.
Es ist 21.50 Uhr. Pastörs spricht über Kofferübergaben auf dunklen Parkplätzen und Konten in Liechtenstein. Tagesordnungspunkt 45: „Parteienfinanzierung transparenter gestalten.“ Insgesamt 59 Anträge hat die rechtsextreme NPD vorgelegt. 18 folgen noch. Torsten Renz (CDU) tritt ans Pult. Seine Gegenrede zu Pastörs Antrag geht gerade einmal 20 Sekunden: Gab es schon, keine neuen Infos, schon einmal abgelehnt. Es folgt die Verteidigungsrede von Pastörs. Dann die Abstimmung: fünf NPD-Mitglieder dafür, alle anderen dagegen. So geht das schon seit Stunden. So wird es noch Stunden weitergehen.

 

Nordhausen, deine Nazis: Rechtsextreme blockieren Vortrag an der Hochschule

An der Hochschule Nordhausen wollte eine studentische Initiative am Mittwoch Abend mit einem Vortrag über die rechtsextreme Szene in Nordhausen informieren. Als praktisches Anschauungsobjekt kamen denn auch ein gutes Dutzend Vertreter des rechten Randes. Nur hatte sie niemand eingeladen, die Polizei musste anrücken.
"Time to act - Nordhausen, deine Nazis"– unter diesem Titel wollte die studentische Gruppe "Arbeitskreis politische Aufklärung" in den Räumen der Hochschule über rechtsextreme Strukturen in Nordhausen informieren.
Die Veranstalter sprechen von 15 Personen, die eindeutig eben jener rechten Szene zuzurechnen seien und den Seminarraum besetzt hielten. Die herbeigerufene Polizei verwies die Gruppe des Geländes, Anzeigen wurden erstattet. Der Vortrag fand danach wie geplant statt.

 

Nach Al-Quds-Marsch: Israelfeindliche Demonstration am Holocaust-Mahnmal angemeldet

Trotz strengerer Auflagen haben Demonstranten beim jüngsten Al-Quds-Marsch wieder antisemitische Parolen verbreitet. Dies zeigt eine Dokumentation der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) und des Registers Charlottenburg-Wilmersdorf zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle sowie des Jüdischen Forums für Demokratie und Antisemitismus.

Auffällig wurde beim Al-Quds-Marsch auch Martin L., der sich mitunter als Journalist betätigt. Als er eine Gegendemo störte, führten ihn Polizisten ab. Martin L. hat für diesen Freitag ab 17 Uhr eine Kundgebung in Mitte angemeldet. Mit ihr will er an den zweiten Jahrestag erinnern, an dem sich Israel mit einer Offensive gegen den permanenten Raketenbeschuss durch die Hamas aus dem Gazastreifen wehrte.
Als Motto der Kundgebung wählte er: „Zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Faschismus.“ Zum Entsetzen von Vertretern jüdischer Organisationen findet die Veranstaltung in der Nähe des Holocaust-Mahnmals statt. Ursprünglich hatte Marin L. die Kundgebung direkt am Stelenfeld angemeldet. Laut Versammlungsgesetz ist das Mahnmal jedoch ein geschützter Ort. Deshalb wurde die Kundgebung nach Angaben eines Polizeisprechers eine Straßenecke weiter verlegt.

 

Rassismus-Vorwürfe gegen Funktionär der Berliner Charité

An der Berliner Charité gibt es Rassismus-Vorwürfe gegen einen ranghohen Funktionär des Hauses. Nach rbb-Informationen wird dem Vorsitzenden des Fakultätspersonalrats, Christoph Berndt, zur Last gelegt, sich im Spreewald im Verein "Zukunft Heimat" zu engagieren und sich dort rassistisch geäußert zu haben.
Der Verein "Zukunft Heimat" ist in Golßen (Dahme-Spreewald) angesiedelt. Berndt taucht im Impressum der Website auf und verantwortet demzufolge auch die Facebook-Seite des Vereins. Der Verein unterstützt offenbar die Ziele der „Identitären Bewegung“.
Der rbb konnte dokumentieren, wie sich Berndt bereits im Januar auf einer Kundgebung in Lübbenau über Ausländer-Kriminalität echauffierte. Ob es überhaupt noch einen öffentlichen Platz gebe, wo man vor dieser "von der Regierung importierten Kriminalität sicher ist“, fragte er damals bezugnehmend auf die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln. Und weiter: "Welche Frau kann sich noch ungezwungen bewegen, wenn auch nur in der Ferne eine Gruppe dunkelhaariger junger Männer auftaucht oder auch auftauchen könnte?“
An der Charité gab es bereits Proteste gegen Berndt. Flugblätter und Transparente trugen die Aufschrift "Rassismus an der Charité".

 

Kommentar zur Entscheidung der Sächsischen Zeitung: Journalismus war gestern

Ob einer Steuern hinterzieht, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt oder eine Frau vergewaltigt, hat in aller Regel nichts mit seinem Glauben oder seiner Herkunft zu tun – weshalb der Hinweis darauf in der Berichterstattung über eine Straftat zumeist nur Ressentiments bedient. Es genügt ein Blick auf die Transparente ausländerfeindlicher Demonstrationen oder in rassistische Leserbriefe an Zeitungsredaktionen, um zu erkennen, dass Verbrechen auf einschlägige Ressentiments vitalisierend wirken.
Deshalb bestimmt der Pressekodex, dass die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt werden soll, wenn sie für das Verständnis des Vorgangs eine Rolle spielt.
Die Sächsische Zeitung hat entschieden, sich an die Richtlinie nicht länger zu halten, vielmehr wird sie jetzt stets die Nationalität von Straftätern und Verdächtigen nennen, nicht mehr nur ausnahmsweise. Jeder vierte Abonnent, hieß es zur Begründung, glaube, „Medien würden in ihrer Berichterstattung die Herkunft ausländischer Straftäter aus Rücksicht auf diese verschweigen“.
Die anderen drei Viertel wissen jetzt, dass Seriosität und Integrität in Dresden nichts mehr zu suchen haben, wenn ein Teil des Publikums nach Ressentiments verlangt. Journalismus war gestern, Dresden ist heute.

 

Berliner Polizei: Mutmaßlicher Brandstifter ist kein Informant

Die Berliner Polizei ist Spekulationen über die Hintergründe der Festnahme eines mutmaßlichen Autobrandstifters entgegengetreten. Der am Mittwoch auf frischer Tat ertappte 26-Jährige sei weder Informant der Polizei noch habe er für den Verfassungsschutz gearbeitet. Der mutmaßliche Täter sei ein "bereits einschlägig verurteilter und im Branddezernat der Landeskriminalamtes bekannter Brandstifter, der sich seit Herbst letzten Jahres in Berlin aufhält".
Der 26-Jährige sei "sowohl wegen allgemeiner als auch politisch motivierter Kriminalität" auffällig geworden. Nach einer Serienbrandstiftung in Hamburg wurde er bereits 2012  festgenommen. Im Rahmen weiterer Ermittlungen soll er außerdem als Zeuge für eine Straftat in Berlin befragt worden sein. "Er wurde und wird nicht als Informant oder V-Person der Polizei Berlin geführt", heißt es in der Pressemitteilung der Polizei.

 

Studie zu Flüchtlingen und Migranten: Die Willkommenskultur verabschiedet sich

Gefährden viele Flüchtlinge die Zukunft Deutschlands? Die schönen Bilder vom September 2015 verblassen. Mehr als ein Drittel der Befragten einer Studie sieht das so. Jeder Zweite fürchtet eine erhöhte Terrorgefahr. Mit der Willkommenskultur ist es nicht weit her.
Eine Studie, die vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld unter dem Projektnamen ZuGleich mit der Mercator-Stiftung durchgeführt wurde, hat untersucht, wie sich die Haltung der Deutschen mit und ohne Migrationsbiografie zum Thema Integration und Zusammenleben mit Migranten zwischen 2013/2014 und 2015/2016 verändert hat.
Demnach sieht ein Drittel der Befragten Deutschlands Zukunft durch die Migration in Gefahr. Knapp die Hälfte von ihnen hat Angst, dass mit der steigenden Anzahl der Flüchtlinge in Deutschland auch die Bedrohung durch Terrorismus wächst. Fast ebenso viele Befragte wünschen sich, dass die Asylbewerber wieder ausgewiesen werden, wenn sich die Lage in ihren Heimatländern verbessert.

 

„Schöner Leben ohne Nazis“ auf Sommertour in Brandenburg

Setz dich aufs Sofa und schnapp’ dir eine Apfelschorle: Die Aktion „Schöner Leben ohne Nazis“ schickt ein Wohnzimmer auf Reisen. Mit Kunstaktionen sollen Jugendliche öffentliche Räume erobern – in acht verschiedenen Orten in Brandenburg.
Der Startschuss fällt am Freitag kommender Woche in Frankfurt (Oder). Danach geht es bis September quer durch die Mark. „Wir legen das Private in das Öffentliche, nehmen selbstverständlich öffentlichen Raum ein und hinterlassen Spuren“, beschrieb der Künstler Robert Segner das Motiv der Aktion.
Überall bauen die beiden ihr mobiles Wohnzimmer auf: Sofas, Stehlampen, eine Musikanlage. Dazu wird Apfelschorle mit Anti-Nazi-Etikett serviert. In Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen gibt es dazu an jedem Ort eine Kunstaktion zum Mitmachen. Bei den Kunstprojekten soll es neben Rechtsextremismus auch um Themen wie Leerstand und Abwanderung und die Integration junger Geflüchteter gehen.

 

Berlin-Heinersdorf: Von der umstrittenen Moschee zum Vorzeigeprojekt

Vor zehn Jahren wollte diese Moschee kaum jemand haben. Heinersdorfer fürchteten sich vor Muezzin-Rufen. Andere erwarteten die Scharia. Dort, wo sich heute betende Menschen versammeln, wurde vor zehn Jahren gebrüllt, skandiert und protestiert. Das Gebetshaus an der Tiniusstraße war der erste Moschee-Neubau in den östlichen Bundesländern. In Heinersdorf hat die Furcht vor dem Fremden vor zehn Jahren den Ortsteil regelrecht gesprengt. Die Auseinandersetzungen um dieses Projekt waren über Heinersdorfs Grenzen hinaus derart heftig, dass eine Beruhigung vollkommen unwahrscheinlich schien.
Und heute? „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagt Muhammad Asif Sadiq heute. Er kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde. Die Gemeindemitglieder haben sich den Frieden mit ihrem Umfeld hart erarbeitet. Sandra Caspers, eine Grafikdesignerin aus Heinersdorf, und die ehemalige SPD-Abgeordnete Christa Müller haben sich damals sehr für eine Konfliktlösung engagiert. „Es ist jetzt unglaublich friedlich hier. Ich hatte schon ganz vergessen, wie es war“ sagt Sandra Caspers. Anfang 2006, als die Baupläne für die Moschee in Heinersdorf bekannt wurden, hatten sich Moscheegegner zu einer aggressiv auftretenden Bürgerinitiative formiert. NPD und Pro Deutschland nutzten den Konflikt.

 

Interpol gehackt: Sachsens Innenminister auf Fahndungsliste

"Versuchte Massenüberwachung von 55.000 Mobiltelefonen und sammeln von mehr als einer Million Verbindungsdaten"– wegen dieser Vorwürfe war bis vor Kurzem ein             ein Foto von Sachsens Innenminister Markus Ulbig auf der Website von Interpol zu sehen. Die Überschrift dazu: „Gesucht von den deutschen Strafverflgungsbehörden“.
Doch: Der Eintrag war manipuliert. Der Hacker Matthias Ungethüm hatte eine Sicherheitslücke auf der Internetseite von Interpol ausgenutzt. Diese Sicherheitslücke sei nur möglich, weil der Interpol-Server die ihm zugeschickten Links nicht ausreichend kontrolliert, lässt sich Ungethüm zitieren. Jeder beliebige Inhalt hätte dadurch auf die Seite gelangen können, etwa auch virenverseuchte Trojaner. Der Hacker informierte Interpol bereits am 30. Mai über das Sicherheitsproblem informiert. Eine Reaktion blieb zunächst jedoch erst. Erst die aktuelle Berichterstattung bewegte die Organisation dazu, die Lücke zu schließen.

 

Gewalt, Pornographie, Hass: Online-Müllmänner säubern soziale Netzwerke

Hetze, abstoßende Gewalt, Pädophilie - damit die sozialen Netzwerke sauber bleiben, engagieren Facebook und andere Social-Media-Plattformen Unternehmen, zum Beispiel auf den Philippinen. Bis zu einer halben Million Mitarbeiter müssen Tausende grausame und ekelige Bilder am Tag sichten. Die Arbeit bildet in Manila einen ganz eigenen Industrie-Sektor.

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Presseschau ... 11.07.2016

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+++ Rassistischer Angriff in Bremen nach Halbfinalspiel +++ Braunschweig: Nazischläger in der Innenstadt nach Halbfinale +++ Geflüchtete in Limburg überfallen +++ Brand vor türkischem Supermarkt gelegt +++ Berlin: Wohnwagen abgebrannt - neben Standort für umstrittenes Flüchtlingsheim +++ Berlin: Rechtsrock und Hitlergruß bei Junggesellenabschied auf Boot

 

Rassistischer Angriff in Bremen nach Halbfinalspiel

Im Bremer Ostertorviertel ist es nach dem EM-Halbfinalspiel am vergangenen Donnerstag zu einem rassistisch motivierten Übergriff auf einen 17-jährigen Bremer mit dunkler Hautfarbe gekommen. Das Opfer wurde laut Polizeiangaben von einer fünfköpfigen Gruppe bedrängt und beleidigt. Das Quintett soll zuvor lautstark verfassungswidrige Parolen gerufen haben. Der Staatsschutz ermittelt.
Wie die Polizei mitteilte, stiegen gegen 0.40 Uhr drei Männer und zwei Frauen aus einer Straßenbahn. Laut Zeugenaussagen riefen sie zuvor rechte Parolen. Einer aus der Gruppe ging demnach auf den 17-jährigen Bremer zu und bedrängte und beschimpfte ihn mit rassistischen Ausdrücken. Alle fünf Angreifer trugen ein Deutschlandtrikot.
Zwei 45 und 61 Jahre alte Männer bekamen den Vorfall mit und eilten dem Jugendlichen zu Hilfe. Sie wurden daraufhin mit einer Flasche und einem Fahrrad beworfen, verletzten sich aber nur leicht. Anschließend stieg die Gruppe wieder in die Straßenbahn.

 

Braunschweig: Nazischläger in der Innenstadt nach Halbfinale

Am Donnerstagabend waren in Braunschweig gegen 23 Uhr zwei Männer unterwegs, die nach Polizeiangaben extrem rechte Parolen gerufen und einen Mann geschlagen haben sollen. Die beiden sollen einen 32-jährigen Mann verprügelt haben und traten auch noch auf ihn ein, als er schon am Boden lag.
Die Beamten stellten die beiden 17 und 24 Jahre alten Beschuldigten. Der 17-Jährige sei stark alkoholisiert gewesen und wurde von der Polizei seinem Vater übergeben. Unkooperativ zeigte sich der 24-Jährige. Er beleidigte und beschimpfte die Polizisten und zeigte den Hitlergruß. Die Nacht verbrachte der Mann in Polizeigewahrsam.

 

Geflüchtete in Limburg überfallen

In der Nacht auf Freitag sind in Limburg (Hessen) zwei Geflüchtete überfallen und ausgeraubt worden. Zwei algerische Asylbewerber wurden von vier bislang unbekannten Männern angegriffen. Beide wurden mit Schlägen und Tritten traktiert, einer der Algerier wurde von einem der Täter mit einer abgebrochenen Flasche verletzt. Anschließend nahmen die aggressiven Täter ein Handy, Bargeld und Ausweisdokumente an sich. Einer der beiden Geflüchteten musste im Krankenhaus behandelt werden.

 

Brand vor türkischem Supermarkt gelegt

Eine Anwohnerin hat in der Nacht zum Freitag um drei Uhr einen Kleinbrand vor einem türkischen Supermarkt in Ichenhausen (Bayern) bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt brannten Zeitungen, die vor dem Geschäft auf einer Palette gelagert waren, meldet die Polizei.
Der verständigte Besitzer konnte das Feuer selbst löschen. Wie bei diesem Vorfall auch eine Scheibe zu Bruch gehen konnte, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei schließt einen „fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus“, ein Bekennerschreiben liege derzeit allerdings nicht vor.

 

Berlin: Wohnwagen abgebrannt - neben Standort für umstrittenes Flüchtlingsheim

In Berlin-Altglienicke ist am Freitagabend ein Wohnwagen bis auf das Fahrgestell heruntergebrannt. Das Fahrzeug stand laut Polizei in unmittelbarer Nähe zum Standort für ein geplantes Flüchtlingsheim, gegen das Anwohner seit Wochen auf die Straße gehen. Ein Brandkommissariat hat die Ermittlungen übernommen. "Eine Brandstiftung kann nicht ausgeschlossen werden", erklärte das Polizeipräsidium. Dennoch gehen die Ermittler derzeit nicht von einer politischen Straftat aus.

 

Berlin: Rechtsrock und Hitlergruß bei Junggesellenabschied auf Boot

Beamte der Wasserschutzpolizei stoppten am Samstagabend in Mitte ein Boot, weil von dort aus laut Zeugen Musik mit rechtsradikalem Inhalt abgespielt worden war. Konkret sagen die Zeugen, sie hätten ein Lied der Rechtsrock-Band "Die Lunikoff Verschwörung" gehört, das auf dem Index steht.
Der Zeuge, der die Polizei alarmierte, gab auch an, ein Mann habe auf dem Boot den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben. Auf dem Boot befanden sich anlässlich eines Junggesellenabschieds insgesamt zehn Männer und zwei Frauen. Die Musik auf dem Boot wurde von einem an Lautsprecher angeschlossenen Handy eines 38-Jährigen abgespielt. Der Mann bestritt den Vorwurf verbotene Musik abgespielt zu haben. Das Handy wurde daher als Beweismittel sichergestellt.

 

Vom Schmuddelkind zum Schattenchef: Wie Höcke sich ins Machtzentrum vorarbeitet

Vor gut einem Jahr stand Björn Höcke kurz vor dem Rauswurf aus der AfD. Der Bundesvorstand – damals noch unter Führung von Bernd Lucke – beschloss ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Fraktionschef im Thüringer Landtag einzuleiten.
Auch nachdem sich Parteigründer Lucke und seine Getreuen von der AfD abgespalten hatten und die Partei spürbar nach rechts gerückt war, war Höcke weiterhin umstritten: Höcke hatte sich über die „Reproduktionsstrategie“ von „Afrikanern“ ausgelassen. Im Dezember vergangenen Jahres forderte der AfD-Bundesvorstand Höcke auf, zu überprüfen, ob die AfD noch die richtige Partei für ihn sei.
Höcke war immer der Rechtsaußen der AfD. Doch nun scheint er in der Mitte der Partei angekommen zu sein – und sie mehr und mehr zu vereinnahmen. Gauland und Meuthen hofieren Höcke geradezu.

 

Geschichtsrevisionisten in der AfD

Innerhalb der AfD gibt es ein Netz von kruden Geschichtsrevisionisten – mit Kontakten zu rechtsextremen Organisationen. Andreas Lichert aus dem Landesvorstand der Partei gehört dazu.
Ein Ort des Geschehens ist die 2013 von Lichert ins Leben gerufene „Projektwerkstatt Karben“. Ein Treffpunkt und Veranstaltungsraum für Aktivisten und Vordenker der sogenannten Neuen Rechten. Lichert selbst ist bis heute Vorsitzender des Trägervereins des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS), der wichtigsten Denkfabrik der Neuen Rechten in Deutschland. Und auch der Referent an jenem 10. April ist politisch eindeutig verortbar. Sein Name: Sebastian Pella. Der Historiker hatte 2011 für einen Eklat gesorgt, als bekanntwurde, dass er regelmäßig für rechte Zeitschriften schrieb und ein Buch in einem rechtsextremen Verlag veröffentlicht hatte.
Anderthalb Monate nach seinem Auftritt in Licherts Projektwerkstatt besucht Sebastian Pella eine andere Veranstaltung. Vom 23. bis 25. Mai 2014 tagt im thüringischen Kirchheim die Gesellschaft für freie Publizistik (GfP). Hinter dem harmlos klingenden Namen verbirgt sich die nach Ansicht des baden-württembergischen Verfassungsschutzes „größte rechtsextreme Kulturvereinigung“ in Deutschland. Ein Zusammenschluss rechtsextremer Publizisten und Wissenschaftler, gegründet von ehemaligen SS- und NSDAP-Mitgliedern, der in der Vergangenheit auch Holocaustleugnern ein Podium bot.

 

Islam-Buch: Hat die AfD Thüringen dafür Steuergelder missbraucht?

In dem Buch "Der Islam – Fakten und Argumente" stellt die Thüringer AfD-Fraktion ihre Sichtweise über den Islam dar. Bezahlt wurde es von Fraktionsmitteln. Doch es gibt Zweifel, ob es bei dem Buch einen direkten Bezug zur parlamentarischen Arbeit in Thüringen gibt. Der Thüringer Rechnungshof prüft nun, ob Steuergelder missbraucht wurden.

 

AfD-Politiker werden vom Verfassungsschutz beobachtet

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat nach dem Streit um antisemitische Äußerungen des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon dazu aufgerufen, die AfD mit Blick auf eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz neu zu bewerten. „Der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD und einzelne Personen aus dieser Partei haben: Wenn die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, muss gehandelt werden“, sagte Strobl.
Bei einzelnen Politikern ist genau das offenbar schon der Fall: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und mehrere Landesämter prüfen derzeit anhand öffentlicher Quellen, ob die Partei oder einzelne ihrer Strömungen Beobachtungsobjekt werden sollen. Zudem werden schon jetzt Einzelpersonen aus der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet. Aussagen und Kontakte führender AfD-Politiker stehen gegenwärtig im Fokus einer Prüfung, bei der es darum geht, ob „die AfD die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder in Teilen einschränken beziehungsweise abschaffen möchte“.

 

NSU: Verfassungsschutz hat auf allen Ebenen versagt

In der Affäre um den früheren V-Mann „Corelli“ werden dem Bundesamt für Verfassungsschutz etliche „Regelverstöße und Schwachstellen“ auf allen Ebenen vorgeworfen. In einem vertraulichen Untersuchungsbericht des früheren Ministerialdirektors Reinhard Rupprecht sei die Rede von einem „Versagen der vierfach gestaffelten Dienst- und Fachaufsicht im BfV - von der Amtsleitung, über die Abteilungsleitung, Referatsgruppen- und Referatsleitung“.
Inzwischen sind 23 Handys aufgetaucht, die der 2014 gestorbene Spitzel „Corelli“ für die Neonazi-Szene und sein V-Mann-Führer im BfV genutzt haben sollen. Kontrollen und Aufsicht über die Zusammenarbeit des V-Manns und seines V-Mann-Führers im BfV gab es offenbar nur wenig. Der Fall ist brisant im Zusammenhang mit der Mordserie der Neonazi-NSU-Terrorzelle, da weiterhin Verdachtsmomente bestehen, dass „Corelli“ einen Hinweis auf oder sogar Kontakt zu den mutmaßlichen Mördern der Terrorzelle hatte.

 

NSU-Untersuchungsausschuss in Brandenburg: Verfassungsschutz im Visier der Aufklärer

Ein Untersuchungsausschuss soll die Rolle der brandenburgischen Sicherheits- und Justizbehörden im NSU-Komplex beleuchten. Was ist fünf Jahre nach Auffliegen der Terrorzelle noch aufzudecken? Welche Fragen sind um „Piatto“ und andere V-Leute noch offen?

Hätte Brandenburg die rechte Terrorserie verhindern können?

Ja, lautet der Vorwurf von Nebenklagevertretern im NSU-Prozess. „Piattos“ Nachricht hätte zur Ergreifung des Trios führen können, bevor überhaupt der erste Mord geschah. Wie die Information verwertet wurde, will der Ausschuss klären.

Welche weiteren Verbindungen gibt es nach Brandenburg?

Die Festnahme des Mitangeklagten André Eminger erfolgte in Grabow (Potsdam-Mittelmark) auf dem Grundstück seines Bruders Maik, der Kopf der Neonazi-Splitterpartei „Der III. Weg“ ist. Hat er seinen Bruder unterstützt?

 

Behörden bekommen mehr Personal für Islamismus als für Neonazis

Die Sicherheitsbehörden des Bundes – insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) – haben ihr Personal zur Abwehr des Islamismus nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in erheblich größerem Maße aufgestockt, als sie es nach dem 4. November 2011 im Bereich Rechtsextremismus taten, als Zug um Zug die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bekannt wurden. Das ergibt sich aus der Antwort der Bunderegierung auf eine Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion.
Demnach wurde beim Verfassungsschutz 2003 die Abteilung „Islamistische Gewalt/Islamismus“ gegründet und seither durch 329 Neueinstellungen gestärkt, ein knappes Drittel davon mit Fachhochschulabsolventen. Dem BKA wurde seit 2001 über 800 neue Planstellen im Bereich Terrorabwehr gewährt – ergänzt durch zusätzliche Mitarbeiter im Bundeskanzleramt sowie beim Bundesnachrichtendienst.
Nach dem Auffliegen des NSU hat das Bundesamt für Verfassungsschutz hingegen der Antwort zufolge „erstmals mit dem Haushalt 2016 neue Planstellen für den Bereich rechtsextreme Gewalt/Terrorismus erhalten“. Vorher kam es durch Umstrukturierungen zu 35 Neueinstellungen. Dem BKA sind in dem Bereich mit dem Haushalt 2013 laut Angaben der Bundesregierung 30 neue Planstellen zugegangen.

 

Bestohlen, verfolgt, verprügelt: Übergriffe auf Flüchtlinge in Niederbayern

Türsteher weisen Flüchtlinge mit einem Faustschlag ab, Drogenjunkies beklauen sie im Park, Hundebesitzer lassen im Wald ihr Tier auf sie los: Diese Fälle, die junge Flüchtlinge einem Journalisten erzählten, stehen in keinem Polizeibericht. Sie zeigen, wie schwer das Leben in Niedebayern für junge Flüchtlinge ist, wie abweisen ein Teil der Bevölkerung auf sie reagiert.

 

Verfahren um Nazi-Bilder in Whatsapp-Gruppe: Nicht strafbar weil nicht öffentlich

Im Dezember 2015 waren in der WhatsApp-Gruppe einer Musikkapelle aus Ehingen (Baden-Württemberg) eindeutig rechtsextreme Inhalte aufgetaucht. Hakenkreuze, Judenhetze, Schwarze mit und ohne Lendenschurz, Adolf Hitler in NS-Montur. Ein Verfahren wegen Volksverhetzung ist nun eingestellt worden.
Das ehemalige Mitglied der Kapelle hatte eingeräumt, in der Whatsapp-Gruppe der Faschings-Musikkapelle im Dezember 2015 verschiedene Bilder mit rechtsextremen Inhalten gepostet zu haben.
Sowohl der Straftatbestand der Volksverhetzung als auch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen setze ein Verbreiten der Schriften oder Bilder voraus. Davon könne erst ausgegangen werden, wenn es der Täter darauf angelegt hat, die Schriften einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen.
„Nach Rechtsprechung reicht die Weitergabe an einzelne bestimmte Dritte nicht aus“, heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. In dem konkreten Fall sei der Adressatenkreis zahlenmäßig beschränkt auf einzelne Mitglieder der Faschingskapelle gewesen und somit überschaubar.

 

Reker-Attentäter geht in Revision: Ex-Nazi-Rocker als Anwalt?

14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes. Schon nach dem Urteil am 1. Juli hatte Reker-Attentäter Frank S. (45) angekündigt: „Ich gehe in Revision!” Jetzt hat er die Ankündigung wahr gemacht – laut Oberlandesgericht Düsseldorf gleich drei Mal: Demnach hat nicht nur Frank S. selber und sein Verteidiger Jasper Marten Revision eingelegt. Sondern auch ein weiterer Anwalt. Bei ihm handelt es sich um Steffen Hammer aus Reutlingen.
Immer wieder hatte Frank S. im Prozess nach einem neuen „rechten” Verteidiger gesucht, hatte ein entsprechendes Plakate vor sich positioniert. Denn seine Anwälte wollte er nicht mehr.
Ist Steffen Hammer der Szene-Anwalt, den der Reker-Attentäter gesucht hat? Hammer hat zumindest schon Neonazis vertreten, war außerdem Sänger in der Rechtsrockband „Noie Werte“. Mit deren Musik waren die Bekennervideos der NSU unterlegt. So auch das Video mit Paulchen Panther und den Mordopfern.

 

Polizeieinsatz in Oschersleben wegen Falschmeldung über Angriff von Geflüchteten

Eine Falschmeldung über einen Angriff von Geflüchteten hat einen Einsatz der Polizei in Oschersleben im Landkreis Börde ausgelöst und für Verwirrung gesorgt. Ein Mann hatte behauptet, am Freitagabend von Asylbewerbern angegriffen und verletzt worden zu sein. Anschließend versteckte er sich in einem Maisfeld. Die Einsatzkräfte suchten nach dem Mann unter anderem mit einem Hubschrauber.
Ein Angriff von Asylbewerbern habe nicht stattgefunden. Der Mann habe wirre Geschichten erzählt und sich selbst verletzt. Der Mann werde deswegen in einem Krankenhaus behandelt.

 

Andrea Röpke: „Nazi-Siedler sind ein Riesen-Problem“

Sie gilt als Expertin für das Thema Rechtsextremismus in Deutschland: Die Politologin Andrea Röpke (51) wurde für ihre Arbeit schon mit zahlreichen Preisen bedacht, erhielt beispielsweise 2015 vom Zentralrat der Juden den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage.

Welche Verhältnisse herrschen in 20, 30 Jahren im niedersächsischen Wendland oder in Mecklenburg-Vorpommern, wenn es nach den Völkischen Siedlern geht? 

Ja, dann würde es straff, soldatisch geführte Dörfer geben, vermutlich nach dem Vorbild der „Reichsmusterdörfer“ der NS-Zeit. Es würde ein biologistisches Weltbild vorherrschen, die „Starken“ hätten die Macht, das Schwache hätte keine Chance. Frauen würden auf ihre Rolle als „deutsche Mütter“ reduziert, hätten nicht die gleichen Rechte wie die Männer. Der Rassegedanke würde vorherrschen.

Ein Teil der Siedler sind Neo-Artamanen, andere gehören der Nazi-Sekte „Artgemeinschaft“ an. Was ist der Unterschied? Was wollen die?

Die „Artgemeinschaft“ ist mit Sicherheit die gefährlichste Organisation. Diese rassistische Sekte wurde vor Jahren durch die Arierzucht-Pläne ihres damaligen Anführers Jürgen Rieger aus Hamburg bekannt. Heutzutage siedeln viele von denen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Mehrmals im Jahr treffen sich Hunderte Artgemeinschafts-Anhänger mit ihren Kindern verborgen im Thüringer Wald. Die Behörden schauen weg, obwohl viele von ihnen als radikale Neonazis bekannt sind.

 

Nur noch 100 Neonazis bei „Legida“-Demo in Leipzig

Bei Demonstrationen von „Legida“ und einem Bündnis gegen die rassistische Bewegung ist es am Samstag in Leipzig friedlich geblieben. Wie die Polizei der sächsischen Messestadt mitteilte, waren nur rund 100 Teilnehmer dem Aufruf von „Legida“ gefolgt. Wegen der geringen Teilnehmerzahl wurde die Route der Demonstration in der Innenstadt verkürzt.
Eine Gegenveranstaltung verzeichnete nach Polizeiangaben 120 Teilnehmer. Die Demonstration richtete sich gegen einen mutmaßlichen Angriff auf einen „Legida“-Ordner am vergangenen Montag. Der 37-Jährige wurde von Vermummten vor seinem Wohnhaus in Böhlen bei Leipzig zusammengeschlagen.

           

Blauhelmtruppen nach Sachsen

Der sächsische Grünenchef Jürgen Kasek ist zur Zielscheibe von Rechtsradikalen geworden - Eine Mitverantwortung tragen AfD und CDU.
Das Leben des 36-jährigen sächsischen Grünen-Vorsitzendem und Mitorganisators der Legida-Gegenproteste hat sich in den vergangenen Tagen schlagartig verändert. Die anonymen Drohanrufe, die endlosen beleidigenden Hassmails und Nachrichten in sozialen Netzwerken – zum Teil unter Klarnamen und mit Veröffentlichungen von Kaseks Adressen – sind das eine. Nazis, die sich bedrohend vor seiner Kanzlei versammelt haben sowie ein Transparent in der Nähe seiner Arbeit mit der Aufschrift „Kasek = Auftragskiller“ das andere. „Nicht wenige wünschen meinen Tod“, sagt der Politiker ernüchtert.
Laut dem Grünen begann es schon vor dem Angriff von Vermummten auf einen Legida-Ordner. „Es hat sich angedeutet“, berichtet Kasek. „Seit einem halben Jahr habe ich bei Pegida einen eigenen Hashtag, Lutz Bachmann hatte mich immer wieder in seinen Reden erwähnt.“ Gleichzeitig schwört sich jedoch nicht nur die sächsische Rechte auf den Politiker als zentrales Feindbild ein. Auch das einflussreiche rechtsradikale Magazin „Compact“ des Querfrontideologen Jürgen Elsässer sowie die neurechte „Blaue Narzisse“ von Felix Menzel haben sich jüngst an der Kampagne gegen Kasek mit Artikeln beteiligt.
Leipzig zeigt gleichzeitig auf, wie eng die AfD mit der rechtsradikalen Szene zusammenarbeitet. Die Rechtspopulisten hatten in der Messestadt schon immer den Schulterschluss zu Legida gesucht, obwohl dort von Anfang an bekannte Neonazis, rechte Hooligans oder völkische Identitäre mitmarschierten. Bestes Beispiel ist der Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider, der dem rechten Flügen der AfD, der „Patriotischen Plattform“, angehört. In Leipzig half er beim Aufbau von Legida mit und trat dort auch regelmäßig als Redner und „Berater“ auf.
Doch die Probleme reichen in Sachsen tiefer in Richtung Mitte der Gesellschaft. „Die einzige demokratische Partei, von der ich keine Solidaritätsbekundungen erhalten habe, ist die CDU“, berichtet Kasek.

 

Polizei verhindert Neonazi-Konzert der „Aryan Warriors“

Mit einem Hubschrauber und mehr als 100 Polizisten hat die Polizei am Samstagabend ein neonazistisches Konzert in Nadrensee im Landkreis Vorpommern-Greifswald verhindert. Bei dem rund neunstündigen Einsatz beschlagnahmten die Beamten Instrumente einer aus Sachsen angereisten und als rechtsextremistisch eingestuften Band, wie die Polizei am Sonntag mitteilte.
Auf dem Konzert sollte laut Polizei unter anderem die Band "Überzeugungstäter Vogtland" aus Sachsen spielen. Die Gruppe wird seit 2011 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistische Musikgruppe geführt. Außerdem sollten weitere Neonazi-Bands aus Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auftreten, die indizierte Songs in ihrem Repertoire haben.
Gegenüber dem Veranstalter, der aus Ueckermünde kommt, sprach die Polizei das Konzertverbot aus. Rund 40 Mitglieder der Neonazi-Kameradschaft „Aryan Warriors“ aus Ueckermünde waren nach Nadrensee gereist. Sie wollten nach Angaben der Polizei das 15-jährige Bestehen ihrer Vereinigung feiern. Das Konzert sei konspirativ vorbereitet worden. Den Polizisten gelang es schließlich, ein leerstehendes Wirtshaus als geplanten Veranstaltungsort auszumachen.

 

NPD-Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern: „Einsatzgruppe“ für die Schicksalswahl

Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern stellt die Weichen auf Wahlkampf. Der von NPD-Frontmann Udo Pastörs zuletzt mehrfach angekündigte „größte Wahlkampf aller Zeiten“ (Gröwaz) nimmt konkrete Züge an. Während in einigen Landesteilen Mecklenburg-Vorpommerns bereits die ersten Plakate hängen – die Partei hat dabei offensichtlich jedes in irgendeinem Keller gelagerte noch so alte Motiv an die Laternen gebracht –, umreißt Pastörs in einem mehrseitigen Interview mit dem Parteipropagandablatt Deutsche Stimme (DS) die Kampagne.
Der Landesvorstand habe sich für einen „Personenwahlkampf“ entschieden, gibt der 63-Jährige zum Besten. Außerdem würde die NPD die Sozialpolitik und die Innere Sicherheit in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehöre die „ausufernde Ausländerkriminalität mit Mord und Totschlag, Raub und Vergewaltigung“, schalte der vorbestrafte Kader in den überzeichnenden Hetzmodus. Ein weiteres Standbein ist für den NPD-Spitzenkandidaten der Kampf um die „Identitätsbewahrung unserer Nation“. Jüngst hatte sein Bundeschef Frank Franz geraten, das Augenmerk nicht unbedingt auf die „Abstammungsfrage“ zu legen, da dieses Thema beim „normalen“ Wähler wenig Anklang verspreche.

 

Franken: Neonazis machen Jagd mit der Kamera

Als sich jüngst fünf Antifaschisten vor dem Fürther Amtsgericht verantworten mussten, weil sie bei einer Kundgebung der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ gegen Polizeibeamte Widerstand geleistet haben sollen, saßen auch drei Neonazis im Gerichtssaal. Einer von ihnen: Kai Zimmermann, ein unter anderem wegen Körperverletzung vorbestrafter Kader des Dritten Wegs und Vorstandsmitglied der rechten Tarnorganisation „Bürgerinitiative Soziales Fürth“.
Zimmermann, seit kurzem „Gebietsverbandsleiter Süd“ des Dritten Wegs, fotografierte vor dem Amtsgericht Unterstützer der Angeklagten. Auch einen Journalisten der Fürther Nachrichten lichtete er mehrfach ab. Bereits im Mai war auf der Internetseite des Dritten Wegs das Foto eines FN-Redakteurs mit Namen veröffentlicht worden, der über eine Verhandlung gegen einen Nazigegner berichtet hatte, der auch Zimmermann beiwohnte. Die Absicht der Rechtsextremen ist klar: Einschüchterung. Bilder von Nazigegnern landen nicht selten in sogenannten „Anti-Antifa“- Karteien. Mehrfach wurden auf einschlägigen Internetseiten persönliche Daten veröffentlicht und daraufhin Autos und Wohnhäuser der Betroffenen angegriffen.
Da sich Zimmermann bei der Verhandlung in Fürth als Pressevertreter ausgab, konnte er vor dem Gerichtsgebäude unbehelligt von der Polizei agieren. Auch im Gerichtssaal saß er als Journalist.

 

AfD in Friedrichshain-Kreuzberg: Die Alternativsten

Hier gewinnt ein linker Grüner verlässlich ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag. Hier kommt schon die CDU bei Wahlen kaum auf zweistellige Ergebnisse. Hier haben 38 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Hier fordert die Bürgermeisterin Coffeeshops und verbietet sexistische Werbung. Und hier – gerade hier – will Frank Scheermesser, studierter Maschinenbau-Ingenieur aus Sachsen, 1984 der Ost-CDU beigetreten, nach dem Mauerfall nach Kreuzberg gezogen, kandidieren. Für die AfD.
Scheermesser, geschieden, alleinstehend, geht die Treppen seines Hauses hinab ins Erdgeschoss und macht sich wieder bereit. Noch bevor er an einer der Wohnungstüren klingeln kann, öffnet sich die zur Straße. Ein Mann mit Einkaufstüte kommt herein: „Mann, Frank, dass du das jetzt auch im Haus machst, ist echt das Allerletzte.“ Scheermesser versucht zu erklären, es gehe ihm um Demokratie, um mehr Bürgerbeteiligung. „Lies doch einmal etwas über deine Partei, was die sonst so machen“, sagt der Mann. „Da wird einiges falsch dargestellt“, sagt Scheermesser. Der Mann dreht sich um, schüttelt den Kopf, steigt die Treppen hinauf. „Und wehe, du klingelst bei uns!“

 

Niedersächsischer CDU-Politiker will Existenz von Chemtrails überprüfen lassen

Schon seit Jahren treibt das Thema Chemtrails Verschwörungstheoretiker um: Flugzeuge versprühen demnach gefährliche Chemikalien in der Luft. Jetzt will ein niedersächsicher CDU-Politiker die abstruse Theorie offiziell überprüfen lassen.
Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im niedersächsischen Landtag, Martin Bäumer, erklärte, er wil das "Thema ein für alle Mal aus der Welt schaffen".
In zwei Antworten auf parlamentarische Anfragen von Bäumer hatte das Umweltministerium in Hannover zuletzt bekundet, dies nicht untersuchen zu wollen. Das Ministerium begründete das unter anderem mit Kosten im fünfstelligen Euro-Bereich.
Kritik an der Anfrage kommt vom umweltpolitischen Sprecher der Grünen, Volker Bajus. Der sagte: "Martin Bäumer ist wieder auf den Spuren der Verschwörungstheoretiker unterwegs." Er wundere sich, "dass der umweltpolitische Sprecher der CDU sich mit solchen Spinnereien beschäftigt."

 

Rechte Diskurshoheit: Vom Wohnen in der Defensive

Brexit, Xenophobie, Nationalismus und Abschottung: Die Linke hat den großen Erzählungen von rechts wenig entgegenzusetzen.
Der Brexit lässt sich, bei aller Unterschiedlichkeit, mit einem anderen großformatigen Ereignis vergleichen: als sich Hunderttausende von Flüchtenden im Sommer vergangenen Jahres über Grenzregularien hinwegsetzten. Zwei historische Momente, die unvorstellbar waren und nach herkömmlichen Kategorien auch ungeplant.
Die beiden Ereignisse stehen für die zwei großen verändernden Kräfte dieser Zeit: Im Fall der Flüchtlinge war es die schiere Not, die ihnen die Kraft verlieh, das (uns) Undenkbare zu vollbringen und sich Räume zu nehmen. Im Fall Brexit ist es die gegenläufige Kraft: Nationalismus, Abschottung.

 

Alle die hier sind, sind von hier: Für das Konzept der Stadtbürgerschaft

Für das Konzept der Cityzenship: Das Recht zu bleiben und die Demokratisierung der Stadtgesellschaft. Ein Vorschlag.
Historisch markiert das Konzept der Bürgerschaft das Eintreten der Massen in die Politik. Wir schlagen die Erneuerung des Konzepts der Bürgerschaft auf der Grundlage der Stadt vor. Der Ausschlussmechanismus der nationalen Staatsbürgerschaft kann durch eine Stadtbürgerschaft/Cityzenship überwunden werden, deren wesentliches Kriterium die Tatsache des Hierseins ist. Alle, die hier sind, sind von hier! Wir schlagen damit gleichzeitig vor, das Nationale als Identitäten-Maschine durch das Urbane zu ersetzen.

 

CSD in München: Ernste Botschaft, fröhliche Parade

Stop killing us!" steht auf schwarzen Schildern, auf anderen "Heute Orlando, morgen München?" Es sind bedrückende Sätze, mit denen am Samstag viele Menschen in München an das Massaker in dem Homosexuellen-Club in Orlando am 12. Juni gedenken. Der Christopher Street Day (CSD) in München ist traditionell nicht nur eine riesige Party, auf der jährlich Zehntausende für die Rechte von Homosexuellen eintreten und die große schwul-lesbische und Transgender-Community in München feiern. Es ist auch eine politische Großdemonstration. Der CSD sei "dieses Jahr auch den Opfern von Orlando gewidmet und allen Opfern von homophober Gewalt weltweit", ruft Veranstalter Thomas Niederbühl von der Rosa Liste. Und mehr Menschen denn je sind der diesjährigen Pride-Parade gefolgt. 86 verschiedene Gruppen und Wagen, 10 000 Teilnehmer und 115 000 Zuschauer säumen am Samstagmittag die Straßen der Münchner Innenstadt.

 

Facebook erhält Negativpreis „Verschlossene Auster" wegen Umgang mit Hate Speech

Facebook kann sich künftig ebenbürtig mit Atomkonzernen, der Katholischen Kirche, Wladimir Putin, der Rüstungsfirma Heckler & Koch, Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) oder dem früheren Bahn- und Berliner-Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn fühlen: Nach den Genannten hat nun auch der US-Konzern den Negativpreis Verschlossene Auster zuerkannt bekommen, den die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche jährlich an den "Informationsblockierer des Jahres" verleiht.
Das soziale Netzwerk erhält die wenig schmeichelhafte Auszeichnung dem Verein nach für seinen "intransparenten Umgang mit Hasskommentaren". Dass Menschen Facebook für Online-Hetze missbrauchten, liege zwar nicht in der Verantwortung des Unternehmens, hieß es zur Begründung. "Wie die Firma dagegen vorgeht allerdings schon." An diesem Punkt sei nicht erkennbar geworden, ob, wann und welchen Kriterien Facebook Hass-Postings lösche. Nachforschungen auch von Journalisten dazu seien weitgehend ins Leere gelaufen.
Die Internet-Plattform sei zum "Katalysator für den Hass" geworden, monierte der frühere schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert in seiner "Laudatio". Facebook lehnte die Einladung der Journalisten zu ihrer Jahreskonferenz nach Hamburg ab. Das Unternehmen widerspreche in einigen Punkten und könne "somit die 'Verschlossene Auster' nicht annehmen", teilte Sprecherin Tina Kulow mit.

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Presseschau ... 12.07.2016

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+++ Premnitz (Brandenburg): Brandanschläge auf Wohnungen von Geflüchteten +++ Stuttgart: Transperson auf befahrene Straße gestoßen +++ Gäste des "Yiddish Summer"-Festivals in Weimar antisemitisch beleidigt +++ Englischsprachige Naziparolen im Eisenacher Stadtgebiet gesprüht +++ Nächtliche Naziparolen in Magdeburg

 

Premnitz (Brandenburg): Brandanschläge auf Wohnungen von Geflüchteten

In Premnitz (Havelland) hat es in der Nacht zu Dienstag offenbar Brandanschläge auf zwei von Geflüchteten bewohnte Wohnungen gegeben. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei waren zwei Parterrewohnungen betroffen. An den Balkonen sei versucht worden, Brände zu legen. Auch Balkonmöbel seien in Brand geraten. Die Bewohner hätten die Brände allerdings selbst löschen können.
"Wir gehen von Brandstiftung aus", sagte Polizeisprecher Heiko Schmidt. Ob es sich um gezielte, rassistische Brandanschläge auf die Wohnungen von Geflüchteten handelte, müsse nun näher untersucht werden.
Das Havelland gilt bei den Sicherheitsbehörden als Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg. In Nauen war erst im Frühjahr eine Neonazi-Terrorzelle ausgehoben worden, die für den Brandanschlag auf eine als Asylunterkunft vorgesehene Turnhalle verantwortlich sein soll. Die Halle war im Sommer 2015 bei dem Anschlag komplett zerstört worden. Die Gruppe, deren Kopf der NPD-Funktionär Maik S. ist, wird auch für Anschläge auf das Parteibüro der Linkspartei und auf ein Auto zweier Kommunalpolitiker der Linken verantwortlich gemacht.

 

Stuttgart: Transperson auf befahrene Straße gestoßen

Nur durch eine Vollbremsung konnte eine Autofahrerin am Samstagabend ein schweres Unglück verhindern. Nach Angaben der Stuttgarter Polizei hatten drei junge Männer im Alter zwischen 16 und 18 Jahren gegen 21.45 Uhr einen laut Polizeibericht "transsexuellen Mann" angegriffen und geschlagen. Einer der drei Männer hatte das 22-jährige Gewaltopfer, das in Begleitung einer 23-jährigen Freundin war, zunächst aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes und seiner Bekleidung verbal beleidigt und dann im Laufe einer körperlichen Auseinandersetzung auf die Fahrbahn gestoßen.
Eine heranfahrende 22 Jahre alte Autofahrerin konnte durch ihre schnelle Reaktion gerade noch das Überrollen der am Boden liegenden Transperson verhindern. Alarmierte Polizeibeamte nahmen die drei Tatverdächtigen, die zunächst geflüchtet waren, kurze Zeit später vorläufig fest.

 

Gäste des "Yiddish Summer"-Festivals in Weimar antisemitisch beleidigt

Gäste und Organisatoren des Musikfestivals „Yiddish Summer“ sind in Weimar antisemitisch beleidigt worden. Ein Mann habe am Sonntag vor den Räumlichkeiten der Veranstalter aus einem vorbeifahrenden Auto antijüdische Parolen gegen die Gruppe gerufen, teilte die Polizei am Montag mit. Passanten merkten sich das Kennzeichen des mit zwei Insassen besetzten Autos und alarmierten die Polizei.
Als mutmaßlichen Täter ermittelte diese einen 34 Jahre alten Mann, der bereits mehrfach wegen politisch motivierter Straftaten in Erscheinung getreten sei.
Das am vergangenen Wochenende eröffnete Festival „Yiddish Summer“ gilt als wichtiger Treffpunkt für Künstler und Dozenten aus aller Welt, die sich mit der jiddischen Kultur beschäftigen.

 

Englischsprachige Naziparolen im Eisenacher Stadtgebiet gesprüht

In Eisenach haben Unbekannte in der Nacht zu Sonntag an einer Bahnunterführung ein weißes Bettlaken mit einer englischsprachigen Aufschrift, die übersetzt so viel bedeutet wie "Hitler hatte recht", aufgehängt, meldet die Polizei.
In der folgenden Nacht gab es außerdem einen weiteren Vorfall: Mehrere Vermummte seien von Zeugen dabei beobachtet worden, wie sie mit Eimern umherliefen. Die Polizei entdeckte die Aufschrift „NS Area“ an den Fassaden von größtenteils verlassenen Häusern, ein Mann konnte gestellt werden.

 

Nächtliche Naziparolen in Magdeburg

Polizeibeamte sind in der Nacht zum Sonntag gegen 2 Uhr in eine Gartensparte im Magdeburger Stadtteil Alte Neustadt gerufen worden. Laut Zeugenaussage wurden dort rechtsextremistische Parolen gerufen. Vor Ort trafen die Beamten auf vier Männer im Alter von 24 bis 30 Jahren, die der Polizei bereits bekannt sind. Es laufen Ermittlungen.

 

Arbeiterwohlfahrt will Mitgliedern der AfD kündigen

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Sachsen-Anhalt will künftig genau hinschauen, was ihre Mitglieder und Beschäftigten in ihrer Freizeit treiben. Genauer: Welches Parteibuch sie haben. Sollte dies von der AfD sein, könnten Mitarbeiter und Mitglieder des Verbandes demnächst zu unerfreulichen Gesprächen eingeladen werden.
Die AWO will künftig prüfen, ob eine Mitgliedschaft in der AfD mit dem Engagement im Sozialverband vereinbar ist. „Sollten Mitarbeitende der AWO oder ein Mitglied sich zu rechtsextremen, rassistischen und menschenverachtenden Haltungen bekennen, ist eine Kündigung oder eine Auflösung der Mitgliedschaft mit der AWO anzustreben“, heißt es auf Seiten des Verbands. Und zwar bundesweit.
Die Partei widerspreche den Grundwerten der AWO, die für Solidarität und Toleranz stehe. Juristen bezweifeln jedoch, dass der AWO-Beschluss ohne Weiteres umsetzbar ist. „Ich habe schwere Bedenken, dass Sie jemandem kündigen können, weil er Mitglied einer demokratisch gewählten Partei ist“, sagt Rechtsanwalt Rainer Wilde, Jura-Dozent an der Martin-Luther-Universität in Halle.

 

Überwachung durch den Verfassungsschutz? Die AfD ist eine Partei ohne Prinzipien

Tatsächlich agieren Teile der AfD im Graubereich zur Verfassungsfeindlichkeit. Das zeigt sich, wo es um Kontakte zu Pegida geht oder zur „Identitären Bewegung“, die seit Längerem im Visier des Verfassungsschutzes sind. Dass Politiker nun aber öffentlich eine nachrichtendienstliche Beobachtung der AfD fordern, erscheint kontraproduktiv. Es droht ein Märtyrereffekt.
Wirklich gefährlich werden könnte der AfD etwas ganz anderes – der Eindruck nämlich, dass ihren Spitzenpolitikern zum Zwecke des Machterhalts und -erwerbs so ziemlich jedes Mittel recht ist. Das ist genau der Vorwurf, der an der AfD-Basis seit Jahr und Tag gegen die Konkurrenzparteien erhoben wird. Für die Beantwortung dieser Frage hilft es, sich noch einmal die Geschehnisse rund um den Fall des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon vor Augen zu führen.

 

Angst vor beruflichen Nachteilen: AfD-Jugend distanziert sich von „Identitärer Bewegung“

Die Nachwuchsorganisation der AfD will nichts mehr mit den Anhängern völkischen Gedankenguts zu tun haben. Sie denkt dabei an die berufliche Zukunft einiger Mitglieder.
Die Bundesvorsitzenden der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA), Sven Tritschler und Markus Frohnmaier, haben sich am Sonntag von der fremdenfeindlichen und völkischen „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD) distanziert.
„Antragsteller, die sich in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation betätigen oder betätigt haben, werden von uns konsequent abgelehnt“, sagte Frohnmaier.
„Uns sind keine aktiven Kader der Identitären Bewegung in der JA bekannt“, sagte Frohnmaier. Es habe einen Besuch einer Demonstration der österreichischen „Identitären Bewegung“ in Wien durch „Einzelpersonen“ der deutschen JA gegeben. „Wir missbilligen das.“ Der Co-Bundesvorsitzende Tritschler sagte der F.A.Z. mit Blick auf Staatsbedienstete in der JA, für die eine Nähe zu verfassungsfeindlichen Organisationen berufliche Nachteile bedeuten könnten: „Wir sind es den Soldaten, Polizisten und Beamten unter uns schuldig, eine klare Linie zu ziehen. Und das machen wir auch.“

 

Nach Jagd auf Flüchtlinge: Ermittlungen gegen Ex-Pegida-Frontfrau Festerling

Die sächsische Justiz wollte nicht. Nun hat die Hamburger Polizei nach der Bulgarien-Mission von Tatjana Festerling ein Ermittlungsverfahren gegen die Ex-Frontfrau von Pegida eingeleitet.
Die Polizei verdächtigt Ex-Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling nach ihrer Bulgarien-Mission, sich des "Anwerbens für einen fremden Militärdienst" schuldig gemacht zu haben. Sie hat deshalb ein Ermittlungsverfahren gemäß Paragraph 109 h des Strafgesetzbuches eingeleitet, wie die Behörde auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte.
Festerling hatte Ende Juni gemeinsam mit dem niederländischen Pegida-Aktivisten Edwin Wagensveld Bulgarien besucht. Sie schloss sich in der Grenzregion zur Türkei für einen Tag einer paramilitärischen Bürgerwehr an, die dort Flüchtlinge jagt. Auf Facebook gepostete Fotos zeigen sie in Bulgarien in Tarnkleidung, umringt von teils vermummten Männern.
Festerling hatte Ende Juni gemeinsam mit dem niederländischen Pegida-Aktivisten Edwin Wagensveld Bulgarien besucht. Sie schloss sich in der Grenzregion zur Türkei für einen Tag einer paramilitärischen Bürgerwehr an, die dort Flüchtlinge jagt. Auf Facebook gepostete Fotos zeigen sie in Bulgarien in Tarnkleidung, umringt von teils vermummten Männern.

 

Bei Pegida und Bachmann ist die Luft raus

Immer weniger Teilnehmer, Demonstrationen fallen aus, Bachmann nimmt nicht mehr teil, die ehemals Vertrauten zerfleischen sich im Internet. Bei Pegida ist die Luft raus.
Pegida macht Pause. Am gestrigen Montag wollten die Islam- und Asylfeinde nicht demonstrieren. Das hat Siegfried Däbritz, rechte Hand von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann am vergangenen Montag angekündigt.
Gemessen an der größten Pegida-Kundgebung im Januar 2015 ist die Organisation auf Zwergengröße geschrumpft. Die Polizei sprach damals von rund 25 000 Demoteilnehmern, am vergangenen Montag waren es nur noch um die 2000. Daran ändern auch die Aufrufe von Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz nichts, die regelmäßig dazu auffordern, jeder Demoteilnehmer solle noch einen weiteren Menschen mitbringen.

 

Urteil im Mordfall Luke Holland: Kein Nazi, nur Hitlerbüste im Wohnzimmer

Elf Jahre muss der Mörder des 31-jährigen Briten Luke Holland in Haft. So lautet das Urteil, das das Berliner Landgericht am Montag über Rolf Z. verhängte. Das Gericht befand den 63-Jährigen für schuldig, am Morgen des 20. September 2015 den damals 31-jährigen Briten Luke Holland vor einer Bar in Berlin-Neukölln mit einer Schrotflinte erschossen zu haben: ohne vorher in irgendeiner Weise zu dem Getöteten in Beziehung gestanden oder auch nur mit ihm kommuniziert zu haben.
Nicht nur wegen dieses fehlenden Tatmotivs hatte der Fall Aufsehen erregt. Z.s Name war auch bei den Ermittlungen um einen anderen, bis heute ungeklärten Mord aufgetaucht: dem an Burak B., der am 5. April 2012 mit 22 Jahren ebenfalls in Neukölln und ebenfalls am frühen Morgen auf offener Straße erschossen worden war. Auch hier war der Tat keinerlei Kontakt zwischen Täter und Opfer vorausgegangen.
Er habe ihren Sohn erschossen, weil der vor der Bar in englischer Sprache telefoniert habe, sind die Eltern des Getöteten und ihre Nebenklageanwälte überzeugt. Sie hatten lebenslänglich gefordert.  In der Wohnung des Täters waren neben Waffen Nazidevotionalien wie eine Hitlerbüste gefunden worden.

 

Aschheim: Vergewaltigung „durch afrikanisch aussehende Männer“ frei erfunden

Eine angebliche Vergewaltigung einer 21-jährigen Frau nach einem Dorffest in Aschheim (Bayern) durch zwei dunkelhäutige Täter war frei erfunden. Das hat ein Sprecher des Polizeipräsidiums München am Dienstagmorgen bestätigt. Er sprach von einer "Schutzbehauptung" der jungen Frau, die am Montag stundenlang vernommen worden war.
Bereits am Sonntag waren nach widersprüchlichen Zeugenaussagen Zweifel an der Vergewaltigungsversion aufgetaucht. Ein Freund der Frau hatte die angebliche Tat am Sonntag bei der Polizei angezeigt. Sie sei auf dem Heimweg von dem Fest von zwei afrikanisch aussehenden Männern in ein Gebüsch bei Kirchheim gezogen worden, hatte es zunächst geheißen.

 

Volksverhetzung: 62-Jähriger für Facebookposts zu Bewährungsstrafe verurteilt

Für Volksverhetzung in 18 Fällen, darunter neun in Tateinheit mit dem Aufruf zu Straftaten und einem Fall des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, wurde ein 62-jähriger Mann vom Amtsgericht Heidenheim (Baden-Württemberg) zu einer Haftstrafe von einem Jahr, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Der Mann muss außerdem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Auf Posts der Lokalzeitung im sozialen Netzwerk reagierte der Mann mit Einträgen wie „Asylantenpack raus“, „rausjagen, abschießen“ und dem Aufruf, mittels Waffengewalt gegen Asylbewerber und Muslime vorzugehen. Die teils vor Rechtschreibfehlern strotzenden Kraftausdrücke, die er dabei verwendete, bezeichnete der vorsitzende Richter als „brutale und intensive Sprache“.
Der Angeklagte erklärte während der Verhandlung, eigentlich gar nichts gegen Ausländer zu haben, „ich kenne sogar viele.“ Seine persönliche für ihn sehr frustrierende Situation habe ihn zu den Einträgen bewogen. „Ich bin Frührentner, Mitte des Monats ist der Geldbeutel leer. Und wenn ich dann sehe, was manche alles bekommen, rege ich mich eben auf“ Ich bin nun mal ein Raketenmännchen, wenn ich manchmal etwas lese, drehe ich durch.“

 

„Identitäre“ Propaganda-Aktionen in München, Hamburg, Frankfurt und Leipzig

In München stellte sich am Sonntag ein Dutzend Akteur_innen der "Identitären Bewegung" (IB) kurz mit Transparenten in die Mittelhalle des Hauptbahnhofes und verteilt dazu Flyer ("No way - You will not make europe home"). Die rassistische Versammlung soll sich gegen eine "Willkommenskultur" gegenüber Geflüchteten richten.
Im Nachhinein veröffentlichen die "Identitäre Bewegung Bayern" und die "Identitäre Bewegung Deutschland" Fotos dieses Auftritts und ähnlicher Aktionen in den Hauptbahnhöfen Hamburgs und Frankfurts. Im Begleittext hetzt die IB massiv rassistisch: Geflüchtete werden als "apokalyptische Reiter" bezeichnet, "die die Vorhut für gesellschaftliche Zersetzung durch Migration, Kriminalität und Wohlfahrtsverlust bilden".

In Leipzig berichtet die Polizei von einer Flyeraktion der „Identitären“ in dem Einkaufszentrum „Höfe am Brühl“. Laut Polizei kippten am Samstag Unbekannte mehrere Säcke mit Papierschnipseln von einer obere Etage über Einkaufenden aus. Auf den Papierstreifen war ein sogenannter Hashtag gedruckt. Mit dem Begriff sollen Internetnutzer beim sozialen Netzwerk twitter auf fremdenfeindliche Inhalte gelenkt werden. Die Aktion fand kurz vor der Legida-Demonstration statt.

 

Identitäre Bewegung: "Wir haben es mit neu verpacktem Rassismus zu tun"

Simbach, Ende Juni. Die Kleinstadt ähnelt einem Kriegsgebiet. Aufgerissene Straßen, verlassene Häuser, vollgestopfte Container. Eine Regenflut hatte den niederbayerischen Ort verwüstet. Die Bilder gingen um die Welt. Weil es Bürokraten aber bis heute nicht geschafft hätten, den Leuten wirklich effektiv zu helfen, stellte die sogenannte Identitäre Bewegung (IB) kurzerhand einen Trupp von 30 jungen Leuten aus Bayern und Österreich zusammen, um aufzuräumen. Bald gibt es Bilder davon im Netz. Über 13.000 Aufrufe sammelt das Video auf Facebook.
IB-Aktivisten schippen Schlamm, räumen Schutt weg. Die Botschaft ist klar: Wir packen an! "Die Gemeinschaft wächst zusammen, und man tut was Sinnvolles", verkündet der Vorsitzende der Identitären Bewegung Bayern, Sebastian Zeilinger. "Uns geht's ja schließlich um unsere Heimat, um unser Volk." Die Identitären, wie sich die Mitglieder kurz nennen, räumen aber nicht nur Dreck weg, sondern laden ihn auch ab.

Eine Annäherung an die „Identitären“ gibt es auch beim Deutschlandfunk zu lesen. Ein Anruf bei der Identitären Bewegung in Deutschland. Es meldet sich Daniel Fiß, er sei autorisiert, mit der Presse zu sprechen, erklärt er. Wir konfrontieren ihn mit Häuslers Vorwürfen: Verbreitet die IBD Rassismus? Nein, sagt Fiß, man thematisiere lediglich "soziale Tendenzen" und "religiöse Systeme"; so würden nicht der Islam oder der einzelne Muslim attackiert, sondern die Praktiken dieser Religion. Rechts?  Es gebe "Verbindungslinien zu Neuen Rechten", vor allem aber wolle man in einem "verfassungsgemäßen Rahmen" einen Gegenpol zum linken Deutschland darstellen.

 

Rassismus: Haue in Aue

Ein Reporter hat den Rassismus in Aue kritisiert, die Stadt wurde wütend. Nun traute er sich erneut hin.
Thelen stammt aus Bonn, er lebt seit Kurzem in Leipzig, und er hatte vor einiger Zeit eine Idee. Er wollte Sachsen, diese in Verruf gekommene Gegend, verstehen. Er wollte wissen, was dran ist an dem Vorwurf, dass die Sachsen einen Hang zum Rechtspopulismus hätten. Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Victor fuhr er mehrere Wochen durch kleine und große Orte, berichtete darüber auf einem Internetblog. In einem Interview mit der ZEIT sagte er zu seinen Recherchen: „ Uns wurde schnell klar, das Problem ist nicht kleiner, als die Medien es machen – sondern es ist eher größer."
Die Kleinstadt Aue im Erzgebirge, eine der Stationen von Thelens Reise, kam dabei besonders schlecht weg. Die Worte lösten in Aue einen Sturm der Entrüstung aus. Unter den Leuten, die sich aufregten, waren der Oberbürgermeister, Stadträte, Unternehmer. Auch die Lokalzeitung mischte mit. In der vergangenen Woche ist er wieder nach Aue gefahren. Die Mitglieder des Stadtrats haben ihn zu einer Diskussionsrunde eingeladen.

 

Berlin: Geflüchtete protestieren gegen ihre Verlegung in Großunterkunft

In Berlin-Neukölln protestieren etwa zwei Dutzend (die Behörden sprechen von lediglich 15) palästinensische, syrische und irakische Flüchtlinge gegen ihre Verlegung in eine neue Unterkunft. Denn für die Bewohner soll es nicht etwa in ein kleineres Heim oder eine private Wohnung gehen, sondern in die Großunterkunft Tempelhof. 90 der 120 ehemaligen Bewohner der Jahnsporthalle in Neukölln sind bereits dorthin umgezogen. Nour und seine Mitstreiter wollen nicht dorthin.
„Zehn Monate lang haben wir mit hundert Menschen auf engstem Raum zusammen gelebt“, begründet Nour seinen Widerstand. „Und jetzt sollen wir mit tausend Menschen im Tempelhof leben?“ Man merkt Nour, der weder seinen Nachnamen noch sein Foto in der Zeitung sehen will, Ungeduld und Frustration an. Die Massenunterkunft in Tempelhof sei kein Ort an dem man sich integrieren oder soziale Kontakte knüpfen könne. Dort gebe es auch Drogendealer. Keiner wolle dort wohnen. Seit Freitag campieren die Protestierer vor der verschlossenen Jahnsporthalle, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Am Montag organisierten sie einen Demonstrationszug zum Rathaus Neukölln.
„Wir wollen arbeiten, studieren und uns integrieren“, sagt Nour. Das ginge nicht in einer Massenunterkunft ohne Privatsphäre.

 

Eine britische Neonazi-Gruppe hat kürzlich die „Miss Hitler 2016“ gekürt

In Großbritannien wurde vor Kurzem eine junge Schottin von der Neonazi-Gruppe National Action zur „Miss Hitler 2016" gekürt. Der Wettbewerb fand über soziale Netzwerke statt, um die weiblichen Mitglieder der männerdominierten Neonazigruppe zu präsentieren, die laut eigener Aussage vorwiegend aus jungen Männern „von Anfang bis Mitte 20" besteht.
National Action hat den Wettbewerb ursprünglich über Facebook ins Leben gerufen, doch das soziale Netzwerk hat die Seite der Gruppe gelöscht. Nach dem Ausschluss setzte National Action seinen Wettbewerb über Twitter fort und erhielten dort mehrere Bewerbungen von Frauen, die sich selbst als „Lady of the Lolocaust", „BuchenwaldPrincess" oder „Eva Bin Gassin" bezeichneten.
Die Fotos der Gewinnerinnen der „Miss Hitler 2016" erschienen zusammen mit einem kurzen Interview auf dem Blog von National Action. Auf die Frage „Wenn du jemanden umbringen und damit davon kommen könntest, wen würdest du dann umbringen und warum?" antwortete „Miss Hitler 2016", dass sie sich für Angela Merkel entscheiden würde und fügte an, dass sie sie „in eines ihrer Camps sperren und ihre geliebten Flüchtlinge den Rest machen lassen würde."

 

Der tägliche Hass im Internet

Polizeipräsidenten neigen eher nicht zu großen Ansprachen an die Internetgemeinde. Hubertus Andrä ist da wohl eine Ausnahme. Am 20. August 2015 appellierte Münchens Polizeichef an die Facebook-Öffentlichkeit, doch bitte im Netz zu unterlassen, was im "Real Life" auch nicht erlaubt ist. "Volksverhetzung bleibt auch im Web eine Straftat", warnte Andrä auf der Facebook-Seite der Münchner Polizei.
Und knapp ein Jahr später? Ist Hubertus Andrä inzwischen mit seiner Botschaft durchgedrungen? Eher nicht. "Gerade beim Thema Flüchtlinge ist die Bandbreite an widerlichen und rassistischen Kommentaren mittlerweile enorm", sagt Marcus Buschmüller. Er ist der Vorsitzende von Aida, der Münchner antifaschistischen Informationsstelle, und dokumentiert die Aktivitäten der rechten Szene seit 26 Jahren.

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Presseschau ... 13.07.2016

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+++ Leipzig: Unbekannter wirft Linken-Infostand um und zeigt Hitlergruß +++ Radfahrer in Berlin rassistisch beleidigt +++ Fürth: Polizei nimmt rechte Sprayer vor Geflüchtetenunterkunft fest +++

 

Leipzig: Unbekannter wirft Linken-Infostand um und zeigt Hitlergruß

Ein Unbekannter hat am Dienstagmittag vor dem Abgeordnetenbüro der Linkspartei in Leipzig-Grünau randaliert. Laut Polizei kam der Mann  zu einem vor dem Büro aufgestellten Infostand. Nach Angaben der Linken-Politiker stellte der Mann erst Fragen zu dem Infostand und zeigte und rief dann den Hiltergruß, bevor er wieder verschwand.
Kurze Zeit später kam der Unbekannte laut Polizei allerdings zurück und schlug mit der flachen Hand auf den Infotisch, welcher daraufhin umfiel. Danach sei der Rechtsradikale geflüchtet. Nach Angaben der Linken-Politiker machten Passanten die Mitarbeiter des Abgeordnetenbüros außerdem darauf aufmerksam, dass „weitere Nazis das Geschehen aus Distanz beobachten“. Bereits im April wurde das Büro von Unbekannten mit Pflastersteinen attackiert.

 

Radfahrer in Berlin rassistisch beleidigt

Ein Mann hat am Montagnachmittag in Berlin-Mitte eine rassistische Beleidigung angezeigt. Seinen Angaben zufolge befuhren er und sein sechsjähriger Sohn gegen 17 Uhr mit Fahrrädern einen Gehweg. Als die Beiden eine Straße bei Grün überqueren wollten, sei das nicht möglich gewesen, da ein Peugeot in der Fußgängerfurt den Weg versperrte. Daraufhin kam es zwischen dem 37-jährigen Radfahrer und dem unbekannten Autofahrer zum Streit. Der Unbekannte soll den den Radfahrer rassistisch beleidigt und sich anschließend entfernt haben.

 

Fürth: Polizei nimmt rechte Sprayer vor Geflüchtetenunterkunft fest

Zwei Männer sind in der Nacht zum Montag dabei erwischt worden, wie sie eine flüchtlingsfeindliche Parole vor eine Asylbewerberunterkunft in Fürth gesprüht haben. Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma hielten das Duo fest und übergaben es der Polizei.
Die beiden Sprayer im Alter von 34 und 37 Jahre waren kurz nach Mitternacht dabei beobachtet worden, wie sie vor dem Heim mit Farbdosen hantierten. In der Ausfahrt des früheren Möbelhauses sprühten sie einen Schriftzug in arabischer Sprache, der sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen richtete, auf den Asphalt. Möglicherweise waren noch zwei weitere Männer an der Tat beteiligt, die aber vor Eintreffen der Polizei flüchten konnten.

 

AfD Jugendchef Sven Titschler – warum er einige Flüchtlinge für feige hält

Den Islam hält er für eine verbrecherische Ideologie, geflohenen Syrern wirft er Feigheit vor – Sven Tritschler (34) ist Vorsitzender der "Jungen Alternative", der Jugendorganisation der AfD. Warum sagt er das alles?

Woher beziehen Sie Ihr Wissen über den Islam?

Sehr auf das Thema aufmerksam gemacht hat mich Thilo Sarrazin mit "Deutschland schafft sich ab". Das war sehr fundiert.

Sie haben den Islam eine verbrecherische Ideologie und Steinzeitreligion genannt. Warum?

 Wenn ich mir anschaue, wo der Islam herrscht, wie dort mit Menschenrechten umgegangen wird – Steinzeit ist vielleicht übertrieben, sagen wir Mittelalter. Er ist sehr rückwärtsgewandt und scheint sich nicht zu entwickeln.

Sind Sie mal verprügelt worden?

Mit Sicherheit.

Und nie von Nicht-Migranten?

Da fällt mir kein Beispiel ein. Zumindest war es in solchen Fällen nicht 10 gegen 1, sondern eher 1 gegen 1.

Was hat Sie sonst geprägt?

Eine Zeitlang war ich auf dem Trip, Europäer zu sein. Dann habe ich allerdings ein Jahr in Irland studiert und gemerkt, dass ich ziemlich deutsch bin. Die Bürokratie funktionierte nicht wie in Deutschland. Die Leute spuckten in der Uni auf den Boden. Das Essen war grausam. Und die Trinkkultur war auch gewöhnungsbedürftig, da galt "Halb besoffen ist rausgeschmissenes Geld". Da merkte ich, dass es zuhause gar nicht so schlecht ist und die Bahn einigermaßen pünktlich kommt.

 

AfD: Die Partei der Ungleichwertigkeit

Die AfD ist eine Partei der Ungleichheits- und Ungleichwertigkeitsideologien. Das zeigt nicht nur der Blick auf den dominierenden rechten Flügel.
Die Alternative für Deutschland (AfD) gibt sich immer mehr als politischer Arm einer außerparlamentarischen Bewegung von Rechts und nutzt insbesondere die Angst vor „zu viel“ Zuwanderung, angeblicher Überfremdung und „dem“ Islam für ihre Zwecke.
Nach dem 2015er Putsch des damaligen Flügels um Gauland, Höcke und Petry ist ein stetiger Marsch nach Rechts zu verzeichnen. Wie sieht diese „neue” AfD aus? Welche Strömungen, Frontpersonen und Netzwerke gibt es und wie spiegelt sich diese Zusammensetzung in der Programmatik wieder?

 

Die „autonomen“ Nazis sind zurück

Militante Rechte organisieren ein Zeltlager in der Nähe von Pforzheim. Die Organisation des Zeltlagers scheint auch Unterstützung von hessischen Neonazis zu erfahren. Schwarze Basecaps, Sonnenbrillen und Handschuhe – seit zwei Jahren organisieren sich Neonazis bei Aufmärschen wieder vermehrt in sogenannten Schwarzen Blöcken.
Neu ist das Phänomen keineswegs: Schon seit Anfang der 2000er-Jahre versucht die rechte Szene, in Sachen Styling und Taktik die radikale Linke zu kopieren. Zuletzt war es um das Phänomen der „Autonomen Nationalisten“ allerdings ruhiger geworden.
Doch nun ist der neonazistische „Schwarze Block“ zurück. Auf den 1. Mai-Demonstrationen der extrem rechten Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ im vergangenen Jahr im thüringischen Saalfeld und dieses Jahr in Plauen in Sachsen traten die vermummten Nazis äußerst aggressiv auf, in beiden Jahren kam es zu schweren Ausschreitungen und Angriffen auf Gegendemonstranten.
Am kommenden Wochenende mobilisieren diese Neonazi-Kreise nun zu einem klandestinen Zeltlager nach Süddeutschland. Auf dem Programm stehen Arbeitskreise zum „richtigen Funken“ oder zur Erarbeitung politischen Materials. Daneben wird über „Militanz und Gewalt“ diskutiert – und es gibt praktische Übungen zum Verhalten bei Festnahmen oder Hausdurchsuchungen.

 

Pegida Duisburg: „Sieg heil“ und offener Antisemitismus

Die selbsternannten Patrioten von Pegida NRW hatten für den vergangenen Montag angekündigt, in Duisburg mit einer Überraschung aufzuwarten. Selbige erwartet nun einen Redner des rechten Aufmarsches in Form eines Briefes von der Staatsanwaltschaft. Etwa 80 Pegida-Anhänger versammelten sich am Montag bei mehr als doppelt so vielen Gegendemonstranten. Zu den Rednern zählten NPDler und Vertreter von „Endgame“. Unter großem Applaus der Teilnehmer vernahmen später mehrere Zeugen den Ruf „Sieg Heil“, dazu wurde gegen angebliche „Geldjuden“ volksverhetzend Stimmung gemacht. Die Polizei filmte und dokumentierte die Versammlung und nahm eine Strafanzeige auf gegen einen der Redner auf.

 

Rathenower NPD-Mann wegen Körperverletzung verurteilt

Der 35-Jährige Michel Müller, der für die NPD im Kreistag Havelland und in der Stadtverordnetenversammlung Rathenow sitzt, wurde am Dienstag vor dem Rathenower Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Strafe wurde zu drei Jahren auf Bewährung ausgesetzt. Zudem muss Müller 1800 Euro in monatlichen Raten an Andreas T. zahlen.
Nach einem Geständnis des Angeklagten und der Zeugenaussage von Andreas T., war für Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung klar, dass Michel Müller in der Nacht vom 7. Dezember 2014 gegen 2 Uhr Andreas T. vor dem Havelrestaurant Schwedendamm ohne erkennbaren Anlass zu Boden schlug. Als der Geschädigte bereits am Boden lag, soll Müller zudem weiter auf ihn eingeschlagen haben.
Während des ersten Verhandlungstermin im Dezember hatte Müller bereits ein Geständnis abgelegt und erklärt, dass er sich an die genauen Tatumstände nicht erinnern kann, da er zu viel Alkohol getrunken habe.

 

Behörden ließen illegales Rechtsrockkonzert geschehen – Rechte Patrouillen statt Polizei

Vor Monatsfrist war das 800-Einwohner-Dorf Koberg in Schleswig-Holstein für einen Abend offenbar in der Hand rechter Patrouillen – sie sicherten ein Rechtsrockkonzert, während die Polizei wegsah.
Das Image der Landespolizei Schleswig-Holstein ist angekratzt. Nach der jüngsten Affäre um offenbar sexistische und rassistische Äußerungen durch Polizeianwärter steht nun der Vorwurf im Raum, dass im Juni die Durchführung eines Rechtsrockkonzertes in Koberg bei Mölln wissentlich ermöglicht wurde, ohne dass polizeiliche Maßnahmen ergriffen wurden.
Der Journalistenpool „Recherche Nord“ hat herausgefunden, dass mindestens eine Woche vor besagtem Konzert die Landeskriminalämter von Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen über den anstehenden Termin informiert gewesen seien. Die Band hatte eine onzertankündigung auf ihre Homepage gestellt.
Der Konzertort mit dem Gasthof scheint nicht zufällig gewählt, hat dort doch bereits im November 2013 ein Rechtsrockkonzert stattgefunden – nach Angaben eines Koberger Einwohners mit der Band „Nahkampf“ – die ist personell nahezu identisch mit „Kategorie C“.

 

„Voice of Anger“: Neues Clubhaus für bayerische Nazi-Kameradschaft

Seit einiger Zeit verdichteten sich die Hinweise, dass der Nazi-Kameradschaft „Voice of Anger“ ein neues Clubhaus zur Verfügung steht. Eine spontane Kundgebung am Donnerstag erwischte die Neonazis dort beim gucken des letzten Spiels der National-Elf – und bestätigte den Verdacht. Glaubt man dem bayerischen Verfassungsschutz, stellen „gemeinsame Freizeitgestaltung“ und Konzertbesuche den Mittelpunkt der Aktivitäten der Vereinigung dar. Tatsächlich stellt dies eine Verharmlosung der immerhin größten Nazi-Skinhead-Gruppe Bayerns dar.
Seit ihrer Gründung kämpfen die Neonazis um ein eigenes Clubhaus – bisher konnten sie keines halten. In der letzten Zeit verdichteten sich nun die Hinweise, dass Ihnen ein neues Objekt zur Verfügung steht: Die ehemalige „Gartenschänke“ am Rande einer Kleingartenanlage  in Memmingen            .

 

Landesverfassungsgericht: Auch die NPD hat ein Auskunftsrecht

Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hat das parlamentarische Fragerecht eines NPD-Landtagsabgeordneten verletzt, indem es eine Kleine Anfrage nur unvollständig beantwortet hat. Das Landesverfassungsgericht in Greifswald gab nun einer der Klage des NPD-Abgeordneten David Petereit statt, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. Petereit, der am heutigen Mittwoch im Münchner NSU-Prozess als Zeuge vernommen werden soll, hatte im Mai 2015 die Herausgabe der Verwaltungsvorschrift »Regelung zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern« (DS 6/3927) verlangt.

 

Rechte Politiker haben keinen Anspruch auf Flüchtlingsheim-Besuch

Eine Ratsherr der extrem rechten Partei „Pro NRW“ hat keinen Anspruch darauf, ein Flüchtlingsheim zu besuchen. Die Stadt kann ihm das verweigern. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden.
Das Verwaltungsgericht Köln wies am Donnerstag die Klage eines Ratsherrn von „Pro NRW“ ab, dem die Stadt unter Verweis auf die Wahrung der Privatsphäre der Flüchtlinge keinen Besuchstermin in der Unterkunft Paulusheim genehmigt hatte. Das Informationsrecht müsse im Zusammenhang mit einer konkreten Aufgabe des Rates stehen. Eine solche Aufgabe habe der Kläger weder aufgezeigt, noch sei sie erkennbar.

 

Wer zündet Flüchtlingsheime an?

Wenn in Deutschland Flüchtlingsheime angesteckt werden, heißt es immer wieder: Die Täter kommen aus der Mitte der Gesellschaft. So einfach ist es aber nicht.
Jeden Tag wird irgendwo in Deutschland eine Unterkunft beschmiert oder beschädigt, werden Flüchtlinge mit Gewalt bedroht oder tatsächlich angegriffen. Es ist ein Wunder, dass es noch keine Toten gab – anders als in den neunziger Jahren in Mölln und in Solingen. Damals warfen Neonazis die Brandbomben. Die Täter waren den Behörden bekannt. Das soll heute anders sein.
Laut Bundeskriminalamt sind rund drei Viertel der Tatverdächtigen zuvor nicht durch „politisch motivierte Kriminalität“ aufgefallen. Es sind immer die gleichen Beispielfälle, die die These vom Normalbürger, der Brandsätze wirft, belegen sollen: Altena, Meißen, Salzhemmendorf und Remchingen. Aber waren dort wirklich Täter aus der Mitte der Gesellschaft am Werk?

 

Bundesprogramm „Demokratie leben“: Aussagen zu AfD und NPD doch okay

Die Träger des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ dürfen sich doch wieder mit der „rechten Ideologie“ von Parteien befassen.
Das Gegenteil hatte ein Brief nahegelegt, den das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) kürzlich an alle Bildungsträger verschickte, die in diesem Jahr mit rund 104 Millionen Euro für den Kampf „gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ gefördert werden.
„Aus aktuellem Anlass möchten wir Sie für die besondere Stellung der politischen Parteien sensibilisieren“ stand in dem Brief des Programmleiters Frank von Woedtke. Die Parteien stünden, „soweit sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, unter dem Schutz des Grundgesetzes“.
Bei den Trägern sorgte der Brief für erheblichen Unmut. Viele Bildungseinrichtungen fragten sich, wie sie sich unter diesen Umständen künftig überhaupt noch mit NPD und AfD auseinandersetzen sollen, ohne Schwierigkeiten mit den Geldgebern zu bekommen.
Das hatte nun offenbar ein Einsehen: Am Freitag versandte die „Demokratie leben!“-Regiestelle im BMFSFJ erneut einen Brief an alle Partner. Darin stellt sie klar, dass die Träger „sehr sensibel“ und „differenziert“ mit Parteien umgehen und deren „Chancen nicht willkürlich beeinträchtigen“ dürften. Die Auseinandersetzung mit „ideologischen Bestandteilen des Rechtsextremismus“ jedoch dürfe „auch im Kontext von Parteien ausdrücklich behandelt werden“.

 

Braunau: Österreich enteignet Eigentümerin von Hitlers Geburtshaus

Das Geburtshaus des Diktators Adolf Hitler (1889-1945) im österreichischen Braunau wird möglicherweise abgerissen. Das sei die beste Lösung, sagte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Am Dienstag beschloss die rot-schwarze Koalition in Wien die Enteignung der Eigentümerin des Gebäudes.
Der Staat Österreich hatte sich mit der Eigentümerin nicht auf eine Nutzung des seit Jahren leerstehenden Gebäudes einigen können. Die Frau soll nun entschädigt werden. Es soll verhindert werden, dass Hitlers Geburtshaus zu einer Pilger- oder Gedenkstätte für Menschen mit nationalsozialistischem Gedankengut wird. Der Nationalrat will die Enteignung im September formal absegnen.

 

Der Aufstieg der Rechtspopulisten: Auch eine Frage der Sprache

Ein Grund für den Erfolg rechtspopulistischer Parteien ist ihre Sprache: Damit eröffnen sie beispielsweise Bedrohungsszenarien, rufen aber auch Wertevorstellungen ab. Sprachwissenschaftler beobachten, dass konservative und rechtspopulistische Parteien seit Jahrzehnten eine viel erfolgreichere Sprachpolitik betreiben als beispielsweise das linke Lager.

 

Die Neue Rechte und ihre Argumente: "Ich bin kein Rassist, aber..."

Eine Gesprächsreihe der Humboldt-Universität Berlin setzt sich mit Erscheinungsformen rechter Bewegungen in Deutschland auseinander. Integrationsforscher, Publizisten und Politikwissenschaftler diskutierten bei der Auftaktveranstaltung unter anderem, wie Bevölkerung und Öffentlichkeit den fragwürdigen Ideologien der sogenannten Neuen Rechten begegnen sollten.
"Ich bin keine Rassist, aber..." - dieser Satz, der eigentlich immer schlecht endet, steht laut Michael Brumlik konstitutiv für das ideologische Gerüst der Neuen Rechten und der Bewegung der sogenannten "Identitären". Diese sehen sich selbst eben nicht als Rassisten, da ihre Idee eines "Ethno-Pluralismus" ausdrücklich jedem "Volk" seine genetische und kulturelle Existenzberechtigung zuspricht, dabei aber jede Form der "Vermischung" als "Verrat am Volk" ablehnt. Alles, was dieser Auffassung des "Völkischen" widerspreche, werde von der Neuen Rechten bekämpft, so Julia Schramm,  Referentin der Amadeu Antonio Stiftung für Zivilgesellschaft und demokratische Kultur. Dazu gehören neben Homosexualität auch der Feminismus und eine multikulturelle Gesellschaftsstruktur.

 

Angst vor Terror, Extremismus, Flüchtlingen: Deutsche haben mehr Angst

Gute Zeiten für Versicherungsunternehmen: Die Ängste der Deutschen haben in den vergangenen zwölf Monaten deutlich zugenommen. Das hat eine Befragung des Versicherungsunternehmen R+V ergeben. "Nie zuvor im Laufe unserer Umfragen sind die Ängste innerhalb eines Jahres so drastisch in die Höhe geschnellt wie 2016", sagt Brigitte Römstedt von R+V.
Besonders die Angst vor terroristischen Angriffen hat laut Studie unter den Deutschen deutlich zugenommen. Deutlich angewachsen sind laut Studie auch die Ängste vor politischem Extremismus und vor Spannungen durch weiteren Zuzug von Ausländern, die auf Platz 2 und 3 rangieren. In diesem Zusammenhang befürchten ebenfalls mehr als die Hälfte aller Befragten, Politiker könnten mit ihren Aufgaben überfordert sein. Insgesamt erhöhte sich der sogenannte Angstindex der R+V um 10 Prozentpunkte auf 49 Prozent.

 

Feinde der Verfassung? Ansichtssache...

Es ist für manche Gruppe gar nicht schwer, ins Visier der Verfassungsschützer zu geraten. Zu jenen, die als "Verfassungsfeinde" beobachtet werden, zählt in Deutschland etwa die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Die Überwachung dieser Organisation, in der sich Überlebende von NS-Konzentrationslagern gemeinsam mit jungen Antifa-Aktivisten engagieren, reicht gewissermaßen historisch zurück: Hauptargument dafür ist, dass unter den Mitgliedern zahlreiche Kommunisten sind - was freilich kein Geheimnis ist, sondern sich eben daraus ergibt, dass so viele Kommunisten vom Nazi-Regime verfolgt wurden.
Es ist manchmal leicht, ins Visier der Staatsschützer zu geraten. Es ist schwer, wieder herauszukommen. Soll man auch die AfD als "verfassungsfeindlich" beobachten lassen? Baden-Württembergs Verfassungsschutz meint eher Ja. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer sagt deshalb: "Das kann auch nach hinten losgehen." Sein Kollege in Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Müller, hält den Vorwurf ohnehin für überzogen: "Die Mehrheit der Menschen ist asylkritisch. Es muss möglich sein, in der Gesellschaft einen Diskurs zu führen, ohne gleich Extremismus zu rufen."

 

Es ist genug für alle da: Warum ich Star-Trek-Kommunistin bin

Angeblich lebe ich in der Zeit der tausend Möglichkeiten. Aber ich sehe nur tausend Mal die Wahl zwischen schlimm und schlimmer. EU – ja oder nein? Ich hätte gerne ein Europa der Solidarität, das nicht Ghanas Markt mit Billighähnchen überschwemmt und dann Zäune baut, wenn die arbeitslos gewordenen Bauern vor dem Hunger gen Norden fliehen. Aber das steht auf keinem Stimmzettel. Müsste ich meiner Generation einen Namen geben, es wäre Generation O. #GenerationOhnmacht.
"Alternativlos" ist das Wort unserer Zeit. Ein hässliches Wort. Ich bin Kommunistin, weil ich an eine Alternative glaube.

 

Richter verbieten Einwanderern, deutsche Namen zu wählen: Auf ewig sollst du Ali heißen!

Ausländer und ihre Nachfahren sollen bitteschön an ihren Namen erkennbar bleiben. Das ist die Botschaft einer Entscheidung des Göttinger Verwaltungsgerichts, das einer als Asylbewerber anerkannten Familie aus Aserbaidschan verbietet, sich neue Namen zuzulegen. Die Eltern und ihre drei Kinder wollten deutsche Vor- und Nachnamen annehmen, um möglichen Diskriminierungen zu entgehen und die Zuordnung zu einer bestimmten Volksgruppe oder Religion zu vermeiden.
Das Gericht räumte ein, zwar seien Herabsetzungen wegen des ausländischen Namens nicht auszuschließen. Es sei aber nicht Aufgabe des Namensrechts, einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung entgegenzusteuern.
Wahrhaft empörend ist die jetzt bekannt gewordene Urteilsbegründung des Göttinger Verwaltungsgerichts, weil der Fall fatal an die Namenspolitik im 19. Jahrhundert erinnert. Damals wollten Juden oder ehemalige Juden, die zum christlichen Glauben konvertiert waren, häufig ihre allzu jüdisch klingenden Namen ablegen, weil sie diskriminiert wurden. Ämter und Gerichte verweigerten ihnen dies mit der kaum verhüllten Begründung, es grenze wohl an Hochstapelei, wenn ein Jude versuche, sich einen reindeutschen Namen zu erschleichen.

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